Vorheriger Artikel

Ausgabe 04/2018
FN-Bildungskonferenz

Nächster Artikel

Ausgabe 04/2018
Turniersportstatistik: Rückläufige Starts in A und L

Die richtige Pflege ist entscheidend

Stoßdämpfer Huf

Springreiter Ludger Beerbaum sagte einst, Reiter würden dem Tierarzt zu viel und dem Hufschmied zu wenig Bedeutung beimessen. Recht hat er! Ein gesunder Huf ist eine unabdingbare Voraussetzung für die Leistungsfähigkeit des Pferdes, unabhängig davon, ob es als Freizeitpferd zum Einsatz kommen soll oder für sportliche Höchstleistungen gezüchtet wurde.

Ob im Spitzensport oder in der Freizeit – gesunde Hufe sind im wahrsten Sinne des Wortes die Basis für die Pferdegesundheit. Foto: Jacques Toffi

Die Hufkapsel (auch Hornschuh genannt) ist die äußere Schicht des Hufes. Hier werden folgende Abschnitte unterschieden: Hufsaum, Hufkrone, Hufwand, Hufsohle, Hufstrahl und Hufballen. Die Hufkapsel besteht aus verhornten Zellen. Man unterscheidet zwischen Saum-, Kron-, Wand-, Sohlen-, Strahl- oder Ballenhorn. Der Grundbaustein ist zwar immer Keratin, dennoch ist das Horn je nach Lage unterschiedlich dicht, fest und elastisch. Beispielsweise ist das Horn der Hufwand vergleichsweise fest, das des Strahls hingegen elastisch. Unter einer äußeren, dünnen Glasurschicht liegt eine dicke Schutzschicht. Diese ist mit der Huflederhaut verbunden. Die Verbindungsschicht wird aus den verhornten Blättchen der Schutzschicht und den nicht verhornten Blättchen der Lederhaut gebildet, die ineinander verzahnt sind. Die Verbindungsschicht und die Huflederhaut bilden im Sohlenbereich die weiße Linie, einer der Schwachpunkte des Hufes, da sie recht weich ist und hier Fremdkörper eindringen können. Die mit Nerven und Gefäßen durchzogene Huflederhaut ist über Knorpelgewebe und die Knochenhaut mit dem Hufbein verbunden, welches gewissermaßen im Huf aufgehängt ist (Huftrageapparat). Unter der Lederhaut liegt die Hufunterhaut. Sie bildet unter anderem das Strahl- und Ballenpolster aus, diese wirken stoßdämpfend. Ausgehend vom Kronrand (der behaarte oberste Teil des Hufes) wird neues Horn gebildet. Dieses formiert sich zu sogenannten Hornsäulen und Zwischenhorn, die in Richtung Tragrand immer länger und dicker werden.

Illustration: Uwe Spenlen, Rösrath; mit frdl. Genehmigung entnommen aus „Anatomie des Pferdes“ von Prof. Dr. Bodo Hertsch, FNverlag, Warendorf 2017

Hufmechanismus

Bei einem physiologisch korrekt geformten Huf berühren der Tragrand und die Strahlschenkel den Boden. Da sowohl Strahl- als auch Ballenhorn hoch elastisch sind, arbeiten sie auf festem Untergrund wie Stoßdämpfer. Der hintere Teil des Hufes spreizt sich beim Aufkommen auf den Boden und zieht sich wieder zusammen beim Abfußen. So arbeitet der Huf wie eine Pumpe. Man spricht vom sogenannten Hufmechanismus. Dahinter steckt ein ausgeklügeltes biologisches System, das sowohl die Pferdegelenke schont als auch für eine gute Durchblutung sorgt – unabdingbar für das gesunde Hufhorn.

Je härter der Untergrund, desto mehr arbeitet der Huf. Daher ist es wichtig, dass die Pferde auf unterschiedlichen Böden trainiert und gehalten werden. Dies fördert nicht nur die Tätigkeit der sogenannten Hufpumpe, sondern schult auch die Trittsicherheit des Pferdes. Insbesondere Jungpferde sollten in der Aufzucht neben der Weide auch eine befestigte Fläche zur Verfügung haben, auf der sie sich bewegen müssen, z.B. rund um die Heuraufe.

Die richtige Pflege

Je natürlicher die Haltung, desto geringer der Pflegeaufwand. Wildpferde sind den ganzen Tag auf Achse. Das regt den Hufmechanismus an (siehe oben). Und da die Pferde von Weideplatz zu Weideplatz ziehen, kommen ihre Hufe nicht mit Urin und Kot in Berührung, die der Hornqualität schaden. Nur leben unsere Pferde nicht mehr in der Steppe, sondern in den meisten Fällen in Boxen mit Weidegang oder auch einem Offenstall. So groß die Fläche auch sein mag, sie können ihren Exkrementen nicht aus dem Weg gehen. Da ist der Mensch gefragt. Hygiene am Huf, im Stall sowie auf der Weide und dem Paddock sind das A und O der Hufpflege. Dabei ist es zweitrangig, ob die Pferde auf Stroh, Spänen, Pellets etc. stehen – Hauptsache trocken! Das aggressive Urin-Kot-Gemisch zersetzt sonst nach und nach das Hufhorn, so dass Fäulnisbakterien eindringen können. Auch nach dem Reiten gehört das Reinigen der Hufe selbstverständlich dazu! Manchmal arbeiten sich Fremdkörper wie Späne oder kleine Steinchen in die Strahlfurchen ein. Die müssen entfernt werden. Achtung: Der Hufkratzer darf nicht zu spitz sein, um die äußerste Schicht des Hufes nicht zu verletzen. Bei unbeschlagenen Pferden muss außerdem peinlich genau darauf geachtet werden, alle Fremdkörper aus der weißen Linie zu entfernen!

Tipp: Den optimalen Feuchtigkeitsstatus des Hufs erkennt man am Saumband (der wulstige Übergang vom Huf zum Fell). Hier sollte das Horn zäh-elastisch sein und nahtlos in das Horn der Hufwand übergehen. Ist der Huf zu feucht, ist der Saum weißlich und das Horn lässt sich mit dem Finger abreiben. Bei zu trockenen Hufen ist das Saumband hart und rissig.

Je natürlicher die Pferdehaltung, desto weniger Aufwand hat der Mensch mit der Hufpflege – z.B. weil der Tau in den Morgenstunden den Huf feucht hält. Foto: Frank Sorge

Mehr zum Thema Huf-Gesundheit erfahren Sie auch im Buch „Gesunde Hufe – kein Zufall!“ von Uwe Lukas, erschienen im FNverlag (ISBN 978-3-88542-475-8, 1. Auflage 2007).

Fetten und Ölen

Ist der Huf sehr dreckig, hilft nur eine Behandlung mit Wasser und der Wurzelbürste. Hufschmied Uwe Lukas gibt allerdings zu bedenken, dass klares Wasser aus dem Schlauch in der Regel nicht ausreicht, um anhaftenden Dreck zu entfernen. Um besonders die Strahlfurchen und die weiße Linie effektiv zu reinigen, empfiehlt er heißes Wasser und Schmierseife. Beides in einen Eimer füllen und dann wird mithilfe einer festen Wurzelbürste losgeschrubbt. Damit der Huf nicht austrocknet, kann man ihn in noch nassem Zustand von außen mit Hufbalsam einpinseln und innen dünn ölen oder fetten. Das hält auch den Urin vom Horn ab. Aber: Pflegemittel wie diese sollten nur mit Sinn und Verstand eingesetzt werden und nicht, „um die Hufe zu lackieren“. Denn jede dieser Pflegemaßnahmen bedeutet einen Eingriff in den natürlichen Feuchtigkeitshaushalt des Hufes. Normalerweise nehmen die Hufe auf feuchten Wiesen oder auch im nassen Sand genügend Feuchtigkeit auf. Stehen die Pferde aber überwiegend in der – ja eigentlich gewünschten – trockenen Einstreu oder im Sommer auch draußen nur auf trockenem Boden kann das Horn austrocknen, spröde und damit rissig werden. Der Huf ist weniger elastisch, er bricht aus und Bakterien dringen ein.

Gegen zu feuchte Hufe hilft vor allem trockener Untergrund. Schützen kann man den Huf, indem man die Sohle mit Pinien- oder Eukalyptushufteer einpinselt, der mit Alkohol vermengt wurde (Fragen Sie Ihren Hufschmied). Achtung: Teer nur bei wirklich gesunden Hufen verwenden, da er den Sauerstoff abhält und eventuelle Bakterienherde so nur noch bessere Lebensbedingungen hätten! Huföl auf der abgetrockneten Hufwand wirkt wasserabweisend. Das wäre also auch ein Tipp vor dem Waschen des Pferdes. Bei zu trockenem Horn sollte Huffett oder -öl nur nach dem Waschen aufgetragen werden. Noch besser: Hufbalsam. Pferde mit zu trockenen Hufen profitieren außerdem davon, wenn sie auf feuchtem Boden geritten werden oder auf nasse Weiden kommen. Anschließend sorgt ein Hufbalsam dafür, dass die Feuchtigkeit im Huf bleibt.

Der regelmäßige Besuch des (staatlich geprüften) Hufschmieds – ob nun zum Beschlagen oder nur zum Ausschneiden – gehört ebenfalls zur Hufpflege. Uwe Lukas empfiehlt Beschlagsintervalle von fünf bis sieben Wochen. Wartet man zu lange, bedeutet das Kürzen der Hufe einen erheblichen Eingriff in die Statik der gesamten Zehe, was zu einer verstärkten Belastung von Sehnen, Bändern und Gelenken führt. Bei beschlagenen Pferden sollte das empfohlene Intervall schon deshalb eingehalten werden, weil das Eisen sonst ins Horn einwächst. Das schädigt die Hornkapsel. Uwe Lukas: „Wer den Besuch des Hufschmieds immer weiter hinauszögert, um Geld zu sparen, muss am Ende mit erheblich höheren Kosten rechnen, nämlich denen für den Tierarzt.“

An der Abnutzung der Hufeisen bzw. am Abrieb der Hufe kann der Schmied erkennen, wie das Pferd auffußt. Ein guter Hufschmied weiß dann, wie er den Huf beschneiden muss, um den Knochen- bzw. Sehnen-/Bandapparat so wenig wie möglich zu belasten.

Silikoneinlagen wirken stoßdämpfend. Das kann z. B. bei Gelenksproblemen sinnvoll sein. Foto: Frank Sorge

Der regelmäßige Besuch des Hufschmieds alle fünf bis sieben Wochen gehört zur Pflege und zur Gesundheitsprophylaxe. Foto: Frank Sorge

Futter für die Hufe

Schlechte Hornqualität oder verzögertes Hufwachstum können auch mit der Ernährung zu tun haben. Biotin hat den Ruf, die Hornqualität zu verbessern. Das Wachstum wird aber nur angeregt, wenn man Biotin in Kombination mit anderen Präparaten reicht, nämlich mit Zink sowie den Aminosäuren Tryptophan, Methionin und Lysin, die dafür sorgen, dass Biotin und Zink (übrigens: Biotin ist ein anderer Name für das Vitamin B7 und Zink gehört zu den lebenswichtigen Spurenelementen) vom Organismus auch verwertet werden. Ob und wie das Pferd durch Supplemente unterstützt werden muss, sollte mit dem Tierarzt besprochen werden. Wichtig ist zu bedenken, dass durch Ergänzungsfuttermittel keine Mängel in der Haltung, der Pflege und der Hygiene ausgeglichen werden können!

Ein heißes Eisen

Gesunde Pferde ohne Stellungsfehler benötigen nur dann Hufeisen, wenn das Horn sich schneller abreibt als es nachwachsen kann. Uwe Lukas rät, wann immer es möglich ist, auf Hufeisen zu verzichten. „Schon in den 1980er-Jahren hat man an der Veterinärmedizinischen Fakultät der Uni Zürich Versuche gemacht, die zeigten, dass die Erschütterung, die einen beschlagenen Huf trifft, wenn er auf hartem Untergrund aufprallt 10- bis 33-mal so stark ist wie bei einem Huf ohne Eisen“, so der Hufschmied, der sowohl routinemäßig Sportpferde als auch die Patienten in der Tierklinik Telgte betreut.

Die Belastung für Gelenke und Weichteile ist also ungleich höher. Auch eine Beschlagspause hilft dem Huf. In dieser Zeit können Fäulnisprozesse behandelt werden, die sich unter den Hufeisen entwickelt haben. Hufschutz gibt es inzwischen in den verschiedensten Formen und Materialien, aus Stahl, Aluminium oder Titan, aus verschiedensten Sorten Kunststoff, zum Kleben, zum Umschnallen oder zum Aufnageln. Welches das Mittel der Wahl ist, hängt von der Nutzung des Pferdes, von der Beschaffenheit des Hufs, der Stellung der Gliedmaßen, Alter, Ausbildungsstand, der Form der Hufe und den Haltungsbedingungen ab. Dressurpferde benötigen andere Hufeisen als Spring-, Vielseitigkeits-, Fahr-, Gang- oder Westernpferde. Aber unabhängig davon, ob mit oder ohne Stollenlöcher, mit ein oder zwei Aufzügen, langen oder kurzen Schenkeln, das wichtigste bei der Auswahl des Beschlags ist die Gesunderhaltung des Pferdes.

Jedes Mal, wenn das Pferd auftritt, wird der Hufmechanismus in Gang gesetzt. Foto: Arnd Bronkhorst

Orthopädische Beschläge

Hufeisen können die Genesung eines erkrankten Pferdes immens unterstützen. Uwe Lukas sagt: „Für fast jede Erkrankung oder Gliedmaßenfehlstellung gibt es verschiedene Möglichkeiten, um mit einem besonderen Beschlag korrigierend zu helfen.“ So werden mitunter schon beim Fohlen Fehlstellungen korrigiert. Dafür gibt es spezielle Fohlenschuhe oder auch Kunststoffkleber, der an den Stellen aufgetragen wird, an denen der Huf sich auf unnatürliche Weise abnutzt.

Hilfe bei „Hufrolle“

Bei ausgewachsenen Pferden kann der Hufschmied durch einen speziellen Beschlag empfindliche Strukturen wie beispielsweise einen schwachen Fesselträger entlasten. Er kann aber auch therapeutisch wirken, zum Beispiel bei Hufrehe. Wichtig ist vor allem: Bei einem therapeutischen Beschlag sollten Hufschmied und Tierarzt sich austauschen und beratschlagen, wie dem Pferd am besten zu helfen ist! Häufige orthopädische Probleme im Bereich des Hufs sind Hufgelenksentzündungen sowie Erkrankungen der sogenannten „Hufrolle“, bei der das Strahlbein, die tiefe Beugesehne und/oder Hufrollenschleimbeutel betroffen sein können. Häufig geht dies mit Stellungsproblemen einher. Entweder steht das Pferd zu flach oder zu steil. In beiden Fällen wird ein Beschlag empfohlen, der den Pferden das Abrollen erleichtert. Das geschieht beispielsweise durch ein Eisen, dessen Vorderteil begradigt ist oder durch eine angeschmiedete sog. Zehenrichtung. Das schont Sehnen und Gelenke. Ferner sind auch hier geschlossene Streben an den Trachten empfehlenswert. Spezielle Polster können stoßdämpfend wirken und regen zudem den Hufmechanismus an, so dass die Hufe besser durchblutet werden und Entzündungsprozesse besser abheilen. Am besten sollten Hufschmied und Tierarzt gemeinsam überlegen, welcher Beschlag sich für das individuelle Problem des jeweiligen Pferdes eignet.

Dominique Wehrmann

Vorheriger Artikel

Ausgabe 04/2018
FN-Bildungskonferenz

Nächster Artikel

Ausgabe 04/2018
Turniersportstatistik: Rückläufige Starts in A und L