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Ausbildung: Mit Hilfsmitteln besser Reiten

Pferdehaltung: Alte Pferde

Das gesunde Rentnerleben

Altern ist eine Begleiterscheinung des Lebens – das gilt für Pferde ebenso wie für Menschen. Zwar ändern sich mit dem Alter die Grundbedürfnisse des Pferdes nicht, jedoch stellen Pferde-Senioren andere Anforderungen an ihre Haltung, Fütterung, Bewegung und medizinische Betreuung als ihre jüngeren Kollegen.

Ist der schon so alt? Fit und gesund das Rentnerleben auf der Weide genießen. Das wünschen sich viele Pferdebesitzer für ihren Senior. Fotos (9): Christiane Slawik

Wer rastet, der rostet – oder etwa nicht? Bei alternden Pferden verändern sich im Vergleich zu ihren jüngeren Artgenossen die Ansprüche an ihre Haltung und Pflege, daher ist richtiges Management gefragt. Dieses sollte in erster Linie darauf ausgerichtet sein, die Besonderheiten des alten Pferdes zu erkennen und diese in Haltung, Fütterung, Bewegung und Betreuung zu berücksichtigen. Doch zunächst einmal stellt sich die Frage: Ab wann ist ein Pferd alt? Die Antwort ist alles andere als klar. Manche Pferde sind schon mit 15 Jahren alt und andere können noch im Alter von 20 Jahren und älter relativ normal aktiv sein, ohne dass groß etwas berücksichtigt werden muss. „Faktoren, die das Altern sicherlich beeinflussen, sind die Haltung, die Bewegung und die Fütterung der Pferde. So zeigen zu fette Pferde früher erste Altersanzeichen als optimal genährte Pferde. Auch die Bewegung spielt eine entscheidende Rolle. Getreu dem Ausspruch: Wer rastet, der rostet. Pferde, die ihr Leben lang gut und pferdegerecht bewegt wurden, sind auch im Alter fitter und somit besser gewappnet gegen Krankheiten und Verletzungen“, sagt Tierarzt Dr. Kai Kreling.

Haltung als Gesundheitsfaktor

Besonders die Haltung legt einen entscheidenden Grundstein zur Gesunderhaltung von Pferden – unabhängig ihres Alters. Dabei wird generell zwischen Boxenhaltung (Innenbox, Außenbox, Paddockbox) und Gruppenhaltung (Laufstall, Offenstall, Bewegungsstall) unterschieden. Bei den verschiedenen Haltungsformen gibt es Vor- und Nachteile, die immer auch den Pferdehalter in die Verantwortung nehmen, mal mehr und mal weniger. „Grundsätzlich gibt es nicht für alle Pferde DIE Haltungsform schlechthin, eine entsprechende Entscheidung muss immer im Sinne des Pferdes und somit individuell getroffen werden“, sagt Dr. Christiane Müller, Tierschutzbeauftragte im FN-Präsidium und Sachverständige zum Thema Pferdehaltung. Mit Blick auf alternde Pferde ist beispielsweise die Offenstallhaltung in der Gruppe grundsätzlich eine gute Haltungsform – aber wie bei jeder Haltung sind auch hier einige entscheidende Eckpunkte zu beachten, damit sich der Senior wohlfühlt und nicht unnötigem Stress ausgesetzt wird.

Wie sieht artgerechte Pferdehaltung aus?

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Herde, aber richtig

So sollten zusammengestellte Herden ähnliche Bedürfnisse und Ansprüche haben und ein einzelnes alterndes Pferd nicht in eine Gruppe von Jungpferden integriert werden, da sich hier gerade hinsichtlich des Bewegungs- und Spielverhaltens gravierende Unterschiede ergeben. Es gibt jedoch kein Patentrezept für die Gruppenzusammenstellung. Wichtig ist, dass jedes Pferd in der Herde seinen Bedürfnissen nachkommen kann. „Empfehlenswert sind homogene Gruppen. Die Alten können mit den Jungen letztlich nicht mehr mithalten, Rangkämpfe und Rangeleien werden schwierig, stellen ein potenzielles Verletzungsrisiko dar und in Summe führt das natürlich zu erheblichem Stress, dem das Pferd ausgesetzt ist“, erklärt Dr. Kai Kreling. Aber nicht nur das Alter der Pferde muss bei der Herdenbildung miteinbezogen werden. Ebenso wichtig ist es, gesundheitliche Einschränkungen alternder Pferde zu berücksichtigen. Zu den typischen Erkrankungen, die bei älteren Pferden gehäuft auftreten, zählen zum Beispiel Arthrose, Zahnprobleme (dazu später mehr) oder das Equine Cushing-Syndrom (ECS). Diese Stoffwechselerkrankung geht mit einem erhöhten Risiko für die Entwicklung von Hufrehe einher und kann daher beispielsweise eine Haltung auf Dauerweiden ungeeignet machen. Weiter ergeben sich auch mit Blick auf den Energiebedarf, den Bewegungs- und Atmungsapparat spezielle Anforderungen. Etwa, wenn sich ein Pferd erkrankungsbedingt vermehrt oder reduziert bewegen soll, wenn es eher auf kargem Grund oder extra auf saftigem Gras stehen soll oder wenn es besondere Ansprüche an das Umgebungsklima stellt.

Egal ob Gruppenhaltung oder wie hier in der Box die Einzelhaltung: Wichtig ist immer das richtige Management.

Mit dem richtigen Kumpel an der Seite lässt es sich entspannt altern. Das lange Fell kann auf Cushing hindeuten.

Zur Ruhe kommen

Besonders wichtig ist es, dass jedes Pferd – unabhängig seines sozialen Rangs innerhalb der Herde – ungestört fressen, trinken und schlafen kann. Dabei spielt der Zugang zum Raufutter nicht nur hinsichtlich der Futteraufnahme eine entscheidende Rolle, sondern ist auch wesentlicher Bestandteil der Beschäftigung des Seniors. Ungestört ruhen und schlafen zu können, ist für Pferde jeden Alters wichtig. Beim Ruheverhalten ticken alternde Pferde aber etwas anders als junge: Während Pferde zwischen drei und 15 Jahren weniger und kürzere Ruhezeiten benötigen, haben Fohlen und alternde Pferde einen höheren Ruhebedarf. Unter dem Strich muss es allen Pferden einer Gruppe möglich sein, sich zurückzuziehen und ausruhen zu können. Das bedeutet, dass jedem Pferd eine geeignete, trockene und verformbare Liegefläche mit ausreichender Größe angeboten werden muss. Dr. Christiane Müller weiß aus Erfahrung, dass bei diesem Punkt der Pferdehaltung häufig Fehler gemacht werden: „Oft sieht man nur vereinzelte Liege- und Futterstellen. Diese genügen aber nicht, da Pferde im Herdenverbund ihr Verhalten weitestgehend synchronisieren. Sie haben das Bedürfnis, gleichzeitig zu ruhen und zu fressen. Auch alte Pferde müssen ausreichend im Liegen schlafen können. Das sollte bei der Gestaltung der Gruppenhaltung unbedingt berücksichtigt werden. Zu wenig Ruhe und Schlaf wirken sich grundsätzlich negativ auf das Pferd aus, hinsichtlich der allgemeinen Verfassung, des Verhaltens und der Gesundheit“, verdeutlicht sie.

Die Experten

 Dr. med. vet. Kai Kreling
Foto: privat

Dr. med. vet. Kai Kreling ist neben seiner Tätigkeit als FEI- und FN-Tierarzt auch Mitglied im Ausschuss Pferde der Bundestierärzte-kammer. Seit 1996 hat er sich mit seiner Pferdeklinik im hessischen Waldalgesheim niedergelassen, an die seit 2002 auch ein Reha- und Trainingszentrum angeschlossen ist. Nebenbei betreibt er die Plattform „Pferdegesundheit Online“ und widmet sich Lehraufträgen und Autorentätigkeiten.

 Dr. Christiane Müller
Foto: Thomas Hartig

Dr. Christiane Müller hat Agrarwissenschaften studiert und ist seit 22 Jahren als Sachverständige für Pferdehaltung, -zucht und -sport tätig. Ihre Schwerpunkte liegen vor allem in der Beurteilung von Pferdehaltungen, Gutachtenerstellung und der Seminarleitung für Pferdebetriebsleiter der DLG-Akademie/ FN. Darüber hinaus ist sie als Tierschutzbeauftragte Mitglied im FN-Präsidium.

Glückliches Boxenleben

Es gibt aber auch Gründe, die dafür sprechen, seinen Pferderentner in einer Box zu halten. Zum Beispiel, „wenn das Pferd auf Grund von Erkrankungen und Beschwerden vermehrt unter Beobachtung stehen muss oder das Pferd in der Gruppe nicht ausreichend zur Ruhe kommt. Dann ist die Wahl der Boxenhaltung, wenn sie gut gemanagt und artgerecht umgesetzt wird, tatsächlich sinnvoll. Grundsätzlich sollte jeder Pferdebesitzer aber die Haltungsform wählen, die dem jeweiligen Pferd am ehesten gerecht wird. Natürlich ist die Gruppenhaltung nicht für jeden Senior etwas, aber man muss den Pferden in jedem Fall auch genügend Zeit zum Eingewöhnen geben“, erklärt Dr. Kreling. So kann es sein, dass Pferde, die es gewöhnt sind, in einer Box gehalten zu werden, im Alter schlecht in eine reine Gruppenhaltung zu integrieren sind. 

Eine ausreichende Versorgung mit Raufutter ist nicht nur bei alten Pferden wichtig. Es dient zugleich auch der Beschäftigung.

Die neue Situation kann dem alternden Pferd unter Umständen negativen Stress bereiten und es dadurch beeinträchtigen. Selbstverständlich sollte auch in der Boxenhaltung das Augenmerk auf der freien Bewegung und den sozialen Kontakten liegen. Schließlich gibt es – betrachtet man das Pferd in seiner natürlichen Verhaltensbiologie – drei große Grundsteine, auf denen die Gesunderhaltung basiert: Bewegung, Futteraufnahme und soziale Kontakte. Diese Grundbedürfnisse müssen erfüllt werden – unabhängig von der gewählten Haltungsform. Denn jede Art der Pferdehaltung ist nur so gut oder schlecht, wie sie vom Pferdehalter gemanagt wird. So muss auch der Beschäftigung des Pferdes entsprechend viel Zeit eingeräumt werden. „Viele Pferdehalter denken, ein altes Pferd benötige nicht mehr so viel Aufmerksamkeit und könne einfach ‚weggestellt‘ werden. Das ist aber ein Trugschluss. Je mehr Aufmerksamkeit man seinem alternden Pferd schenkt, desto eher kann man Verletzungen und Probleme erkennen und schnell handeln“, verdeutlicht Dr. Kreling.

Zähne und Fütterung

Neben der Haltung spielt auch die Frage nach der richtigen Fütterung des Pferde-Seniors eine entscheidende Rolle für seine Gesunderhaltung. Ausschlaggebend bei der Rationsberechnung sind der allgemeine Ernährungs- und Gesundheitszustand sowie der Leistungsstand. Vor allem Zahnprobleme, wie zum Beispiel scharfe Haken und Kanten, die zu Zahnfleisch- und Zungenverletzungen führen, Entzündungen durch Taschenbildung oder hochschmerzhafte Entzündungen der Schneidezähne können im Alter die Futteraufnahme und -zerkleinerung deutlich erschweren.

 

„Eine mangelnde Zahnkontrolle stellt eine der größten Fehlerquellen im Umgang mit alten Pferden dar. Bereits kleine Schiefstellungen der Zähne können die Nahrungsaufnahme erheblich stören“, weiß Fachmann Dr. Kreling. Deswegen sind regelmäßige Zahnkontrollen sehr wichtig und sollten bereits vor dem Eintritt ins Seniorenalter vom Tierarzt mindestens einmal jährlich durchgeführt und später weitergeführt werden. Für eine korrekte, für das Pferd und den Untersucher risikoarme und bis zum letzten Backenzahn reichende Kontrolle ist eine Sedierung auch beim alten Pferd in der Regel unumgänglich. 

Wenn im Alter die Zähne nicht mehr mitmachen, sind Heucobs eine Alternative. Vor dem Füttern lässt man die gepressten Pellets mit Wasser aufquellen.

Nur so erkennt der Tierarzt Probleme frühzeitig und kann diesen entgegenwirken, um so ein gesundes Gebiss als Grundlage für eine ungestörte Futteraufnahme zu gewährleisten. Die Energie- und Nährstoffaufnahme, also die Fähigkeit des Organismus, Energiequellen und Nährstoffe optimal für sich zu nutzen, ist bei gesunden älteren Pferden nicht grundsätzlich schlechter als bei jüngeren Pferden. Wichtig ist beim alternden Pferd, die Futterration so zu gestalten, dass ein guter und gesunder Ernährungszustand gehalten wird. Sprich, alternde Pferde sollten nicht unentwegt zunehmen, gleichzeitig aber auch nicht abnehmen. 

Kein seltener Anblick bei Pferde-Senioren: Mussten die Schneide zähne auf Grund einer Erkrankung gezogen werden, fehlt der Gegendruck für die Zunge und sie hängt heraus.

Dr. Kreling sagt: „Alternde Pferde dürfen weder zu dick, noch zu dünn sein. Beides ist ungesund. Daher muss es das Ziel sein, so zu füttern, dass das alternde Pferd gut aussieht, weder zu- noch abnimmt. Wie auch bei allen anderen Pferden stellt das Raufutter die Basis dar. Stärkehaltige Futtermittel sollten anteilig nur in geringen Mengen verfüttert werden. Besonders bei schwerfuttrigen alternden Pferden kann man die nötige Energie über qualitativ hochwertige Öle zuführen.“ In erster Linie geht es also darum, die Ration und die zugeführte Energie an den Ernährungszustand anzupassen. Das bedeutet, eher dünne Pferde mit ausreichender Energie zu versorgen und dickere Pferde nicht mit zu energiereichem Futter zu füttern. Gerade bei eher wohlgenährten Senioren geht es darum, den Energiegehalt des Futters zu reduzieren, nicht aber die Futtermenge. Durch die Raufutteraufnahme sind die Pferde nicht nur länger beschäftigt, auch das Sättigungsgefühl hält länger an, da es in erster Linie von der Anzahl der Kauschläge abhängig ist. Die hohe Speichelproduktion wirkt sich zusätzlich positiv auf die Verdauung und Verwertung des Futters aus. Schließlich ist gut eingespeicheltes Futter für den Magen leichter verdaulich.

Genau hinsehen

Generell empfiehlt es sich, bei alten Pferden beim Futter genau hinzusehen und verschiedenste Einflussfaktoren zu berücksichtigen. Im Zuge des Alterungsprozesses nimmt langsam der Anteil an Muskelmasse ab. Durch die altersbedingten Veränderungen verlangsamt sich die Fettverbrennung. Diese wechselseitige Beeinflussung sollte vor allem bei Pferden berücksichtigt werden, die dazu neigen, Fett anzusetzen. Hierzu zählen vor allem Spezial- und Robustrassen. Bei alternden Pferden, die an Muskelmasse verlieren, sollte die Eiweißmenge in der Ration um 10 bis 20 Prozent erhöht werden. 

Besonders geeignet sind hier leicht verdauliche Eiweißquellen. Qualitativ hochwertiges Eiweiß findet sich zum Beispiel im frischen Weidegras und früh gemähtem Heu, auch kann Sojaextraktionsschrot eingesetzt werden.Jede Ration wird zusätzlich durch Mineralfutter in bedarfsgerechter Menge ergänzt. Einige Rentner werden unabhängig von diversen Problemen, die auftreten können, mäkeliger und fressen von sich aus nicht mehr alles, was ihnen vorgesetzt wird. In diesem Fall müssen verschiedene Futtermittel und Zubereitungen ausprobiert werden. Wenn Zahnlücken oder andere Erkrankungen die Nahrungsaufnahme und -zerkleinerung erschweren, muss das Futter eingeweicht werden. Besonders eignen sich dann Heu- und Luzernecobs, um das Raufutter in der Ration zu ersetzen. Zum Teil sind täglich größere Mengen erforderlich. Zuckerrübenschnitzel, Öl und Mash können sinnvoll ergänzen und die Energiemenge der Ration erhöhen. Es ist dabei klug, die Pferde auch schon in jüngeren Jahren an verschiedene Futterkonsistenzen zu gewöhnen, so gibt es im Alter keine Probleme mit ggf. erforderlichen Umstellungen.

Kompakt: Fütterung alternder Pferde

  • genügend Zeit und Ruhe zur Futteraufnahme
  • auf ausreichende Versorgung mit Raufutter achten (Fress pausen nicht länger als vier Stunden)
  • bedarfsgerechte Ergänzung von Mineralstoffen n auf gute Eiweißqualität achten
  • besonders bei schwerfuttrigen Pferden erforderliche Energie durch hochwertige Öle bereitstellen (z. B. Lein öl)
  • bei Problemen mit der Nahrungsaufnahme auf eingeweichtes Futter zurückgreifen: Heucops, Luzernecobs, Rübenschnitzel, Mash usw.
  • ausreichend Zugang zu Frisch wasser sicherstellen

Wer rastet, der rostet

Fit und gesund durch Bewegung – das gilt nicht nur für Menschen, sondern auch für den Pferde-Rentner. Getreu dem Motto: „Wer rastet, der rostet.“ Dr. Kai Kreling weiß um die Bedeutung von Bewegung für den Senior und stellt oft fest: „Hinsichtlich der Gestaltung von Bewegungsflächen gibt es häufig Verbesserungsbedarf. Pferde sind nun mal Bewegungstiere und sollten sich so viel wie möglich bewegen können. Viele Pferdehalter wollen ihre Senioren weniger bewegen, um sie zu schonen. Dabei ist genau das Gegenteil der Fall: Bewegung schützt vor Abbauprozessen und hält das Pferd fit und den Stoffwechsel in Schwung. Ein individuelles Trainingsprogramm trägt zur Gesunderhaltung bei. Die Bewegung sollte vor dem Hintergrund des Alterns aber natürlich entsprechend angepasst werden.“ 

Alt ist nicht gleich alt und Bewegung die beste Gesundheitsprophylaxe. Solange das alte Pferd also noch fit ist, kann es auch noch geritten werden.

Entscheidend ist dabei der Aspekt der freien Bewegung. Pferde müssen die Möglichkeit haben, selbst zu entscheiden, ob und wie sie sich bewegen wollen. Dafür müssen Verletzungsrisiken natürlich vermieden und die Gestaltung der Bewegungsflächen angepasst werden. Das bedeutet: Der Untergrund darf weder rutschig, noch dauerhaft matschig sein. Die Zugangswege müssen ausreichend Platz bieten und auch Pferde mit eingeschränktem Sehvermögen müssen sich orientieren können. Grundsätzlich sind auch alternde Pferde noch leistungsbereit und zeigen das Bedürfnis nach ausreichender Bewegung an.

Alltagsveränderungen

Kann ein Tier altersbedingt nicht mehr geritten werden, gibt es zahlreiche Alternativen, die viel Abwechslung versprechen: Bodenarbeit, Spaziergänge oder auch kleine Geschicklichkeitsspiele, die nicht nur Bewegung, sondern auch den Kopf fordern. Die Bewegungsintensität sollte bei gut trainierten Pferden, die „in Rente gehen“, sehr behutsam runtergeschraubt werden. Die zugeführte Energie kann nun nicht wie gewohnt verbraucht werden, dennoch wird auf Grund der antrainierten Muskelmasse erstmal noch mehr Energie benötigt, als bei einem Pferd, das bereits seit Jahren nicht mehr sportlich bewegt wird. Kontrolliertes Abtrainieren ist also ein Muss, damit sich das Pferd an die neue Situation und ggfs. die veränderte Haltung und Fütterung gewöhnen kann. Denn am Ende sind Pferde Gewohnheitstiere und das sollten Pferdehalter bei all ihren Entscheidungen berücksichtigen, um unnötigen Stress zu vermeiden.

Alles gut im Blick

Ein entscheidender Faktor für pferdegerechtes Altern ist neben der fachgerechten Betreuung auch eine entsprechende Gesundheitsprophylaxe, die über regelmäßige Impfungen und ein sinnvolles Entwurmungskonzept hinausgeht. So sollte das Pferd mindestens einmal jährlich dem Tierarzt zum Gesundheitscheck vorgestellt werden und auch der Pferdebesitzer sollte seinen Rentner jederzeit gut im Blick haben:

  • Wie ist der Futterzustand?
  • Gibt es Veränderungen an Haut und Haar?
  • Wie bewegt sich das Pferd?
  • Gibt es Auffälligkeiten hinsichtlich der Futteraufnahme oder des Gesamteindrucks?
  • Fallen Veränderungen an den Augen auf?
  • Gibt es Anzeichen von Atemwegsproblemen oder andere Krankheitsanzeichen?

Wer seinen Senior gut beobachtet, erkennt Veränderungen früh und kann im Zweifelsfall rechtzeitig auf diese reagieren. Daher: Immer wenn die Antwort auf eine der Fragen Anzeichen von Veränderungen erahnen lässt, sollte man der Sache, ggf. unterstützt durch den eigenen Tierarzt, auf den Grund gehen. Denn auch das alte Pferd hat ein Anrecht auf eine würdige und wertschätzende Betreuung. Und wenn bei Haltung, Fütterung, Bewegung und medizinischer Versorgung alles passt, dann kann der Senior seinen Lebensabend hoffentlich lange genießen und ein gesundes Rentnerleben führen.

Lorella Joschko

Leitfaden zur „Begleitung des alternden Pferdes“

Ein von einem Expertengremium rund um Dr. Christiane Müller ausgearbeiteter Leitfaden mit weitergehenden Informationen zur Haltung von alternden Pferden gibt es hier als PDF zum kostenlosen Download.

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