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Neue Serie zur Pferdehaltung, Teil 1: Ethologie

Dem Pferd gerecht werden

Artgerechte Pferdehaltung ist an kein System gebunden. Ausschlaggebend ist vielmehr die Tatsache, dass sie es den Pferden ermöglicht, ihre natürlichen Bedürfnisse auszuleben. Welche Bedürfnisse Pferde haben, warum es für sie so wichtig ist, diese auszuleben und wie jeder Pferdebesitzer seinem Pferd gerecht werden kann, klärt Teil I unserer neuen Serie zur artgerechten Pferdehaltung.
Auf der Weide können Pferde viele ihrer Bedürfnisse befriedigen. Sie können auf natürlichem Weg Nahrung aufnehmen, ihren Bewegungsdrang ausleben, dösen, sich sonnen und soziale Kontakte pflegen. Foto: F. Sorge
Bevor der Mensch begann, Pferde zu halten, lebten sie wild in einer meist kargen Steppenlandschaft. Sie waren ständig auf Wanderschaft und suchten im Herdenverband nach Nahrung, Wasser und Schutz. Stets aufmerksam, beobachteten sie ihre Umgebung ganz genau, um im Zweifel blitzschnell die Flucht ergreifen zu können. Schließlich wären sie sonst leichte Beute für Raubtiere. Und auch wenn das Pferd nun bereits mindestens rund 5.000 Jahre Domestikation durch den Menschen hinter sich hat, haben unsere heutigen Sport- und Freizeitpartner noch immer die gleichen Bedürfnisse wie ihre wildlebenden Vorfahren. Sie brauchen Futter, Wasser, Bewegung, Sozialkontakte, Möglichkeiten zum Ausruhen, viel Licht, frische Luft und Klimareize, um körperlich und psychisch gesund zu bleiben. Die Verhaltensbiologie des Pferdes gliedert sich in die sogenannten Funktionskreise. Dr. Christiane Müller ist FN-Tierschutzbeauftragte, öffentlich bestellte und vereidigte Sachverständige für Pferdehaltung, -zucht und -sport sowie Mitautorin der Leitlinien zur Beurteilung von Pferdehaltungen unter Tierschutzgesichtspunkten, die das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) erstmalig 1994 veröffentlicht und 2009 überarbeitet hat. „Das Verhalten eines Pferdes hat eine Funktion“, erklärt sie die Begriffsherkunft.

Die Funktionskreise auf einen Blick

  • Sozialverhalten (Artgenossen hören, sehen, riechen, gegenseitige Fellpflege, spielen)
  • Fortbewegungsverhalten (ständige Fortbewegung, meist im Schritt, um dabei zu fressen, zeitweise auch im Trab und Galopp)
  • Ruheverhalten (dösen, schlafen, hinlegen, auch in Seitenlage)
  • Ernährungsverhalten (ständige Aufnahme von faserreichem, energiearmem Futter, Zahl der Kauschläge ist ausschlaggebend, bis zu 30 bis 50 Liter sauberes Wasser pro Tag, beides bodennah)
  • Komfortverhalten (wälzen, scheuern, sonnen, kratzen, Fellpflege)
  • Erkundungsverhalten (Neugierde befriedigen, Umgebung beobachten, Gefahren erkennen)
  • Ausscheidungsverhalten (Kot- und Urinabsatz nicht in Futternähe und nicht im Liegebereich, insbesondere Urinabsatz nur auf weichem Untergrund)
Eine Pferdehaltung – ganz gleich welcher Form – kann demnach nur artgerecht sein, wenn sie diese Funktionskreise berücksichtigt. In den BMEL-Leitlinien heißt es dazu: „Alle Haltungsformen sind so zu gestalten, dass sie dem einzelnen Pferd die größtmögliche Entfaltung seines arttypischen Verhaltens ermöglichen, es vor Schäden bewahren und in seiner Entwicklung nicht behindern.“  

Die Funktionskreise des Pferdes im FN-Film

Ein wetterfester Auslauf kann den Pferden freie Bewegung, Sozialkontakte und Außenklimareize bieten. Auch ihr Erkundungs- und Komfortverhalten können sie hier ausüben. Foto: C. Slawik

Pferde sind anpassungsfähig

Bei allen Bemühungen seitens des Pferdehalters und -besitzers muss eines klar sein: Kaum eine Pferdehaltung kann einem Pferd ein Leben wie in freier Wildbahn ermöglichen. Das muss sie auch nicht, denn Pferde sind innerhalb bestimmter Grenzen sehr anpassungsfähig. Ist ein Pferd beispielsweise in freier Wildbahn täglich rund 16 Stunden in Bewegung, meist im Schritt, um nach  Nahrung zu suchen, stehen kaum einer Pferdehaltung ausreichend Flächen zur Verfügung, die dem Pferd auch nur annähernd solche Wanderschaften ermöglichen.
Und selbst wenn genügend Platz vorhanden wäre, fehlt den Pferden meist der Anreiz, tatsächlich vergleichbare Strecken zurückzulegen. Darüber hinaus müssen sich die Pferde in einem Pensionsstall zumeist mit ihren „Herdenmitgliedern“ arrangieren. Eine natürliche Herdenstruktur, in der sich Untergruppen bilden und auch mal ein Herdenmitglied verstoßen wird, ist in den meisten Fällen nicht umsetzbar.
Doch nicht nur das Pferd, auch sein Reiter hat Wünsche und Anforderungen an eine Pferdehaltung. Und die sind manchmal kaum mit den natürlichen Bedürfnissen des Pferdes unter einen Hut zu bringen. In erster Linie möchten Sport- wie Freizeitreiter, dass ihr Pferd möglichst zu jeder Tageszeit für Ausritte oder Trainingseinheiten zur Verfügung steht. Häufig möchten sie nicht besonders viel Zeit für vorbereitende Arbeiten aufwenden, wie das Pferd von einer großen Weide zu holen und danach lange zu putzen. Doch sollte jeder Pferdebesitzer lieber selbst zurückstecken und kompromissbereit sein, um seinem Pferd eine möglichst artgerechte Haltung zu ermöglichen. Schließlich wird das Pferd unter diesen Umständen auch sehr viel ausgeglichener sein, als würde es den ganzen Tag in der Box auf seinen Einsatz warten.

Wie tickt das Pferd?

Um dem Pferd eine artgerechte Haltung zu ermöglichen, muss jeder Pferdehalter oder Stallbetreiber die Verhaltensbiologie des Pferdes, seine Bedürfnisse und das daraus resultierende arttypische Verhalten kennen.
Pferde haben ihre Umgebung gern im Blick. Fenster an den Boxen bieten Orientierung und kommen dem Erkundungsverhalten entgegen. Foto: C. Slawik
Doch auch der Reiter muss wissen, wie sein Pferd tickt, um einen sicheren und fairen Umgang mit seinem Sport- und Freizeitpartner zu gewährleisten. Wer nicht weiß, worauf ein Pferd schreckhaft reagiert, was ihm Angst macht und was es überfordert, setzt sich und sein Pferd ständig großer Gefahr aus. Vertrauen, das die wichtigste Basis einer jeden Pferd-Mensch-Beziehung ist, wird im Keim erstickt. Darüber hinaus sucht meist der Reiter in Form des Pferdebesitzers die Unterkunft für sein Tier aus. Gut, wenn er die wichtigsten Kriterien einer artgerechten Haltung kennt. Und ein Reiter, der mit der Ethologie des Pferdes vertraut ist, kann Abweichungen im Verhalten erkennen und rechtzeitig handeln, bevor es tatsächlich zu gesundheitlichen Beeinträchtigungen oder Verhaltensstörungen kommt.
Wälzen ist ein Genuss für Pferde. Sie sollten sich regelmäßig ohne Decke im Sand wälzen können. Auch gegenseitiges Fellkraulen zählt zum Sozialverhalten. Fotos: F. Sorge
Fresspausen dürfen nicht länger als vier Stunden andauern. Deshalb brauchen Pferde auch im Auslauf Raufutter, sollten sie sich länger hier aufhalten. Foto: F. Sorge

Täglich mehrstündige Bewegung

Wenn auch Pferdehaltungen dem Pferd kein Leben wie in freier Wildbahn ermöglichen, so können sie den Tieren aber mit durchdachten Konzepten und gutem Management genügend Freiraum zur Ausübung ihres natürlichen Verhaltens bieten. „Das kann auch die Einzelhaltung ermöglichen“, macht Dr. Christiane Müller deutlich. Beispielsweise wenn den Pferden genügend Auslaufflächen zur Verfügung stehen, die sie gemeinsam mit anderen Pferden oder auch einzeln nebeneinander nutzen können. Das muss nicht unbedingt eine Weide sein. Im Sommer ist das natürlich die optimale Lösung, doch: „Witterungstechnisch ist die ganzjährige Weidehaltung hier nicht umsetzbar“, sagt Dr. Müller.
Jungpferde oder Zuchtstuten, die nicht geritten oder trainiert werden können, brauchen täglich mehrstündige freie Bewegung. Foto: C. Slawik
Auslauf muss trotzdem sein, denn laut Leitlinien haben Pferde „einen Bedarf an täglich mehrstündiger Bewegung.“ Sie unterscheiden dabei zwischen kontrollierter und freier Bewegung. Kontrollierte Bewegung, wie Longieren, Reiten oder Führen beinhaltet nicht die gleichen Bewegungsabläufe wie freie Bewegung, beispielsweise auf der Weide oder dem Auslauf. Nur in freier Bewegung kann das Pferd selbst entscheiden, ob es sich langsam im Schritt fortbewegen oder überschüssige Energie und Verspannungen mit wilden Bocksprüngen abbauen möchte. „Daher kann kontrollierte Bewegung die freie Bewegung nicht vollständig ersetzen“, sagen die Leitlinien.
Insbesondere Pferde, die nicht trainiert werden können, wie Jungpferde oder Zuchtstuten, brauchen so oft wie möglich Weidegang oder Auslauf auf ausreichend großen Flächen. Die Leitlinien empfehlen eine Fläche von mindestens 150 Quadratmetern für bis zu zwei Pferde. Pro weiteres Pferd werden zusätzlich mindestens 40 Quadratmeter benötigt. Das Merkblatt Nummer 342 zur Gestaltung von Pferdeausläufen der Deutschen Landwirtschafts-Gesellschaft (DLG) empfiehlt für maximal fünf Pferde eine Fläche von 300 Quadratmetern. Bei Reitpferden kann der täglich mehrstündige Bewegungsbedarf auch in Kombination aus freier Bewegung und Training gedeckt werden. Wer Verletzungen beim Freilauf fürchtet, kann sein Pferd vorab kontrolliert bewegen, es beispielsweise reiten. Dann ist es weniger energiegeladen, wenn es auf die Weide kommt. Und Pferde, die Auslauf gewöhnt sind, verhalten sich schnell deutlich ruhiger.

Alternative: Auslauf

Sind die Weiden witterungsbedingt nicht nutzbar, kann die freie Bewegung in einem eingezäunten Auslauf realisiert werden. Dabei spielt die Bodenbeschaffenheit eine wichtige Rolle. Der Untergrund muss trittsicher, rutschfest und möglichst matschfrei sein. Was aber tun, wenn Dauerregen den Sandplatz in einen Schlammplatz verwandelt hat? „Pferde dürfen nicht dauerhaft im Morast stehen“, erläutert Dr. Müller die Leitlinien. „Bei gesunden Pferden ist es unbedenklich, wenn sie stundenweise im Matsch stehen.“ Auch wenn sie sich nicht viel bewegen, so wird ihnen im Auslauf neben sozialer Interaktion auch die Möglichkeit geboten, ihre Umgebung zu beobachten. Außenklimareize wie Wind, Regen oder Sonne braucht das Pferd ebenfalls, um seine natürliche Thermoregulation zu trainieren und gesund zu bleiben. Insofern sind ein paar Stunden im Matsch weitaus artgerechter als ein Tag in der Box. Schädlich wird zu viel Zeit im Stall außerdem, wenn das Klima nicht stimmt. Im Stall sollten ähnliche Temperaturen herrschen wie draußen. Extreme dürfen abgemildert sein.
Sobald es wahrnehmbar nach Ammoniak riecht, ist die Konzentration an Schadgas zu hoch und wird zur Gefahr für die Atemwege des Pferdes. Auch zu viel Staub im Stall kann Atemwegserkrankungen begünstigen. Neben frischer Luft sollte im Stall auch immer genügend natürliches Licht vorhanden sein. Bestenfalls haben die Boxen zwei Öffnungen, eine nach draußen und eine in Richtung Stallgasse. So können die Pferde ihre Umgebung beobachten und beispielsweise unbekannte Geräusche einordnen. Ein Stück weit befriedigen die Fenster das Erkundungsverhalten des Pferdes. Am liebsten aber haben sie einen Rundumblick ihrer Umgebung.
Pferde frieren nicht so schnell, deshalb ist es auch bei kühler Witterung nicht nötig, die Fenster zu schließen. Foto: C. Slawik

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Beschäftigungstherapie

Den Großteil des Tages beschäftigt sich das Pferd als Dauerfresser mit der Nahrungsaufnahme. Mindestens zwölf Stunden pro Tag verbringt es damit, Raufutter wie Stroh oder Heu zu fressen. Denn der gesamte Verdauungstrakt ist darauf ausgelegt, ständig Nahrung aufzunehmen und zu verarbeiten. Deshalb produziert der Pferdemagen ununterbrochen Magensäure. Der Speichel, der beim Kauen entsteht, neutralisiert sie. Wird nicht genügend Speichel gebildet, drohen Schleimhautentzündungen oder gar Magengeschwüre.
Es muss nicht immer die Weide sein, auch großzügig bemessene Sandpaddocks können das Bewegungsbedürfnis des Pferdes stillen. Foto: C. Slawik
Laut Leitlinien dürfen Fresspausen nicht länger als vier Stunden andauern. Deshalb sollte den Pferden auch im Auslauf Raufutter angeboten werden, sollten sie sich hier länger als vier Stunden aufhalten. Die Menge Raufutter, die ein Pferd täglich braucht, liegt zwischen eineinhalb bis zwei Kilogramm pro 100 Kilogramm Lebendgewicht, bezogen auf die Gabe von Heu. Darüber hinaus trinkt ein Pferd bis zu 50 Liter Wasser pro Tag. Mindestens drei Mal am Tag muss es sich satt trinken können. Futter und Wasser soll Pferden generell in Bodennähe zur Verfügung stehen.
Nur das entspricht der natürlichen Fresshaltung. Bodennah bedeutet immer geringer als die Widerristhöhe. Weil Pferde sehr soziale Tiere sind, brauchen sie Artgenossen, um sich wohlzufühlen. Die Leitlinien stufen den Zustand eines allein gehaltenen Pferdes als tierschutzwidrig ein. Sie fordern mindestens Sicht-, Hör- und Geruchskontakt der Pferde zueinander. Einreihige Innenboxen mit bis zur Decke hoch gemauerten Trennwänden sind heutzutage nicht mehr zulässig, schildert Dr. Müller.
Bestenfalls können die Pferde direkten Körperkontakt zueinander aufnehmen, um sich beispielsweise gegenseitig das Fell zu kraulen. Das ermöglicht zum einen die Gruppenauslaufhaltung. Zum anderen auch die optimierte Einzelhaltung mit an die Boxen angrenzenden Kleinausläufen. Über die Trennelemente hinweg können benachbarte Pferde direkt Kontakt zueinander aufnehmen. Darüber hinaus können die Pferde so selbst entscheiden, sich Außenklimareizen auszusetzen. Denn zum Komfortverhalten des Pferdes gehören ebenso das Dösen in der Sonne und natürlich das Wälzen. Daher sollte sich jedes Pferd möglichst täglich ohne Decke im trockenen Sand wälzen dürfen.
Die optimierte Einzelhaltung mit Kleinausläufen an den Boxen ermöglicht den Pferden, selbst zu entscheiden, ob sie sich Klimareizen aussetzen und die Umgebung erkunden möchten. Auch Sozialkontakt ist über die Abtrennung hinweg möglich. Foto: C. Slawik

Unterdrückte Bedürfnisse

Wird einem Pferd die Ausübung seines natürlichen Verhaltens dauerhaft verwehrt, reagiert es darauf mit Verhaltensauffälligkeiten oder gar -störungen, die gesundheitsschädlich sind. Forscher konnten sogar depressives Verhalten bei Pferden beobachten, in deren Haltung es Mängel gab. Die Leitlinien nennen als Ursache für Probleme im Umgang mit dem Pferd und für Verhaltensstörungen mangelnde Sozialkontakte sowie mangelnde Bewegung oder Beschäftigung durch zu wenig Raufutter. Die bekanntesten Verhaltensstörungen sind Koppen und Weben, wobei das Pferd seine Zähne entweder aufsetzt, um Luft einzusaugen oder aber von einem Vorderbein auf das andere wippt. „Das sind Indikatoren für Leiden“, sagt Pferdeethologin und Fachbuchautorin Dr. Margit Zeitler-Feicht von der Technischen Universität München, wo sie im Wissenschaftszentrum Weihenstephan im Bereich Ethologie, Tierhaltung und Tierschutz tätig ist. In ihrem Handbuch Pferdeverhalten hat sie sich darüber hinaus intensiv mit Ursachen, Therapie und Prophylaxe von Problemverhalten auseinandergesetzt. Sie rät, schon erste Alarmsignale im Verhalten des Pferdes ernst zu nehmen. Und die äußern sich recht schnell, sobald ein Pferd sein angeborenes Verhalten nicht ausüben kann. Zu den ersten Alarmsignalen gehören Frustrations- und Konflikthandlungen.
Nur in freier Bewegung kann das Pferd selbst entscheiden, ob es sich im Schritt vorwärts bewegen oder überschüssige Energie abbauen möchte. Foto: Thoms Lehmann/FN-Archiv
„Frustration meint den emotionalen Zustand der Enttäuschung“, erklärt die Pferdeethologin und fügt hinzu: „Die Motivation, die einem Verhalten zugrunde liegt, kann entgegen der Erwartungshaltung nicht befriedigt werden.“ Ein Mangel an Raufutter, sozialem Kontakt, Bewegung oder Erkundungsmöglichkeiten kann zu Frustration führen. In einer solchen Situation zeigt das Pferd entweder aggressives Verhalten oder motorische Unruhe, die allerdings nur wenige Sekunden anhält. Deshalb sind schon kurzzeitiges im Kreis Laufen, Zähnewetzen, Lippenlecken oder gezielte Schläge gegen die Boxenwand deutliche Alarmsignale. „Je nach Temperament kann möglicherweise auch apathisches Verhalten die Folge von Frustration sein“, merkt Dr. Zeitler-Feicht an.
Konflikte hingegen entstehen beispielsweise, wenn ein Pferd in Gruppenhaltung an der Heuraufe Raufutter aufnehmen möchte, ein anderes Pferd aber den Zutritt verwehrt. Das Pferd ist dann hin- und hergerissen zwischen Annäherung und Flucht. Dieser ständige Wechsel wird als ambivalentes Verhalten bezeichnet, wie Dr. Zeitler-Feicht beschreibt. In Konfliktsituationen zeigen Pferde außerdem umorientiertes Verhalten, wenn sich das vertriebene Pferd beispielsweise an rangniederen Pferden oder Gegenständen abreagiert. Oder der Konflikt resultiert in Übersprungsverhalten. Dabei zeigt das Pferd ein Verhalten, das nicht in den Kontext passt, beispielsweise Gähnen außerhalb des Ruheverhaltens oder Leerkauen unabhängig von der Nahrungsaufnahme. In jedem Fall gilt es, die Alarmsignale ernst zu nehmen, die Ursache zu finden und Haltung, Fütterung oder Management zu optimieren, so Dr. Zeitler-Feicht. Denn wohlfühlen kann sich ein Pferd nur, wenn es seine arttypischen Bedürfnisse befriedigen kann – unabhängig von der Haltungsform. Kirsten Ahrling

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