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Disziplinen der WM: Fahren
Interview mit DOKR-Chef Dr. Dennis Peiler
WEG – Gigantismus Marke USA
Vom Stand der Vorbereitungen auf die World Equestrian Games (WEG) konnte sich Dr. Dennis Peiler beim Test-Event der Vielseitigkeitsreiter in Tryon überzeugen. Wie das DOKR die „Operation Tryon“ managt, erklärt er im Interview.
Foto: B. Comtois
PM-Forum: Wie waren Ihre Eindrücke beim Test-Event? Werden die Organisatoren rechtzeitig alle Wettkampfstätten fertigstellen können?
Dr. Dennis Peiler: Das Tryon International Equestrian Center ist eine gigantische Anlage von rund 650 Hektar, oder anders gerechnet 900 Fußballfelder groß. 1.200 feste Boxen, mehrere Prüfungs- und Vorbereitungsplätze stehen zur Verfügung, das Hauptstadion mit 20.000 Zuschauerplätzen wird gerade gebaut. Ich bin sicher, dass die sportlichen Bedingungen hervorragend sein werden. Dort finden pro Jahr an etwa 30 Wochenenden Turniere statt, Erfahrung hat man also. Als problematisch stellt sich allerdings noch immer die Unterbringungssituation dar. Tierärzte und Pfleger kommen vor Ort unter, aber beispielsweise Aktive, Trainer, Pferdebesitzer, unser Unterstützungspersonal, wie Mannschaftsarzt, Hufschmied, Physiotherapeuten etc. werden lange Fahrzeiten in Kauf nehmen müssen, wenn sie zwischen dem von uns angemieteten Quartier sowie den offiziellen Turnierhotels und dem Wettkampfgelände pendeln. Allein für das deutsche Team müssen über 1.800 Übernachtungen organisiert werden. Angeblich sollen am Rande des Reitsportzentrums noch zwei Hotels entstehen, aber davon war vor einem Monat noch gar nichts zu sehen.
PM-Forum: Weltreiterspiele kosten unheimlich viel Geld und haben in der Vergangenheit Ausrichter oft vor massive finanzielle Probleme gestellt. Wer finanziert die Spiele und wer steckt hinter dem Equestrian Center?
Dr. Peiler: Der Etat der Weltreiterspiele soll sich auf 50 Millionen US-Dollar belaufen. Aufgebracht wird diese Summe von einigen Familien. Frontmann und zugleich größter Anteilseigner ist Mark Bellissimo, ein umtriebiger und charismatischer Unternehmer. Diese Investorengruppe unterhält nicht nur das Equestrian Center in Tryon, sondern auch vergleichbare Veranstaltungszentren in Palm Beach in Florida und in Colorado, nahe Denver. Man kann die Verhältnisse nicht mit Deutschland vergleichen. In den USA boomt der Reitsport, rund 27 Millionen Menschen reiten, die Mehrheit im Westernsattel. In Deutschland sprechen wir von rund 1,3 Millionen regelmäßigen Reitern. Zum Vergleich: Acht Millionen US-Amerikaner fahren Ski, 23 Millionen spielen Tennis und 26 Millionen Golf.
Foto: FN-Archiv
PM-Forum: Das DOKR hatte vor acht Jahren schon einmal die Logistik für Weltreiterspiele in den USA zu bewältigen. 2010 fanden die Spiele in Lexington/Kentucky statt. Ist das jetzt Routine für Sie und ihren Assistenten André Schoppmann?
Dr. Peiler: Routine wird so etwas nie. Wie angesprochen, haben wir diesmal Schwierigkeiten mit den Unterbringungsmöglichkeiten, das war in Lexington mit sehr viel mehr Hotels, die dicht am Wettkampfgeschehen lagen, natürlich deutlich unkomplizierter. Das Thema Flug wird schon eher Routine. Der Transport der Pferde wird wiederum durch die Spedition Peden Bloodstock organisiert, wir arbeiten seit vielen Jahren zusammen. Die Pferde fliegen zeitversetzt und passend zu ihren Wettkampftagen in der ersten oder zweiten WEG-Woche von Lüttich in Belgien aus. Während die Menschen überwiegend in Charlotte östlich von Tryon landen, ist für die Frachtmaschinen Greenville-Spartanburg in South Carolina der Zielflughafen. Dort hat man für Pferdetransporte die besseren Bedingungen. Nach Tryon sind es dann mit LKW rund 90 Minuten Fahrt.
Foto: B. Comtois
PM-Forum: Müssen Sie mit besonderen Quarantänebestimmungen rechnen?
Dr. Peiler: Das ist diesmal vergleichsweise einfach. Die Quarantäne ist auf dem Gelände des Equestrian Centers und wurde auf 42 Stunden festgelegt. Eine begrenzte Zahl an Pflegern und Tierärzten hat Zutritt und kann die Pferde bewegen. Nach diesen 42 Stunden wechseln sie in ihre Turnierboxen.
PM-Forum: Werden Sie auch wieder einen Teil der Ausrüstung mit dem Schiff in die USA bringen lassen?
Dr. Peiler: Ja, das geht nicht anderes. Die Kutschen der Fahrer müssen via Seefracht transportiert werden. Jeder Fahrer braucht zwei Kutschen, eine fürs Gelände, eine für Dressur- und Kegelfahren. Aber das ist auch nicht so einfach, denn noch haben wir keine Termine, wann die Kutschen verschifft werden. Wenn wir Pech haben, müssen sie schon Mitte August auf die Reise gehen. Mitte August ist aber in Donaueschingen erst die letzte Sichtung für die Weltreiterspiele. Ohne Kutschen geht das natürlich nicht. Eventuell müssten wir dann schon nach dem CHIO in Aachen nominieren – zwei Monate vor dem Championat. Das wäre nicht so günstig.
PM-Forum: Heißt das, dass die Teammitglieder auch in Springen, Dressur, Vielseitigkeit und Voltigieren erst nach Aachen bekannt gegeben werden?
Dr. Peiler: Das gilt nicht für alle Disziplinen, aber beim Springen und in der Vielseitigkeit denke ich schon, dass wir den letztmöglichen Termin nutzen werden, um das Team aufzustellen.
Foto: B. Comtois
PM-Forum: Wie schätzen Sie die Situation im Springen ein? Platz fünf bei der Europameisterschaft in Göteborg, enttäuschendes Abschneiden beim Weltcup-Finale, der Start in die neue Nationenpreissaison verlief auch nicht glücklich…
Dr. Peiler: Es war klar, dass wir im Springen in einer Umbruchsituation sind. Bewährte Reiter wie Ludger Beerbaum stehen nicht mehr zur Verfügung, erfahrene Championatspferde wie Taloubet Z wurden aus dem Sport verabschiedet. Wir haben jetzt die Aufgabe, jungen Leuten eine Chance zu geben, in den internationalen Spitzensport hineinzuwachsen. Und mit Laura Klaphake und Maurice Tebbel, der gerade erst beim Hamburger Derby-Turnier großartige Erfolge feierte und auch mit zwei fehlerfreien Runden beim Nationenpreis in La Baule überzeugt hat, verfügen wir über tolle junge Sportler mit viel Perspektive. Aber es stimmt schon, die Luft ist dünn, viel dünner als in den vergangenen Jahren. Ein paar Spitzenpferde mehr würden uns guttun.
Foto: B. Comtois
PM-Forum: Und welche Erwartungen haben Sie bei den übrigen Disziplinen?
Dr. Peiler: In der Dressur sind wir sehr gut aufgestellt. Das Team ist sehr stark unterwegs. In keiner Nation der Welt findet man so viele Pferde, die 80 Prozent im Grand Prix oder gar 90 Prozent in der Kür schaffen. In der Vielseitigkeit muss man im Auge behalten, wie sich die Reglementänderung auswirkt. Durch den Fortfall des Dressur-Koeffizienten bekommt die Dressur weniger und dafür vor allem das Springen mehr Gewicht, ein einziger Abwurf kann etliche Plätze kosten.
Im Fahren sind die Niederländer wieder in der Favoritenrolle, aber ich wünsche mir einen Podestplatz. Das sehe ich auch bei der Para-Dressur so, die im vergangenen Jahr erstmals keine Teammedaille gewinnen konnte, weil am entscheidenden Mannschaftstag viele Ritte vom Pech verfolgt waren. In den Einzelentscheidungen sah das dann deutlich besser aus. Unsere Reiner kommen immer besser in Fahrt und sind gut in die Saison gestartet. Sie haben sich klar zum Ziel gesetzt, den Fluch der vierten Plätze vergangener Weltreiterspiele zu brechen. Die Voltigierer haben traditionell in allen Entscheidungen große Medaillenchancen. Im Distanzreiten habe ich noch die größten Bedenken, ob unsere deutschen Reiter die DOKR-Qualifikationsanforderungen erfüllen. Das bleibt abzuwarten. Ich bin insgesamt guten Mutes, dass wir in Tryon auch bei den nicht-olympischen Disziplinen ein gutes Bild abgeben werden.
Das Gespräch führte Susanne Hennig
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