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Deutsches Olympisches Jugendlager (DOJL) in Rio de Janeiro

Paulines Rio-Tagebuch

Pauline Laufer (18) durfte als eine von 50 Jugendlichen während der Olympischen Spiele in Rio de Janeiro im Deutschen Olympischen Jugendlager (DOJL) dabei sein. Die Voltigiersportlerin engagiert sich ehrenamtlich in der Sportjugend Nordrhein-Westfalen. Exklusiv für Young PM berichtet sie von ihren Eindrücken und Erlebnissen – vom Selfie unter der Christus-Statue, einem Treffen mit dem deutschen Springreiterteam und dem nicht immer einfachen Alltag vieler Jugendlicher in Brasiliens Hauptstadt.

Pauline traf in Rio de Janeiro auch den Präsidenten des Deutschen Olympischen Sportbundes, Alfons Hörmann. Alle Fotos: privat

Eine atembe­raubende Aussicht auf die Stadt bot sich den Teilnehmern des Jugend-Lagers bei den vielen Ausflügen.

9600 Kilometer Flugstrecke sind es von Meinerzhagen, dem Wohnort von Pauline, nach Rio de Janeiro. Aber wie kam es eigentlich dazu, dass die begeisterte Voltigiererin für das Rio-Jugendlager des DOSB (Deutscher Olympischer Sportbund) ausgewählt wurde? „Im Herbst 2015 konnte man sich für das Jugendlager bei der Deutschen Sportjugend bewerben“, blickt Pauline Laufer zurück. „Kurz vor Weihnachten haben wir dann einen Brief bekommen, in dem mitgeteilt wurde, wer nach Rio fahren darf.“ Die Nominierten engagieren sich ehrenamtlich als Übungsleiter, Jugendvertreter oder Juniorteamer im Sportverein oder -verband und haben in Rio über 30 verschiedene Sportarten vertreten. Die begeisterte Reiterin und Voltigiererin ist ehrenamtlich im Stadt- und Kreissportverband aktiv, im Reitverein und auch in der Sportjugend Nordrhein-Westfalen. Untergebracht war sie mit den anderen Jugendlichen in der Deutschen Schule Corcovado in Rio. Auf dem Programm standen Besuche von Wettkämpfen, eigene sportliche Aktivitäten, kulturelle Unternehmungen, Dialogforen, Workshops und Diskussionsrunden mit Olympiateilnehmern sowie Politikern. Im Mittelpunkt stand aber auch das Kennenlernen der Lebensrealität der Jugendlichen vor Ort. „Für alle Beteiligten sind Werte wie Fairness, Toleranz und Freundschaft auch über das Ereignis hinaus von Bedeutung“, erklärt Tobias Knoch, Direktor der Deutschen Olympischen Akademie (DOA) und stellvertretender Leiter des DOJL in Rio.

Auszüge aus Paulines Rio-Tagebuch

„Was für eine Stadt! Voller Gegensätze, Lebensfreude und Olympia mittendrin. Das bedeutet viel Chaos, aber auch eine unglaubliche Stimmung. In der Volleyballarena zu sein, wenn Brasilien gewinnt und mit tausenden von Fahnen schwenkenden Menschen zu feiern, ist nur eine tolle Erfahrung, die ich in den letzten Tagen erlebt habe. Wir waren bei verschiedenen Wettkämpfen und haben die Deutsche Olympiamannschaft angefeuert. Da wir die gleiche Einkleidung wie die Sportler haben, werden wir oft gefragt, ob wir Athleten sind, oder ob man ein Foto machen kann. Aber auch ich habe schon Fotos mit besonderen Menschen gemacht. Zum Beispiel DOSB Präsident Alfons Hörmann oder der deutschen Springreiterequipe. Außerdem haben wir noch das Deutsche Haus besucht. Das ist ein Beachclub mit Pool und „all you can eat“. Mich hat jedoch vor allem gefreut, dass man sich hier ganz ungezwungen mit Sportlern unterhalten konnte.

Einer der Höhepunkte für Pferdesportlerin Pauline war das Treffen mit den deutschen Springreitern.

Olympisches Flair am Strand von Rio: Pauline nimmt viele besondere Eindrücke aus dem zweiwöchigen Aufenthalt in Brasilien mit nach Hause.

Frühstück mit tierischer Gesellschaft

Heute hat der Wecker um 6.30 Uhr geklingelt. Schnell fertig machen. Ich hatte Glück und hab eine der warmen Duschen erwischt. Gemeinsam frühstücken wir in der Schulmensa. Die bietet Platz für etwa 40 Personen und hat sogar eine Terrasse. Heute saßen wir draußen, obwohl es relativ kalt war und haben Besuch von kleinen Äffchen bekommen, die hier morgens mit ein paar Bananen gefüttert werden. Nach schnellem Zähneputzen ging’s schon los in eine Favela. Dort besuchen wir das Sportprojekt „Bola pra Frente“. Wir fahren oft mit der Metro und manchmal mit Kleinbussen zu den verschiedenen Orten. Ich muss sagen, ich bin sehr froh, dass ich meine Führerscheinprüfung nicht in Rio machen musste. Und das, obwohl im Moment lokale Ferien ausgerufen sind, damit sich das Berufsverkehrs-Chaos in Grenzen hält.

Direkt nach der Ankunft auf dem Gelände und einer überschwänglichen Begrüßung der Jugendlichen, die uns vor zwei Tagen in unserer Unterkunft besucht haben, ging es auf einen Rundgang durch die Nachbarschaft. Das hat mich sehr an die Armenviertel im Film „Der kleine Lord“ erinnert. Halb fertig gebaute Häuser mit Löchern in den Wänden, der Fluss voller Müll und Hunde, bei denen man die Rippen zählen kann. Überall in der Stadt sieht man diese Häuser, die aussehen wie bunte, übereinandergestapelte Schiffscontainer aus Stein, gebaut wo Platz ist. Natürlich ohne Baugenehmigung. Und das in einer Stadt, die ein Mega-Event ausrichtet…

Verständigung auch ohne Sprache

Weiter ging es mit Spielen. Es ist so schön zu sehen, wie man sich ohne Sprache verständigen und miteinander Sport machen kann. Mich hat es sehr überrascht, wie ordentlich und gepflegt die Kinder sind und auch wie respektvoll und offen sie mit uns und miteinander umgehen. Das ist bei uns in Deutschland auch nicht immer so ganz selbstverständlich. Das Tolle und Einzigartige am Jugendlager ist, dass wir nicht nur die Wettkämpfe besuchen, sondern dass wir Projekte wie dieses besuchen und nicht wie Touristen nur die guten Seiten Rios sehen. Doch natürlich gibt es die auch. Es ist schön, bei 25 Grad und leichtem Wind am Strand zu liegen und die Wintersonne zu genießen. Jetzt sind wir gerade auf dem Rückweg und stecken im Verkehr fest. Gleich machen wir uns fertig für einen weiteren Besuch im Deutschen Haus, wo wir hoffentlich Medaillen zu feiern haben.

Wir haben in der letzten Woche hier wieder viel erlebt, sind gewandert, haben ein Selfie an der Christus-Statue gemacht und weitere Wettkämpfe gesehen. Der kontrastreichste Tag brachte uns morgens in eine Favela zu den Ärmsten, die uns voller Freude empfangen haben, und abends zu einem Empfang des deutschen Konsuls in Rio de Janeiro. Wir haben über den Dächern der Favelas mit einem atemberaubenden Blick auf Rio bei Livemusik gegessen und mit Sportlern und Funktionären geredet. Das ist Rio. Eine Stadt voller Gegensätze. Schönheit und Müll, Sicherheit und Angst. Manchmal merkten jedoch auch wir, obwohl wir sehr sicher untergebracht sind, dass Rio eine gefährliche Stadt ist. Mitten in einem Workshop hörten wir Schüsse. An den lauten Knall von Feuerwerkskörpern aus der direkt neben uns liegenden Favela hatten wir uns schon gewöhnt, aber das war anders. Nach ein paar Stunden liefen dann Männer in Militäruniform über das Gelände der Schule. Am Ende gab es Entwarnung: Die Schüsse seien zur Feier einer Hochzeit abgegeben worden und die Soldaten hatten den Weg durch unsere Unterkunft als Abkürzung genutzt. Trotzdem hat mir dieser Tag nochmal eindeutig gezeigt, in welchen Umständen die Menschen hier leben.

Menschlichkeit und Wärme

Das ist auf jeden Fall etwas, was ich mitnehme aus dieser unglaublichen Zeit: Wie gut es uns in Deutschland geht, und dass wir dieses Glück viel mehr wertschätzen sollten. Menschen brauchen nicht viel, um glücklich zu sein. Das haben mir die Besuche in der Favela gezeigt. Es braucht Menschlichkeit und Wärme, die uns in unserem Alltag zuhause oft fehlen. Außerdem nehme ich ganz viel neue Motivation und Ideen für meinen Sport und mein Ehrenamt mit. Am letzten Tag haben wir noch die Olympische Flamme gesehen. Ich werde zu Hause viel zu erzählen haben und hoffentlich damit den Olympischen Geist weitertragen. Denn der verbindet Menschen und überwindet die Grenzen von Herkunft, Sprache und Alter. Und das ist, so glaube ich, in dieser Zeit besonders wichtig.“
Tina Pantel

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