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Die Ausrüstung des Pferdesportlers: Sicherheit ist Trumpf

Kleider machen Reiter

Reiter stellen ganz besondere Ansprüche an ihre Ausrüstung: Bequem, funktional, sicher und schick soll sie sein. Erfüllen kann das alles nur speziell für den Reitsport entwickelte Bekleidung und Ausrüstung. Warum Jeans, Turnschuhe und Fahrradhelm auf dem Pferd nichts verloren haben und was gute Reitausrüstung können muss, klärt Teil acht der FN-Ausrüstungsserie.

In der Geländeprüfung der Vielseitigkeit sind Helm und Weste vorgeschrieben. Das Foto zeigt Ingrid Klimke und SAP Hale Bob OLD. Foto: A. Bronkhorst

Die Kleidung und Ausrüstung des Reiters muss gleich mehreren Ansprüchen gerecht werden. Sie muss bequem sein, perfekt passen, im Winter warmhalten, im Sommer für ein angenehmes Klima sorgen und schick soll sie nach Möglichkeit auch noch sein. Doch vor allem sollen Reithose, Reithelm, Schuhwerk und Co. den Reiter auf dem Pferd optimal unterstützen und ihn natürlich bestmöglich vor Verletzungen schützen. Deshalb ist Reitbekleidung in Sachen Design und Material speziell auf die Bedürfnisse des Reiters zugeschnitten. Und auch wenn Hersteller auf moderne Schnitte, Trendfarben und allerhand Verzierungen setzen, sollte bei der Reitbekleidung die Funktion immer vor der Optik stehen.

Heutzutage haben Reiter das große Glück, dass der Komfort moderner Reitkleidung immens gestiegen ist. Der Versuch, sich mit einer frisch gewaschenen Cordreithose mit Volllederbesatz und schweren Dressurstiefeln à la Ofenrohr galant in den Sattel zu schwingen, gehört der Vergangenheit an. Flexible und atmungsaktive Materialien sind gerade bei modernen Reithosen hoch im Kurs. Reitstiefel sind aus weichem, anschmiegsamem Leder gefertigt und Reithelme sind so leicht, dass man sie beim Tragen kaum spürt, gleichzeitig aber sicherer denn je. Doch lassen sich ambitionierte Reiter eine solche Ausrüstung auch immer einiges kosten.

Für den Sport gemacht

Gerade Eltern junger Reitanfänger ist eine solche Komplettausstattung, bestehend aus Reithose, Reitstiefeln, Reithelm und Handschuhen für die ersten Schnupperstunden schlicht zu teuer. Sie schicken ihre Kinder daher häufig in Jeanshose, Turnschuhen und mit Fahrradhelm zu den ersten Reitstunden. Doch haben normale Hosen Nähte an den Innenseiten der Oberschenkel, die beim Reiten Scheuerstellen auf der Haut verursachen können. Turnschuhe haben keinen Absatz, der ein Durchrutschen der Füße durch den Steigbügel verhindert. Sie schützen den Fuß auch nicht ausreichend, sollte ein Pferd versehentlich darauf treten. Schuhe mit Klettverschluss sind nicht geeignet, da sie sich zu schnell lösen.

Und Fahrradhelme sind nicht für einen Sturz vom Pferd konzipiert und können den Kopf im Zweifel nicht ausreichend schützen. Von einem Pferd fällt der Reiter schließlich meist aus deutlich größerer Höhe als von einem Fahrrad. Doch auch für die Bedürfnisse von Reitanfängern haben Hersteller spezielle Produkte entworfen, die einerseits bezahlbar sind und andererseits den Ansprüchen des Reitsports genügen. Reithosen, Gummireitstiefel und sogar Reithelme, die der aktuellen Europäischen Norm entsprechen, gibt es als günstige Einsteigermodelle. Wer gebrauchte Ausrüstung kauft, kann außerdem so manches Schnäppchen machen. Aber Achtung: Gerade gebrauchte Reithelme können beschädigt sein und somit einiges ihrer Schutzfunktion einbüßen, obwohl sie auf den ersten Blick intakt aussehen.

Schutz für den Kopf

Ein passender Reithelm ist von Anfang an ein absolutes Muss für den Reiter. Passend bedeutet in dem Fall, dass er auch bei geöffnetem Kinnriemen nicht verrutscht. Die Probe aufs Exempel kann der Reiter machen, indem er mit geöffnetem Verschluss den Kopf schüttelt und sich nach vorne beugt. Dabei sollte der Helm nicht verrutschen.

Dabei sollte der Helm nicht verrutschen. Seine Schutzfunktion erfüllt er, indem er die einwirkenden Kräfte bei einem Sturz oder Schlag absorbiert. Er schützt den Kopf aber auch vor eindringenden Gegenständen. Doch können bei jedem Sturz oder Schlag die Helmschale oder die Schutzpolsterung kaputt gehen. Auch wenn er noch intakt zu sein scheint, sollte der Reithelm nach einem solchen Ereignis ersetzt werden. Das gilt auch, wenn er aus der Hand auf den Boden fällt. Die Firma uvex rät, Helme an einem kühlen und trockenen Ort zu lagern. UV-Strahlung und hohe Temperaturen, wie sie im Sommer im abgestellten Auto entstehen können, schaden dem Material. Um sicherzugehen, kann der Reiter seinen Helm vom Fachhändler auf eventuelle Schäden prüfen lassen.

Für Kinder gibt es recht preiswerte Helme und Westen. Eltern sollten bei der Sicherheit nicht sparen. Der Fahrradhelm ist nicht für den Sturz aus der Höhe gemacht. Foto: T. Lehmann

Bei sichtbaren Mängeln muss der Reithelm sofort ausgetauscht werden. Die durchschnittliche Lebensdauer eines Reithelms beträgt ohne Benutzung acht Jahre nach Herstellungsdatum. Die Firma uvex empfiehlt, einen Reithelm nach drei bis fünf Jahren auszutauschen, je nach Nutzung.

Selbst erfahrene Reiter sollten niemals auf einen Reithelm verzichten. Denn vor einem Sturz schützt auch der größte Erfahrungsschatz nicht. Und schließlich erfüllen sie immer eine Vorbildfunktion für jüngere Reitschüler. Darüber hinaus fordern auch viele Versicherungen das Tragen eines Reithelms. Selbst der Ausbilder kann sich schadensersatzpflichtig machen, wenn er nicht dafür sorgt, dass seine Reitschüler einen geeigneten Helm tragen. Der Reiter selbst trägt eine Mitschuld, wenn er nach einem Sturz ohne Helm Kopfverletzungen erleidet und kann den Schadensersatz nicht in voller Höhe einfordern. Versicherungen können im Zweifel den Leistungsanspruch infolge eines Reitunfalls, bei dem kein Helm getragen wurde, kürzen oder sogar ablehnen. Das Tragen eines Reithelms hat sich übrigens auch beim Putzen, Führen, Verladen und Longieren des Pferdes bewährt.

Aktion #HELMHELDEN

#HELMHELDEN ist der Name einer Aktion der Deutschen Reiterlichen Vereinigung (FN) und uvex, die das Thema Sicherheit im Reitsport in den Vordergrund rückt und Aufmerksamkeit für das Reiten mit Helm schaffen soll. Egal ob Freizeit- oder Turnierreiter, jeder Pferdesportler sollte seinen Kopf schützen. Alle, die einen Helm beim Reiten tragen, sind Helmhelden. Die drei Kampagnen-Gesichter sind Ingrid Klimke, Andreas Kreuzer und Annica Hansen und sie vereinen großen Sport mit der Liebe zum Pferd. Außerdem unterstützen zahlreiche Reitsportler und Internetstars die Aktion. Alle Reiter und Pferdeliebhaber sind dazu aufrufen mitzumachen und so selbst ein Teil der Aktion zu werden, deren Erkennungszeichen eine Schleife am Helm ist.

Und so geht es: Einfach auf Instagram oder Facebook unter dem Hashtag #HELMHELDEN ein Foto von sich posten, sich damit zum Reiten mit Helm bekennen und automatisch Teil der Aktion werden und an der Verlosung von 14 Reithelmen uvex Perfexxion 2 der Firma uvex teilnehmen. Infos rund um die Aktion #HELMHELDEN und darüber, wann ein Helmtausch erfolgen sollte, gibt es unter www.pferd-aktuell.de/helmhelden.

Gürtel und Reithosen gibt es in vielen Farben und Varianten. Foto: Pikeur

So unterschiedlich der Geschmack der Reiterin, so vielfältig ist das Angebot an Reitmode. Foto: Pikeur

Sicherheit durch Ausbildung

Gleiches gilt auch für Handschuhe. Sollte sich ein Pferd losreißen und dem Reiter infolgedessen Strick oder Longe durch die Hand ziehen, schützen Handschuhe vor Verbrennungen. Beim Reiten beugen sie Scheuerstellen oder Blasen vor. In besonderen Situationen, beispielsweise beim Springen im Gelände, sind Reiter darüber hinaus mit einer Schutzweste gut ausgestattet. Die Leistungs-Prüfungs-Ordnung (LPO) schreibt sie für das Überwinden fester Hindernisse auf dem Turnier vor. Eine Schutzfunktion kann sie allerdings nur erfüllen, wenn sie genau passt. Sie darf hinten nicht auf den Sattelkranz stoßen und dem Reiter auch nicht zu weit ins Genick ragen. Sie muss eng anliegen, darf aber die Beweglichkeit des Reiters nicht einschränken. Fühlt die Schutzweste sich zunächst noch etwas steif an, hat sie sich nach rund zehn Minuten Tragezeit dank Körperwärme weitestgehend angepasst. Eine Rolle vorwärts sollte dann möglich sein. Deshalb sollte der Reiter sie schon beim Putzen seines Pferdes anziehen. Getragen wird sie übrigens möglichst nah am Körper, also über dem T-Shirt und unter dem Pullover.

Dennoch sollte sich kein Reiter allein auf den Schutz durch hochwertige, passende Ausrüstung verlassen. Eine gute Grundfitness und Beweglichkeit, um sich im Falle eines Sturzes abrollen zu können, Balance und Koordination, um auch mal einen Bocksprung aussitzen zu können, sowie eine umfassende Grundausbildung, um sein Können, sein Pferd und bestimmte Situationen richtig einschätzen zu können, schützen sehr viel effektiver vor Stürzen und ihren Folgen als irgendein Ausrüstungsgegenstand. Die Ausrüstung hingegen kann die Sicherheit des Reiters nur entsprechend erhöhen.

Reithelme für den Schulsport

Gemeinsam mit den Persönlichen Mitgliedern unterstützt die Firma uvex Schulsportprojekte mit Reithelmen. Es handelt sich dabei um eine Dauerleihe, die Schulen, Kindergärten oder Kitas bei der FN beantragen können, sofern sie Reiten, beispielsweise als AG, anbieten. Mehr Infos zum Projekt und zur Antragstellung gibt es hier.

Anziehen und wohlfühlen

Reithosen gibt es in unzähligen Ausführungen, in unterschiedlichen Schnitten, mit Voll-, Knie- oder Stoffbesatz aus unterschiedlichem Material sowie in allen erdenklichen Farben, Designs und Preisklassen. „Da hat jeder Reiter seine persönlichen Vorlieben“, sagt Carolin Haget vom Reitmoden-Hersteller Pikeur. Anziehen und wohlfühlen lautet daher die Devise beim Kauf. Passform und Tragekomfort spielen beim Kauf die entscheidende Rolle. „Das Material sollte eine gute Quer- und Längsdehnung gewährleisten“, nennt Carolin Haget ein Kriterium. Am besten erfüllen das Mikrofaserstoffe, sagt sie. Hinzu kommt der Wunsch des Reiters nach Funktionalität. Leichte Stoffe sorgen im Sommer für ein angenehmes Klima, spezielle Thermo-Reithosen aus Cork- oder Softshell halten im Winter schön warm.

Klassische Reithosen haben einen eng anliegenden Beinabschluss, um darüber Stiefel oder Chaps tragen zu können. Jodhpurhosen haben ein ausgestelltes Bein, sodass allein mit Stiefeletten geritten werden kann. Statussymbol vieler Reiter sind ihre Stiefel. Auch hier haben sich Hersteller in Sachen Optik einiges einfallen lassen. Die Bandbreite reicht von Verzierungen mit Glitzersteinen über Lackstulpen bis hin zu aufwendigen Schnürungen. Längst sind Reitstiefel nicht mehr allein Mittel zum Zweck, sondern unterstreichen die Individualität ihres Trägers. Doch am Ende sollen auch die Stiefel, so aufwändig oder schlicht sie gestaltet sind, den Reiter auf dem Pferd optimal unterstützen. Sie müssen dem Fuß sicheren Halt im Steigbügel bieten und ein federndes Fußgelenk ermöglichen. Sie liegen eng am Bein an und erlauben der Wade des Reiters so einen optimalen Kontakt zum Pferdebauch.

Reitstiefel gibt es in Dressur- und Springausführung. Dressurstiefel sind häufig aus festerem Leder gefertigt. Ein sogenannter Stiefelknecht erleichtert bei Modellen ohne Schnürung und Reißverschluss das An- und Ausziehen. Der Schaft mit hohem Dressurbogen soll zudem das Bein optisch verlängern. Es kann mitunter ein wenig dauern, bis sich ein Dressurstiefel an das Reiterbein angepasst hat. Springstiefel hingegen haben von Anfang an meist einen hohen Tragekomfort. Sie sind aus besonders weichem, anschmiegsamem Leder gefertigt. Der Schuh hat oft eine Schnürung. Reißverschlüsse an den Rückseiten machen bequemes An- und Ausziehen möglich. Solche Stiefel lassen Reiter sich einiges kosten. Doch sind hochwertige Modelle auch extrem langlebig.

Lack und Leder, Kroko-Optik oder Strasssteine – auch bei Reitstiefeln hat die Kundin die Qual der Wahl. Mitunter ist das auch eine Frage des Geldbeutels. Foto: A. Bronkhorst

Kombinations-Kunst

Wer gerade mit dem Reiten beginnt oder sich eher unregelmäßig in den Sattel schwingt, muss sich natürlich nicht gleich teure Reitstiefel kaufen. Doch sind Reitstiefeletten in Kombination mit einer Jodhpurhose das Mindeste. Damit der Schuh sicher sitzt, muss er den Knöchel umschließen. Wichtig ist eine Sohle mit wenig Profil, damit der Fuß bei Bedarf problemlos aus dem Steigbügel gleiten kann. Ein kleiner Absatz verhindert ein Durchrutschen des Fußes im Bügel. Wer zum Reiten eine eng anliegende, klassische Reithose trägt, braucht zusätzlich Chaps. Die können aus echtem Leder, Kunst- oder Wildleder gefertigt sein. Chaps sind besonders anpassungsfähig. Dennoch geben sie dem Schenkel des Reiters zusätzlichen Halt und verhindern ein Wundscheuern der Haut. Wichtig für einen Turnierstart ist, dass Schuhe und Chaps optisch einem Reitstiefel entsprechen.

Gerade Springreiter schätzen diese Kombination, da sie dem Fußgelenk große Flexibilität ermöglicht. Allerdings rutschen Sporen schnell nach oben. Diese dürfen laut LPO aber nur horizontal beziehungsweise nach unten geneigt sein. Alle Ausrüstungsgegenstände aus Leder brauchen regelmäßige Pflege. Reißverschlüsse an Schuhen, Chaps oder Stiefeln müssen außerdem regelmäßig gereinigt werden. Gerade im Anfängerbereich sieht man häufig die Kombination aus Stiefeletten und karierten Kniestrümpfen – ohne Chaps. Das mag dem einen oder anderen Kind optisch gefallen, sicher und funktional ist es aber auf keinen Fall. Denn Socken bieten dem Unterschenkel keinen Halt, schlimmstenfalls bekommt das Kind Druck- oder Scheuerstellen an den Waden oder Knöcheln.

Kirsten Ahrling

Normen, die man beachten sollte

  • Reithelm
    Laut Leistungs-Prüfungs-Ordnung (LPO) muss ein Reithelm mit einer Drei- oder Vierpunktbefestigung ausgestattet sein. Empfohlen wird jeweils die aktuelle Europäische Norm, derzeit EN 1384.
  • Schutzweste
    Die Schutzweste soll insbesondere Brustkorb und Wirbelsäule des Reiters bei einem Sturz zusätzlich vor Verletzungen schützen. Die LPO schreibt sie beim Überwinden fester Hindernisse vor. Sicherheitswesten gibt es in den Sicherheitsstufen (jeweils BETA 2009) Level 1, Level 2 und Level 3. Letztere bietet den maximalen Schutz. Für Sicherheitswesten gilt die europäische Norm EN 13158. Rückenprotektoren schützen lediglich den Rücken des Reiters, für sie gilt die Norm EN 16212. Für den Vielseitigkeitssport wurden außerdem spezielle Airbag-Westen entwickelt. Bei einem Sturz füllen sich deren Luftkammern und bieten ein zusätzliches Polster. Unter einer solchen Airbag-Weste muss der Reiter dennoch eine klassische Schutzweste tragen.

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