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Pferd mit Job
Ab aufs Feld
Uganda, Gemüsepferd auf dem Biohof Bohne in Stollsdorf/Sachsen
Uganda, hier links im Bild, ist auf dem Biohof Bohne als Arbeitspferd angestellt. Alle Fotos: Cornelia Höchstetter

Im Viertakt über die Äcker
Pferde sind nicht nur Freizeit- und Sportpartner – auch in Deutschland gibt es noch echte Arbeitspferde. Die Einsatzbereiche sind breit – vom Transportwesen über Therapiezwecke, bei der Polizei oder wie früher in der Landwirtschaft. Südlich von Leipzig bearbeiten Synke und Kay Bohne ihre Gemüsefelder und Gewächshäuser mit drei Pferden. Synke und Kay Bohne studierten in den 1990er Jahren Landwirtschaft und bauten den Gemüsehof auf. Mit 1,9 Hektar fingen sie an, heute sind es 20 Hektar – zum täglichen Geschäft gehören Hofladen, Abo-Gemüsekisten, Marktbelieferung oder Forstwirtschaft. Für das Ehepaar ist die Arbeit mit den Pferden ein Bewahren von altem Wissen und Kulturgut. Das „Pferd mit Job“ der ersten Folge ist Uganda, genannt Gunda.
Dürfen wir vorstellen? Uganda (Rufname: Gunda), Rappstute, 19 Jahre alt, Sächsisch-Thüringisches Schweres Warmblut. Vater: Gordon; Mutter: Umsicht von Urban; Züchter und Besitzer: Synke und Kay Bohne.
Berufsbezeichnung: Gemüsepferd, Arbeitspferd
Kurzcharakteristik: Gunda ist fleißig und eine zuverlässige Mitarbeiterin. Sie ist kräftig und legt sich ordentlich ins Zeug.

Egal, um welches Arbeitsgerät es geht, Uganda leistet zuverlässige Arbeit.
Aktuelle Tätigkeit
Wenn Gunda angespannt ist, dann für Pflegearbeiten im Gemüsebeet, sie zieht landwirtschaftliche Geräte, etwa um zwischen den Gemüsereihen das Unkraut zu hacken, Kartoffeln zu setzen oder Getreide zu eggen. Zu Gundas Aufgaben – und zu den Aufgaben der beiden anderen Arbeitspferde auf dem Hof – gehören unter anderem, Wiesen zu schleppen, die Kartoffellegemaschine zu ziehen, Getreidesaat oder Gründüngung ausbringen, die Erntearbeit für Möhren, Pastinaken oder Chicoreewurzeln und so weiter. Gunda ist angespannt, wenn der Ernte-Transport vom Acker zum Hof oder in den Keller zum Einlagern ansteht. Im Winter geht’s ins Holz. Außerdem ist Gunda die Ausbilderin der Nachwuchsstute Mari.
Besondere Kenntnisse und Fähigkeiten
Gemüsepferde müssen sicher in den Reihen laufen, zum Beispiel zwischen wertvollen und empfindlichen Salatköpfen. Synke Bohne mahnt: „Das ist Gundas Schwachstelle, weil die Fußstellung hinten eher breit ist. Aber sie gibt sich Mühe.“ Sich in absoluter Balance zu bewegen, ist für ein Gemüsepferd so entscheidend wie das Zuhören und der Gehorsam aufs Wort – denn die Landwirte haben auf dem Feld oft beide Hände am Gerät. Zu den Kernkompetenzen zählen also Geduld. Die Pferde müssen warten, wenn die Geräte eingestellt oder wenn die Wagen beladen werden. Ausdauer ist über Stunden gefragt, manchmal sind die Pferde gut dreieinhalb Stunden auf dem Feld. Körperliche Stärke ist weniger entscheidend, denn die Geräte werden individuell auf die Kraft des Zugpferds angepasst. „Wichtig ist, dass sie sich sachte und ruhig ins Geschirr legen und gleichzeitig weiterziehen, auch wenn das Gerät im ersten Moment einen großen Widerstand hat“, erklärt Synke Bohne.
Lebenslauf
Gunda ist auf dem Gemüsehof geboren, die Kinder von Familie Bohne haben sich viel mit dem Fohlen und dem jungen Pferd befasst: Halfter auflegen, als Gunda alt genug war, haben sich die Kinder auf ihren Rücken gesetzt – „So war dann eines Tages das Auflegen des Geschirrs kein Thema“, erzählt Synke Bohne. Die junge Gunda war nicht viel auf dem Feld, eher war sie Voltigierpferd für die Kinder. Erst später ging Gunda in die Feldarbeit. „Sie ist ein Verlasspferd, diese Eigenschaft zieht sich bei ihr durch“, sagen die Züchter und Besitzer, das Ehepaar Bohne. Als neun- oder zehnjähriges Pferd fing die Vollzeitarbeit auf dem Feld an. Die Ausbildung legte sie in den Jahren zuvor ab. Gunda lernte, brav, artig und langsam vor der Kartoffellegemaschine zu laufen. Das ist das Schwierigste. Gunda lernte von ihrer Mutter Umsicht (genannt: Umsi) im Gespann. Allein ziehen ist dann für Fortgeschrittene.
Der normale Alltag
Der Alltag ist in der Landwirtschaft von der Jahreszeit und vom Wetter abhängig und entsprechend abwechslungsreich – bei Regen gibt’s Sonderurlaub.
Freizeitausgleich
Die Arbeitspferde leben in einem Offenstall und kommen täglich auf die Koppel. Eine besondere Belohnung und ein seltenes Highlight ist es, frühmorgens im Sommer zum See zu fahren – an der Kiesgrube über Sandstrand zu reiten oder im See zu schwimmen.

Uganda ist mit ihrer Aufgabe nicht alleine und hat auf dem Biohof der Familie Bohne nette Kollegen.
Sonntagsarbeit
In der Saison gehören auch Wochenenddienste auf dem Feld dazu. Wenn mehr Zeit ist, werden Gunda und die anderen zwei Schweren Warmblüter sonntags auch mal vor die Kutsche gespannt – das Geschirr ist leichter als das Arbeitsgeschirr und so traben sie besonders stolz.
Abteilungsleiter
Tochter Siggi Bohne war und ist zuständig für Reiten und Voltigieren. Synke und Kay Bohne für die Ausbildung auf dem Feld.
Wie würde das Zwischenzeugnis lauten?
Synke Bohne lobt – „wir haben gegenseitig unser Vertrauensverhältnis aufgebaut.“ Es gibt nur wenig Kritik: „Bei der Kollegialität gibt es manchmal Abzüge: Sehr selten ist Gunda eine kleine Ziege, gerade wenn es um Futter geht.“ Dafür aber: „Gunda hat eine große Verlässlichkeit. Sie reagiert wie per Fernbedienung auf Zuruf – auf dem Feld zum Losgehen und Anhalten oder zum Aufladen des Ackerwagens. Gunda ist perfekt eingearbeitet, das ist vergleichbar mit einer langen Betriebszugehörigkeit in einem guten Unternehmen.“
Die Unterscheidung zum privaten Hobbypferd
Die Gemüsebauern sind bestrebt, die Bindung ein Pferdeleben lang zu halten, weil sie abhängig davon sind, dass die Pferde gut mitmachen und akkurat laufen: Das ist im Gemüsebeet wichtig, sonst gehen die Pflanzen kaputt und es entsteht ein wirtschaftlicher Schaden.
Arbeit im Alter – Rentenversicherung
Gundas Mutter Umsi ist inzwischen 28 Jahre alt. Sie macht noch ein wenig auf dem Feld mit, was gut geht – „So wie man sich es für einen älteren Menschen wünscht: Die Omi macht mit, was sie kann. Ein gesundes Altwerden gehört bei und für die Arbeitspferde dazu“, sagt Synke Bohne.
Cornelia Höchstetter
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