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Erste PM-Expeditionsreise nach Namibia

Die Wilden der Wüste

Seit dem Ende des ersten Weltkriegs leben in Namibia Wildpferde. Alle Fotos: Karolin Heepmann

Mitten in Namibia am Rande der Wüste Namib leben in einer kargen, sandigen Region Pferde: die Namibischen Wildpferde, auch Namib-Pferde oder Wüstenpferde genannt. Im April 2019 ist erstmals eine PM-Expeditionsreise den Spuren dieser Equiden in die Region gefolgt und hat dabei unter anderem Wildpferde-Expertin Christine Swiegers von der Namibia Wild Horse Foundation getroffen. Im Interview mit dem PM-Forum stellt sie noch einmal die besonderen Pferde vor und erklärt ihre Leidenschaft für sie.

PM-Forum: Die Region hier wirkt im ersten Moment nicht so, als sei sie ein idealer Lebensraum für Pferde. Wie kommt es dazu, dass hier trotzdem welche leben? Was ist über ihre Herkunft bekannt?

Christine Swiegers: Die Pferde leben seit dem Ende des ersten Weltkriegs hier in der Gegend. Ein Gestüt östlich der Siedlung Aus hat am meisten zur Population beigetragen. Die Pferde blieben zurück, als der Eigentümer des Landes verwiesen wurde. Zu der Zeit gab es noch keine Zäune und so konnten sich die Pferde frei bewegen und verbreiten. Da zudem die südafrikanische Armee während des Krieges bei Garub stationiert war, ist nicht auszuschließen, dass auch sie einige Pferde bei Kriegsende zurückgelassen hat.

PM-Forum: Wie haben sich die Pferde an das Leben am Rande der Wüste angepasst?

Swiegers: Das Wetter in der Region ist zyklisch, es gibt gute Regen-, aber auch Dürrejahre. In den guten Jahren wächst viel Gras, in den schlechten ist die Nahrung knapp. Im Gegensatz zu domestizierten Pferden können die Wildpferde ihr Durstgefühl besser unterdrücken. Sie haben gelernt, viel Zeit mit Grasen zu verbringen und weniger zu trinken. Wenn sie dann an Wasserstellen sind, trinken sie sehr viel. Auch ihre Hufe sind an das Leben in der Wüste angepasst. Sie sind sehr platt und hart. Sicherlich ist auch ihre Statur über die Jahre hinweg etwas kleiner geworden,

Vom Aussterben bedroht: Seit 2013 hat kein Fohlen mehr überlebt.

allerdings waren die Pferde am Anfang des 20. Jahrhunderts auch nie so groß wie gezüchtete Pferde heutzutage.

PM-Forum: Wie ist das Futter- und Sozialverhalten der Wildpferde? Welche Unterschiede zu unseren Hauspferden lassen sich festmachen?

Swiegers: Die Pferde organisieren sich in Familienverbänden, in denen es jeweils einen leitenden Hengst gibt. Dieser muss seine Stutenherde immer wieder vor Rivalen verteidigen. Gerade im Frühjahr sind hier Kämpfe zwischen Hengsten zu beobachten. Viele Junghengste versuchen dann ihr Glück, Stuten abzugreifen. Junggesellen-Hengste ohne eigene Stutenherde schließen sich hingegen oft zu einer Zweckgemeinschaft zusammen und weiden gemeinsam. Das Sozialverhalten der Wildpferde hängt ansonsten stark von der Futtersituation ab. In der Regel zeigen sie nur dann Komfortverhalten, wie gegenseitige Fellpflege, wenn genügend Futter da ist. Während Dürreperioden wird hingegen alle Zeit mit Grasen verbracht. Auch Ruheverhalten, wie Dösen, Hinlegen oder gar Schlafen, zeigen die Pferde dann kaum. Das Schöne an den Familienverbänden ist, dass sich die Pferde hier selbst aussuchen, mit welchen anderen sie zusammenleben möchten. Hauspferde müssen hingegen meist mit den ihnen zugewiesenen Artgenossen klarkommen.

PM-Forum: Manche Wildpferde sind extrem mager, die Population ist vom Aussterben bedroht. Wie hat sich der Bestand der Namibischen Wildpferde in den letzten Jahren entwickelt?

Swiegers: Die Pferde hier sind zäh und sehen nur während der Dürreperioden mager aus. Sobald es in guten Jahren mehr Futter gibt, legen sie zu und sehen binnen zwei Monaten wieder gut genährt aus. Ihr Regenerationsverhalten ist enorm. Trotzdem muss man sagen, dass der Bestand während der Dürre extrem zurückgegangen ist. Derzeit leben noch etwa 70 Wildpferde hier, zu besten Zeiten waren es rund 290. Die Dürre ist jedoch nur ein Faktor. Eine viel größere Bedrohung sind die Tüpfelhyänen. Diese bevorzugen normalerweise Wild als Hauptnahrungsquelle, wenn dieses jedoch während der Dürreperioden großflächig weiterzieht, jagen sie die Pferde. Seit 2013 hat kein Fohlen mehr überlebt.

PM-Forum: Mit der Namibia Wild Horses Foundation setzen Sie sich für die Wüstenpferde ein. Was bedeutet das konkret? Was genau machen Sie und was ist Ihre Motivation dahinter?

Swiegers: Wir zählen und beobachten die Pferde und ihre Kondition. Wir erfassen, wann welche Fohlen geboren werden und wann welches Pferd stirbt. Unsere Berichte schicken wir dann an das Ministerium und sprechen Empfehlungen aus. Während Dürreperioden organisieren wir zudem Futterstellen für die Pferde. Als Non-Profit-Organisation machen wir all das freiwillig und unentgeltlich, weil uns die Pferde am Herzen liegen. Wir sind daher auf Spendengelder angewiesen. Unsere Motivation ist, dass wir gerne die Population als
solche erhalten möchten. Die Pferde haben hier 100 Jahre überlebt und sich als eigene Unterart etabliert. Sie haben sich eine Nische erobert, stehen für Freiheit und Geschichte und präsentieren ein interessantes Sozialgefüge. Auch für den Tourismus in der Gegend haben sie natürlich einen Wert. Über die Jahre hinweg haben die Tiere ihre Scheu vor Menschen teilweise abgelegt, manche kommen sogar auf Autos zu. Auch wenn man das natürlich kritisch sehen kann. Für mich persönlich einer der tollsten Momente ist, wenn ich die Pferde bei Sonnenuntergang in schönem Licht ruhig und friedlich grasen sehe.

PM-Forum: Setzt sich der Namibische Staat in irgendeiner Form für die Wildpferde ein?

Swiegers: Nicht wirklich. Das Ministerium ist zwar verantwortlich, die Pferde haben dort aber keinen besonders großen Stellenwert. Das soll sich allerdings ändern. Erst kürzlich wurde zugesagt, dass die Pferde zukünftig offiziell anerkannt und gemanagt werden sollen. Bisher setzt sich der Staat nur dafür ein, die Wasserstellen instand zu halten.

PM-Forum: Vielen Dank für das Interview.

Das Interview führte Maike Hoheisel-Popp.

Hinweis: Mehr Infos zur Arbeit der Namibia Wild Horses Foundation gibt es in englischer Sprache unter www.wild-horses-namibia.com.

Einige Wildpferde haben ihre Scheu vor Menschen abgelegt und kommen sehr nah an Autos bzw. hier den PM-Reisebus heran.

Namibia 2020: Jetzt vormerken lassen

Nach der Premiere im April findet auch 2020 wieder eine PM-Expeditionsreise nach Namibia statt. Neben einem Besuch der Wildpferde stehen dann auch andere wilde Tierarten und kulturelle Besonderheiten des Landes auf dem Programm. Vormerkungen für die Reise werden bei FNticket&travel unter Telefon 02581 6362-626 oder per E-Mail pm-reisen@fn-dokr.de entgegengenommen. Die Plätze sind stark limitiert.

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