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Disziplinen der WM: Para-Dressur
Der Sattel
Bestens verbunden
Der Sattel ist ein wahres Multitalent. Er verteilt das Gewicht des Reiters gleichmäßig auf dem Pferderücken und schützt die empfindliche Sattellage vor punktuellem Druck. Gleichzeitig unterstützt er den ausbalancierten, losgelassenen Sitz des Reiters und ermöglicht ihm die optimale Einwirkung aufs Pferd. Vorausgesetzt er passt. Worauf es beim Sattel ankommt und wie man den passenden Sattel für sich und sein Pferd findet, klärt Teil sieben der FN-Ausrüstungsserie.
Ein schöner Sattel ist ein echter Hingucker. Wichtiger als die Optik ist allerdings immer die Passform! Foto: Wulf Schmoll
Der Sattel ist das Bindeglied zwischen Pferd und Reiter. Er gibt dem Reiter Halt und verteilt dessen Gewicht gleichmäßig auf dem Pferderücken. Gleichzeitig soll er die Bewegungen und Gewichtsverlagerungen des Reiters bestmöglich auf den Pferderücken übertragen. In erster Linie schützt er den Rücken des Pferdes vor dem Reiter. Der ist nämlich besonders empfindlich, insbesondere die Dornfortsätze der Rückenwirbel. Bei einem passenden Sattel liegen sie wohl behütet unter einem ausreichend großen Kissenkanal. Doch auch der übrige Pferderücken ist sensibel. Sobald etwas drückt, rutscht oder kneift, reagiert das Pferd mit auffälligem Verhalten oder Verspannungen der Rückenmuskulatur. Mit fatalen Folgen für den gesamten Bewegungsapparat. Denn ein verspannter Rücken kann nicht losgelassen schwingen. Das Pferd ist auf Dauer nicht in der Lage, seinen Reiter gesundheitsschonend zu tragen. Der Bewegungsablauf verschlechtert sich, sodass auch der Reiter nicht mehr zum geschmeidigen Mitschwingen kommt. Auf Dauer bekommen beide Rückenschmerzen. Ein unpassender Sattel kann so zu Schonhaltungen beim Pferd führen und diese auf lange Sicht zu Überlastungsschäden der Sehnen, Bänder und Gelenke.
Gut verteilt
Das Geheimnis der Gewichtsverteilung liegt im Inneren des Sattels. Der Sattelbaum und die Polsterung des Sattels machen dem Pferd den Reiter auf seinem Rücken so angenehm wie möglich. Schwingt sich der Reiter ohne Sattel auf den Pferderücken, erzeugen seine Sitzbeinhöcker punktuellen Druck. Vielen Pferden ist das unangenehm und sie verspannen ihre Muskulatur. Doch nicht nur das: „Ohne Sattel kann man nur auf dem Pferd sitzen, aber nicht reiten“, macht Sattlermeister Tom Büttner den Unterschied deutlich. Denn erst ein passender Sattel erlaubt dem Reiter einen ausbalancierten, losgelassenen Sitz sowie einen feinen, differenzierten Einsatz seiner Gewichtshilfen.
Nur ein kompetenter Sattler mit nachweisbarer Ausbildung ist in der Lage, die optimale Verbindung zwischen Reiter und Pferd zu schaffen. Foto: Frank Sorge
Ein kritischer Blick auf den Sattel lohnt sich also allemal. „Gerade die modernen Reitpferde sind besonders blutgeprägt und sensibel“, macht Sattlermeister Frank Peter deutlich. Deshalb sollte jeder Sattel dem Pferderücken genau angepasst sein, sagt er. Doch nicht nur das: Der Sattel muss auch zum Reiter passen. Dazu berücksichtigt der Sattler einerseits das Exterieur des Pferdes und andererseits den Körperbau und den Sitz des Reiters. „Dann gilt es, die passende Verbindung zwischen beiden in Form des Sattels zu zaubern“, schildert Frank Peter sein Handwerk. Hinzu kommen bei der Wahl des Sattels die Vorlieben des Reiters in Sachen Optik und Reitkomfort.
Und natürlich muss das Sattelmodell zur gewünschten Disziplin passen. Ob es sich um einen Spring-, Dressur- oder Vielseitigkeitssattel handelt, bestimmt in erster Linie der Schnitt des Sattelblatts. Dressursättel erlauben dem Reiter dank des langen und gerade geschnittenen Sattelblatts ein gestrecktes Bein. Springsättel haben ein kürzeres, nach vorn geschwungenes Sattelblatt, das den Springsitz mit verkürzter Bügellänge möglich macht. In ihrem Grundgerüst ähneln sich jedoch alle englischen Sättel, die laut Leistungs-Prüfungs-Ordnung (LPO) auf dem Turnier zugelassen sind. Der Sattelbaum bietet die Grundlage für Form und Stabilität des Sattels. Er kann aus Stahl, Leder, Holz, Kunststoff oder einer Material-Kombination bestehen. „Der Kunststoffbaum ist ein Massenprodukt“, erklärt
Sattlermeister Tom Büttner. Der sogenannte Stahlfederbaum hingegen kommt bei der Anfertigung von Maßsätteln zum Einsatz. Bei einem solchen Baum ist der Rahmen mit Gurtband bespannt. Das ermöglicht unter anderem eine sehr präzise Anpassung an die Beckenposition des Reiters, schildert Tom Büttner.
Kelten ohne Steigbügel
Erfunden wurde der Sattel einst als Pack- und nicht als Reitsattel. Die Kelten benutzten einen flachen Bocksattel aus Leder mit vier Hörnern. Steigbügel kannten sie noch nicht. Diese sind seit dem 3. Jahrhundert in Asien und seit dem 8. Jahrhundert in Europa bekannt. Den Sattelbaum erfand ein Nomadenvolk um die Zeitenwende, also nach Christus.
Platz über dem Widerrist
Im vorderen Teil wird der Sattelbaum durch das Kopfeisen stabilisiert und bildet die Sattelkammer. Auch im angegurteten Zustand und unter Belastung darf sie nicht auf den Widerrist des Pferdes drücken. „Zwei bis drei Fingerbreit sollte nach oben hin Platz sein“, rät Sattlermeister Frank Wohlhorn. Frank Peter ergänzt: „Auch seitlich sollte die Kammer dem Widerrist genügend Platz bieten.“ Darüber hinaus ist die Länge des Sattels entscheidend, gerade bei Pferden mit kurzem Rücken. „Er darf bis zum 18. Brustwirbel des Pferdes reichen“, nennt Frank Wohlhorn den Richtwert. Diesen kann der Reiter finden, indem er die letzte Rippe des Pferdes ertastet und ihr nach oben bis zum Rücken folgt. Reicht der Sattel über diese Stelle hinaus, entsteht dem Pferd ein unangenehmer Druck im Lendenbereich. Darüber hinaus sollte sich die Form der Sattelkissen der Oberlinie des Pferdes anpassen, macht Frank Peter deutlich.
Gut gepolstert
Die Polsterung eines Sattels macht einen Großteil des Tragekomforts für das Pferd aus und befindet sich zwischen Sattelbaum und Pferderücken. Sie darf nicht zu dick sein, da sonst die Gewichtshilfen des Reiters im Zweifel nicht ausreichend auf den Pferderücken übertragen werden. Die Füllung der Sattelkissen besteht aus Naturoder synthetischer Wolle und muss regelmäßig ausgetauscht werden, da sie im Laufe der Zeit und bei regelmäßigem Gebrauch ihre polsternde Eigenschaft verliert und die Sattelkissen hart macht. Zwischen den beiden Sattelkissen befindet sich der sogenannte Kissenkanal, der genügend Wirbelsäulenfreiheit gewährleisten muss. Diese muss auch beim Reiten von gebogenen Linien ausreichend Längsbiegung des Pferdes zulassen. Sattelpauschen sollen dem Reiter zusätzlichen Halt bieten. Sie sind meist unter den Sattelblättern angebracht.
Die sogenannte Oberschenkelpausche befindet sich vorne oberhalb des Knies. Die Unterschenkel- oder auch Wadenpausche hinten am Sattelblatt. Als Kniepauschen werden etwas weicher gearbeitete Bereiche in Knielage des Reiters bezeichnet. Die Pauschen sollen dem Reiter lediglich in bestimmten Situationen zusätzlichen Halt bieten. Niemals dürfen sie dessen Bein in einer Position fixieren. Viele Reiter fühlen sich gerade in Sätteln mit tiefer Sitzfläche und dicken Pauschen besonders sicher. Doch erschweren solche Modelle einen ausbalancierten, losgelassenen Sitz und damit ein geschmeidiges Mitschwingen. Auch ist das sichere Gefühl ein Trugschluss: Ein Sattel kann nicht für Sicherheit sorgen. Allein ein ausbalancierter Sitz ermöglicht es dem Reiter, sich flexibel an unterschiedliche Situationen anzupassen. Auf dicke Pauschen zu vertrauen, statt an der eigenen Sitzgrundlage zu arbeiten, führt über kurz oder lang in eine Sackgasse.
Bei diesem Modell ist eine individuelle Anpassung der Pauschen an das Bein des Reiters mittels Klettfläche möglich.
Als wäre es nicht schon aufwändig genug, einen Sattel zu finden, der dem Pferd perfekt passt, muss er auch dem Reiter passen und unter anderem ein gleichmäßiges Anliegen der Oberschenkel ermöglichen. Die Sitzfläche wird in Zoll angegeben. Allerdings ist dieses Maß nicht genormt, wie Sattlermeister Frank Wohlhorn anmerkt: „Es kommt darauf an, wie der Hersteller die Sitzfläche misst. Entweder in einer geraden Linie vom Vorder- zum Hinterzwiesel oder aber durch die Sitzfläche hindurch, was automatisch einen größeren Wert
ergibt.“ Sogenannte Tiefsitzer mit einer deutlich tieferen Sitzfläche und höherem Vorder- und Hinterzwiesel fallen demnach meist kleiner aus als Flachsitzer, schildert Frank Wohlhorn und gibt einen Richtwert an die Hand: „Hinter dem Gesäß des Reiters muss im Normalzustand, also während des Schrittreitens, etwa eine Handbreit Platz sein.“ Ist das nicht der Fall, drückt der Reiter den Sattel mit seinem Gesäß nach hinten in den Rücken des Pferdes und verlagert somit den gesamten Schwerpunkt nach hinten.
Gut beraten
Deshalb analysiert der Sattler vor Ort auch immer den Sattel im Einsatz, also in Bewegung, auf dem Pferd und unter dem Reiter. Denn die Beinlänge und insbesondere die Oberschenkellänge des Reiters müssen bei der Wahl des Sattels berücksichtigt werden. Der Sitz des Reiters und seine Beckenposition sind weitere ausschlaggebende Kriterien. Denn Sitzfehler wie ein Stuhl- oder Spaltsitz können ebenfalls aus einem unpassenden Sattel resultieren, macht Frank Peter deutlich. „Der Sattel setzt den Reiter hin“, bringt Frank Wohlhorn die Problematik auf den Punkt.
Checkliste: Passt der Sattel?
- Die Sattelkammer übt auch im angegurteten Zustand und bei Belastung keinen Druck auf den Widerrist des Pferdes aus, es bleiben zwei bis drei Fingerbreit Platz nach oben.
- Seitlich des Widerrists bleibt ebenfalls ausreichend Platz.
- Die Linie des Kopfeisens verläuft parallel zum Schulterblatt.
- Der Kissenkanal lässt der Wirbelsäule genügend Raum.
- Der tiefste Punkt des Sattels befindet sich im Schwerpunkt oder im vorderen Drittel des Pferderückens.
- Der Sattel liegt hinter dem Schulterblatt des Pferdes (er darf nicht auf dem Schulterblattknorpel liegen).
- Der Sattel ragt nicht über den 18. Brustwirbel des Pferdes hinaus.
- Die Sattelkissen liegen gleichmäßig auf (der Sattel steht nicht nach oben hin ab).
- Der Sattel liegt gerade auf dem Pferd.
- Die Sattelstrupfen erlauben eine Gurtung, die der Ellenbeuge genügend Freiraum lässt (es bleibt circa eine Handbreit Platz zwischen Gurt und Ellenbeuge).
- Die Sattelstrupfen zeigen senkrecht zum Boden.
- Der Sattel darf in Bewegung nicht wippen oder rutschen.
- Die Passform des Sattels ist immer im Stand und in der Bewegung zu beurteilen. Nach dem Reiten sollte sich ein gleichmäßiges Schweißbild unter dem Sattel ergeben. Unregelmäßige Schweißflecken und Haarbruch deuten auf Druckstellen und Passformmängel hin!
Checkliste in Anlehnung an „Biomechanik und Physiotherapie für Pferde”, Helle Katrine Kleven, FNverlag.
Sattler-Ausbildung
Wer einmal einen Sattel gefunden hat, der sowohl zum Reiter als auch zum Pferd passt, wird das wohl kaum ohne einen fachlich ausgebildeten Sattler geschafft haben. Die Ausbildung zum Sattler in der Fachrichtung Reitsportsattlerei ist ein dreijähriger, anerkannter Ausbildungsberuf in Industrie und Handwerk. Bei der Meisterprüfung muss der Anwärter sogar selber einen Sattel anfertigen. Frank Wohlhorn nennt das als Maßstab, um sicherzugehen, dass der Sattler auch wirklich etwas von der Materie versteht. Tom Büttner nennt als weiteres positives Kriterium den Serviceumfang, den der Sattler seinen Kunden bietet. Und Frank Peter fügt hinzu: „Ein guter Sattler wird sich beim Termin vor Ort fortlaufend Notizen machen und alles genau protokollieren. Er wird den Sattel im Stand, in Bewegung und unter dem Reiter analysieren und den Rücken des Pferdes im aufgewärmten, mobilisierten Zustand genau vermessen.“ Nur ein gelernter Sattler hat die nötige Ausbildung und die Erfahrungswerte, um einen Sattel professionell beurteilen und anpassen zu können, ist sich Frank Peter sicher. „Das kann man nicht in Wochenendkursen lernen.“ Tom Büttner fügt hinzu: „Im Gegensatz zu vielen Reitern weiß der Sattler, wie ein Sattel von innen aussieht, wie er ihn verändern kann und welchen Effekt das für Pferd und Reiter hat.“
Ergänzungsqualifikation
Für Sattler mit abgeschlossener Berufsausbildung, FN Fachberater für Reitsportausrüstung, Tierärzte mit abgeschlossenem Studium, FN-Pferdephysiotherapeuten, Pferdewirte der Fachrichtung Reiten mit abgeschlossener Berufsausbildung und Trainer A – Reiten bietet die FN die Ergänzungsqualifikation Sattelbeurteilung an. Die Fortbildung dient als Nachweis für die Fachkompetenz in der Sattelanpassung und ist Teil der Ausbildungs-Prüfungs-Ordnung (APO).
Und selbst ein professionell angepasster Sattel muss regelmäßig überprüft und gegebenenfalls erneut angepasst werden. Frank Wohlhorn weiß warum: „Pferde verändern sich“, lautet die einfache Erklärung. „Junge Pferde und ihre Dornfortsätze wachsen, die Sattellage bildet sich erst noch aus, die Muskulatur nimmt zu.“ Bis das Pferd fünf Jahre alt ist, sollte der Sattel halb- bis dreivierteljährlich auf seine Passform hin überprüft werden. Bei älteren Pferden genügt es, wenn der Sattler einmal im Jahr nach dem Rechten schaut. „Trainingspausen, Futterumstellung und zunehmendes Alter verändern ein Pferd ein Leben lang und damit auch seine Sattellage“, so Wohlhorn.
Gut gegurtet
Wohingegen viele Reiter Passform und Design ihres Sattels größte Aufmerksamkeit schenken, wird der Sattelgurt zuweilen stiefmütterlich behandelt. Doch wirklich angenehm wird der Sattel für das Pferd erst mit dem passenden Gurt. Denn der soll den Sattel einerseits sicher auf dem Rücken des Pferdes halten, andererseits aber weder Atmung noch Bewegungsmechanik des Pferdes einschränken.
Bei Kurzgurten, wie sie bei einigen Dressursätteln zum Einsatz kommen, ist die Länge entscheidend. Ist der Gurt zu kurz, drücken seine Schnallen direkt auf den empfindlichen Ellenbogenbereich des Pferdes. Die richtige Länge hat er, wenn die Schnallen beidseitig im oberen Drittel der Gurtstrupfen liegen. Bei Langgurten sollten die Schnallen mittig auf dem Sattelblatt liegen. Ein zu weit vorne liegender Gurt kann schmerzhafte Scheuerstellen in der empfindlichen Ellenbeuge verursachen und verhindern, dass das Pferd sein Vorderbein aus der Schulter frei nach vorne führen kann. Ist er zu schmal, verursacht er punktuellen Druck, der die Muskulatur des Pferdes verkrampfen lässt. Besonders im Bereich des Brustbeins sollte der Gurt eine möglichst große Auflagefläche haben und gut gepolstert sein.
Sattelgurte gibt es in großer Vielfalt. Wichtig ist die passende Länge und eine gute Druckverteilung, insbesondere im Bereich des Brustbeins. Foto: FN-Archiv
Achtung Sattelzwang
In Sachen Material rät Frank Wohlhorn zu Leder oder Neopren. Elastikeinsätze am Gurt vereinfachen dem Reiter das Nachgurten. Bestenfalls sind solche Einsätze beidseitig eingearbeitet. Außerdem dürfen sie nicht zu weich sein. Sonst verleiten sie zum Festziehen. Und das wiederum kann Gurtzwang beim Pferd verursachen. Erste Anzeichen sind ein Anlegen der Ohren und hochgezogene Nüstern beim Angurten. Außerdem behindert ein zu stramm gezogener Sattelgurt das Pferd in seiner Atmung, was gerade bei anstrengenden Aufgaben sehr unangenehm werden kann. Deshalb sollte sich auch im nachgegurteten Zustand noch eine Hand zwischen Gurt und Pferdebauch schieben lassen. Der Gurt muss immer beidseitig und gleichmäßig angezogen werden. Gerade ein Gurt mit Stollenschutz kann seinen Zweck nur erfüllen, wenn dieser mittig unter dem Pferdebauch liegt.
Gut gepflegt
Sättel sind teuer. Damit sie lange halten und nichts von ihrer Qualität einbüßen, brauchen sie die richtige Pflege. Das gilt generell für alle Lederprodukte, also auch für Reithalfter, Sattelgurte und Reitstiefel. „Ein bis zwei Mal pro Woche sollte man den Sattel reinigen“, empfiehlt Frank Wohlhorn. Denn Sandkörner verursachen mechanischen Abrieb, beispielsweise am Sattelblatt unter dem Reiterschenkel. Aber auch Schweiß von Pferd und Reiter greifen das Leder an. Grobe Verschmutzungen lassen sich zunächst mit einem feuchten Tuch abwischen. Nach der Grundreinigung folgt die Sattelseife. Sie wird mit einem feuchten Schwamm und kreisenden Bewegungen einmassiert. Überschüssiger Schaum lässt sich mit einem feuchten Tuch abwischen. Zum Trocknen gehört der Sattel an einen schattigen, trockenen Platz – niemals stellt man Lederzeug direkt in die Sonne. Denn direkte Sonneneinstrahlung oder Heizungsluft machen es hart und brüchig. Mit Lederöl, -fett oder einem speziellen Lederbalsam lässt sich der Sattel im Anschluss auf Hochglanz polieren. Gerade bei trockenem Leder empfiehlt sich dieser Arbeitsschritt. Doch sind solche Produkte immer sparsam einzusetzen, sonst wird das Leder schmierig. Viele Reiter vergessen übrigens die Unterseite ihres Sattels zu reinigen. Doch gerade hier wird das Leder durch Pferdeschweiß stark beansprucht.
Riesig ist die Auswahl an Satteldecken und Schabracken. Ein passender Sattel kommt mit einer dünnen Unterlage aus. Weniger ist auch hier oft mehr. Foto: Frank Sorge
Auch der Sattelgurt sollte nach jedem Gebrauch gereinigt werden. Sonst können Sand und Verunreinigungen zu Druck- oder Scheuerstellen führen. Vor allem der Schweiß sollte täglich entfernt werden, damit das Material lange haltbar bleibt. Ledergurte sind besonders pflegeleicht. Sie lassen sich ebenfalls mit einem feuchten Schwamm und Sattelseife reinigen. Neopren- und Nylongurte sowie Gurtschoner aus Synthetikoder Lammfell gehören regelmäßig in die Waschmaschine. Aus Hygienegründen sollte auch die Sattelunterlage etwa einmal die Woche gewechselt werden, je nachdem wie sehr das Pferd darunter geschwitzt hat.
Zusätzlich sollte jeder Reiter seinen Sattel, insbesondere dessen Nähte und Verschleißteile, regelmäßig auf eventuelle Schäden überprüfen. Gerade Gurtstrupfen oder Steigbügelriemen bergen ein hohes Gefahrenpotenzial, wenn sie reißen. Schon bei kleinsten Schäden sollte man sie austauschen oder reparieren lassen. Und nicht erst, wenn Gurt oder Steigbügel nur noch am seidenen Faden hängen. In puncto Sicherheit kommt auch der Sturzfeder am Sattelbaum eine wichtige Aufgabe zu. Sie öffnet sich im Falle eines Sturzes und ermöglicht, dass sich die Steigbügelriemen vom Sattel lösen, sollte der Reiter im Steigbügel hängenbleiben. Diese enorm wichtige Funktion gilt es regelmäßig zu prüfen. Ob die Sturzfeder geöffnet oder geschlossen ist, darüber gibt es unterschiedliche Ansichten. „Ich bin eher für die geöffnete Sturzfeder“, sagt Frank Wohlhorn und fügt hinzu: „Wer sie geschlossen hält, sollte sie regelmäßig betätigen und bei Bedarf ein wenig ölen.“
Für jeden Zweck
Dressursattel: Lange, relativ gerade geschnittene Sattelblätter ermöglichen es dem Reiter, mit langem Bein aber dennoch leicht angewinkeltem Knie auf dem Pferd zu sitzen. Der Dressursattel soll ihn dabei unterstützen, seine Gewichtshilfen noch differenzierter einsetzen zu können. Die Sitztiefe muss einen ausbalancierten, losgelassenen Sitz ermöglichen. Pauschen dürfen das Bein nicht in einer Position fixieren.
Springsattel: Die Sitzfläche eines Springsattels ist meist deutlich flacher als die eines Dressursattels. Die Sattelblätter sind kürzer und nach vorn geschwungen. Sie erlauben dem Reiter den leichten Sitz mit verkürzter Bügellänge. Oberschenkelpauschen können dem Reiter bei der Landung nach einem Hindernis mehr Halt geben. Wadenpauschen sollen verhindern, dass der Schenkel extrem nach hinten rutscht. Auch beim Geländereiten hat sich der Springsattel bewährt.
Vielseitigkeitssattel: Die Form des Vielseitigkeitssattels ist eine Mischung aus Dressur- und Springsattel. Besonders eignet er sich für die Grundausbildung von Pferd und Reiter, da er sich für die Grundanforderungen in Dressur-, Spring- und Geländereiten gleichermaßen eignet. Sattelblatt und Pauschen schränken den Reiter weder mit lang noch mit kurz geschnallten Bügeln in seiner Beweglichkeit ein.
Sonderformen: Abseits der englischen Reitweise haben sich für Spezialreitweisen auch spezielle Sättel entwickelt. So haben Westernsattel, Wanderreitsattel, Barocksattel, Gangpferdesattel oder auch Distanzsattel spezielle Eigenschaften, mit denen sie den Anforderungen an Pferd und Reiter in der jeweiligen Disziplin angepasst sind.
Trocken und luftig
Richtig aufbewahrt ist ein Sattel immer an einem trockenen und luftigen Ort. Feuchtigkeit macht das Leder anfällig für Schimmel. Zur Lagerung empfiehlt sich ein Sattelbock oder -ständer. Wichtig ist eine breite Auflagefläche, sagt Frank Wohlhorn: „Die Lagerung auf Stangen kann den Wirbelkanal des Sattels verändern.“ Ebenso wenig gehören Sättel auf den Boden oder gestapelt. Das kann nicht nur das Leder beschädigen, sondern den Sattel auf lange Sicht komplett verformen. Spezielle Sattelschoner aus atmungsaktivem Material schützen den Sattel bei Lagerung vor Staub und Kratzern. Um das Leder vor den Steigbügeln zu schützen, kann man diese in spezielle Taschen stecken.
Auch Satteldecke oder Schabracke haben eine Schutzfunktion für den Sattel, wie Sattlermeister Frank Wohlhorn verdeutlicht: „Die Unterlage soll den Sattel vor Schweiß schützen.“ Deshalb rät er zu hochwertigen Materialien, die die entstandene Feuchtigkeit gut aufsaugen und keine Falten unter dem Sattel bilden. Die Unterlagen gilt es nach dem Reiten vom Sattel zu entfernen, damit sie trocknen kann – möglichst nicht im Sattelschrank – und das Leder vor Schweiß geschützt ist. Die Optik ist zweitrangig. Doch sollte der Schnitt zum Sattelmodell passen. Es gibt nämlich spezielle Dressur-, Spring oder Vielseitigkeitsschabracken in unterschiedlichen Größen. Ein anatomischer Schnitt, der mit einem ausgestellten Bereich der Form des Widerrists angepasst ist, erleichtert das Einkammern. Denn auch wenn der Sattel passt, kann eine schlecht eingekammerte Schabracke noch immer auf die Dornfortsätze drücken oder gar Scheuerstellen verursachen. Wichtig bei der Wahl der Schabracke ist außerdem, dass sie nach hinten heraus lang genug ist. Ihre Kanten, die häufig zusätzlich mit Kordeln verziert sind, können schmerzhaften Druck verursachen, wenn sie unter dem Sattel liegen.
Enger durch Pads
Passt der Sattel, werden auch Sattelpads überflüssig, sagt Frank Wohlhorn, fügt aber hinzu: „Beim Springen kann ein Kissen aus Lammfell oder Gel wie ein zusätzlicher Stoßdämpfer wirken.“ Bedenken sollte der Reiter aber immer, dass ein Sattelpad den Sattel immer ein wenig enger macht. In speziellen Fällen können Kissen auch vorübergehende Ungleichmäßigkeiten im Körperbau des Pferdes ausgleichen, sagt Frank Wohlhorn. Eine solche Entscheidung sollte aber immer der Sattler treffen.
Kirsten Ahrling
Die Verwendung eines zusätzlichen Kissens aus Lammfell oder anderen Materialien sollte stets nach Abstimmung mit dem Sattler erfolgen. Foto: FN-Archiv
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