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Springausbildung für Reiter und Pferd, Teil 4

Distanzen und Kombinationen

Im Rahmen der Springausbildung von Reiter und Pferd nehmen Hindernisfolgen und Kombinationen einen besonderen Stellenwert ein. Neben den für Einzelhindernisse typischen Einflussfaktoren kommt dann nämlich die Entfernung zwischen den Elementen hinzu. Im vierten Teil der Serie geht es nun um das harmonische und sichere Überwinden dieser Aufgabenstellungen, die bereits in den unteren Klassen eines Turnierparcours gefordert werden.

In Kombinationen stellt die schnelle Folge der Hindernisse höhere An­for­derungen an Konzentration und Reaktionsvermögen von Reiter und Pferd. Kein Problem für Christian Ahlmann und Reavnir auf unserem Foto. Foto: S. Lafrentz

Gemäß Richtlinien Band 1 sind Hindernisfolgen bzw. Distanzen zwei Hindernisse, zwischen denen das Pferd drei bis sechs Galoppsprünge benötigt. Der Weg zwischen den beiden Hindernissen ist die sogenannte Distanz. Hindernisfolgen können sowohl auf gerader, als auch auf gebogener Linie aufgebaut werden. Durch das Hinzufügen eines weiteren Hindernisses oder die Einbeziehung einer Kombination in eine Hindernisfolge kann die Komplexität der Aufgabenstellung und damit der Schwierigkeitsgrad gesteigert werden.

Als Kombination werden zwei, drei oder mehr Hindernisse bezeichnet, die im Abstand so aufgebaut sind, dass das Pferd den Weg zwischen Landung und Absprung jeweils mit einem oder zwei Galoppsprüngen absolvieren kann.

 

Durchlässigkeit gefordert

Das Anreiten und Überwinden von Hindernisfolgen und Kombinationen erfordert auf Grund der schnellen Folge der Hindernisse einen erhöhten Anspruch an Konzentrations- und Reaktionsvermögen von Reiter und Pferd. Die optimale Ausführung setzt beim Reiter eine sichere Einwirkung und eine auf die jeweilige Aufgabenstellung ausgerichtete Reittechnik und beim Pferd Gleichgewicht sowie ein hohes Maß an Durchlässigkeit und Gehorsam voraus.

Um gezielt einwirken zu können, muss der Reiter die Bewegungsausführung seines Pferdes gut kennen und wissen, welche Einflussnahme zur Erfüllung der Aufgabenstellung sinnvoll und möglich ist. Wer Hindernisfolgen und Kombinationen im Training zielgerichtet aufbauen oder im Parcours die jeweilige Aufgabenstellung analysieren möchte, muss Distanzmaße für Hindernisfolgen und Kombinationen kennen und einschätzen können, ob diese für sein Pferd normal passend, tendenziell eng oder weit sind.

Passende Distanzen in Hindernis­folgen mit zwei Hinder­nissen bei neutralen Distanz­einfluss­grö­ßen für Großpferde

Kürzere Abstände für Ponys

Für Ponys sollten die Abstände reduziert werden. Im höheren Leistungsbereich sind im Springsport geringfügige Unter- oder Überschreitung der in den Tabellen angegebenen Richtwerte möglich. Bei Hindernisfolgen sind neben den sogenannten passenden Distanzen auch Zwischendistanzen von z.B. 23,50 m oder 27m üblich, bei denen der Reiter sich grundsätzlich entscheiden muss, wie viele Galoppsprünge er reiten will.

Neben dem gemessenen Abstand zwischen den einzelnen Elementen müssen alle weiteren Komponenten, die das Pferd in seinem Bewegungsverhalten in einer Hindernisfolge oder Kombination beeinflussen, in die Beurteilung der Aufgabenstellung miteinbezogen werden. Distanz­einflussgrößen sind: Typ, Bau- und Wirkungsweise der Hindernisse, ihre Abmessungen, die Linienanforderung, ihr Standort, die Bodenverhältnisse sowie Geländeneigung oder -steigung.

Im Training richtet sich die Wahl der Abstände nach dem Ausbildungsziel und der Fähigkeit des Reiters, das Tempo zu beherrschen sowie nach dem Verhalten und dem Raumgriff des Pferdes.

Video I: Distanz auf gebogener Linie

Video II: Galoppsprünge zählen

Video III: Kombinationen

Richtig anreiten

Das richtige Anreiten des ersten Hindernisses einer Kombination oder einer Hindernisfolge mit einer Distanz von nur drei oder vier Galoppsprüngen ist von großer Bedeutung für das Gelingen der Gesamtaufgabenstellung. Entsprechend der gestellten Anforderungen (Typ der Hindernisse, Abstand normal, eng oder weit) müssen Weg, Grundtempo, Rhythmus, Schwung und Absprungdistanz vom Reiter so beeinflusst werden, dass dem Pferd auch für den Aussprung eine gute Bewegungsausführung ermöglicht wird. Dabei behält der Reiter das Pferd jederzeit im Gleichgewicht vor sich und an den treibenden Hilfen. Absprung und Landedistanz stehen im direkten Zusammenhang. Aus einer normal passenden Absprungdistanz landet das Pferd z.B. weiter hinter dem Hindernis als aus einer dichten Absprungdistanz. Beim Anreiten einer Kombination oder einer Distanz mit drei oder vier Galoppsprüngen, die eher „weit“ steht, wären ein höheres Grundtempo und eine normal passende Absprungdistanz hilfreich, um das Pferd im Bewegungsfluss innerhalb der Aufgabe weiter reiten zu können. Eine tendenziell „enge“ Distanz erfordert im Umkehrschluss ein eher verkürztes, deutlich versammeltes Tempo und eine dichtere Absprungdistanz. Auf das Überwinden von Kombinationen muss das Pferd durch gezielte Springgymnastik vorbereitet sein, um in engeren oder weiteren Abständen entsprechend schnell reagieren zu können. Dabei muss der Reiter im Springsitz in die jeweilige Bewegungssituation eingehen und durch eine gute Abstimmung von treibenden Schenkelhilfen und den erforderlichen Zügelhilfen das Pferd bestmöglich unterstützen. Haben Reiter und Pferd gelernt, zweifache Kombinationen mit unterschiedlichen Aufgabenstellungen sicher zu überwinden, sollten auf dem Weg zur Klasse L auch dreifache Kombinationen ins Training mit einbezogen werden. Zum Einstieg sollten diese aus einfach zu springenden Elementen bestehen. Die Abstände sollten so gewählt werden, dass die Kombination aus einer guten Grundgaloppade problemlos mit Vorwärtstendenz geritten werden kann.

Foto: Inge Vogel, pferdia tv, Langwedel

Die Autoren des Lehrfilms und dieser Ausbildungsserie: (v.l.) Georg-­Christoph Bödicker, Heinrich-Wilhelm Johannsmann und Fritz Lutter. Foto: Inge Vogel, pferdia tv, Langwedel

Galoppsprünge verlängern

Beim Training von Hindernisfolgen sollte man mit einer Folge von zwei Hindernissen, die im passenden Abstand auf gerader oder gebogener Linie aufgebaut sind, beginnen. Besonders entscheiden ist auch hierbei, wie schon beim Reiten von Kombinationen beschrieben, die Vorbereitung vor dem ersten Sprung. Der Reiter muss lernen, eine Hindernisfolge im gleichmäßigen Tempo und mit der gewünschten Anzahl von Galoppsprüngen zu reiten. Darüber hinaus sollte er die Fähigkeit besitzen, bei weiten Distanzen die Galoppsprünge zu verlängern bzw. bei engen Distanzen die Galoppsprünge zu verkürzen, ohne Harmonie, Rhythmus und den Bewegungsablauf des Pferdes zu stören. Bei Hindernisfolgen auf gebogener Linie sollte er neben dem präzisen Reiten des Normalweges auch in der Lage sein, durch eine Variation des Weges (Innenbahn oder weiterer Bogen) Einfluss auf die Galoppsprunggröße oder Anzahl zu nehmen. Gelegentliches Mitzählen der Galoppsprünge ist eine hilfreiche Übung, um ein Gefühl für das erforderliche Grundtempo und den Galopprhythmus zu bekommen. Je schneller die Hindernisse aufeinander folgen, umso wichtiger ist es für den Reiter, auf die Anzahl der zu reitenden Galoppsprünge zu achten. Bei Distanzen mit fünf oder mehr Galoppsprüngen besteht eher die Chance, durch einen Galoppsprung mehr oder weniger auszugleichen.

„Federsystem“

Beim Springen von Hindernisfolgen muss der Reiter schon über dem ersten Hindernis der Folge das nächste im Blick haben, um den Weg präzise einhalten und den Absprungbereich vor dem nächsten Hindernis einschätzen zu können. Wenn Anreiten, Absprung und Sprungverlauf beim Einsprung gelungen sind, wird es dem Reiter leichter fallen in der Distanz kontrolliert weiterzureiten. Ermöglicht er dem Pferd, sich beim ersten Galoppsprung nach dem Landen an die nachgebende Hand heran zu dehnen, schafft er die notwendige Voraussetzung, um dann das Pferd zum „Schließen des Federsystems“ von hinten nach vorn an die Hand heranzutreiben und es vor sich zu behalten.

Getreu dem Motto „Der letzte Galoppsprung gehört dem Pferd“, sollte die reiterliche Einflussnahme zur Vorbereitung des gewünschten Absprungbereiches beim Folgehindernis bereits beim vorletzten Galoppsprung beendet sein, damit das Pferd beim letzten Galoppsprung die volle Sprungkraft für den Absprung sammeln kann. Gelingt es dem Reiter mit seinem Pferd, eine passende Distanz mit der vorgesehenen Anzahl der Galoppsprünge zu reiten, sollte er auch üben, einen Galoppsprung mehr oder weniger zu reiten. Durch systematisches, zielgerichtetes Üben verschiedenartiger Aufgabenstellungen werden beim Reiter das Reak­tionsvermögen und das Gefühl für eine sichere Einwirkung gefördert. Das Pferd lernt mitzuarbeiten und Distanzaufgaben willig, losgelassen und durchlässig zu absolvieren. Haben Reiter und Pferd im Training die nötige Routine erworben, unterschiedliche Einzelhindernisse, Kombinationen und Distanzaufgaben zu überwinden, sollten diese zusammenhängend in Parcoursausschnitten unter wechselnden Bedingungen geübt werden. Das Ziel der Ausbildung ist das parcoursmäßige Reiten. Werden Trainingsparcours harmonisch gelöst, steht einem Turnierstart nichts mehr im Weg.

Springausbildung für Reiter und Pferd

Der Weg zum erfolgreichen Parcoursreiten

Hrsg.: Deutsche Reiterliche Vereinigung e.V. (FN)
ISBN: 978-3-88542-855-8
Sprache: deutsch
DVD: 39,90 Euro

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