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Sieger des Wettbewerbs „Unser Stall soll besser werden“

Wo Pferde schöner wohnen

Artgerechte Pferdehaltung hat hohe Ansprüche – an die Gebäude, ihre Innenausstattung, die Weiden und Paddocks und besonders an die Menschen, die sich um die Tiere und ihr Wohl kümmern. Seit mehr als 25 Jahren werden beim Wettbewerb „Unser Stall soll besser werden“ tolle Pferdehaltungen ausgezeichnet, die diesen Ansprüchen gerecht werden. Die prämierten Ställe 2019 könnten unterschiedlicher kaum sein, haben die Jury aber durchweg begeistert.

Auf dem Butterwiesenhof gibt es rund um die Uhr freie Bewegung fürs Pferd.

Neue Runde ab Frühjahr 2020


Übrigens:
Im nächsten Jahr geht es mit dem Wettbewerb weiter. Wer also seinen Stall umbaut, sollte sich zum einen an den Leitlinien orientieren. Die gibt es hier zum kostenlosen Download oder beim Ministerium für Ernährung und Landwirtschaft (www.bmel.de). Zum anderen bieten die Beispiele der drei Gewinnerbetriebe dieses Jahres Inspiration. Sie sind überaus unterschiedlich, haben aber allesamt richtig viel für ihre Pferde bewegt.

Stallmanagement ist ein 24-Stunden-Job. Fütterung, Pflege, Bewegung, Ausmisten, Instandhaltung, Gesundheitsmanagement und dazu noch die ganz individuellen Bedürfnisse eines jeden Vierbeiners, gilt es unter einen Hut zu bringen. Der Wettbewerb „Unser Stall soll besser werden“, der alljährlich von den Persönlichen Mitgliedern der FN und dem Fachmagazin Reiter Revue International ausgeschrieben wird, ruft dazu auf, Haltungsbedingungen landauf, landab zu verbessern. Dabei geht es den Jurymitgliedern um das Wohl der Tiere in ihren Grundbedürfnissen. Aber auch das Thema Sicherheit ist ein Schwerpunkt bei der Begutachtung der Bewerber. Bewerben konnten sich alle Pferdesportvereine und -betriebe, die seit mindestens einem Jahr einen Stall mit mehr als zehn Pferden betreiben, diesen neugebaut, modernisiert oder renoviert haben.

Text: Sylvia Sanchez/RRI
Fotos: FN-Archiv und RRI

Bewegtes Pferdeleben

Prämiert: Butterwiesenhof

Die harmonische Pferdeherde an der Heuraufe des Bewegungsstalls.
Aufmerksame und zutrauliche Pferde – das gefiel der Jury.
Der Butterwiesenhof – das klingt üppig! Tatsächlich können die Pferde im bayerischen Bachhagel aus dem Vollen schöpfen, denn sie können fast den ganzen Tag tun und lassen, was ihnen in den Sinn kommt. Aus einem ehemaligen Kuhstall haben Florian Haas und Sebastian Meindl ihren Traum vom Pferdeglück kreiert: „Wir wollten die Pferde aus der Boxenhaltung rausholen, einen großen Stall mit befestigten Laufwegen bauen und das ganze sehr pferdegerecht umsetzen. Zum einen sollte das pflegeleicht für uns sein, aber vor allem wollten wir viel Platz ausnutzen, um den Pferden einfach etwas zu bieten“, erklärt Florian Haas, der hauptberuflich Sozial-pädagoge ist. Zwölf Pferde stehen auf dem Butterwiesenhof, davon vier Einstaller. Vertreten sind viele Rassen, vom Altoldenburger bis zum Araber. Die Einstaller packen mit an, insbesondere bei der Kehrwoche und das sieht man dem Butterwiesenhof an. Alles ist organisiert, ordentlich und sauber. Den Pferden stehen zwei Liegehallen in zwei verschiedenen Gebäuden zur Verfügung. Auf rund vier Hektar Weidefläche tummeln sich die Pferde, wenn sie nicht gerade an der Heuraufe auf dem Paddock am Raufutter mümmeln. Zwei Tränken wurden bewusst in einer der Liegehallen installiert, um einen Bewegungsanreiz zu schaffen.

Betreiber: Florian Haas und Sebastian Meindl


Adresse: Aussiedlerhof 80, 89429 Bachhagel OT Burghagel


Webseite: www.butterwiesenhof.com


Weide: 4,1 ha


Boxen: 2


Fütterung: Heu zur freien Verfügung, Salz- und Mineralleckstein frei zugänglich, Grascobs, Rübenschnitzel, Müsli


Misten: täglich


Bewegungsmöglichkeiten: Paddocks mit Trailelementen und ganzjährig freiem Zugang zu den Weiden


Extras für Pferde: abwechslungsreiche Bewegungsmöglichkeiten und zwei Liegehallen zum Ausruhen


Extras für Reiter: Allwetter-Reitplatz, Reitunterricht und heilpädagogisches Reiten


Preis: 175 Euro zzgl. Hallennutzungsgebühr

Auf der Paddockfläche, von der aus der Zugang zur Weide immer geöffnet ist, ist ein kleiner Trail mit unterschiedlichen Bodenbeschaffenheiten, Baum-stämmen und Reifen angelegt. Mineral- und Salzlecksteine sowie ein Ball ergänzen das Unterhaltungsprogramm. An drei Tagen in der Woche gibt es Reitunterricht, außerdem bietet Florian Haas heilpädagogisches Reiten an.
Unser (Hühner-)Stall soll besser werden: Artgerech­te Unterbringung ist Standard für alle Tiere auf dem Butterwiesenhof.
Jury-Urteil: Beim Besuch der „Unser Stall soll besser werden“-Delegation fiel auf, wie entspannt, wach und interessiert die Pferde und Ponys waren. Alle waren dem Menschen neugierig und freundlich zugewandt, selbst die beiden Jährlinge, die ihren eigenen Aktivstall bewohnen. 

Der Butterwiesenhof ist ein sehr gut organisierter und ordentlicher Betrieb. Alles ist durchdacht, so gibt es für alle Pferde farblich gekennzeichnetes Putz- und Zaumzeug sowie Sättel – für die Therapiekinder, die noch nicht lesen können. Neben 1.000 Euro Preisgeld der Persönlichen Mitglieder der FN darf sich der Butterwiesenhof über Einstreu der Firma Allspan German Horse im Wert von 1.000 Euro freuen. Zusätzlich gibt es eine fachgerechte Beratung.

Der Butterwiesenhof

Vom Fohlen bis zum Rentner

Prämiert: Loreleyenhof

Die Scheune wurde komplett saniert und zum Pferdestall mit viel Licht und Luft umgebaut.
Weiden soweit das Auge reicht – ein echtes Pferdeparadies eben.
Der Loreleyenhof ist so idyllisch, wie er klingt. Dinah Lorenz betreibt hier mit ihrem Ehemann Frank einen privaten Zucht- und Ausbildungsbetrieb mit Pensionspferdehaltung, wobei vor allem die Zuchtstuten und ihre Fohlen im Mittelpunkt des Geschehens stehen. Bevor der Loreleyenhof ein Zuhause für Pferde wurde, war er ein Milchviehbetrieb. Den haben die Eheleute Lorenz 2017 übernommen und pferdegerecht aus- und umgebaut, sodass 20 Pferde hier Platz finden. In den großzügigen Fensterboxen sind die Pferde nur nachts anzutreffen, denn alle Pferde auf dem Loreleyenhof verbringen den Tag auf den rund 13 Hektar Weidefläche, und zwar in gemischten Herden. Dabei wird lediglich nach Geschlecht getrennt, aber ein buntes Altersgefüge kombiniert.


Betreiber: Dinah und Frank Lorenz


Adresse: Waldstraße 10, 25485 Hemdingen


Webseite: www.loreleyenhof.de


Weide: 13,2 ha


Boxen: 16


Fütterung: Heu oder Heulage, Kraftfutter


Misten: täglich


Bewegungsmöglichkeiten: Sand- und Grasplatz


Extras für Pferde: ganzjährig weitläufige Weiden mit viel Bewegungsmöglichkeiten, Fohlen werden erst nach neun Monaten abgesetzt


Extras für Reiter: vielseitige Trainingsmöglichkeiten und Ausreitgelände


Preis: 400 Euro

 Von klein auf bestens versorgt: Auf dem Loreleyenhof sind Pferde jeden Alters vertreten.
So stehen bei den Wallachen Rentner mit Sportpferden und Aufzucht gemeinsam, bei den Stuten Sportpferde mit Zuchtstuten und ebenfalls der Aufzucht: „Wir wollten auf unserem Hof zeigen, dass man Pferde jeden Alters zusammenstellen kann, dass auch Sportpferde ganztags raus dürfen und trotzdem gute Leistungen abliefern, dass es Jungpferden gut tut, in den Herden groß werden zu können und ältere Tiere die Erziehung und soziale Prägung übernehmen“, erklärt Dinah Lorenz. Hervorzuheben ist im Herdenmanagement noch, dass die Fohlen sehr schonend abgesetzt werden, nämlich erst im Alter von neun Monaten. Außerdem werden die Fohlen von klein auf ans Hufegeben, Putzen, an den Tierarzt, Schmied und ans Halfter gewöhnt. Für den Fall, dass die Witterung den Weidegang unmöglich macht, stehen befestigte Paddocks zur Verfügung. Sollte das Futterangebot auf den Weiden knapp werden, wird Heu zugefüttert.
Jury-Urteil: Der Loreleyenhof beeindruckte durch seine überaus großzügige Weidefläche. Außerdem war der Hof extrem sauber und aufgeräumt. Aber auch die Atmosphäre überzeugte, so waren die Pferde durchweg sehr entspannt. Der ganze Hof strahlte viel Ruhe aus. Außerdem zeigten sich die Eheleute Lorenz extrem offen für Tipps der Jury und waren sehr motiviert, ihren Betrieb stetig zu verbessern und weiter auszubauen. Der Loreleyenhof erhält, neben dem Preisgeld von 1.000 Euro der Persönlichen Mitglieder der FN, Pferdefutter der Firma Höveler im Wert von 1.000 Euro.
Der Loreleyenhof

Eingeschworene Gemeinschaft

Prämiert: Reitverein Friesoythe

Bunte Mischung: Drei der neun Schulpferde des Reitvereins.
Der Aufwand hat sich gelohnt: Die neuen, pferdegerechten Paddockboxen können sich sehen lassen.
Die Geschichte, die den Reitverein Friesoythe zum Wettbewerb „Unser Stall soll besser werden“ geführt hat, beginnt dramatisch. Der Reitverein wurde 1953 gegründet, die Reithalle, in der auch Boxen für die Schulpferde integriert waren, 1973 gebaut. „Das war nicht mehr zeitgemäß. Die Boxen waren dunkel, die Luft im Stall war schlecht und wir sind an einen Punkt gekommen, wo wir gesagt haben ‚Entweder wir ändern etwas oder wir hören auf‘“, erklärt Vorstandsmitglied Jennifer Haneke, die selbst seit ihrer Kindheit Mitglied im Reitverein ist. Aber mal eben einen Stall bauen kostet Geld – deutlich mehr, als die Vereinskasse stemmen konnte. „Finanziell war das eine große Herausforderung. Das Geld hatten wir ja nicht liegen“, so der zweite Vorsitzende des Vereins, Friedrich Hagedorn. „Wir haben Gott sei Dank Sponsoren“, und eine zündende Idee, aber vor allem auch den Mut, diese umzusetzen. 

Betreiber: Reit- und Fahrverein Friesoythe e.V. (Im Foto der Vorstand des Reit­vereins Friesoythe e.V.


Adresse: Böseler Straße 17a, 26169 Friesoythe


Webseite: www.rfv-friesoythe.de


Weide: 0,65 ha


Boxen: 19


Fütterung: Heu, Hafer, Pellets


Misten: tägliches Abäppeln, alle acht bis zehn Wochen leermisten


Bewegungsmöglichkeiten: Reitplatz und -halle


Extras für Pferde: Paddockboxen und Führmaschine


Extras für Reiter: umfangreiches Unterrichtsangebot und heilpädagogisches Reiten, Kinder ab drei Jahren werden ans Pony herangeführt


Preis: 240 Euro

Der Neubau des Reitvereins wurde unter anderem von den engagierten Mitgliedern selbst finanziert.
Die knapp 300 Mitglieder wurden in die Verantwortung genommen und eine einmalige, gestaffelte Umlage eingefordert. Dabei wurde klar kommuniziert: Der Reitverein kann es nur schaffen, wenn alle mitmachen. Tatsächlich zogen die meisten mit und so konnte der Altbestand – bis auf die Reithalle – 2017 abgerissen werden. Im Zuge des Neubaus wurde die Stallfläche verbreitert und es wurden 19 Boxen – davon die Hälfte als Paddockbox – gebaut, die nun das Zuhause von neun Schulpferden, zwei Shettys und zwei Privatpferden sind. Die freien Boxen stehen Gastreitern bei Lehrgängen zur Verfügung. Die Schulpferde sind eine harmonische Gemeinschaft, die täglich mehrstündigen Weidegang genießt. Im Winter tummeln sie sich auf dem Reitplatz, der dann als Paddock dient. Das angebotene Programm lässt nichts aus. Spring- und Dressurstunden, Bodenarbeit und Seminare, Reittherapie und neuerdings laden zwei Shettys Kinder ab drei Jahren dazu ein, mit Pferden in Kontakt zu kommen.
Jury-Urteil: Der Jury gefiel besonders die beispielhafte Vereinsarbeit. Zum einen beeindruckte der Mut des Vorstandes, die Vereinsanlage zugunsten einer artgerechten Haltung der Schulpferde kostenintensiv umzugestalten und die Mitglieder dabei mit ins Boot zu holen. Zum anderen begeisterte das umfangreiche Programm. Vor allem das Vereinsmanagement und das tatkräftige Ehrenamt überzeugten die Jury, denn die Umbaumaßnahmen haben letztlich den Verein gerettet. Die Schulpferde waren alle in sehr gutem Zustand und fühlten sich sichtlich wohl. Die Herde war sehr harmonisch, zutraulich und interessiert. Der Reitverein Friesoythe erhält einen Sonderehrenpreis für die engagierte Reitvereinsarbeit und das Finanzierungskonzept, bestehend aus einem maßangefertigtem Weidetor der Firma Großewinkelmann sowie 1.000 Euro der Persönlichen Mitglieder der FN.
Reitverein Friesoythe

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