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EM-Saison 2019: Rückblick mit Dr. Dennis Peiler

Medaillenregen für deutsche Pferdesportler

Die deutschen Pferdesportler blicken auf eine sehr erfolgreiche Saison zurück. Bei den Europa­meisterschaften der Senioren gewannen sie in den acht Disziplinen 20 Medaillen. Im Interview mit dem PM-Forum zieht Dr. Dennis Peiler, Geschäftsführer des Deutschen Olympiade Komitees für Reiterei (DOKR), ein Fazit.

DOKR-Geschäftsführer Dr. Dennis Peiler. Foto: FN-Archiv/Monika Kaup

PM-Forum: Lassen Sie uns gemeinsam auf die EM-Saison zurückblicken: Die größte Veranstaltung fand im niederländischen Rotterdam statt, wo gleich in drei Diszi-plinen, Dressur, Para-Equestrian und Springen, um Edelmetall gekämpft wurde. Mit sieben Medaillen im Gepäck ging es auf die Rückreise. Welcher Moment der sieben Wettkampftage war für Sie der emotionalste?

Dr. Dennis Peiler: Die Grand Prix Kür, in der die deutschen Paare alle drei Medaillen gewonnen haben. Das war etwas ganz Besonderes, was es bei einer Europameisterschaft zuvor noch nicht gegeben hat. Zuletzt ist uns das bei den Olympischen Spielen 1992 in Barcelona gelungen, dass alle drei Plätze auf dem Podium durch deutsche Reiter besetzt wurden. In Rotterdam wurden die Reiterinnen mit Standing Ovations gefeiert und das in dem Land, aus dem lange Zeit unsere stärksten Konkurrenten in der Dressur kamen. Ein absoluter Gänsehaut-Moment. Das war sehr emotional und eine große Anerkennung für die Leistung unserer Reiter und Pferde.

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Exklusiv für Persönliche Mitglieder verlosen wir am Ende des Artikels je zweimal Bildbände zu den Europameisterschaften, herausgegeben von Topfotograf Stefan Lafrentz und Pferdesportjournalistin Dr. Tanja Becker. Um teilzunehmen, einfach das unten stehende Teilnahmeformular ausfüllen. Die Teilnahmebedingungen sind hier einzusehen. Teilnahmeschluss ist der 27. Oktober 2019.

PM-Forum: In der Dressur hat das deutsche Team der Konkurrenz nicht den Hauch einer Chance gelassen. Es war die sechste Mannschaftsgoldmedaille, seit Monica Theodorescu und Jonny Hilberath als Bundestrainer-Duo im Einsatz sind. Woher kommt diese Dominanz?

Dr. Dennis Peiler: Unsere Trainer stehen für die klassische Reitlehre, die auf das Wohl und die Gesunderhaltung der Pferde ausgerichtet ist. Wir haben in Rotterdam zufriedene, gut ausgebildete Pferde gesehen, die – genau wie ihre Reiter – auf den Punkt fit waren und zum Saisonhöhepunkt Bestleistungen gezeigt haben. Dahinter stecken viel Fleiß und harte Arbeit. Natürlich haben wir auch den Vorteil, dass unsere deutsche Pferdezucht so erfolgreich ist und immer wieder solche Spitzenpferde hervorbringt. Das zusammengenommen macht den Erfolg aus. Es schürt aber auch eine unglaubliche Erwartungshaltung.

PM-Forum: Die Erfolge wecken natürlich auch große Hoffnungen für die Olympischen Spiele 2020 in Tokio. Was ist dort von den deutschen Reitern und auch von der Konkurrenz zu erwarten?

Dr. Dennis Peiler: Wir verabreden zu Beginn eines Olympiazyklus mit DOSB und BMI einen Medaillenkorridor. Für Tokio haben wir uns insgesamt auf drei bis fünf Medaillen verständigt. Das zeigt, wie hoch die Erwartungen sind. Dieses Jahr war ein wichtiges Vorbereitungsjahr im Hinblick auf Tokio und natürlich hoffen wir, dass wir an diese Erfolge anknüpfen können. Das wird aber sicherlich kein Selbstläufer. Die Reiter haben sich in Rotterdam gegenseitig gepusht und hochgeschaukelt, jeder hat sich von der Leistung des anderen anspornen lassen. Das spricht für das unheimlich hohe Niveau innerhalb der Mannschaft und für eine gesunde Konkurrenz. In Tokio dürfen ja nur noch drei statt vier Paare für eine Mannschaft starten. Das macht die Situation nicht einfacher. Es werden auch die US-Amerikaner wieder dabei sein und ich denke, dass auch die Briten, die in Rotterdam großes Pech durch die Disqualifikation ihres stärksten Paares hatten, in Tokio ein Wörtchen um die Medaillen mitreden werden. Auch die Schweden und Dänen haben sich bei der EM stark präsentiert und die Niederländer haben gezeigt, dass wieder mit ihnen zu rechnen ist.

Eine der Sensationen der EM-Saison 2019: Gold für das deutsche Vierspänner-Team mit Georg von Stein, Anna Sandmann und Michael Brauchle.

Anna Sandmann bewies bei ihrem ersten Senioren­championat mit dem Viererzug ihre Klasse an den Leinen. Alle Fotos: Stefan Lafrentz

PM-Forum: Die Springreiter haben eine unglückliche Nationenpreis-Saison hinter sich und sind zum Serienfinale in Barcelona nur nachgerückt. In Rotterdam lagen sie nach dem ersten Wettkampftag an der Spitze der Mannschaftswertung. Am Ende wurde es für sie die Silbermedaille. Wie beurteilen Sie dieses Ergebnis?

Dr. Dennis Peiler: Diese Silbermedaille war ein schöner Erfolg für das gesamte Team. Es war toll zu sehen, wie sich Simone Blum und DSP Alice, die 2018 für manchen noch überraschend Weltmeister geworden sind, an der Weltspitze etabliert haben. Grandios war auch, wie sich Comme il faut, der bisher immer ein wenig im Schatten anderer Spitzenpferde von Marcus Ehning stand, bei seinem ersten Championat zum Ende hin noch steigern konnte und es in die Top-Fünf schaffte. Diese Woche in Rotterdam hat aber auch gezeigt, wie eng die Weltspitze beieinander liegt und wie wichtig die Top-Reiter Daniel Deußer und Christian Ahlmann für das Team sind. Alle vier Paare haben einen super Job gemacht, wenn auch dem ein oder anderen zum Ende hin etwas die Luft ausging. Aber das zeigt, woran bis nächstes Jahr noch gearbeitet werden muss.

PM-Forum: Wo sehen Sie den deutschen Springsport, ein Jahr vor Olym-pia?

Dr. Dennis Peiler: Wir sind auf einem guten Weg. Man hat auch in Rotterdam wieder gesehen, wie nah Sieg und Niederlage im Springen beieinander liegen. Die Tagesform spielt eine große Rolle und ein Abwurf kann darüber entscheiden, ob man eine Medaille gewinnt oder vielleicht noch nicht einmal das Finale erreicht. Insgesamt stimmt mich die Leistung unserer Paare bei dieser EM sehr optimistisch im Hinblick auf Tokio. Sicherlich kam uns auch entgegen, dass wir nicht mehr den Druck hatten, uns für die Olympischen Spiele qualifizieren zu müssen.

PM-Forum: Im Para-Dressurviereck lief es in Rotterdam leider nicht so erfolgreich wie gewohnt. Die deutschen Starter schienen, was Medaillen betrifft, etwas vom Pech verfolgt zu sein. Es gab viele vierte Plätze, letztlich aber keine Medaille. Wie haben sie die Wettbewerbe erlebt?

Dr. Dennis Peiler: Ich habe unsere Para-Reiter in Rotterdam intensiv verfolgt. Zunächst einmal habe ich absolute Hochachtung vor der Leistung jedes einzelnen Paares. Alle haben gekämpft bis zum Schluss und am Ende gab es viele vierte Plätze, aber keine Medaille. Das war bitter und zeigt, dass wir noch einige Hausaufgaben machen müssen, um in Tokio wieder auf dem Podium zu stehen. Grundsätzlich sind wir im Para-Bereich gut aufgestellt. Rotterdam hat uns aber auch vor Augen geführt, dass die Konkurrenz – und nicht nur in ein oder zwei Nationen – extrem stark geworden ist und wir uns nicht den kleinsten Fehler leisten dürfen, wenn wir weiterhin so erfolgreich sein wollen wie in der Vergangenheit.

PM-Forum: Zwei Mal durften die Pferdesport-Fans in Deutschland ihren Stars hautnah zujubeln. In Donaueschingen traten die Vierspänner zu ihrer Heim-EM an, in Luhmühlen die Vielseitigkeitsreiter. Ihr Fazit?

Dr. Dennis Peiler: Für unsere Vierspännerfahrer hat es mich besonders gefreut, dass sie nach einem schwierigen Jahr nun die Goldmedaille gewonnen haben. Bei den Weltreiterspielen in Tryon schienen sie noch vom Pech verfolgt, nun kam zum Können aber auch noch etwas Glück dazu. Unsere junge EM-Debütantin Anna Sandmann hat mit ihren Pferden einen tollen Job gemacht, ebenso die erfahrenen Gespanne von Georg von Stein und Michael Brauchle.

Ganz großartig war natürlich der EM-Abschluss in Luhmühlen, wo unsere Vielseitigkeitsreiter wieder an die Erfolge vergangener Jahre anknüpfen konnten. Insgesamt betrachtet, war es eine tolle Leistung des gesamten Teams. Es hat sich gezeigt, dass es richtig war, alles daranzusetzen, fischerChipmunk FRH in Deutschland zu halten. Dafür möchte ich mich nochmal ganz herzlich bei allen Unterstützern bedanken. Mit ihm und Michael Jung im Sattel und natürlich mit Doppeleuropameisterin Ingrid Klimke verfügen wir in der Disziplin über eine Doppelspitze, um die uns die Welt beneidet. Spannend für uns war auch zu beobachten, wie sich die jüngeren Reiter und Pferde unter Championatsbedingungen bewähren. Der erste Eindruck stimmt hier optimistisch. Wir müssen uns aber auch vor Augen führen, dass im kommenden Jahr weitere starke Nationen hinzukommen, zum Beispiel Neuseeland, Australien und Japan.

Geplatzte Medaillenhoffnungen: Nach einem tollen Auftritt mit dem drittbesten Ergebnis ihrer Grade V im Teamwettbewerb ging Regine Mispelkamps Look at me Now vor der Kür nicht ganz klar. Sie bewies Horse­manship und verzichtete auf einen Start.

PM-Forum: Im schweizerischen Givrins sorgten die deutschen Reiner für erfolgreiche Tage mit zwei Goldmedaillen, eine für die Mannschaft, eine für Grischa Ludwig und Coeurs Little Tyke im Einzel. Eine Überraschung?

Dr. Dennis Peiler: Ich freue ich mich über die tollen Erfolge unserer Reiner. Spätestens seit der Mannschaftsmedaille in Tryon im vergangenen Jahr sind unsere Reiter in der absoluten Weltspitze angekommen. Das haben sie mit ihren diesjährigen Erfolgen nochmals nachdrücklich untermauert.

PM-Forum: In Ermelo in den Niederlanden feierten die deutschen Voltigierer gleich sechs EM-Medaillen. Wie die Dressurreiter sind auch sie bei Championaten stets eine Medaillen-Bank.

Dr. Dennis Peiler: Richtig. Im Voltigieren verhält es sich wie bei der Dressur. Die Erwartungen sind sehr hoch. Die Medaillenausbeute bei den Senioren sieht auf dem ersten Blick mit sieben Medaillen im Gepäck gut aus. Leider konnten wir nicht ganz an die Erfolge der Weltreiterspiele anknüpfen. Goldmedaillen sind aber auch nicht beliebig reproduzierbar. Die Ausbeute bei den Weltmeisterschaften der Junioren war mit vier Goldmedaillen überragend, so dass wir sehr zuversichtlich in die Zukunft schauen.

PM-Forum: Auch die Distanzreiter durften sich bei ihrer EM in Euston Park über Edelmetall freuen. Wie überraschend war diese Team-Bronzemedaille aus Ihrer Sicht?

Dr. Dennis Peiler: Neben dem Vierspännergold in Donaueschingen war die Bronzemedaille der Distanzreiter die Überraschung des Jahres aus DOKR-Sicht. Die letzte Teammedaille bei Europameisterschaften gab es im Jahr 2001. Das zeigt, wie besonders dieser Erfolg ist. Er ist umso höher einzuschätzen, da das Team nur mit drei Reitern, also ohne Streichergebnis, am Start war. Eine tolle Mannschaftsleistung.

Das Interview führte Julia Basic.

Mit FNticket&travel nach Tokio 

Nach den Europameisterschaften ist vor den Olympischen Spielen! Speziell für Reitsportfans bietet FNticket&travel verschiedene Reisepakete an, um die Reiterspiele in Dressur, Springen und Vielseitigkeit in Japans Hauptstadt live vor Ort zu erleben. Mehr Infos gibt es hier. 

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Es waren rauschende Feste des Pferdesports – die Europameisterschaften in Rotterdam, Donaueschingen und Luhmühlen. Bereits zum zweiten Mal nach der WM in Tryon 2018 haben der Topfotograf Stefan Lafrentz und die Pferdesportjournalistin Dr. Tanja Becker nun auch diese Höhepunkte der Saison 2019 in Bild und Text festgehalten. Das Buch „EM Springen – Dressur – Para-Dressur Rotterdam 2019 inkl. Fahrer-EM Donaueschingen 2019“ erinnert an den sagenhaften Erfolg der deutschen Dressur-Equipe, an die grandiosen Runden der deutschen Springreiter und die respektgebietenden Leistungen der Para-Dressurreiter, aber auch an emotionale Momente vor und hinter den Kulissen. Gewürdigt werden da-rin auch die deutschen Viererzug-Fahrer, die bei ihrer EM in Donaueschingen den Medaillenregen mit dem Gewinn von Teamgold eröffneten.

In einem zweiten Werk „EM Vielseitigkeit Luhmühlen 2019“ kann der Leser noch einmal die Höhepunkte der Vielseitigkeits-Europameisterschaften und Geschehnisse miterleben. Das Buch dokumentiert in deutscher und englischer Sprache fünf Tage spannenden Spitzensport in der Heide – von der ersten Verfassungsprüfung bis zum spannenden Finale im Parcours.

Beide Bücher kosten jeweils 19,80 Euro und sind bestellbar über www.equi-la.de oder info@equi-la.de sowie im Buchhandel. Persönliche Mitglieder erhalten 10 Prozent Rabatt auf den Verkaufspreis.

Gewinnspiel im PM-Forum Digital

Exklusiv für Persönliche Mitglieder verlosen wir je zweimal die vorgestellten Bildbände zu den Europameisterschaften, herausgegeben von Topfotograf Stefan Lafrentz und Pferdesportjournalistin Dr. Tanja Becker. Um teilzunehmen, einfach das unten stehende Teilnahmeformular ausfüllen. Die Teilnahmebedingungen sind hier einzusehen. Teilnahmeschluss war der 27. Oktober 2019.

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