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Wer macht was auf dem Turnier (Teil 2)

Der Richter

Turnierreiten ist spannend. Man muss trainieren, sein Pferd hübsch machen, zum Turnier fahren, sich vorbereiten und in der Prüfung die Nerven behalten. Aber habt ihr in der ganzen Aufregung schon mal darüber nachgedacht, wer alles dazu beiträgt, dass ihr auf dem Turnier direkt losreiten könnt? Es braucht jede Menge Fachleute und Helfer, um ein Turnier auf die Beine zu stellen. Einer davon ist der Richter. Seine Hauptaufgabe ist es, die sportliche Leistung von Reiter und Pferd zu bewerten.

Was lief gut? Was kann ich noch verbessern? Der Dialog zwischen Reiter und Richter ist wichtig. Fotos: J. Stroscher

Um einen Turniertag aus dem Blickwinkel des Richters „live“ zu erleben, haben wir einer Richterin über die Schulter geschaut. Ganz schön spannend, was sie alles bei der Vorbereitung beachten muss, wie vielseitig ihr Einsatz im und um das Richterhäuschen eigentlich ist, und warum neben Stift und Klemmbrett für die Notenbögen, auch Handy und Apps wichtig sind.

So erlebt der Richter einen Turniertag

Die Einladung zum Richten bekomme ich in der Regel mehrere Monate vor dem Turniertermin. Etwa eine Woche vor dem Turnier kommt dann die Zeiteinteilung, die für meine Vorbereitung sehr wichtig ist. Ich markiere mir als erstes alle Prüfungen, die ich selbst richte. Dann schaue ich zu welchen Zeiten ich die Aufsicht auf dem Vorbereitungsplatz habe. So weiß ich, wann mein Einsatz beginnt und endet. Am Abend vorher packe ich meine Tasche: Stoppuhr, Glocke, Papier, Klemmbrett, Stifte und Handy dürfen auf keinen Fall fehlen. Auch ein Aufgabenheft und eine LPO (Leistungsprüfungsordnung) bzw. WBO (Wettbewerbsordnung) nehme ich immer mit, denn je nachdem wie der Internet-Empfang auf dem Turnier ist, funktioniert die App nicht immer zuverlässig.

Eine gute halbe Stunde vor Beginn der ersten Prüfung treffe ich dann am Turnierplatz ein. Der erste Weg geht wie bei den Reitern auch zur Meldestelle. Dort laufen alle Fäden zusammen. Ich informiere mich zum Beispiel, wie viele Paare in der ersten Prüfung ihre Startbereitschaft erklärt haben. So nimmt dann der Turniertag seinen Lauf – entweder am Springplatz oder am Dressurviereck, immer mit einem kompetenten Kollegen an der Seite, mit dem ich alle Entscheidungen gemeinsam treffe. Wenn es die Zeit zulässt, stehe ich nach der Prüfung den Reitern gerne für ein Gespräch zur Verfügung. Manchmal sind die Reiter mit der Note nicht einverstanden und wollen eine etwas ausführlichere Erläuterung. Mir ist es dann immer viel lieber, wenn miteinander statt übereinander gesprochen wird. Bei der Beurteilung der Ritte, bemühen wir uns, allen Reitern gerecht zu werden. Aber natürlich kann der Richter nicht erkennen, ob sich das Pferd zum Beispiel in den letzten Wochen stark verbessert hat. Wir können nur das beurteilen, was uns in der Prüfung im Viereck oder Parcours in diesem Moment gezeigt wird. Das ist unsere Bewertungsgrundlage.

Zu meinen Aufgaben gehören auch Pferdekontrollen. Gemeinsam mit dem Tierarzt werden stichprobenhaft Pferde auf ihren Gesundheitszustand hin kontrolliert. Meistens passiert das nach der Prüfung. Die Reiter werden aufgefordert, abzusatteln, die Gamaschen abzunehmen und die Trense zu öffnen, dann werden zum Beispiel die Maulwinkel, die Gurtlage und die Beine des Pferdes auf Verletzungen überprüft.

Zwischen den Prüfungen muss jeder Richter auch mal die Aufsicht auf dem Vorbereitungsplatz übernehmen. Hier zeige ich Präsenz, beaufsichtige, dass die Ausrüstung korrekt ist und die Pferde fachgerecht vorbereitet werden. Dabei muss ich auch technische Fragen, wie zum Beispiel zum erlaubten Aufbau auf dem Vorbereitungsplatz, beachten. Dort sehe ich mich immer auch als Berater, denn gerade in den unteren Klassen wissen viele Reiter nicht, wie ein Vorderzeug korrekt angepasst wird, oder warum der Kinnriemen der Reitkappe eng anliegen sollte. Ich gebe den Reitern oder deren Begleitern Tipps und kläre über mögliche Risiken auf. Denn letztendlich sind wir doch alle aus dem gleichen Grund auf den Turnieren unterwegs – weil wir die Pferde und den Reitsport lieben. Auf dem Turnier arbeiten Richter übrigens ehrenamtlich und bekommen für den Einsatz eine Pauschale für den Aufwand wie zum Beispiel die Fahrtkosten.

Voraussetzungen für das Richteramt:

  • Mitgliedschaft in einem Pferde­sportverein, der einem der FN angeschlossenem Landes- und/oder Anschlussverbände angehört.
  • Vollendung des 21. Lebensjahres.
  • Einwandfreie charakterliche Haltung und Führung, Vorlage eines polizeilichen Führungszeugnisses, nicht älter als sechs Monate.
  • Bestandene Prüfung zum Trainer C – Reiten/Leistungssport und entweder Besitz des RA 2 oder entsprechende Platzierungen der Kl. L in Dressur- und Spring- oder Vielseitigkeitsprüfungen oder
  • Platzierungen in einer Disziplin der Klasse M oder
  • Bestandene Prüfung zum Bereiter FN bzw. Pferdewirt – Schwerpunkt Reiten oder zum Trainer A

So wird man Turnierrichter

Wenn der angehende Richter alle Voraussetzungen erfüllt, wird er in eine Richteranwärterliste aufgenommen und besucht vorher ein Vorbereitungsseminar. Diese Termine und alle weitere Informationen bekommt man bei seiner Leistungskommission (LK) im Landespferdesportverband. So ein Seminar dauert unterschiedlich lang, das ist von LK zu LK verschieden. Einzelne Landeskommissionen führen neben dem Seminar auch eine Prüfung durch.

Nach der Aufnahme in die Richteranwärterliste erfolgt die „Lehrzeit‘‘. Man muss eine Reihe von Testaten in den einzelnen Disziplinen ablegen. Das bedeutet, dass der Richteranwärter zusammen mit einem bereits geprüften Richter zum Beispiel eine A-Dressur, ein L-Springen oder einen Reiterwettbewerb richtet. Dafür muss der angehende Richter schon recht erfahren sein, um sicher in der Notenfindung zu werden, und um in einer kritischen Situation souverän und korrekt zu reagieren, zum Beispiel wenn ein Reiter sein Pferd unangemessen straft. Der Richteranwärter lernt wie die Bestimmungen der LPO und der WBO angewendet werden am besten an der Seite eines erfahrenen Mentors, der dann auch mit einem Gutachten bescheinigt, dass der Anwärter fit für die eigentliche Richterprüfung ist. Die Art und Anzahl der erforderlichen Testate regelt die LK. Auf der Richteranwärterliste werden die Interessenten mindestens ein jedoch maximal vier Jahre geführt. Wer für die Richterprüfung zugelassen werden möchte (Grundprüfung Dressur und Springen – DL, SL), muss die Testate nachweisen. Die LK meldet den Bewerber zur Prüfung an. Vor der Prüfung nimmt der angehende Richter noch an einem dreitägigen Lehrgang teil.

Geprüft wird in folgenden Fächern: Kenntnisse der LPO, Reitlehre, Richten von Dressur- und Springprüfungen der Klasse E bis L einschließlich Parcoursabnahme, Richten von Stilspringprüfungen, Richten von Reiterwettbewerben gemäß WBO, Beurteilung von Typ und Qualität des Körperbaus, Abnahme und Inhalte des Reitpasses sowie Richten von Breitensportwettbewerben gemäß WBO. Hat man diese Prüfung bestanden, darf man eigenständig in Prüfungen bis zur Kl. L in Dressur und Springen richten. Dann schließt sich der lange Weg bis zur Qualifikation GP bzw. SS an, sprich den höchsten Klassen in den Disziplinen Dressur und Springen.

Die Qualifikation für Vielseitigkeitsprüfungen erlangt der Richter über eine Zusatzprüfung „VL”, der sich dann die Höherqualifikation „GV” anschließt. Ganz schön spannend, oder? Bestimmt seht ihr bei eurem nächsten Turnierstart den „Job“ des Richters auch mal aus einer anderen Perspektive.

Wer sich für die Richterlaufbahn interessiert, findet alle Informationen darüber in der APO (Ausbildungsprüfungsordnung). Die meisten Richter sind selbst auch Reiter, Ausbilder, Züchter und somit oft eng mit dem Pferdesport verbunden. Vielseitigkeitsreiterin Wiebke Henning aus Norddeutschland über ihren Werdegang zur Richterin: „Anfang 2010 habe ich die Bewerbung für das Richteranwärteramt abgeschickt. Dann ging es ganz flott weiter. Dem theoretischen Test folgte ein praktischer Eingangstest mit dem Richten von A-Dressur, Parcoursabnahme und A-Stilspringen. Nachdem auch dies erfolgreich absolviert war, ging es mit dem ersten Testat los. Ich wusste bis dahin übrigens – nach rund fünfundzwanzig Jahren Turnierreiterei wohlgemerkt – tatsächlich nicht, dass man auch auf dem Springturm während eines Zeitspringens jede Menge zu tun hat … Springblock führen, Zeitmessung betätigen, Listen führen, Stoppuhr drücken, klingeln und manchmal auch noch die Ansage machen.

Es ist auch ein gewaltiger Unterschied, ob man alle 32 Reiter in einer Trensen-L richtet oder ob man selbst teilnimmt, noch fünf weitere Starter gesehen hat, und hinterher womöglich über die Richter meckert. Noten erscheinen in einem ganz anderen Licht, wenn man das ganze Teilnehmerfeld gesehen hat, und abwägen muss, ob das etwas schiefe, aber schwungvolle, oder das etwas eng eingestellte, aber sehr lektionssichere, Pferd die Nase vorn hat. Nach diesem ersten Anwärter-Testat war für mich klar: Das will ich weiter machen.“

Tina Pantel

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