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Disziplinen der Weltreiterspiele in Tryon, Teil 3: Para-Dressur

Kämpfen für eine Teammedaille

So sieht gelungene Integration aus: 2010 in Kentucky nahmen Reiter mit Behinderung erstmals an den Weltreiterspielen teil, seither haben sie ihren festen Platz in der großen Reitsportfamilie. Die wachsende Popularität des Para-Dressursports lässt aber auch den Konkurrenzdruck steigen. „Unser oberstes Ziel bleibt eine Teammedaille“, sagt Equipechefin Britta Bando.

Die Silbermedaille sicherte sich das deutsche Team mit (v.l.) Elke Philipps, Carolin Schnarre, Alina Rosenberg und Steffen Zeibig bei den Paralympics in Rio de Janeiro. Im vergangenen Jahr ging das Team bei der EM in Göteborg leer aus. Foto: Jon Stroud Media

„Die Paralympics sind toll, aber die Weltreiterspiele haben für uns fast noch einen höheren Stellenwert. Wenn unsere Reiter am Start sind und die Stars der anderen Disziplinen, wie Isabell Werth, Kristina Bröring-Sprehe und Co. am Rand stehen, die Daumen drücken und mitfiebern – das ist einfach das Größte“, sagt Britta Bando. Seit elf Jahren betreut die Hamburger Grand-Prix-Richterin die deutschen Para-Teams vor und bei ihren Championaten.

„Ich finde, wir haben es in unserem Sport mit tollen Leuten zu tun. Im Regelsport müssen sich Reiter und Pferd zusammenfinden, im Para-Dressursport kommt als dritte Komponente noch der eigene Körper dazu. Auch der muss mitspielen“, sagt Bando. Para-Reiter bringen daher jenen ganz besonderen Leistungswillen mit, der die Voraussetzung für jeden sportlichen Erfolg ist. Die jeweiligen Handicaps sind im Training und auf Turnieren schnell vergessen. In den Gesprächen geht es wie bei den Regelsportlern auch ums Reiten, ums Besser-werden-wollen und natürlich um die Pferde. „Die Qualität der Pferde hat in den letzten Jahren unheimlich zugenommen. Ganz zu schweigen davon, dass ja bei den ersten Paralympics 1996 noch auf Leihpferden gestartet wurde“, erzählt Britta Bando.

Die Hamburgerin Britta Bando begleitet die Para-Reiter als Equipechefin seit vielen Jahren auf die Turniere und Championate. Das Foto zeigt sie mit Claudia Schmidt (Grade III) bei der Europameisterschaft in Göteborg. Fotos (4): Stefan Lafrentz

Film mit Para-Dressurreiterin Claudia Schmidt

Para-Reiterin Claudia Schmidt spricht im Film über ihren Sport und ihren Silbermedaillengewinn bei der EM 2017.

Podestplatz sichern

Stärker geworden ist auch die Konkurrenz – und das nicht nur zahlenmäßig. Bei den WEG in der Normandie 2014 gingen Vertreter aus 33 Nationen an den Start. Die Goldmedaille sicherten sich einmal mehr die seit 1996 ungeschlagenen Briten, dahinter machten sich gleich mehrere Teams das Leben schwer. Am Ende wurden die Niederländer Zweite, Deutschland gewann Bronze. „Im vergangenen Jahr bei den EM in Göteborg haben wir dann allerdings knapp einen Podestplatz verpasst. Den wollen wir uns zurückholen und am liebsten noch die eine oder andere Einzelmedaille dazu“, kündigt Britta Bando an.

Perspektivgruppe

Gerade wurde in Zusammenarbeit mit dem Deutschen Behindertensportverband (DBS) eine DOKR-Para-Dressur Perspektivgruppe mit acht Reitern geschaffen: Hannelore Brenner (Grade IV), Saskia Deutz (Grade IV), Annemarie Ondrusch (Grade III), Elke Philipp (Grade I), Alina Rosenberg (Grade II), Claudia Schmidt (Grade III), Dr. Angelika Trabert (Grade III) und Steffen Zeibig (Grade III). „Wir versprechen uns einiges von dieser Erweiterung der DBS-Kadereinteilung um die Perspektivgruppe. Ziel ist, die Mitglieder an die Weltspitze heranzuführen oder mit neuen Pferden wieder heranzuführen“, erklärt Bando. Die erste Sichtung in Richtung Tryon findet im Rahmen des Mannheimer Maimarktturniers (5. bis 8. Mai) statt, wo wie gewohnt ein Nationenpreis in der Para- Dressur ausgetragen wird. Weiter geht es dann über die Deutsche Meisterschaft auf dem Gestüt Bonhomme in Werder (21. bis 24. Juni). Welche vier Paare am Ende die Tickets in die USA lösen, entscheidet sich nach dem internationalen Para-Turnier (CPEDI, 5. bis 8. Juli) auf dem saarländischen Linslerhof. „Im Moment ist alles offen“, sagt Britta Bando.

Steffen Zeibig und sein Wallach Feel Good bei der Europameisterschaft in Göteborg. Das Paar ist ebenfalls in Grade III am Start.

Alina Rosenberg bekommt in Göteborg letzte Tipps von Bundestrainer Bernhard Fliegl.

Wer wird Weltmeister?

Elf Medaillen, so viele wie in keiner anderen Disziplin, werden in der Para- Dressur vergeben. Geschuldet ist dies der Tatsache, dass die Teilnehmer nach dem Grad ihrer Behinderung in fünf Klassen („Grades“) eingeteilt werden und in jedem ein kompletter Medaillensatz in der Einzelwertung und Kür vergeben wird.

Elke Philipp und Regaliz starten in der Wettkampfklasse Grade I der am schwersten gehandicapten Reiter.

Anders als im Regelsport beginnt die WM der Para-Dressurreiter mit der Einzelwertung, in der die Teilnehmer um die ersten Titel und den Einzug ins Kürfinale kämpfen. In der zweiten Prüfungsrunde werden dann im sog. FEI Teamtest die Mannschaftsmedaillen vergeben. Startberechtigt sind jeweils vier Reiter pro Nation, von denen maximal zwei demselben Grade angehören dürfen. Den Abschluss macht wie in der „normalen Dressur“ die Kür.

Uta Helkenberg

Die fünf Grades und ihre Bedeutung

In Grade I starten die am schwersten behinderten Reiter. Die Athleten sind hauptsächlich Rollstuhlbenutzer, entweder mit geringer Rumpfbalance oder mit begrenzter Arm- und Beinfunktionen. Geritten werden Prüfungen ausschließlich im Schritt.

In Grade II starten ebenfalls meistens Rollstuhlbenutzer mit starken Einschränkungen der Beinfunktionen und der Rumpfbalance. Die Prüfungen bestehen aus Schritt- und kleineren Trabsequenzen.

In Grade III starten oft Rollstuhlbenutzer mit starken Einschränkungen der Beinfunktionen und/oder der Rumpfbalance, aber mit guten bis leicht behinderten Armfunktionen. Athleten mit starker einseitiger Funktionseinschränkung sind ebenfalls in dieser Klasse startberechtigt. Die Prüfungen bestehen aus Schritt- und Trabsequenzen und wahlweise in der Kür mit bestimmten Galopplektionen.

Grade IV ist ein „Sammelbecken“ verschiedenster Handicaps. Die Athleten können in der Regel ohne Unterstützung gehen. Die Prüfungen bestehen aus Schritt-, Trab- und Galoppsequenzen. Die Anforderungen sind vergleichbar mit der Klasse L im Regelsport.

In Grade V haben die Reiter in der Regel Behinderungen nur in einer oder zwei Gliedmaßen oder eine Einschränkungen der Sehfähigkeit. Es werden Aufgaben vergleichbar zur L-und M-Dressur im Regelsport verlangt. In der Kür dürfen Galopplektionen wie z.B. Dreier- und Vierwechsel gezeigt werden, Piaffe und Passage sind nicht erlaubt.

Quelle: DKThR

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