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PM-Bildungsoffensive 2017

PM-Award 2016: Preisträger in Warendorf geehrt

Frau Vogel und die Ärzte

Sie leisten Außerordentliches im Ehrenamt, opfern ihre Freizeit und stehen als stille Helfer meist im Schatten der Öffentlichkeit: die Preisträger des PM-Awards 2016. Mit rund 150 Gästen feierten die Persönlichen Mitglieder die besten Initiativen zum Wohl der Pferde und des Pferdesports im Warendorfer Sophiensaal.

Eine Super-Mama ist die 28-jährige (!) Ammenstute „Frau Vogel“, die schon 19 verwaisten Fohlen den Weg ins Leben geebnet hat. Fotos (2): privat
Nach 2015 wurden nun zum zweiten Mal Menschen und Initiativen ausgezeichnet, die sich uneigennützig für Pferde und den Pferdesport engagieren. Rund 30 Vorschläge gingen bei den PM ein, die Jury, der die PM-Ehrenvorsitzende Ruth Klimke, Turnierveranstalterin Rosalie Freifrau von Landsberg-Velen, Para-Dressurreiterin Hannelore Brenner, PM-Vorsitzender Dieter Medow, PM-Vorstandsmitglied Gabriele Heidenreich sowie Verleger Hugo Matthaes angehören, traf eine Vorauswahl. Per Online-Voting entschieden die PM über die Preisträger und Platzierten in den drei Kategorien „Retter in der Not“, „Verdienstvoller Förderer“ und „Gemeinsam engagiert“. Dieter Medow betonte in seiner Begrüßungsansprache: „Wir sind überrascht und auch überwältigt, welche tollen Projekte uns vorgestellt wurden. Ich appelliere an Sie alle, reichen Sie auch künftig ihre Kandidaten und Ideen ein. Wir können nicht genug Danke sagen für so ein großartiges Engagement.“
Bundestrainerin Monica Theodorescu hielt die Laudatio auf Brigitte Forstner und ihre Ammenstute „Frau Vogel“.
Rosalie Freifrau von Landsberg-Velen, Mitglied der Jury, hob im Gespräch mit Moderator Christoph Hess die Bedeutung ehrenamtlichen Engagements hervor. Fotos: M. Kaub Büscher
PM-Vorsitzender Dieter Medow begrüßte die 150 Gäste zur zweiten Verleihung des PM-Awards, diesmal im Warendorfer Sophiensaal.

19 Fohlen gerettet

Die Bandbreite der Vorschläge war enorm, von der Rettung verwahrloster Pferde über die Bereitstellung von Ammenstuten für verwaiste Fohlen bis hin zur Ärztefortbildung. Den sprichwörtlichen Vogel schoss „Frau Vogel“ ab. So heißt die nun 28-jährige Holsteiner Schimmelstute, die als Amme schon 19 mutterlosen Fohlen den Start ins Leben ermöglicht hat. Brigitte Forstner aus Wasserburg am Inn erwarb die Stute vor 20 Jahren, bestritt Turniere mit ihr und setzte sie anschließend in der Zucht ein. Das einstige Springpferd, dessen Namen „Lady Bird“ kurzerhand eingedeutscht wurde, erwies sich aber nicht nur bei ihren eigenen vier Fohlen als tolle Mutter, sondern nahm sich mit großer Zuneigung auch fremden Pferdekindern an. So reifte bei Brigitte Forstner die Idee, ihre „Frau Vogel“ als Ammenstute bekannt zu machen. Die Nachfrage ist leider groß, denn immer wieder gehen Stuten bei der Geburt des Fohlens ein. „Frau Vogel“ betreut in manchen Jahren bis zu drei Fohlen gleichzeitig, prägt das Sozialverhalten der Youngster und bringt ihnen bei, was Fohlen lernen müssen. Aber natürlich gibt die Stute keine für das Neugeborene so wichtige Kolostralmilch, dafür ist Brigitte Forstner mit ihrem Helferteam zuständig. „Manche sehr junge und schwache Fohlen tränken wir bis zu 48 Mal am Tag, also rund um die Uhr, mit der Flasche. Sie sind zum Teil in sehr schlechtem Zustand, haben Durchfall und Fieber“, erzählt die Friseurmeisterin. Zugleich betont sie, dass die Waisenfohlen nicht vermenschlicht werden dürfen. „Es gibt nichts Schlimmeres als dreijährige Pferde, die den Menschen als ihresgleichen betrachten, das kann nämlich auch schnell gefährlich werden.“ Die Gefahr besteht nicht, denn wenn die Kleinen sich erholt und bei Brigitte Forstner eingelebt haben, übernimmt „Frau Vogel“ die Regie. So mütterlich sie ist, so energisch weist sie den Fohlen den Weg.

Die Laudatio auf Brigitte Forstner und „Frau Vogel“ als Preisträger in der Kategorie „Verdienstvoller Förderer“ hielt Bundestrainerin Monica Theodorescu. „Mit der Bereitschaft, Frau Vogel als Ammenstute zur Verfügung zu stellen, hat Brigitte Forstner in den vergangenen Jahren zahlreichen Züchtern und deren Familien in größter Not geholfen.“

Fünf Pferde befreit

Schnabelhufe, verwurmt, bis auf Knochen abgemagert – so fanden Tom Eckert, Tanja Schaffarz und Julia Budnik die fünf Pferde auf einem Bauernhof in Leuchtenberg (Bayern) vor. Auf das Schicksal der Tiere wurden sie über Facebook aufmerksam. Tierschützer beklagten schon seit langem die Verwahrlosung der Pferde, auch das zuständige Kreisveterinäramt war dort regelmäßig zu Besuch und verhängte Bußgeldbescheide, doch nichts geschah, was das Leben der Vierbeiner hätte verbessern können.

Der Künstler Wolfgang Lamché entwarf den PM-Award.
„Es waren schwierige Gespräche mit dem Hofbetreiber, aber wir konnten zumindest im ersten Schritt erreichen, dass wir uns um die Pferde kümmern durften“, erzählte Tom Eckert, der von Beruf Busfahrer ist. Als großer Tierfreund und Freizeitreiter machte er sich mit seinen beiden Bekannten Tanja Schaffarz und Julia Budnik an die Arbeit: den Tierarzt rufen, den Schmied informieren, Zäune reparieren, um den Pferden einen Auslauf zu schaffen, und, und, und. Tom Eckert: „Die Pferde hatten seit Menschengedenken keinen Schmied mehr gesehen. Sie hatten schlimme Schnabelhufe. Ich möchte ausdrücklich dem Schmied danken. Christopher Kelley, der aus den USA stammt, hat Monatelang an der Korrektur gearbeitet – und macht es bis heute ehrenamtlich. Auch ihm geht das Schicksal dieser Pferde an die Nieren.“ Ein Pferd überlebte nicht, sein körperlicher Zustand war zu schlecht, aber für die übrigen vier Pferde hat ein neues Leben begonnen. Es gelang dann schließlich, den Hofbetreiber mit einem Pferdehalteverbot zu belegen und die Pferde dort abzuholen. Seitdem haben die drei Retter ein Haltungsrecht per Nutzungsvertrag. Heute leben die Pferde auf zwei Höfen und werden von den drei Preisträgern weiterhin täglich betreut. Mit Unterstützung von Petra Teegen und ihrer Pferdeklappe in Norderbrarup, PM-Award-Preisträger 2015, gelang es, Spenden zu sammeln, um wenigstens die Tierarztkosten decken zu können.
So gesund und belastbar, dass sie eines Tages wieder als Reitpferd eingesetzt werden können, werden die vier geretteten Tiere wohl nicht werden, da sind sich die drei Betreuer sicher. Aber dass die Pferde noch viele Jahre ein beschwerdefreies Leben auf der Weide führen können, gibt Tom Eckert, Tanja Schaffarz und Julia Budnik das Gefühl, alles richtig gemacht zu haben. PM-Vorstandsmitglied Gabriele Heydenreich gratulierte den drei Preisträgern in der Kategorie „Helfer in der Not“ mit den Worten: „Ich wünsche Ihnen Julia, Tanja und Tom, weiterhin die Kraft bei Ihrem Einsatz um diese Pferde. Sie sind ein Vorbild für alle. Nicht verurteilen, nicht anklagen, sondern Hilfe anbieten, wo Hilfe benötigt wird.“
PM-Vorstandsmitglied Gabi Heydenreich (li.) ehrte die Sieger in der Kategorie „Retter in der Not“, Tom Eckert, Tanja Schaffarz und Julia Budnik
Die feierliche Verleihung des PM-Awards ließ sich auch Warendorfs Bürgermeister Axel Linke (li.), hier im Gespräch mit FN-General­sekretär Soenke Lauterbach, nicht entgehen.

Ärzte fortbilden

Wenn sie auf den Plan treten, ist der Unfall bereits passiert: Notärzte, die verletzte Reiter erstversorgen und behandeln. Die Initiative „Ärzte im Reitsport“ ist Preisträger in der Kategorie „Gemeinsam engagiert“. Vor sechs Jahren gründete Nicole Sollorz, Vorsitzende der Fachgruppe Vielseitigkeit im Deutschen Reiter- und Fahrerverband, gemeinsam mit renommierten Medizinern die Initiative, die sich für eine bessere und schnellere medizinische Sofortversorgung bei Unfällen im Reitsport und insbesondere bei Vielseitigkeitsturnieren einsetzt. Anlass waren zwei schwere Unfälle bei Vielseitigkeitsturnieren in Hamburg, von denen einer tödlich endete.

Eingerahmt von Hans Melzer und Christoph Hess, freuten sich die Preisträger Dr. Christian Schröter,  Dr. Patrick Dissmann, Prof. Dr. Norbert Meenen, Nicole Sollorz und Dr. Manfred Giensch über die Würdigung ihrer ehrenamtlichen Arbeit.
Vielseitigkeits-Bundestrainer Hans Melzer bedankte sich in seiner Laudatio bei den  Medizinern und Initiatorin Nicole Sollorz, die sich für die Verbesserung der notfallmedizinischen Versorgung bei Reitun­fällen engagieren.
Ehrenamtliche Unterstützung fand Nicole Sollorz bei Notfallmedizinern und Unfallchirurgen: Dr. med. Patrick Dissmann, Prof. Dr. med. Norbert Meenen, Dr. med. Manfred Giensch und Dr. med. Christian Schröter. Das Team hat bereits viel erreicht. So wurden bislang über 100 Ärzte und Mitglieder von Rettungsdiensten geschult und mit den Besonderheiten von schweren Reitunfällen, speziell im Gelände, vertraut gemacht. Die nach dem Tod des jungen Reiters Benjamin Winter geschaffene Stiftung gleichen Namens trägt die Lehrgangsgebühren für die Rettungsdienstmitarbeiter. Ein Lehrvideo und entsprechendes Schulungsmaterial in Form eines Handbuchs wurden erstellt. Der Initiative „Ärzte im Reitsport“ ist es zu verdanken, dass die Leistungsprüfungsordnung der Deutschen Reiterlichen Vereinigung geändert wurde: Seit 2013 muss bei Geländeprüfungen ein Arzt mit Erfahrung in der Versorgung schwerer Verletzungen anwesend sein. Laudator Hans Melzer, Bundestrainer der Vielseitigkeitsreiter, sagte: „Bei den großen internationalen Turnieren ist der medizinische Dienst sehr gut organisiert, aber im normalen Turniersport haben wir noch Verbesserungsbedarf.“ Melzer hob in dem Zusammenhang hervor, dass die Benjamin Winter-Stiftung den Turnierveranstaltern bei der Bezahlung der Notfallmediziner finanziell unter die Arme greift.
300 Veranstaltungen mit Gelände- und/oder Vielseitigkeitsprüfungen gibt es jedes Jahr in Deutschland, aber keine 300 Notfallmediziner, die dem Sport am Wochenende zur Verfügung stehen können. Ein weiteres Feld, dem sich die Gruppe annehmen wird, ist das Jagdreiten. Prof. Dr. Norbert Meenen aus Hamburg: „Die Jagdreiterei unterliegt nicht der LPO, hier haben wir Handlungsbedarf. Beim Hamburger Schleppjagdverein haben wir einen Notfallrucksack angeschafft, und wir hoffen, dass diese Ausrüstung bald allen Schleppen zur Verfügung gestellt wird.“

Die Ausrüstung steht bei der Initiative „Ärzte im Reitsport“ stark im Fokus. Der deutsche Mannschaftsarzt Dr. Manfred Giensch führte aus, dass mit den Herstellern von Sicherheitswesten mit Airbag eng zusammengearbeitet werde. Auch bei der Neuentwicklung von zusammenklappbaren Geländehindernissen war das Know-how der Ärzte gefragt. Zum Abschluss meinte „Manni“ Giensch: „Aber ich fühle mich am wohlsten nach einem Turnier, wenn ich nichts zu tun hatte.“

Susanne Hennig

„Trocken-Voltigieren“: Die Mädchen des  RuFV Wehdem Oppendorf begeisterten das Publikum mit schön geturnten Übungen.

Kategorie „Retter in der Not”

Kategorie „Verdienstvoller Förderer”

Kategorie „Gemeinsam engagiert”

Die weiteren Preisträger des PM-Awards

„Retter in der Not“

Platz 2: Freiwillige Feuerwehr Altwarmbüchen

Die Freiwillige Feuerwehr Altwarmbüchen rettete im März 2016 mit vier Einsatzwagen und in Begleitung eines Tierarztes zwei Reiterinnen und ihre Pferde, die im Moor feststeckten. Das Gelände war schwierig, die Feuerwehr musste die Fahrzeuge zurücklassen und einen Fußmarsch von einem knappen Kilometer bis zu den Pferden zurücklegen. Zunächst wurden die Pferde versorgt, dann begann die Suche nach befestigten Wegen, um die Pferde aus dem Moor zu ziehen. Aber immer wieder sackten die Pferde erneut ein. Das Technische Hilfswerk musste hinzugezogen werden, um das Gelände bei der einbrechenden Dunkelheit auszuleuchten. Ferner schafften die Feuerwehrmänner Siebdruckplatten aus dem nahegelegenen Baumarkt heran, um so einen Weg für die Pferde zu ebnen. Nach vier Stunden waren die Reiterinnen und die Pferde gerettet.

Ein dritter Platz wurde in dieser Kategorie nicht vergeben.

 

„Verdienstvolle Förderer“

Platz 2: Ingrid Wiegmann

Auch Ingrid Wiegmann engagiert sich wie Preisträgerin Brigitte Forstner für verwaiste Fohlen. Sie gründete 2012 den Fohlennotruf, weil sie selber ihre Stute bei der Geburt des Fohlens verloren hatte. Seit nunmehr zehn Jahren vermittelt Ingrid Wiegmann ehrenamtlich Ammenstuten und verwaisten Fohlen.

Platz 3: Nina Ramershoven

Nina Ramershoven aus Stade ist seit 2009 im Reitclub Pferd & Freizeit Stade als sehr engagierte Ausbilderin im Rahmen des Kinder-, Jugend- und Integrations-Reitunter-richtes tätig. Sie ist ehrenamtlich tätig und verzichtet auf jegliche Übungsleiterpauschalen. In der von ihr gegründeten Krabbelgruppe führt sie Kinder ab drei Jahren behutsam an das Pferd/Pony heran. Zudem bietet sie Reitunterricht für reitinteressierte Jugendliche und erwachsene Wiedereinsteiger an und engagiert sich im integrativen Reitsport (Reiten). Im Jahr 2013 wurde sie zur Ausbilderin des Jahres im Pferdesportverband Hannover gewählt. Somit steht Nina Ramershoven stellvertretend für viele engagierte Ausbilder im Reitsport.

 

„Gemeinsam engagiert“:

Platz 2: Carola Schiller und das Aktionsbündnis Pro Pferd:

Das Aktionsbündnis „Pro Pferd“ gibt es seit 2011 (Vereinsgründung 2013), es kümmert sich um die Themenbereiche Pferdesteuer, Wölfe, Umweltschutz und Prävention gegen Pferdeschänder. Bei der „Pferdesteuer“ beteiligte sich das Aktionsbündnis in mehr als 300 Gemeinden aktiv an der Verhinderung der Abgabe. Es wurden unzählige Gespräche mit Politikern und Reitern geführt und Demonstrationen mit organisiert und auch durchgeführt. Das Aktionsbündnis ist Schnittstelle zwischen den Verbänden beim Thema Pferdesteuer und arbeitet eng mit der Deutschen Reiterlichen Vereinigung zusammen.

3. Platz: RV Wickede-Asseln-Sölde:

2014 konnte der neu gewählte Vorstand mit Wibke Wilms, Michael Tewes sowie Kinder- und Jugendsprecherin Susanne Gretenkord des Reit- und Fahrverein Wickede-Asseln-Sölde in Dortmund den Verein aus einer schwierigen personellen Krise herausführen. Das Team setzt sich in besonderem Maße für die Kinder- und Jugendarbeit im Verein ein. Neben einem Kinderprojekt gibt es eine „Ponyliga“ mit mehreren Shetlandponys, die inzwischen einen eigenen Reitplatz hat. Des Weiteren sorgte der Vorstand für einen Ausbau des Stalls zur Verbesserung der Pferdehaltung.

Hier finden Sie die einen kurzen Film über die Sieger des PM-Awards: https://www.pferd-aktuell.de/pm-award/pm-award

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