Vorheriger Artikel
Ausgabe 08/2017
Titelthema: Neue Perspektivgruppe Dressur gegründet
Nächster Artikel
Ausgabe 08/2017
Infektiöse Anämie: Länderübergreifendes Problem
Helmkameras: Was ist erlaubt?
Spektakulär, aber nicht ohne Risiko
Helmkameras sind heute in vielen Sportarten beliebt, auch im Reitsport. Bei großen Turnieren können Zuschauer die Geländeritte der Profis aus der Reiterperspektive beobachten und auch Amateurreiter stellen Videos von ihren Ritten ins Internet. Was viele dabei nicht wissen: Helmkameras können sich auf die Sicherheit auswirken.
Ingrid Klimke startet meist mit Helmkamera. Sie ist mit einem Gummiband am Helm befestigt. Foto: S.
Lafrentz
Besonders im Gelände liefern Helmkameras, auch Action-Cams genannt, spektakuläre Eindrücke. Vor dem Bildschirm können Amateure und Nicht-Reiter mit Profis wie Ingrid Klimke und Michael Jung über Baumstämme springen und durch Wassergräben jagen. Die kleinen Kameras werden an den Helmen befestigt und erfreuen sich auch bei Ski- und Motorradfahrern großer Beliebtheit. Im vergangenen Jahr wurden dem Photoindustrie-Verband e.V. zufolge 558.000 Action-Cams in Deutschland verkauft.
Auch Sandra Auffarth lässt ihre Umwelt via Helmkamera am Geschehen auf der Geländestrecke teilhaben. Foto: A. Bronkhorst
Britischer Verband verbietet Helmkameras
Doch neben Bildern vom Sport, sorgten Helmkameras in der Vergangenheit auch für Diskussionen über die Sicherheit und die Zulassung von Helmkameras im Sport. Der britische Vielseitigkeitsverband „British Eventing“ führte 2014 ein Verbot von Helmkameras bei Vielseitigkeitsturnieren ein. Doch wie sehen die Regeln auf internationalen Turnieren und in Deutschland aus?
Die Fédération Equestre Internationale (FEI) erlaubt Helmkameras auf internationalen Turnieren grundsätzlich nicht, Ausnahmeregeln müssen vom Verband genehmigt werden. Außerdem weist die FEI in ihren Regularien darauf hin, dass Reiter die Kamera auf eigenes Risiko tragen. Die FN hat eine ähnliche Haltung. Auch in Deutschland sind Helmkameras vor allem in der Vielseitigkeit ein Thema: „In der LPO gibt es keine Vorgaben, da unser Standpunkt ist, dass eine Helmkamera kein Ausrüstungsgegenstand ist. Deshalb müssen Helmkameras immer beim Turnierleiter angemeldet werden. Es gab bisher kaum gesicherte Erkenntnisse, auf die sich das Regelwerk beziehen könnte. Deshalb ist die Entscheidung dafür oder dagegen ist dann immer vom jeweiligen Technischen Delegierten oder Chefrichter abhängig, der die Nutzung absegnen muss“, erklärt Leonie Süß aus der FN-Abteilung Turniersport. Die Frage, ob eine Helmkamera zugelassen wird, stellt sich in der Vielseitigkeit jedoch erst ab Klasse L: In den Klassen E und A lassen Chefrichter und Technische Delegierte Helmkameras grundsätzlich nicht zu.
Damit eine Kamera zugelassen werden kann, darf eines allerdings nie gemacht werden, betont Süß: „Der Helm selber darf nicht verändert werden.“ Es ist daher verboten, die Kamera beispielsweise an den Helm zu schrauben oder sonstige Veränderungen an der Helmschale vorzunehmen. Genau genommen stellt auch das feste Verkleben des Kameraaufsatzes eine nachträgliche Veränderung des Helmes dar. Der Helm erfüllt dann nicht mehr die EN-Norm, die im Test ohne Kameraaufsatz bestanden und bescheinigt wurde. Reithelme müssen eine CE-Kennzeichnung haben, damit sie verkauft werden dürfen. Die Kennzeichnung bescheinigt, dass der Helm die EN-Sicherheitsnorm erfüllt, die in europäischen Richtlinien festgelegt ist. Damit ein Helm zertifiziert wird, muss er beispielsweise aus bestimmten Materialien bestehen und einen Sturz aus festgelegten Höhen überstehen.
Helmkamera kann Einfluss bei Sturz haben
Die Regeln auf Turnieren sind eine Sache, der Sicherheitsaspekt ist eine andere. Dieser Aspekt betrifft sowohl Turnier- als auch Freizeitreiter.
Im Falle eines Sturzes muss von einem erhöhten Verletzungsrisiko ausgegangen werden, wenn die Kamera sich nicht vom Helm löst. Das sollten Reiter bei der Befestigung immer bedenken. Je nach Halterung und Position der Kamera können sich Balance und Abrollverhalten beim Sturz verändern. Dabei ist es egal, ob die Kamera oben, vorne oder seitlich am Helm befestigt ist: Entscheidend ist, wie der Reiter fällt und ob er dabei auf die Kamera prallt. Außerdem besteht die Gefahr, dass der Reiter im Gelände mit der Kamera hängenbleibt, wenn zum Beispiel ein Ast über dem Weg hängt.
Bei der Frage was laut Hersteller erlaubt ist, lohnt sich ein Blick in die Gebrauchsanleitung der Helme. Die Anleitung wird bei jedem neuen Produkt mitgeliefert. Dort sind zulässige Anbau- und Ersatzteile definiert. Alle Anbauten, die nicht ausdrücklich vom Hersteller zertifiziert sind, sind nicht erlaubt. Für nachträglich angebaute Teile, die von Seiten des Herstellers nicht ausdrücklich erlaubt sind, übernimmt dieser daher auch keine Verantwortung. Ausdrücklich nicht erlaubt sind, wie auch auf Turnieren in Deutschland, Veränderungen an der Helmschale, wie zum Beispiel das Anbohren von Gegenständen.
Auch wenn derzeit noch offene Fragen und Bedenken vorhanden sind, für die Zukunft zeichnet sich bereits eine Lösung ab: Vermutlich wird es schon bald möglich sein, Helmkameras so klein zu produzieren, dass sie direkt in den Helm integriert oder so an diesen angebracht werden können, dass negative Einflüsse auf die Schutzfunktion nicht mehr gegeben sind.
Melanie Köster
Neue Norm für Reithelme kommt
Reithelme brauchen eine CE-Kennzeichnung. Sie bescheinigt einem Helm, dass der Kopfschutz aktuellen europäischen Vorschriften entspricht. 2014 beschloss die EU-Kommission, die bis dahin gültige Norm durch eine neue abzulösen. Deshalb dürfen Helmhersteller seit Anfang 2015 keine neuen Helme mehr nach der bis dahin gültigen Norm EN 1384 (2012) produziert werden. Damit Uvex und Co. weiterhin Helme herstellen können, gibt es eine Übergangsnorm, VG 1 genannt.
Mittlerweile ist die neue Norm EN 1384 (2017) durch das europäische Abstimmungsverfahren durch und wird voraussichtlich in den kommenden Monaten in deutscher Sprache verfügbar sein. Für die deutschen Hersteller bedeutet das, dass sie wieder neue Helme produzieren können. In den vergangen Jahren blieben aufgrund der Norm-Unsicherheit größere Veränderungen oder Innovationen aus, das könnte sich jetzt ändern.
Ein neuer Helm ist nicht unbedingt notwendig
Müssen sich jetzt alle Reiter einen neuen Helm kaufen? Nein – auch die etwas älteren Modelle mit europäischer Norm sind weiterhin sicher, solange der Helm keinen Sturz hinter sich hat. Grundsätzlich gilt jedoch: Je jünger der Helm desto besser. Und wie sieht es auf Turnieren aus? Wie in der LPO 2013 steht auch in der neuen LPO 2018, dass Helme auf Turnieren eine europäische Norm und daher eine CE-Kennzeichnung haben müssen. Die jeweils aktuellste Norm wird zwar empfohlen, die etwas älteren Helme der EN1384 und VG1 sind aber weiterhin zugelassen.
Vorheriger Artikel
Ausgabe 08/2017
Titelthema: Neue Perspektivgruppe Dressur gegründet
Nächster Artikel
Ausgabe 08/2017
Infektiöse Anämie: Länderübergreifendes Problem