Hygiene im Pferdestall und auf der Weide (Fortsetzung)
Infektionsrisiko minimieren
In der April-Ausgabe des PM-Forums führten wir ins Thema Hygiene im Pferdestall ein, in der Fortsetzung geht es nun um saubere Futtermittel, sinnvolles Weidemanagement und Reisen mit Pferden. Den April-Beitrag können Sie auch online nachlesen unter: www.pm-forum-digital.de
Hygiene spielt auch bei der Gewinnung und Lagerung von Futter- und Einstreumitteln eine große Rolle, sollen sie die Pferde nicht nur satt machen, sondern auch gesund erhalten. Hinzu kommt, dass Pferde hinsichtlich der Qualität des Futters und der Einstreu hohe Ansprüche stellen. 2014 etwa war in weiten Bereichen Nordwestdeutschlands witterungsbedingt kein gutes Jahr für die Strohernte. Mancherorts ist Stroh deshalb knapp und dementsprechend teuer. Dies darf aber kein Grund sein, gammeliges oder gar schimmeliges Stroh als Einstreu für Pferde zu akzeptieren. Schimmeliges Stroh oder Heu gehört auf die Miste, aber keinesfalls in den Pferdestall. Wer hier spart, ganz gleich ob Stallbetreiber oder Einstaller, spart am falschen Ende. Infolge solch falschen Kostendenkens sind die sich unweigerlich anschließenden Behandlungskosten des Tierarztes fast immer höher als die Einsparungen bei Futter- und Einstreumitteln.
Schädlingsbekämpfung
Wo Futter- und Einstreumittel gelagert werden, sind auch Schädlinge wie Ratten und Mäuse zu finden. Ihre Ausscheidungen können gefährliche Krankheitserreger beinhalten. Ein völlig mäuse- oder rattenfreier Stall ist zwar Utopie, dennoch gilt es, die Zahl der Schädlinge auf ein Minimum zu begrenzen. Gift und mechanische Hilfsmittel im Kampf gegen diese Plagen sind in Pferdebetrieben nicht immer unproblematisch einzusetzen. Die besten Verbündeten sind Katzen. Doch gerade sie haben es immer schwerer, da viele Pferdebesitzer auch Hunde haben, die sie gerne in den Stall mitbringen oder auf der Anlage laufen lassen.
Heu und Stroh müssen so gelagert werden, dass sie vor Witterungseinflüssen wie Nässe oder direkter Sonnenbestrahlung geschützt sind. Futterwagen sollten außerhalb der Fütterungszeiten abgedeckt sein, um ein Eindringen von Schädlingen oder eine Kontamination mit deren Exkrementen zu verhindern. Eine sehr beliebte Unsitte ist es, Medikamente, die für die Behandlung einzelner Pferde benötigt werden, direkt oder gar unverschlossen im Futterwagen mitzuführen. Bei einer so fahrlässigen Vorgehensweise ist die unfreiwillige Kontamination von gesunden Pferden mit den Medikamentensubstanzen eigentlich unabwendbar.
Weidemanagement
Zu einer erfolgreichen Bestandshygiene gehört natürlich auch zwingend das richtige Weidemanagement hinzu. Auch dies ist ein umfangreiches Thema, weshalb hier nur die wichtigsten Hygiene-Aspekte angesprochen werden können. Um eine Überweidung und die sich daraus ergebenden hygienischen Probleme zu vermeiden, sollte auf die Bestandsdichte geachtet werden. In der Vegetationszeit werden, abhängig von der Qualität der Weidefläche, etwa 0,25 bis 0,5 Hektar pro Pferd empfohlen. Soll von der Weide auch Winterfutter gewonnen werden, reduziert sich die Besatzdichte auf 0,5 bis ein Hektar pro Pferd. Neben der beständigen Kontrolle der Weide auf das Wachstum und die Selbstaussaat von Giftpflanzen ist die regelmäßige Kotentfernung, die idealerweise alle zwei bis drei Tage erfolgt, die wichtigste Hygiene-Maßnahme. Besonders nach der Verabreichung von Wurmkuren muss dies geschehen, da sonst die Würmer wieder aufgenommen werden. Zur Kotentfernung auf größeren Weideflächen stehen heute diverse mechanische und automatische Systeme zur Verfügung. Ein gutes Management mit Ruhezeiten für die Weiden (etwa drei Monate im Jahr) und möglichst einer Mischbeweidung mit Rindern erhöhen nicht nur die Qualität, sondern auch den Hygienestandard der Weide.
Reise und Transport
Die hohe Mobilität in der heutigen Pferdehaltung wirkt sich natürlich auch auf das Thema Bestandshygiene aus. Allein ein Blick in die Turniersportstatistik der FN zeigt: Die im Jahr 2014 mehr als 143.000 bei der FN fortgeschriebenen Turnierpferde absolvierten bei mehr als 3.500 Turnieren unter LPO-Bedingungen in über 70.000 Prüfungen rund 1.536.000 Starts. Damit sind mehr als zehn Prozent aller deutschen Pferde mehr oder weniger permanent Kontakten mit Fremdbeständen ausgesetzt. Wer bei diesen Zahlen noch an der Notwendigkeit einer Impfpflicht für Turnierpferde zweifelt, dem ist wahrlich nicht mehr zu helfen. Hinzu kommen noch ungezählte Fahrten zu Trainingsmaßnahmen, Zucht- oder Freizeitveranstaltungen sowie touristische Aktivitäten.
Schon die Beachtung einiger simpler Tipps kann jedoch die bei Transport und Reise entstehenden Hygiene-Risiken deutlich minimieren. Auf Turnieren oder ähnlichen Veranstaltungen sollten die Pferde immer ihre eigenen Eimer dabei haben und auch nur aus diesen gefüttert oder getränkt werden. Die Nutzung fremder Eimer ist Tabu. Eine oft zu beobachtende Unsitte ist es, dass Reiter es zulassen, dass sich fremde Pferde untereinander beschnuppern können. Dies birgt nicht nur erhebliche Unfallrisiken durch plötzliche Reaktionen der Pferde, sondern bietet auch potentiell vorhandenen Erregern eine ideale Möglichkeit, neue Pferde zu infizieren. Wird auf einem Turnier eine sonst als Pferdeweide benutzte Fläche als Hänger- und Transporter-Parkplatz zur Verfügung gestellt, so muss diese vor einer anschließenden Wiedernutzung als Weide unbedingt auf sämtliche Verunreinigungen (Pferdekot wie andere Gegenstände) hin abgesucht und gereinigt werden.
Bei Fahrten ins Ausland sind im Vorfeld beim Haustierarzt oder dem Amtsveterinär die erforderlichen Maßnahmen wie Gesundheitszeugnis oder gar Quarantänebedingungen abzufragen. Sind in einer Region akut Infektionskrankheiten wie Herpes virulent bekannt, haben zum Schutz des eigenen Pferdes, aber auch der übrigen Pferde im Bestand, sämtliche überflüssigen Transporte zu unterbleiben. Verantwortungsvolle Pferdebesitzer und -freunde dürften hierzu auch Turnierbesuche zählen. Keine Schleife in einem A-Springen oder einer L-Dressur dürfte den leichtsinnig in Kauf genommenen Verlust eines Pferdes durch eine auf diesem Wege eingeschleppte Infektionskrankheit aufwiegen.
Alles in allem bilden die hier aufgeführten Maßnahmen und Aspekte lediglich das Basiswissen in Sachen Bestandshygiene ab, das in einer normalen Pferdehaltung vorhanden sein sollte. Zucht und Aufzucht von Pferden stellen an den Hygienestandard noch deutlich höhere Anforderungen.
Thomas Hartwig
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