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Serie Berufe rund ums Pferd: Der Sattler

Zwischen Stall und Werkstatt

Der Sattel ist das Bindeglied zwischen Pferd und Reiter. Ein guter Sattler schafft daher die Voraussetzungen dafür, dass die Kommunikation zwischen den beiden Partnern gelingt. Heute sind Sattler mehr denn je gefragt, individuelle Lösungen für jedes Reiter-Pferd-Paar zu entwickeln. Das PM-Forum wirft in der neuen Folge der Berufe-Serie einen Blick auf die Meister des Leders.

Der Sattel ist Bindeglied zwischen Pferd und Reiter und muss beiden passen. Foto: Lynn van Woudenbergh/Arnd Bronkhost

„Mein Arbeitsalltag ist auf jeden Fall speziell. Der Grund dafür ist meine riesige Lust daran, mit Pferden zu arbeiten“, sagt der Siegener Sattlermeister Frank Peter. Sein Arbeitstag beginnt in der Regel gegen sechs Uhr morgens und endet oft nicht vor 21Uhr am Abend. Dazwischen polstert Peter Sättel, setzt Maße vom Pferd um, weist seine zwei Auszubildenden ein und fährt zu Sattelterminen mit Kunden: „Wenn ich ein Pferd vermessen habe, dann polstere ich den Sattel auch selbst. Ich kann meinen Sattlern zwar beschreiben, wie der Sattel aussehen muss, aber es gibt dann immer einen Informationsverlust bei der Polsterung des Sattels.“

Der Schwerpunkt von Sattlermeister Frank Wohlhorns Tätigkeit liegt mittlerweile mehr im Büro als in der Werkstatt: Der Besitzer mehrerer Reitsportfachgeschäfte im Münsterland hat 30 Mitarbeiter. Sein Herz hängt dennoch am Leder: „Ich bin zehnmal lieber am Sattel ändern und nähen, anstatt im Büro.“ In der Sattlerei des Familienunternehmens sind die Aufgaben unter den Mitarbeitern klar verteilt: „Wir haben einen Mitarbeiter, der mit den Sätteln zu Kunden rausfährt und zwei Sattler in der Werkstatt, die Zuarbeiten machen. Sie verstellen zum Beispiel den Sattelbaum oder bauen Sättel auseinander und zusammen. Bei uns ist die Arbeit ebenfalls so aufgebaut, dass der Sattler, der rausfährt und das Pferd gesehen hat, den Sattel auch polstert.“ Einen Großteil der Arbeit des Betriebs machen Änderungen und Neuanpassungen von Sätteln aus.

Noch lässt sich nur erahnen, dass aus diesen Sattelbäumen einmal Reitsättel werden. Foto: Lisa Dijk/Arnd Bronkhorst

Veränderungen des Berufs

Die typischen Aufgaben eines Reitsportsattlers haben sich in den vergangenen Jahren gewandelt: „Normale Reparaturen sind weniger geworden, da sie sich oft für die Kunden nicht mehr lohnen und es günstiger ist, sich neue Sachen zu kaufen“, erzählt Wohlhorn. Das gilt insbesondere für Zubehör wie Zaumzeug oder Steigbügelriemen. Aber auch der Kauf des Sattels läuft anders ab als früher: Damals suchten sich viele Reiter einen Sattel im Fachgeschäft aus und der Sattler nahm vor Ort nur noch kleine Anpassungen vor.

„Vor 40, 50 Jahren hatten die Leute einen Vielseitigkeitssattel und mussten halt darauf reiten, es gab nichts anderes“, erzählt Wohlhorn. Heute beraten die Sattler ihre Kunden meist ausführlich im heimatlichen Stall und verbringen viel Zeit im Auto. Oft müssen die Sattelexperten zudem sehr individuelle Lösungen für jedes Pferd finden, berichtet Peter: „Die große Veränderung der Zuchtlinien ist eine riesige Aufgabe für uns Sattler. Unsere Pferde sind viel langbeiniger und feingliedriger geworden, die Rumpftiefe ist geringer, die Schulter ist schräger, der Rücken kürzer. Für uns Sattler hat das zur Folge, dass es schwieriger ist, den bestmöglichen Sattel auf weniger Pferd unterzubringen.“ Neben weniger Platz auf dem Pferderücken, müssen Sattler wie Peter die Statur und das Können der Reiter beachten. Dabei gilt es, mögliche Schwächen des Reiters auszugleichen: „Für uns ist die Kunst, dem Reiter genug Freiraum im Sattel zu lassen, um ihn etwas mehr zu einer eigenen Körperhaltung und -spannung zu bringen, ihm aber trotzdem genug Pausche zu geben, damit er sich sicher fühlt.“ Insgesamt habe sich der Sattelbau sehr zum Positiven entwickelt, sagt Wohlhorn: „Hinsichtlich der Auflagefläche und der Lage der Schwerpunkte hat sich für das Pferd viel verbessert.“

Darf es etwas individueller sein? Sattler müssen oft kreativ arbeiten und kleinste Details und Verzierungen umsetzen. Fotos (2): Frank Sorge

Um für neue Entwicklungen gerüstet zu sein, spielen Fortbildungen im In- und Ausland eine große Rolle für die Sattler: „Ich muss immer auf der Höhe der Zeit sein mit neuen Entwicklungen, die in Richtung Sattelbau und Anatomie des Pferdes gehen“, meint Peter. In Leipzig gibt es dafür ein Sattelsymposium, in dem Prof. Dr. Christoph Mülling am Veterinär-Anatomischen Institut ein Pferd präpariert. Dadurch bekommen die Sattler einen Eindruck vom Inneren des Pferdes und lernen zum Beispiel, wie die Muskelstrukturen aussehen, wie das Schulterblatt rotiert und das Zusammenspiel der Rückenmuskulatur funktioniert.

Die beiden Sattlermeister beobachten außerdem einen weiteren Trend: „Man muss viel mehr auf den Kunden eingehen und erklären, wie man arbeitet. Früher haben die Reiter das geglaubt, was der Sattler gesagt hat. Heute wollen die Kunden ein Mitspracherecht haben“, berichtet Wohlhorn. Peter ergänzt: „Der Kunde ist deutlich anspruchsvoller geworden. Er ist viel informierter, hat aber oft auch viel Halbwissen.“ Sattler müssen daher vor allem um das Vertrauen ihrer Kunden werben: „Es ist heute wesentlich schwieriger, den Schlüssel zum Kunden zu finden als vor 20 Jahren. Dafür muss man mit seinem Wissen breit aufgestellt sein. Wer heute als junger Mensch neu auf den Markt kommt, der muss wirklich gut sein.“

Der Sattel ermöglicht eine gute Kommunikation zwischen Pferd und Reiter. Bei einer Sattelprobe muss der Sattler daher Sitz und Statur des Reiters begutachten.

Drei Fachrichtungen

Die dreijährige Ausbildung zum Sattler gibt es in drei Fachrichtungen: Reitsportsattlerei, Fahrsportsattlerei und Feintäschnerei. Nach Ausbildungsende ist ein Sattler jedoch nicht automatisch nur in einer Fachrichtung tätig. Peters Schwerpunkt liegt zwar größtenteils im Reitsport, aber: „Wir sind ein bisschen breiter aufgestellt. Wir arbeiten auch an Autos, in der Luftfahrt, in Richtung Täschnerei und Planen.“

Während der Ausbildung zum Reit-sportsattler ist die Arbeit draußen am Pferd und beim Kunden nur ein Randaspekt – wenn überhaupt. „Die Auszubildenden fangen im ersten Lehrjahr mit einfachen Näharbeiten außerhalb des Sattels an. Sie reparieren zum Beispiel Trensen, Bügelriemen und Sattelgurte. Im zweiten Lehrjahr geht es schon mal an den Sattel und im dritten Lehrjahr kommt der Auszubildende auch mal mit zum Satteltermin“, beschreibt Wohlhorn den Ablauf der Ausbildung in seinem Betrieb. Die eigentliche Sattelanpassung ist nicht Bestandteil des Ausbildungsrahmenplans.

Echte Handarbeit: Leder ist ein hartes Material. Das Nähen kann daher sehr kraftaufwändig sein.

Wie liegt das Reiterbein am Sattel? Alles wird genau ausgemessen und dokumentiert. Fotos (2): Frank Sorge

Für Peter ist ein Sattler erst nach der Meisterprüfung dazu befähigt, am Pferd zu arbeiten. Im Zuge der Meisterprüfung können die Auszubildenden einen Reitsattel selbst bauen. Während der Ausbildung steht daher das Material im Mittelpunkt. Die Lehrlinge lernen, Leder zuzuschneiden und zu bearbeiten oder Polsterungen herzustellen. Da Leder ein relativ harter Stoff ist, ist die Arbeit teilweise kraftaufwändig und mit der Gefahr von Verletzungen verbunden.Rund 30 Lehrlinge beginnen deutschlandweit jedes Jahr ihre Ausbildung, überwiegend in Betrieben des Sattlerhandwerks und der Lederwarenindustrie. Neben der Arbeit im Betrieb müssen sie zum Unterricht in die Berufsschule. Dorthin ist der Weg oft weit – alle Auszubildenden aus Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen kommen beispielsweise in die Berufsschule nach Herford. „Ich glaube in Nordrhein-Westfalen gibt es nur noch ein oder zwei Lehrbetriebe, sonst bildet keiner mehr aus“, erzählt Wohlhorn. Das Problem der Sattlereien: Die Lehrlinge fallen einen Monat aus, wenn sie zum Blockunterricht in die Berufsschule müssen. Für den Betrieb entstehen außerdem zusätzliche Kosten.

 

Berufliche Perspektiven

Die Bewerbung für eine Ausbildung zum Sattler sollte wohl überlegt sein: Viele Betriebe suchen zwar Sattler, es gibt jedoch regionale Unterschiede. Sattler müssen deshalb bereit sein, für ihren Beruf umzuziehen. Als angestellter Sattler ist mit einem Bruttoverdienst von etwa 2.000 Euro zu rechnen. Die Selbstständigkeit ist zumindest direkt nach Ausbildungsende meist keine gute Option: „Von 100 Prozent Selbstständigkeit bei meinen Ex-Auszubildenden, sind keine 30 Prozent übrig. Die meisten halten nicht durch“, berichtet Peter. Auch Wohlhorn warnt vor den Tücken des eigenen Betriebs: „Wenn man sich selbstständig macht, kriegt man die beliebten Firmen, wie zum Beispiel Passier, Prestige oder Stübben, meist nicht. Dann lebt man nur von Reparaturen und Anpassungen von Sätteln, die jemand anderes verkauft hat. Da kommt finanziell leider nicht so viel bei rum.“

Ausbilder-Seminare: Der perfekte Sattel – das A und O für gutes Reiten

Sattlermeister Frank Peter bietet in Zusammenarbeit mit der FN Seminare für Ausbilder an. Das Thema: Welcher Sattel ist pferdegerecht? Die Fortbildung geht auf die richtige Passform des Sattels und die ausschlaggebenden Faktoren bei der Anpassung ein. Ausbilder erfahren, worauf es beim Kauf eines Sattels ankommt und wie sie ihre Schüler beraten können. 

In diesem Jahr gibt es noch drei Termine:
Dienstag, 12. November 2019 in Biberach/Rißegg
Mittwoch, 13. November 2019 in Göppingen
Dienstag, 3. Dezember 2019 in Vechta
Mehr Informationen gibt es im Terminteil.

Voraussetzungen

Handwerkliches Geschick bei der Arbeit mit Leder und Kreativität sind unbedingte Voraussetzungen, um als Sattler tätig zu sein. Außerdem sind die Liebe zum Pferd und der Wille sich fortzubilden notwendig. Peter sagt: „Wer Sattler werden will, der braucht ein extremes Durchhaltevermögen und muss sich ein großes Stück weit aufopfern können, für den Beruf und das Thema Pferd.“ Wohlhorn em-pfiehlt angehenden Sattlern vor Beginn der Ausbildung ein Praktikum zu machen und sich bereits genau zu überlegen, wie sie sich ihre Zukunft nach den drei Jahren vorstellen. Wie stehen die Chancen auf eine Übernahme durch den Ausbildungsbetrieb? Kommt ein Ortswechsel in Frage? Wohlhorn und Peter hatten eine gute Ausgangsposition: Beide übernahmen die Betriebe ihrer Eltern.

Blick in eine Sattlerwerkstatt. Dass der Beruf ein Handwerk ist, ist unschwer zu erkennen. Foto: Frank Sorge

Sattler sind nicht nur Experten für Sättel, sondern für Lederwaren im Allgemeinen. Sie nähen auch Trensen und anderes Zubehör.

Ein gut sitzender Sattel hat einen erheb­lichen Einfluss darauf, wie locker Pferd und Reiter sind. Fotos (2): Stefan Lafrentz

Erfüllende Tätigkeit

Wer mit einem Plan an die Ausbildung geht, für den kann der Beruf des Sattlers jedoch sehr erfüllend sein: „Oft ist es so, dass man zu einem neuen Kunden kommt, dessen Pferd unter dem Sattel nicht mehr gut läuft. Dann ändert man den Sattel, sodass das Pferd sich wieder lockerer bewegt und der Kunde ist zufrieden. Es ist immer schön zu sehen, dass die eigene Arbeit und die eigenen Ideen dazu führen, dass es den Pferden gut geht und sie sich wohlfühlen“, sagt Wohlhorn über den Reiz seiner Arbeit. Peter ergänzt: „Pferde haben es verdient, dass wir ihnen zuhören – das ist für mich ein ganz, ganz wichtiger Punkt, den ich auch lebe. Es gibt für mich nichts Schöneres, als ein Pferd, das durch die Art und Weise wie es geht und im Rücken schwingt, entscheidet, welcher Sattel der richtige ist. Das treibt mich unglaublich voran.“

Melanie Köster

FN-Ergänzungsqualifikation Sattelbeurteilung

Ausbilder, Tierärzte, Pferdephysiotherapeuten, Sattler oder Verkäufer von Reitsportzubehör: Sie alle müssen im Kontakt mit Kunden in der Lage sein, ungeeignete Sättel gegebenenfalls zu erkennen und ihre Kunden beim Thema Sattelkauf zu beraten. Um ihnen ein entsprechendes Rüstzeug zu geben, bietet die FN die Ergänzungsqualifikation Sattelbeurteilung an. Sie dient als Nachweis für fachliche Kompetenz in der Anpassung von Sätteln und ist Teil der Ausbildungs-Prüfungs-Ordnung (APO).

Wesentliche Inhalte der Fortbildung sind die anatomischen Grundlagen von Pferd und Reiter sowie deren Beurteilung. Außerdem vermitteln die Lehrgänge wesentliche Informationen zum Thema Sattel, wie zum Beispiel zum Sattelbau, zu Sattelformen und zu Eigenschaften des Materials.

Der Kurs geht insgesamt über zehn Tage und es können 15 Personen teilnehmen. Am Ende stehen eine schriftliche und eine mündliche Prüfung, nach denen die Teilnehmer ein Zertifikat und ein Zeugnis erhalten.

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