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Dr. Dennis Peiler: Ausblick auf die Championate 2019

Der Blick schweift nach Tokio

Im vorolympischen Jahr ermitteln die Dressur-, Para-Dressur- und Springreiter ihre Europameister in Rotterdam, die Vielseitigkeitsreiter messen sich in Luhmühlen. Auch wenn die nächsten Olympischen Spiele in Tokio erst in gut 15 Monaten stattfinden, so steht 2019 bereits ganz im Zeichen der fünf Ringe. Zudem finden in diesem Jahr gleich zwei Championate im Fahrsport in Deutschland statt. DOKR-Chef Dr. Dennis Peiler erläutert seine Erwartungen an die Championatssaison.

Marcus Ehning, aktuelle Nummer 4 der Weltrangliste, ist einer der konstantesten Championatsreiter Deutschlands. Mit seinem französischen Wallach Pret a Tout gehörte er zum Bronzeteam bei den Weltreiterspielen in Tryon 2018. Fotos: Stefan Lafrentz

PM-Forum: Deutschland hat für alle drei olympischen Disziplinen Springen, Dressur und Vielseitigkeit das Olympiaticket bereits im vergangenen Jahr bei den Weltreiterspielen in Tryon, USA, gelöst. Können Sie sich im EM-Jahr entspannt zurücklehnen?

Dr. Dennis Peiler (lacht): Nein, natürlich nicht, aber es stimmt, wir sind in der glücklichen Situation, auf Anhieb und als erster deutscher Sportverband die Qualifikation erreicht zu haben, sogar für alle olympischen Disziplinen und für unsere Para-Dressurreiter. Das nimmt enormen Druck von unseren Schultern. Etliche andere, auch starke Reitsportförderationen müssen nun auf vordere Plätze bei den Europameisterschaften hoffen. Das bleibt uns glücklicherweise erspart.

PM-Forum: Das vorolympische Jahr gibt dem DOKR stets Gelegenheit, neue Paare zu testen. Wen haben Sie im Fokus?

Dr. Peiler: Natürlich möchten wir bei den anstehenden Europameisterschaften auch sehr gut abschneiden, aber die Medaillenausbeute steht nicht im Vordergrund. Besonders in der Vielseitigkeit sind wir in der günstigen Lage, zwölf Paare zu nominieren, denn als Gastgeber hat Deutschland das doppelte Kontingent an Startplätzen. Das ist ein Jahr vor Tokio perfekt. Hier können insbesondere die jüngeren Paare beweisen, ob sie schon Championatsqualitäten haben. Für die Vielseitigkeit beginnt der Wettstreit um das Olympiaticket definitiv schon in Luhmühlen.

PM-Forum: Vergleichsweise luxuriös ist die Situation in der Dressur, jeweils Mannschaftsgold bei den Olympischen Spielen in Rio, bei der EM in Göteborg, bei den WEG in Tryon…

Dr. Peiler: Wir sind in der Dressur derzeit gut aufgestellt. Ihr Erfolgsrezept fußt nicht nur auf Top-Reiterinnen und Reitern mit herausragenden Pferden, sondern auch auf konsequenter und guter Arbeit. Man ruht sich nicht auf Erfolgen aus, die Paare arbeiten mit den Bundestrainern penibel an Details. Immer wieder gelingt es, junge Pferde an die Spitze zu bringen, auch im Jugendbereich. Hier kommen sehr vielversprechende Reiter und Pferde nach.

Ingrid Klimke und der Oldenburger Hale Bob OLD verpassten in Tryon ganz knapp die Goldmedaille in der Einzelwertung, es wurde Bronze.

PM-Forum: Nicht so komfortabel sieht es im Springen aus, zumal zwei der besten deutschen Reiter, Christian Ahlmann und Daniel Deußer, nicht für die Championatsmannschaft zur Verfügung stehen. Wie sehen Sie die Situation?

Dr. Peiler: Wir sind mit beiden Reitern in einem engen Dialog und ich bin absolut überzeugt davon, dass wir sie zurück ins „Boot“ holen können. Kurz zum Hintergrund: Beide Reiter waren in den vergangenen beiden Jahren nicht im Bundeskader, da sie die Athleten- und Schiedsvereinbarungen nicht unterschrieben haben. Dafür gab es verschiedene Gründe. Die Unterschrift ist für eine Kaderzugehörigkeit und damit auch für die Teilnahme an Nationenpreisen und Championaten Voraussetzung. Um auf die Frage zurückzukommen: Ohne Wenn und Aber – die Luft im Springen ist dünn. Natürlich hat es uns sehr geschmerzt, dass das Ausnahmespringpferd Catch me if you can von Laura Klaphake ins Ausland verkauft wurde. Das tut mir für die Reiterin sehr leid. Aber die Vergangenheit hat auch gezeigt, dass junge Leute an die Spitze kommen können, wie Laura Klaphake oder Maurice Tebbel, die im vergangenen Jahr neben Marcus Ehning und Weltmeisterin Simone Blum zum Bronze-Team der Weltmeisterschaft gehörten.

PM-Forum: Die Situation in allen drei olympischen Wettbewerben ist durch die neue Formel nicht leichter geworden. Künftig bilden nur noch drei Reiter eine Mannschaft, das Streichergebnis entfällt. Welchen Einfluss hat dies auf die olympischen Vorbereitungen?

Dr. Peiler: Das Format wird in diesem Jahr auf einigen Turnieren getestet, unter anderem bei den Nationenpreisen des Jugendturniers „Future Champions“ auf dem Hof Kasselmann. Besonders in der Vielseitigkeit werden Dreierteams als problematisch angesehen. Wie schnell passiert ein Vorbeiläufer oder eine Verweigerung! Wenn viele Mannschaften keine drei Reiter ins Ziel bringen, ist dies kein gutes Signal für den Sport. Umso wichtiger ist es dann natürlich, eine stabile Mannschaft an den Start zu bringen. Olympische Spiele lassen keinen Platz für Experimente, man kann sich keinen Ausfall erlauben.

PM-Forum: Werfen wir doch bitte noch einen Blick auf zwei nicht-olympische Disziplinen: Die Vier- und Zweispännerfahrer küren in Deutschland bei Europa- bzw. Weltmeisterschaften ihre Champions.

Dr. Peiler: Wie in der Vielseitigkeit haben auch die Fahrchampionate in Deutschland viele Startplätze für die deutschen Fahrer. Bei den Vierspännern war Donaueschingen schon immer eine gute Adresse. Wir können uns auf eine schöne Europameisterschaft freuen. Wahrscheinlich dürfen sogar neun deutsche Gespanne teilnehmen. Spannend wird die Frage, wer die dreiköpfige Mannschaft bildet.

Christoph Sandmann ist der „Leitwolf“ der deutschen Vierspännerfahrer, in Tryon hatte er leider Pech.

Nach dem enttäuschenden Abschneiden der Viererzüge bei den Weltreiterspielen in Tryon haben wir unsere Förderstrukturen auf den Prüfstand gestellt und uns zum Ziel gesetzt, einen noch größeren Fokus auf die Förderung dieser Anspannungsart zu legen. So wird wiederum Weltmeister Boyd Exell mit unseren Fahrern arbeiten. Ich persönlich freue mich sehr, dass wir mit Anna Sandmann und Mareike Harm zwei junge Frauen an den Leinen haben, die ihre sportliche Klasse schon eindrucksvoll in dieser Männerdomäne unter Beweis gestellt haben.

PM-Forum: Bekommen Sie denn überhaupt das Starterfeld voll? So viele gute Vierspänner gibt es doch gar nicht…

Dr. Peiler: Wir wissen, dass wir bei den Viererzügen ein recht großes Leistungsgefälle haben, aber gerade deshalb ist es ja sehr begrüßenswert, wenn auch weniger bekannte Fahrer die Chance bekommen, an einer EM teilzunehmen. Sicherlich wird die EM-Perspektive manchen motivieren, noch intensiver fürs Championat zu trainieren. Dasselbe gilt natürlich auch für die Weltmeisterschaft der Zweispänner. Dieses Championat wird im brandenburgischen Drebkau ausgerichtet, auch hier hat sich ein sehr erfahrener Veranstalter mit guten Bedingungen für die Fahrer und ihre Pferde zur Verfügung gestellt. Deutschland ist seit vielen Jahren eine starke Zweispännernation. Ich bin sicher, dass wir auch hier ein spannendes Championat erleben werden.

PM-Forum: Vielen Dank für das Gespräch.

Das Gespräch führte Susanne Hennig

Turnierinfos:

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