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Wilfried Wahlers: Nimmermüder Ausbilder

Seit 55 Jahren Turnierreiter

Es ist die ungewöhnliche Geschichte eines von Pferden besessenen Mannes, der seit 55 Jahren Turniere reitet und für seine Erfolge in Dressur, Springen und Vielseitigkeit mit dem Goldenen Reitabzeichen ausgezeichnet wurde: Am 8. Dezember wird Wilfried Wahlers aus Bissendorf bei Osnabrück 70 Jahre alt.

Mit der Hannove­ranerin Gisell bestritt Wilfried Wahlers in diesem Jahr mehrere Dressuren Klasse S inklusive St. Georg. Foto: privat

An das Grinsen und den leisen Spott hat sich Wilfried Wahlers längst gewöhnt, wenn er den Turnierplatz betritt. Aber wenn seine Mitstreiter den „Opa“ reiten sehen, werden die meisten ganz stumm. Die Note 8 für Sitz und Einwirkung bekommt er nämlich immer noch, wenn er seine Pferde auf S-Niveau bis hin zu Intermediaire auf dem Viereck vorstellt. Wie gerade erst Ende Oktober in Bersenbrück geschehen: Platz neun in der S* mit der zwölfjährigen Hannoveranerin Giselle, die seiner Schülerin Kathrin Thomasmeyer gehört.

Seit Wilfried Wahlers erstem Turnierstart sind 55 Jahre vergangenen. Dass er dem Wettkampf so lange treu bleiben würde, überrascht ihn vielleicht selbst ein wenig, aber er sagt: „Es macht mir so viel Freude und ich kann noch mithalten, reite noch mit selbst ausgebildeten Pferden in die Platzierung bis St. Georg.“ Im kommenden Jahr will er sogar den Grand Prix ansteuern, dann nämlich sind Giselle und sein eigenes Pferd Candice fit für Piaffe und Passage.

Die allerersten reiterlichen Erfahrungen sammelte Wilfried Wahlers auf einem Esel, mit dem er zur Schule ritt. Foto: privat

Auf dem Esel zur Schule

Die reiterliche Karriere begann so wie bei vielen Menschen jener Zeit. Wilfried Wahlers wuchs in bescheidenen Verhältnissen auf dem Bauernhof seiner Eltern mit Pferden auf – Arbeitspferden allerdings, mit denen der Junge ohne Sattel sogar an Reitjagden teilnahm. „Ich habe keinen Sprung ausgelassen“, erzählt er lachend. Die allerersten reiterlichen Erfahrungen sammelte er allerdings auf einem Esel, mit dem er zur Schule ritt.

Der Lebensweg auf dem familieneigenen Hof war eigentlich vorgezeichnet, aber Vater Wahlers erkannte, dass sich sein Wilfried nicht so recht für die Landwirtschaft eignet. So zog der Junge mit 17 Jahren in die Ferne und heuerte als Reitbursche im Niedersächsischen Landgestüt Celle an, wurde bald darauf Gestütshilfswärter.

Zwei Jahre blieb er dort, bis die Bundeswehr nach ihm griff. Als erfolgreicher Reiter in allen drei Disziplinen bekam er das Privileg, seinen Dienst in der Sport-Förder-Kompanie der Bundeswehr in Warendorf zu leisten. Schon damals ritten die Sportsoldaten am Deutschen Olympiade-Komitee, wo zu der Zeit der große Ausbilder Paul Stecken regierte. Einer seiner Lehrmeister war auch Erich Philipp. Ältere Reiter im Umkreis von Warendorf werden sich noch gut an den gleichermaßen geschätzten wie gefürchteten Ausbilder erinnern, der Wutanfälle bekommen konnte und der sich nicht scheute, den Reitern eine Handvoll Sand ins Kreuz zu werfen, wenn jemand schlecht ritt oder seine Anweisungen nicht befolgte. „Aber bei ihm lernte man Reiten“, sagt Wahlers. Zeitgleich wurden die Kontakte zum NRW-Landgestüt immer enger, die Bundeswehr „lieh“ Wahlers sogar aus, damit er den Beritt bei den Hengstparaden verstärken konnte. Nach dem Wehrdienst wurde Wahlers Gestüter in Warendorf.

1975, mit 28 Jahren, wagte er den Schritt in die berufliche Selbständigkeit, verdiente seinen Lebensunterhalt als Bereiter und Reitlehrer in verschiedenen Privat- und Turnierställen. Neun Jahre lang arbeitete er die Pferde von Heiner Engemann und seiner damaligen Ehefrau Karin Ernsting-Engemann in Bissendorf. „Heiner war mein erfolgreichster Schüler“, erzählt  Wahlers nicht ohne Stolz. Dessen Seriensiegerin Candela, die über 140 S-Springen gewonnen hatte, hatte er auch ein paar Mal dressurmäßig trainiert. Auch andere „Promis“ gingen sprichwörtlich durch seine Hände. Codex One beispielsweise, mit dem Christian Ahlmann später etliche internationale Championate bestritt, wurde fünf- und sechsjährig von Wahlers dressurmäßig gearbeitet, während Karl Brocks ihn in diesen Jahren jeweils fürs Bundeschampionat qualifizierte und ihn zweimal auf den Silberrang führte.

Feiert am 8. Dezember seinen 70. Geburtstag: Wilfried Wahlers, der seit 21 Jahren PM ist. Foto: privat

Wilfried Wahlers reitet heute nur noch Dressur, war aber über Jahre auch im Springen und in der Vielseitigkeit erfolgreich. Für diese Leistung wurde er mit dem Goldenen Reitabzeichen ausgezeichnet. Wenngleich er auch in den 1990er Jahren schon etliche S-Platzierungen in der Dressur verbuchte, so lag der Schwerpunkt seiner Arbeit doch immer auf der Ausbildung junger Pferde. Allein 252 Platzierungen in L-Dressuren, darunter 66 Siege und 59 zweite Plätze, listen die FN-Erfolgsdaten auf. Hinzu kommen 131 M-Platzierungen. Die Statistik ist noch längst nicht vollständig. Wie sagt der Mann, der in wenigen Tagen 70 Jahre alt wird und sich mit Fahrradfahren fit hält: „Es macht mir so viel Freude.“

Susanne Hennig

Mit drei Pferden plant Wilfried Wahlers die Turniersaison 2018: (v.l.) Candice (v. Canterbury-Westminster), Giselle (v. Grand Galopin-Feldherr) und ihr Halbbruder Coby man (v. Contendros Bube-Feldherr). Foto: Katrin Thomasmeyer

Erzählen Sie uns Ihre Geschichten!

Wilfried Wahlers reitet seit 55 Jahren Turniere! Kennen Sie auch Persönliche Mitglieder, die eine interessante, ungewöhnliche Geschichte zu erzählen haben, etwas Besonderes gemacht oder erlebt haben? Dann erzählen Sie uns diese Geschichten und vielleicht ist Ihre ja die nächste, über die wir im PM-Forum oder PM-Forum Digital berichten. Schicken Sie uns einen kurzen Text und Fotos zu ihrer Geschichte per E-Mail an mhoheisel@fn-dokr.de.

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