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Mein erstes Lehrpferd: Holger Wulschner

Fuchsie, die Lehrmeisterin für Geduld

Ohne sie geht es nicht: Lehrpferde. Wer reiten lernen will, braucht einen vierbeinigen Lehrmeister. Egal, ob Freizeitreiter oder Olympiasieger, alle haben einmal klein auf einem Lehrpferd angefangen. Auch der erfolgreiche Nationenpreisreiter Holger Wulschner. Mit der von ihm selbst ausgebildeten Stute Fuchsie wurde der Springreiter in der DDR Ende der 70er Jahre Jugend- und Juniorenmeister. Nach der Wende gelang dem 55-jährigen Berufsreiter der Sprung in die nationale und internationale Spitze. Er erinnert sich an Fuchsie.

Heute ist Holger Wulschner im großen Sport erfolgreich. Foto: Stefan Lafrentz

Ich habe direkt auf Großpferden angefangen zu reiten, Reitponys gab es bei uns nicht. Nach meiner Schulzeit habe ich mit 16 Jahren bei der LPG Zächericker Loose meine Ausbildung zum Facharbeiter für Pferdezucht angefangen. Dort durften wir Auszubildenden uns aus der Herde der jungen Pferde jeder eins aussuchen. Fuchsie war eine Brandenburger Stute – noch mit dem Brandenburger Brandzeichen Pfeil und Schlange – mit 1,60 Meter Stockmaß kleiner als die meisten anderen, aber sie ist mir irgendwie aufgefallen. Die fand ich gut. Und es stellte sich heraus, dass sie definitiv schlauer war als die anderen. Ich habe sie dann selbst angeritten und von Anfang an ausgebildet. Sie war den anderen immer einen Schritt voraus – beim Longieren, beim Freispringen, beim Reiten.
Ihr fiel alles leichter. Fuchsie war nicht mit wahnsinnigem Vermögen ausgestattet, aber sie hat das mit Ehrgeiz und Instinkt ausgeglichen. So haben wir uns zusammen vom absoluten Anfänger bis zum DDR-Jugendmeister nach oben gearbeitet. Nach ihrer Sportzeit mit mir war sie noch viele Jahre in der Zucht aktiv.

Ich kann mich noch sehr gut an eine Szene erinnern, die mir gezeigt hat, wie sehr ich an der kleinen Stute hing. Früher wurden die Pferde in der DDR oft in Schweineanhängern zu den Turnieren gefahren. Diese Anhänger waren auch schon mal morsch und
nicht mehr so stabil. Auf einer Fahrt zum Turnier hat uns das Auto hinter uns plötzlich Lichthupe gegeben. Wir haben also angehalten und geguckt, was los ist. Da guckte ein Bein von Fuchsie schon unten aus dem Hängerboden raus. Der war einfach ein Stück durchgebrochen. Was für ein Schockmoment! Danach habe ich mit aller Kraft dafür gesorgt, dass sie nie wieder in einem solchen Schweineanhänger transportiert wurde.
Über die Jahre sind Fuchsie und ich natürlich enorm zusammengewachsen. Sie hatte einen wunderbaren Charakter und sie hat mir unheimlich viel beigebracht. Von ihr habe ich gelernt, kleine Brötchen zu backen und den Pferden die Zeit zu geben, die sie brauchen. Von ihr habe ich gelernt, was ich noch heute tagtäglich im Sport und bei meiner Arbeit zu Hause brauche: Geduld!

Aufgezeichnet von Kim Kreling

Holger Wulschner auf Fuchsie. Foto: privat

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