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Pferdepfleger im Interview: Sebastian Hasenberg
Die Vorschau auf die EM Springen 2025
„Die Erwartungshaltung ist hoch“
Vom 16. bis 20. Juli treffen sich die besten Springreiter Europas im spanischen A Coruña – es geht um EM-Medaillen. Das 26. Mal werden Mannschaftsmedaillen vergeben, das 38. Mal Einzelmedaillen. Der Bundestrainer der deutschen Springreiter, Otto Becker, ist sicher: „Jeder kleine Fehler kann entscheiden!“ Im Interview mit dem PM-Forum spricht er über die auserwählten Sieben, die Location und die Bedeutung der diesjährigen EM, ein Jahr vor den Weltreiterspielen in Aachen.
Richard Vogel und United Touch S waren schon bei den Olympischen Spielen in Paris für Deutschland am Start, auch in diesem Jahr könnten sie eine Stütze fürs deutsche Team sein. Foto: Stefan Lafrentz
PM-Forum: Die Europameisterschaft naht – mit welcher Erwartung blicken Sie ihr entgegen?
Otto Becker: Bei uns ist die Erwartungshaltung immer sehr hoch. Von der Anzahl der Spitzenpaare her ist es in Deutschland aktuell relativ dünn, wir haben einige Spitzenpferde aus dem vergangenen Jahr zum Beispiel durch Verkauf verloren. Aber wenn alle gesund bleiben, werden wir ein starkes Team für die Europameisterschaft haben. Ein Team, mit dem wir auf jeden Fall um die Medaillen mitreiten wollen. Doch wie wir aus den vergangenen Jahren wissen, ist der Springsport sehr global geworden. Da entscheiden auch die Tagesform und jeder kleine Fehler. Es sind sieben, acht, neun Teams, die gewinnen können.
PM-Forum: Welche Teams könnten das sein?
Otto Becker: Meistens die üblichen Verdächtigen, aber das weiß man nie wirklich. Ich hatte auch im vergangenen Jahr bei den Olympischen Spielen nicht unbedingt die Engländer ganz vorne erwartet. Im Springsport ist alles möglich. Die Iren, die Engländer, die Franzosen, die Holländer – sie reiten alle gut. Die Belgier haben viele junge Leute im Moment, da gibt es viele Optionen. Im Springen ist es inzwischen so, dass an einem guten Tag viele ganz vorne stehen können.
PM-Forum: Fünf Reiter stellen das Team für die Europameisterschaft, vier werden im Team reiten, einer wird als Einzelreiter antreten. Sieben Reiter sind zum Redaktionsschluss dieser Ausgabe des PM-Forum in der engeren Auswahl …
Otto Becker: Fangen wir mit den Damen an. Sophie Hinners hat gleich drei Eisen im Feuer: Iron Dames My Prins, Iron Dames Combella und Iron Dames Singclair. Sophie hat dieses Jahr schon mit allen drei Pferden geliefert. My Prins ist allerdings der Erfahrenste, mit ihm war sie beim Weltcup-Finale bestes deutsches Paar, er steht in der Liste ganz oben. Sophie hat sehr viel Gefühl und ein besonderes Talent, den Pferden Sicherheit und Rhythmus zu geben. Janne Friederike Meyer-Zimmermann hat mit Messi van’t Ruytershof die letzten Monate sehr gute und konstante Leistungen abgeliefert. Sie sind beide sehr erfahren und kennen sich in- und auswendig. Und dann haben wir bei den Damen noch Jörne Sprehe mit Sprehe Hot Easy – auch diese beiden haben sehr viel Erfahrung und waren schon bei vielen Nationenpreisen dabei.
Zum 25. Geburtstag
Im Casas Novas Reitzentrum wurde im Jahr 2000 das erste internationale Turnier ausgetragen. Der Zuspruch der Reiterszene war enorm, so dass gleich im nächsten Jahr zwei Turniere ausgeschrieben wurden: das Outdoor-Sommerturnier und das Indoor-Winterturnier. Seit 2016 ist Casas Novas zudem Austragungsort einer Weltcup-Etappe für die Springreiter. Die Europameisterschaften fallen in diesem Jahr zusammen mit der Feier zum 25-jährigen Bestehen des Reitsportzentrums im Nordwesten Spaniens.
PM-Forum: Kommen wir zu den Herren…
Otto Becker: Christian Kukuk hat mit Just Be Gentle und Chageorge zwei Pferde zur Wahl. Er hat von Anfang an gesagt, dass sein Olympiapartner Checker dieses Jahr keine Europameisterschaft gehen soll – nicht zuletzt mit Blick auf die WM im kommenden Jahr in Aachen. Seine erste Wahl für die Euro wird die elfjährige Just Be Gentle sein – die Stute ist ein tolles Pferd, war schon letztes Jahr für Paris in der engeren Auswahl und hat auch dieses Jahr schon Top-Ergebnisse zu verzeichnen. Das ist ein sehr interessantes Pferd auch für die nächsten Jahre. Richard Vogel und United Touch S waren schon 2024 mit im Team, sind auch dieses Jahr in sehr guter, konstanter Form und waren Sechste beim Weltcup-Finale in Basel. Bei den beiden passt alles zusammen. Dann haben wir noch Marcus Ehning mit Coolio, der sich kontinuierlich weiterentwickelt hat, auch beim Weltcup-Finale in Basel war und in St. Gallen eine Doppel-Nullrunde geliefert hat. Ein weiteres Duo, das sich dieses Jahr für Basel qualifiziert hatte: Hans- Dieter Dreher mit Elysium. Das Paar hat sehr viel Erfahrung, schon etliche Nationenpreise bestritten und Hansi war bereits Ersatzreiter bei den Weltreiterspielen in Tryon.

Bundestrainer Otto Becker (links, rechts neben ihm Co- Bundestrainer Ralf Runge) blickt positiv gestimmt auf die EM, gleichwohl weiß er: Die Erwartungen sind hoch! Foto: Stefan Lafrentz

Sophie Hinners steht mit gleich drei Pferden auf der Longlist für die EM. Mit Iron Dames My Prins war sie bereits beste Deutsche beim Weltcup-Finale in diesem Jahr. Foto: Arnd Bronkhorst
PM-Forum: Die Europameisterschaft ist ein Championat, es geht um Medaillen, aber auch um einen gewissen Blick nach vorne?
Otto Becker: Natürlich, wir gucken auch schon mit einem Auge Richtung Weltmeisterschaft 2026 in Aachen. Für Sophie, Jörne und Hansi wäre A Coruña beispielsweise das erste Championat überhaupt und Christian und Marcus könnten mit neuem Pferd dabei sein – so können wir neue Paare auf den Weg bringen, die trotzdem die Qualität haben, bei der EM Medaillen zu gewinnen. Es sind für uns alle wichtige Erfahrungen, die wir in A Coruña sammeln werden.
PM-Forum: Dieses Jahr kommt die Europameisterschaft etwas schneller als sonst – womit hängt das zusammen?
Otto Becker: Der internationale Dachverband, die FEI, hatte lange keinen Veranstalter für die Europameisterschaft, A Coruña kam relativ kurzfristig ins Spiel. Aber A Coruña konnte an dem angestrebten EM-Termin im August nicht. Zu der Zeit sind dort Ferien, da gibt es keine Hotelzimmer mehr. So ist die Europameisterschaft in den Juli vorgezogen worden und liegt nur zwei Wochen nach Aachen. Deshalb mussten wir mit den in Frage kommenden Paaren schon früh individuell planen und es war klar, dass Aachen für die Nominierung zu spät ist. Also nominieren wir Ende Juni nach Rotterdam und überlegen genau, welches Pferd danach noch mal in Aachen an den Start geht und welches nicht.
PM-Forum: Rotterdam war als „Feuerprobe“ für einige Paare noch sehr passend…
Otto Becker: Absolut, in Rotterdam wird auf einem Sandplatz gesprungen – genau wie bei der EM in A Coruña. Bisher waren die Fünf-Sterne-Nationenpreise alle auf Rasen, das war für die Nominierung nicht ganz optimal. Aber natürlich kennen wir die Pferde und wissen auch, wie sie auf Rasen und Sand springen. Natürlich berücksichtigen wir bei der Nominierung, dass die Pferde auch mal auf Sand gesprungen sind. Deshalb haben wir auch drei von den Nominierten noch mal mit in Rotterdam gehabt.
EM-Geschichte
Zu Beginn der EM-Geschichte im Springreiten haben Damen und Herren ihre Titel-Wettbewerbe getrennt ausgetragen, 1957 ritten die Herren in Rotterdam um EM-Medaillen, die Damen im belgischen Spa. 1975 wurden die Wertungen zusammengelegt und die Mannschaftswertung kam hinzu. Seither haben sich die deutschen Reiter bei 25 Team-Europameisterschaften siebenmal die Goldmedaille gesichert, sechsmal Silber und viermal Bronze.

Erfahrener Reiter, möglicherweise neues Championatspferd? Marcus Ehning und Coolio haben sich kontinuierlich weiterentwickelt, sagt Bundestrainer Otto Becker. Foto: Stefan Lafrentz

Sein Olympiapferd Checker wird in diesem Jahr keine EM gehen, mit der Stute Just Be Gentle (im Bild) und Chageorge hat Christian Kukuk gleich zwei Eisen im Feuer auf der EM-Longlist. Foto: Stefan Lafrentz
PM-Forum: Sie kennen den EM-Ort schon…
Otto Becker: Ja, wir kennen den Veranstaltungsort Casas Novas als Weltcup- Turnier im Dezember, da bin ich selbst noch häufiger geritten. Das war immer top organisiert. Das ist eine hochprofessionelle, schöne Anlage, ein professioneller Veranstalter und eine Familie, die dahintersteht, die sehr viel Passion für den Pferdesport hat. Ich erwarte eine Top-Meisterschaft mit Top-Bedingungen. Ich war noch nie im Sommer da, aber auch die Außenanlagen sind super. Und ich glaube auch nicht, dass es zu heiß wird. Die Anlage liegt im Norden Spaniens und nicht weit von der See entfernt.
PM-Forum: 2009 war ihre erste EM als Bundestrainer in Windsor, das bedeutet: A Coruña wird Ihre neunte Europameisterschaft. Mit dem Team haben Sie in dieser Zeit eine Gold-, vier Silber- und eine Bronzemedaille gewonnen, in der Einzelwertung gab es drei Silber- und eine Goldmedaille. Was machen diese Zahlen mit Ihnen?
Otto Becker: Die machen gar nichts mit mir, weil ich weiß, dass alles, was vorher war, in diesem Jahr nichts mehr zählt. Man muss immer wieder neu topvorbereitet sein, Top-Leistungen bringen und am Ende auch das nötige Quäntchen Glück haben. Was vorher war und wer als Favorit anreist, das spielt alles keine Rolle. Ich erinnere mich gut an die WM in Jerez 2002. Wir waren alle vier, die im Team ritten, unter den Top Ten der Welt und waren am Ende trotzdem nur Vierter mit dem Team und haben keine Medaille gewonnen. Das zählt alles nicht, es fängt immer wieder bei null an.
Das Interview führte Kim Kreling
Full-House-Europameisterschaften
Zweimal ist es – bisher – den deutschen Reitern gelungen, die bestmögliche „Ausbeute“ zu erzielen: Gold im Team und alle drei Einzelmedaillen.
1975 in München: Alwin Schockemöhle auf Warwick Rex (Gold), Hartwig Steenken auf Erle (Silber) und Sönke auf Kwept (Bronze).
2003 in Donaueschingen: Christian Ahlmann auf Cöster (Gold), Ludger Beerbaum auf Goldfever (Silber), Marcus Ehning auf For Pleasure (Bronze).
Der Herr der Stangen
Santiago Varela Ullastres hat schon die Parcours für die Olympischen Spiele in Tokio und in Zusammenarbeit mit einem französischen Kollegen auch in Paris gestaltet. „Das ist im Moment einer der besten Parcourschefs weltweit“, ist Bundestrainer Otto Becker überzeugt. „Ich bin ein großer Fan von ihm. Ich bin sehr froh, dass er die EM baut. Er hat sehr viel Erfahrung und Gefühl und weiß, was er tut.“
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