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Equitana: Reiten bei Profis
Serie Pferdehaltung, Teil 2: Einzel- und Gruppenhaltung
Appartement oder Wohngemeinschaft?
Allein die Tatsache, dass ein Pferd in Einzel- oder Gruppenhaltung lebt, sagt nichts darüber aus, ob die Haltung auch pferdegerecht ist. Für beide Formen gibt es gute und schlechte Beispiele. Teil 2 der Serie zur artgerechten Pferdehaltung klärt, worauf es bei der Einzel- und Gruppenhaltung ankommt und räumt mit häufigen Irrtümern auf.
Paddockboxen stehen bei Pferdehaltern hoch im Kurs, weil ihre Pferde auf den angrenzenden Kleinausläufen frische Luft und Sozialkontakte haben. Ersatz für Bewegung sind sie jedoch nicht. Foto: C. Höchstetter
Gute Pferdehaltung ist nicht schwarz oder weiß. Sowohl die Einzel- als auch die Gruppenhaltung kann artgerecht sein – wenn man es richtig macht. Prof. Dr. Ulrich Schnitzer ist Architekt sowie öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger für Pferdehaltung, Stallbau und Reianlagen. „In den vergangenen 20 Jahren ist die Gruppenhaltung zum Renner geworden“, beschreibt er die Entwicklung. Doch sind Gruppenhaltungen nicht automatisch pferdegerecht. Umgekehrt kann auch die Einzelhaltung pferdegerecht sein. Auf die Umsetzung kommt es an. „Beide Systeme müssen stimmig sein“, fasst Prof. Dr. Schnitzer zusammen.
Denn das Wohl der Pferde hängt in erster Linie von der Betreuung, der Betriebsorganisation und den täglichen Abläufen ab. Generell ist eine Haltungsform pferdegerecht, wenn sie es den Tieren ermöglicht, ihr Normalverhalten weitestgehend auszuüben und ihre daraus resultierenden Bedürfnisse zu befriedigen. Eine Haltung muss sich demnach an den Funktionskreisen des Pferdes orientieren. Die gliedern sich unter anderem in Ernährungs-, Bewegungs-, Sozial-, Ruhe-, Komfort- und Erkundungsverhalten (siehe Teil 1 der Serie). Dr. Christiane Müller ist FN-Tierschutzbeauftrage sowie öffentlich bestellte und vereidigte Sachverständige für Pferdehaltung, -zucht und -sport. Sie macht deutlich: „Auch Boxenhaltung ist mit viel Licht, Luft, Sozialkontakt und Bewegung für die Pferde möglich. Sie ist nicht pauschal schlecht.“
Mögen Box und Stalltrakt noch so schön sein, Pferde in Einzelhaltung brauchen täglich freie Bewegung auf wetterfesten Ausläufen oder auf der Weide. Foto: A. Bronkhorst
Zu wenig Fläche
„Es ist ein Irrtum zu glauben, die Gruppenhaltung sei natürlich für das Pferd“, macht Prof. Dr. Ulrich Schnitzer deutlich. In freier Wildbahn leben Pferde in gewachsenen Gruppen, zum Beispiel in Familien- oder Junggesellengruppen. In der Gruppenhaltung aber müssen Pferde unterschiedlicher Rassen, unterschiedlichen Geschlechts und Alters miteinander zurechtkommen. Auch portioniertes Futter und Flächenbegrenzungen sind für wildlebende Pferde untypisch.
Dr. Christiane Müller spricht ein verbreitetes Problem bei Gruppenhaltungen an: „Zu wenig Fläche für zu viele Pferde.“ Dann können die Pferde sich nicht mehr aus dem Weg gehen und ihren individuellen Abstand zueinander frei wählen, fügt Prof. Dr. Schnitzer hinzu. Die Leitlinien zur Beurteilung von Pferdehaltungen unter Tierschutzgesichtspunkten des Bundesministeriums für Landwirtschaft und Ernährung (BMEL) sagen: „Wo immer möglich, sollten Pferde in Gruppen gehalten werden.“ Doch nicht jedes Pferd eignet sich für diese Haltungsform. Ständige Machtkämpfe um Ressourcen oder Mobbing in der Gruppe verursachen Dauerstress und machen das Pferd krank. Darüber hinaus können Hengste nur bis zur Geschlechtsreife in Gruppen gehalten werden und müssen danach meist in Einzelhaltung umziehen.
Tägliche Bewegung
Die Tatsache, dass ein Pferd in Gruppenhaltung lebt, entbindet den Pferdebesitzer nicht von der Verantwortung, sich täglich um sein Pferd zu kümmern. In freier Wildbahn sind die Pferde hauptsächlich in Bewegung, weil sie nach Futter suchen. In Gruppenhaltung brauchen sie das nicht. Sie könnten sich zwar bewegen und moderne Konzepte schaffen diesbezüglich Anreize, doch: „Die meiste Zeit stehen die Pferde herum“, sagt Prof. Dr. Schnitzer.
Sein Kredo: Auch Pferde in Gruppenhaltung müssen täglich eine sinnvolle Bewegungseinheit absolvieren, die auf ihre Nutzung abgestimmt ist. Wer also am Wochenende ausreiten möchte, muss sein Pferd auch unter der Woche täglich sinnvoll bewegen. Zuchtstuten, Fohlen und Jungpferde sind in Gruppenhaltung am besten aufgehoben. Die ganzjährige Bewegung auf großen Flächen trägt bei Jungpferden zur gesunden Entwicklung von Bewegungsapparat und Herz-Kreislauf-System bei. „Das Aufwachsen in Gruppen ist Voraussetzung für die Entwicklung eines gesunden Sozialverhaltens“, fügt Prof. Dr. Schnitzer hinzu.
Besonders Hengste bekommen häufig zu wenig freie Bewegung, weil sie nicht in die Herde integriert werden können. Aber auch für sie müssen Freiflächen zur Verfügung stehen. Foto: Ch. Slawik
Einzelhaltung
In Einzelhaltung lebt das Pferd in einer Box, häufig in einem geschlossenen Stallgebäude. Von Innenboxen ist die Rede, wenn sie fensterlos sind. Eine Außenbox ermöglicht es dem Pferd, nach draußen zu schauen. Paddockboxen haben einen angrenzenden, frei zugänglichen Kleinauslauf. Pferdeboxen müssen hell, luftig und ausreichend groß sein. Ihre Fläche muss mindestens dem Ergebnis der Formel (2 x Widerristhöhe)² entsprechen. Die Temperaturen im Stall sollten der Außentemperatur entsprechen, Extreme sollten abgemildert sein. Die Einzelhaltung muss das enorme Frischluftbedürfnis der Pferde berücksichtigen. Staub und Ammoniak schaden den Atemwegen. Die Einstreu muss sauber und trocken sein. Besteht sie aus Stroh, kann sie auch der Beschäftigung dienen. Täglich freie Bewegung auf wetterfesten Ausläufen oder der Weide ist ein Muss.
Gruppenhaltung
In der Gruppenhaltung leben Pferde zusammen. Wenn die Pferdegruppe in einem Stall gehalten wird, ohne ständigen Zugang nach draußen, spricht man von einem Innenraumlaufstall (z. B. Stuten oder Jungpferde in Gestüten). Sobald Auslauf-, Fress- und Liegebereiche voneinander entfernt angeordnet sind, handelt es sich um einen Mehrraumlaufstall. Wenn ein permanenter Zugang zu Außenbereichen gegeben ist, trifft die Bezeichnung des Offenstalls zu. Sind die Funktionsbereiche Bewegung, Fressen und Ruhen weit voneinander entfernt, ist vom Bewegungsstall die Rede. Die Pferde müssen sich bewegen, um alle Funktionsbereiche (Ressourcen) zu erreichen. Eine Gruppenhaltung ganzjährig im Außenbereich (z. B. auf einer Weide) wird als Freilandhaltung bezeichnet. Grundsätzlich erfordert die Zusammenstellung einer Pferdegruppe vom Stallbetreiber eine große Sachkenntnis über das Pferdeverhalten. Außerdem braucht es für Gruppenhaltungen immer ausreichend große Flächen, mindestens 100 Quadratmeter Bewegungsfläche plus 12 Quadratmeter Liegefläche pro Pferd sowie Strukturelemente in den Funktionsbereichen Ruhe und Bewegung.
Wie sicher ist die Gruppe?
Pferde in Gruppenhaltung müssen schon mal einen Tritt oder Biss wegstecken und können jederzeit ausgelassene Laufspiele mit ihren Artgenossen eingehen. Eine Zerreißprobe für die Nerven des übervorsichtigen Pferdebesitzers. In Einzelhaltung hingegen lebt das Pferd wohl behütet in seiner Box. In der Zeit außerhalb der Box steht es unter Kontrolle seines Reiters oder zumindest unter dessen Beobachtung. Was soll da schon groß passieren? Eine Menge. Beispielsweise bei einem Kaltstart. Denn wer sein Pferd vor dem täglichen Freilauf nicht ausreichend aufwärmt – zehn Minuten im Schritt sind das Minimum – riskiert Verletzungen, sollte es seine Energie direkt in wilden Bocksprüngen loswerden wollen. Tägliche freie Bewegung bleibt dennoch ein Muss für jedes Pferd. Denn regelmäßiger Auslauf macht das Pferd ruhiger und ausgeglichener. Und das erhöht nicht nur die Sicherheit des Pferdes, sondern auch die seines Reiters. Wer Verletzungen fürchtet, kann sein Pferd vor dem Freilauf kontrolliert bewegen. Prof. Dr. Schnitzer nennt es bewusst „ein freies Bewegungsangebot“. Denn sollte das Pferd sich im Auslauf nicht bewegen wollen, ist das in Ordnung. Auf keinen Fall soll der Reiter sein Pferd dann wild umherscheuchen.
Generell darf sowohl in Einzel- als auch in Gruppenhaltung von den Einrichtungen keine Gefahr für die Pferde ausgehen. Zäune müssen stabil und gut sichtbar sein. Knotengitter und Stacheldraht sind tierschutzwidrig, das heißt in der Pferdehaltung verboten. Die Gitterabstände, zum Beispiel bei Heuraufen, müssen so beschaffen sein, dass kein Pferd mit dem Kopf oder Huf hängenbleiben kann. Öffnungen zwischen sechs und 30 Zentimetern gelten als risikobehaftet. Die BMEL-Leitlinien formulieren das folgendermaßen: „Ställe, Stalleinrichtungen und Einfriedungen für Auslauf und Weiden sowie andere Gegenstände, mit denen Pferde in Berührung kommen, müssen aus gesundheitsunschädlichem Material bestehen und so beschaffen sein bzw. angewendet werden, dass sie bei Pferden nicht zu Schmerzen oder vermeidbaren Leiden oder Schäden führen.“ Dr. Christiane Müller fasst zusammen: „Es darf kein offensichtliches Verletzungsrisiko für die Pferde geben.“
Gruppenhaltung spart Zeit?
„Gruppenhaltungen verlangen mehr Aufwand und Kontrolle vom Stallbetreiber“, macht Prof. Dr. Schnitzer klar. So ist in Einzelhaltung beispielsweise die individuelle Fütterung einfacher. In Gruppenhaltungen muss ständig kontrolliert werden, dass jedes Pferd seine individuelle Ration Futter bekommt.
Der Experte empfiehlt zu diesem Zweck separate Fressstände. „Mindestens so viele, wie Pferde in der Gruppe leben“, sagt er. Möglich ist auch, die Pferde zur Fütterung anzubinden und aus einem Eimer fressen zu lassen. Das muss allerdings nach der Rangordnung erfolgen, sprich: Das ranghöchste Pferd wird zuerst angebunden und gefüttert und als letztes wieder losgemacht. Dafür muss der Stallbetreiber das soziale Gefüge der Gruppe genau kennen.
Computergesteuerte Kraftfutterstationen mittels Transponder sind zwar praktisch, doch führen sie zu einer für Pferde untypischen Situation: „Ein Pferd steht in der Station, alle anderen stehen außen herum und warten, bis das Pferd fertig gefressen hat“, beschreibt Prof. Dr. Schnitzer diese. In freier Wildbahn fressen nämlich alle Pferde gleichzeitig. Die Rangordnung spielt keine Rolle. Erst wenn Ressourcen knapp sind, darf das ranghöchste Tier diese zuerst in Anspruch nehmen. Der Experte warnt: Die Situation in der Kraftfutterstation kann zu Auseinandersetzungen führen und sogar Verhaltensstörungen zur Folge haben. Rund um die Uhr frei zugängliche Raufutterstationen entschärfen die Situation.
In Gruppenhaltung müssen Pferde unterschiedlichster Rassen und unterschiedlichen Geschlechts und Alters miteinander auskommen. Hier ist die Kompetenz des Stallbetreibers gefragt. Foto: Ch. Slawik
In Laufställen leben mehrere Pferde in einem Großraum-Stall zusammen. Diese Haltungsform wird von Gestüten gerne für ihre Stuten und Fohlen sowie für Jungtiere gewählt. Foto: Ch. Slawik
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Bewegungsmangel
Holt ein Reiter sein Pferd nur zum Training aus der Box und bringt es danach wieder dorthin zurück, ist das nicht pferdegerecht. Deshalb bekommen Pferde in guter Einzelhaltung auch neben dem Training ausreichend Möglichkeiten, sich zu bewegen und Kontakte zu Artgenossen zu pflegen. Dazu braucht es wetterfeste, ganzjährig nutzbare Ausläufe und Weiden für die Sommermonate. Laut Leitlinien soll ein Auslauf für bis zu zwei Pferde mindestens 150 Quadratmeter groß sein. Pro weiteres Pferd braucht es zusätzlich 40 Quadratmeter Fläche. Die Leitlinien fordern täglich mehrstündige Bewegung. Zwar kann der gesamte Bewegungsbedarf in Kombination gedeckt werden, doch die kontrollierte Bewegung, wie Reiten oder Longieren, kann die freie nicht ersetzen. Anders herum kann freie Bewegung auch das Training nicht ersetzen, macht Prof. Dr. Schnitzer klar.
Freunde der Gruppenhaltung argumentieren gern, dass ein Pferd in dieser Haltungsform seine Bedürfnisse weitestgehend selbstbestimmt befriedigen kann. Das trifft jedoch nur teilweise zu. Denn was viele nicht wissen: Häufig kommt die Erholung der einzelnen Pferde in Gruppenhaltungen zu kurz. Dazu beschreibt Prof. Dr. Schnitzer ein häufiges Szenario: „Möchte sich ein rangniedriges Pferd im Liegebereich ausruhen, braucht ein ranghohes diesen nur betreten und schon wird es aufstehen, obwohl es nicht einmal vertrieben wurde.“ Dauerhaft kann das bis zum Erschöpfungszustand führen. Denn Erholungsschlaf ist Pferden nur in gestreckter Seitenlage möglich.
Doch damit ein Pferd sich überhaupt hinlegt, muss es sich rundum sicher fühlen. Dazu sind Raumteiler im Ruhebereich sinnvoll, sie ermöglichen Distanz zwischen einzelnen Pferden. Deshalb brauchen Gruppenhaltungen unbedingt ausreichend große Liegeflächen. Der Experte empfiehlt zur Berechnung dieser Fläche die gleiche Formel wie sie zur Berechnung der Boxengröße Anwendung findet (siehe oben). „Es darf keinen Mengenrabatt für große Gruppen geben“, macht er deutlich. Das perfekte Pferdebett ist trocken und verformbar. „Der Liegebereich muss eingestreut sein“, sagt Prof. Dr. Schnitzer. Gummi oder Softmatten ersetzen die Einstreu nicht und müssen daher ausreichend mit solcher bedeckt sein. In Einzelhaltung werden die Ruhezeiten zwar durch Fütterungs- und Nutzungszeiten sowie das gesamte Stallmanagement beeinflusst, doch haben Einzelboxen diesbezüglich Vorteile: Sie geben dem Pferd Sicherheit und sind auch meist an den Seiten halbhoch blickdicht. „Legt das Pferd sich hin, kann es seien Nachbarn nicht mehr sehen. Das simuliert Distanz für Pferde“, erklärt Prof. Dr. Schnitzer.
An der Raufutterraufe müssen mehr Plätze vorhanden sein, als Pferde sie nutzen. Foto: Ch. Slawik
Die Integration neuer Pferde in eine Gruppenhaltung ist aufwändig. Neuankömmlinge wohnen zur Eingewöhnung zunächst in einer separaten Einzelbox. Foto: Ch. Slawik
Checkliste: Geht es den Pferden gut?
Allgemeinzustand
-
- Guter Ernährungszustand: Pferde sind nicht zu dick oder zu dünn
- Glänzendes Fell, gepflegtes Langhaar (keine Verfilzungen)
- Wacher, klarer Blick
- Gesunde Hufe: nicht zu lang, nicht zu kurz, gepflegt, nicht ausgebrochen, keine Risse oder Kanten
- Keine Verletzungen oder Lahmheiten, haarlose Stellen (insbesondere auch an den knöchernen Vorsprüngen), Mauke, Augenentzündung, Nasenausfluss, aufgescheuerte Schweifrüben, etc. erkennbar
Verhalten
- Pferde sind aufmerksam, machen einen aufgeweckten Eindruck, waches Ohrenspiel (kein apathisches Verhalten)
- Speziell in Gruppenhaltung: entspanntes Verhalten aller Pferde (kein Wegbeißen, Ruhe an den Fressplätzen, kein Pferd steht allein abseits), Pferde zeigen Komfortverhalten wie Wälzen, Hinlegen, Dösen und Fellkraulen
- Speziell in Einzelhaltung: Boxennachbarn sind verträglich, kein auffälliges Verhalten oder Verhaltensstörungen zu beobachten (Koppen, Weben, Zähnewetzen, Scharren, Boxenlaufen oder -schlagen)
Mangel an Sozialkontakt?
Sozialkontakt ist für jedes Pferd ein Muss. Daher brauchen Pferde mindestens Sicht-, Hör- und Geruchskontakt zu Artgenossen. Ein einzelnes Pferd ohne Artgenossen zu halten, ist tierschutzwidrig. Mit den direkten Boxennachbarn sollte das Pferd sich möglichst gut verstehen. Zwischen ihnen entstehen häufig enge Freundschaften. Ebenso ist synchrones Verhalten, wie gemeinsames Fressen und Ruhen auch in Einzelhaltung möglich. Direkten Körperkontakt zu Artgenossen können Pferde in Einzelhaltung während der täglichen Auslaufzeit pflegen. Lebt das Pferd in einer Paddockbox, kann es über die Trennelemente hinweg Kontakt zum Nachbarn aufnehmen.
Unter dem Witterungsschutz muss genügend Platz für jedes Pferd sein, denn Erholungsschlaf ist nur in gestreckter Seitenlage möglich. Deshalb müssen auch die Liegeflächen in Gruppenhaltungen ausreichend groß sein. Foto: Ch. Slawik
Wer ein neues Pferd einfach in die Gruppe stellt, getreu dem Motto „die werden sich schon einig“, verursacht nicht nur großen Stress, sondern riskiert obendrein schwere Verletzungen. Integration lautet das Stichwort. Schritt für Schritt. „Das wird häufig vernachlässigt“, spricht Prof. Dr. Schnitzer aus Erfahrung. Wer es richtig macht, braucht Zeit. Etwa ein viertel Jahr dauert es, bis sich Pferde in einer neuen Umgebung so richtig eingelebt haben. Hinzu kommt die richtige Ausstattung. Also mindestens zwei separate Integrationsboxen. In einer solchen Einzelbox soll der Neuankömmling zunächst in unmittelbarer Nähe zur Gruppe wohnen. „Die Pferde können sich kennenlernen, der Neuankömmling kann sich aber immer noch zurückziehen“, beschreibt Dr. Müller. Bestenfalls zieht ein verträgliches Pferd aus der Gruppe in die Nachbarbox.
Generell darf sowohl in Einzel- als auch in Gruppenhaltung von Ställen, Zäunen oder Ausläufen keine Gefahr ausgehen. Diese kaputte Boxenwand ist ein „No Go“. Bleibt ein Pferd mit seinem Huf oder Bein beim Treten durch die Spalten hängt, sind erhebliche Verletzungen programmiert. Foto: A. Bronkhorst
Den ersten Erkundungsausflug in die Anlage macht das neue Pferd zunächst allein, später dann gemeinsam mit dem Integrationspferd. „Die übrigen Pferde befinden sich am besten in einem angrenzenden Auslauf“, rät Dr. Müller. In den kommenden Tagen können die Pferde sich auf angrenzenden Weiden beschnuppern. Erst wenn die Begegnung vollkommen stressfrei ist, kann der neue Bewohner endgültig in die Gruppe integriert werden. Die kommenden Wochen muss er jedoch unter besonderer Beobachtung stehen.
Arttypisches Verhalten
Das Haltungssystem soll dem Pferd die größtmögliche Entfaltung seines arttypischen Verhaltens ermöglichen, es vor Schäden bewahren und in seiner Entwicklung nicht behindern, so die Leitlinien des BMEL. Am Ende des Tages ist es zweitrangig, ob ein Pferd in Einzel- oder Gruppenhaltung lebt. Denn beides ist artgerecht – wenn man es richtig macht. Ob es den Pferden in ihrer Haltung gut geht, lässt sich am allgemeinen Zustand der Tiere und ihrem Verhalten erkennen.
Kirsten Ahrling
Film zum Artikel: Einzel- und Gruppenhaltung in der Praxis
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