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Persönlichkeiten der Pferdeszene: Franz Peter Bockholt
Olympische Spiele in Paris
Zur Freude des Sonnenkönigs
Der Sonnenkönig, König Ludwig XIV., hätte seine Freude: Er galt als guter Reiter und liebte den Charme von Versailles. Bei den Olympischen Spielen in Paris werden nun zwei seiner Leidenschaften kombiniert.
Sogenannte Potons bilden eine Brücke im Canal Grande, die die Vielseitigkeitsreiter während der Geländeprüfung überqueren werden. Foto: FEI/PSV
Am 26. Juli lädt Paris die Welt zur olympischen Eröffnungsfeier, um 19.30 Uhr beginnt die Feier, unter anderem mit einer Parade von 600 Booten auf der Seine, in denen sich 10.500 Athleten präsentieren – quer durch Paris. Zehn Stunden vor der Eröffnungsfeier haben die Spiele für die Vielseitigkeitsreiter schon begonnen, ab 9.30 Uhr steht die Verfassungsprüfung auf dem Programm. Acht Quadratkilometer – auf dieser riesigen Fläche des Anwesens von Versailles spiegelt sich französische Tradition mit dem Sinn für Schönheit und Kultur wider. Genau hier werden die Pferdesport-Wettbewerbe ausgetragen. Zwei Jahre wurden die Parkanlagen des Schlosses unter strengsten Vorschriften auf die olympischen Pferde vorbereitet, Tribünen für 20.000 Zuschauer errichtet und entlang des malerischen Canal Grande die Geländestrecke erbaut. Der Boden musste geebnet, Entwässerungsysteme installiert und die Tribünen so geplant werden, dass sie nicht die Sicht auf das Schloss beeinträchtigen oder mit den majestätischen Bäumen in Konkurrenz treten. Eine lange Allee in dem aus 350.000 Bäumen bestehenden Wald wird als Trainingsgelände inklusive Galoppbahn vorbereitet, daneben entstanden insgesamt 220 Boxen in den 600 Meter langen Ställen, Anti-Doping-Boxen und eine Tierklinik. Nach Olympia muss diese historische Stätte wieder in ihren ursprünglichen Zustand versetzt werden – eine Mammutaufgabe.
Der Modus
Freitag, 26. Juli: Verfassungsprüfung
Samstag, 27. Juli: Teildisziplin Dressur mit einer speziellen, verkürzten Fünf-Sterne-Dressuraufgabe
Sonntag, 28. Juli: Teildisziplin Gelände mit einem rund zehnminütigen Geländeritt auf Vier-Sterne-Niveau, Länge zwischen 5.000 und 5.800 Metern, max. 42 Sprünge
Montag, 29. Juli: Die beiden abschließenden Springprüfungen – nach der ersten fällt die Mannschafts- Entscheidung, nach der zweiten die Einzel-Entscheidung
Bundestrainer Peter Thomsen hat im Vorfeld der Olympischen Spiele den Austragungsort besucht. Foto: Uta Helkenberg/ FN-Archiv
Im Sommer 2023 hat sich BundestrainerPeter Thomsen einen ersten Eindruckder olympischen Gegebenheiten gemacht.
Welchen Eindruck hatten Sie vom olympischen Gelände in Paris?
Peter Thomsen: Wir haben uns das Gelände angeguckt und gesehen wie einige Reiter über die Pontons im Canal Grande galoppieren – die Pontons bilden eine Brücke über das Wasser, etwa 80 Meter lang. Und die Pferde sind darüber galoppiert, als ob sie nebenan auf dem Gras laufen würden. Das Gelände ist im Gegensatz zu London eben, aber man muss auch ein sehr wendiges Pferd haben. Es wird sehr viele 90-Grad-Kurven geben. Man braucht rittige Pferde, die schnell rechts-links und vorwärts-rückwärts können.
Was sind die Hauptkriterien bei der Auswahl Ihres olympischen Teams?
Peter Thomsen: Man braucht Pferde, die top Dressur und Springen gehen, möglichst oft fehlerfrei im Gelände sind und die Erfahrung haben. Erfahrung ist wichtig, weil wir in einem Gelände unterwegs sein werden, in dem noch nie jemand geritten ist. Das Gelände kennt man nicht. Das macht die Sache noch anspruchsvoller.
Was erwarten Sie von dem französischen Kursbauer Pierre Le Goupil??
Peter Thomsen: Wir wissen aus Frankreich, dass es in der Regel anspruchsvolle Geländkurse sind. Zugleich wird der Kursbauer dafür sorgen, dass man über lange Wege als Reiter einer Außenseiter- Nation auch das Ziel sehen kann. Und ich gehe davon aus, dass das Gelände – wie immer – am Ende erheblichen Einfluss auf das Gesamtergebnis haben wird.
Mit welcher Erwartung, Hoffnung fahren Sie nach Paris?
Peter Thomsen: Wenn wir eine Medaille gewinnen, würde ich von einem guten Ergebnis sprechen. Wenn wir zwei gewinnen, von einem sehr guten. Wenn wir ohne Medaille nach Hause fahren müssen, dann haben wir unser Ziel nicht erreicht. Unsere größten Konkurrenten kommen aus England, Australien, den USA, Neuseeland und Frankreich – und das ist nur der enge Kreis.
Der engste Kreis der Olympiakandidaten
Im Anschluss an die Longines Luhmühlen Horse Trials hat die AG Spitzensport des Vielseitigkeitsausschusses des Deutschen Olympiade-Komitees für Reiterei (DOKR) seine Longlist für die Olympischen Spiele in Paris aufgestellt. Die Entscheidung über die Shortlist fällt beim CHIO Aachen (2. bis 7. Juli). Das letzte Wort hat wie immer der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB), der die Teilnehmer für die Olympischen Spiele in Paris in allen Sportarten nominiert.
Sandra Auffahrt, geb. 27. Dezember 1986, drei Olympia-Teilnahmen, drei Medaillen
Herausgepickt: Sie gewann im Juni 2024 zwei DM-Medaillen in zwei verschiedenen Disziplinen innerhalb einer Woche!
„Ich habe mir schon Bilder aus Paris angeschaut – das sieht gigantisch aus! Aber weiter habe ich mich noch nicht mit Paris befasst“, gesteht Sandra Auffarth und schmunzelt. „Das mache ich wirklich erst, wenn es feststeht – vielleicht ist da auch ein bisschen Aberglaube im Spiel.“ Entdeckt hat Sandra Auffarth ihren Star in Frankreich. „Ich bin damals mit Nikolaus Prinz von Croÿ nach Frankreich gefahren, weil wir beide das französische Blut mögen. Wir haben Viamant damals vierjährig gesehen, ausprobiert und es hat geklickt.“
Viamant du Matz: „Viamant du Matz ist ein wirklich spezielles Pferd. Er mag nicht jeden und das zeigt er auch ganz deutlich (lacht). Er ist ein skeptisches Pferd, aber hat eine super Einstellung, ist unheimlich vorsichtig, aber zugleich ehrgeizig – das ist eine tolle Mischung.“
Zwischen den beiden hat es „Klick“ gemacht: Sandra Auffahrt und Viamant du Matz. Foto: Stefan Lafrentz
Ein Routinier bei den Olympischen Spielen: Michael Jung nahm bereits dreimal daran teil. Foto: Stefan Lafrentz/ FN-Archiv
Michael Jung, geb. 31. Juli 1982, drei Olympia-Teilnahmen, vier Medaillen
Herausgepickt: Wurde von Mutter Brigitte nicht selten mit dem Pony vom Kindergarten abgeholt – der Jung’sche „Kindergarten-Shuttle”.
„Chipmunk ist seit Tokio noch einmal sehr gereift“, erklärt Vater Joachim Jung, „alles ist toll abrufbar, hat sich absolut stabilisiert und gesundheitlich ist er top in Schuss. Aus unserer Sicht ist er auf seinem Höhepunkt. Wir sind guter Dinge und träumen von olympischem Gold.“
fischerChipmunk FRH: „Vom Wesen sind Sam und Chipmunk völlig unterschiedlich. Chipmunk ist ein geselliger Typ, mit dem man sich abends gut zusammensetzen und ein Bierchen trinken könnte, während es Sam lieber ist, wenn man ihn in Ruhe lässt.“ Chipmunk steht wie alle seine Kollegen jeden Tag auf der Weide, aber… „Er hat seine Privatweide, auf die nur er kommt, weil er seine Koppel mit Inbrunst umgräbt. Er hat sich richtig tiefe Mulden rausgescharrt, in die er sich zum Wälzen reinlegt. Chipmunk liebt das.“
Christoph Wahler, geb. 21. Januar 1994, noch keine Olympia-Teilnahme
Herausgepickt: Ist ein bekennender Fan von Holsteiner-Blutpferden.
Bei Christoph Wahler und Carjatan S war es der sprichwörtliche erste Blick. Christoph hat den Holsteiner auf einem Auktions-Video bei Elmar Lesch gesehen, gerade als die Kollektion online ging. Das Pferd hat ihn sofort angesprochen, obwohl Carjatan damals noch ziemlich schlaksig und unfertig war. Als einer der ersten hat Wahler ihn ausprobiert und schon nach fünf Sprüngen gemerkt: „Das ist mein Pferd.“
Carjatan S: „Carjatan braucht ganz viel Action, er hasst es, sich zu langweilen und will 24/7 betreut, aber auch gefordert werden. Er hat zwei oder drei Umdrehungen mehr als andere Pferde“, schmunzelt Christoph. Carjatans 24/7-Programm besteht aus Wiese, Aquatrainer, Doppellonge, Führmaschine, Reiten und diversen Wellness- Angeboten. „Er braucht auf jeden Fall eine Sonderbehandlung.“
Carjatan S braucht viel Action – sein Reiter Christoph Wahler sorgt für Abwechslung. Foto: Stefan Lafrentz
Malin Hansen-Hotopp stand bereits 2000 für die Olympischen Spiele in Sydney auf der Longlist. Foto: Monika Kaup/FN-Archiv
Malin Hansen-Hotopp, geb. 30. Dezember 1977, noch keine Olympia-Teilnahme
Herausgepickt: Sie stand mit der Stute Beverly schon 2000 auf der Longlist für die Olympischen Spiele in Sydney. Nur bei Olympischen Spielen wird eine spezielle Olympia-Kurzaufgabe in der Vielseitigkeitsdressur geritten.
In Luhmühlen hat Malin die Aufgabe unter Turnierbedingungen getestet – ihr Resümee: „Es gibt ganz ganz viele Noten in ganz kurzer Zeit. Man muss wahnsinnig konzentriert sein. Sonst hat man viel mehr Zeit, alles vorzubereiten, hier hat man immer nur eine Ecke und schon muss man wieder auf Zack sein.“
Carlitos Quidditch K: Fünfjährig kam Carlitos Quidditch in ihren Stall, eigentlich sollte sie ihn nur in einigen Geländepferdeprüfungen vorstellen, vier Monate später hat sie ihn gekauft. Der zwölfjährige Holsteiner hat ‚zwei Gesichter‘. „Im Alltag ist er lieber für sich als in der Gruppe“, erzählt Malin, „am liebsten mit nur einem Kumpel, dem er Kopf an Schweif hinterläuft. Aber: Das ändert sich, sobald es darauf ankommt. Dann weiß er genau, was er will, ist total selbstbewusst und spielt alle anderen an die Wand.“
Jérôme Robiné, geb. 21. April 1998, noch keine Olympia-Teilnahme
Herausgepickt: Vor seinem ersten EM-Start 2023 hat seine Schwester ein Video für ihn zusammengeschnitten – das hat er sich im Vorfeld jeden Morgen angesehen.
Jérôme Robiné hat mit den selbstgezogenen Pferden Quaddeldou und Guccimo den Weg in den internationalen Sport gefunden. Black Ice ging allerdings schon bevor er zu Jérôme kam auf Drei- Sterne-Niveau. Die Besitzerin hörte von Jérôme und bat ihn, den Iren zur reiten. Schnell hatte Jérôme das Gefühl, dass dieses Pferd etwas Besonderes für ihn ist.
Black Ice: „Black Ice ist kein extrovertiertes Pferd, er ruht in sich selbst. Als Mensch wäre er eher einer, der in der letzten Reihe sitzt. Keiner, der auf den ersten Blick perfekt ist, aber er macht das alles durch seine Einstellung wett.“
Auch wenn er auf den ersten Blick vielleicht nicht perfekt ist, ist der Wallach Black Ice etwas ganz Besonderes für Jérôme Robiné. Foto: Stefan Lafrentz
Die Longlist, aufgestellt nach der DM in Luhmühlen, in drei Blöcken:
Block 1 (alphabetische Reihenfolge):
• Sandra Auffarth (Ganderkesee) mit Viamant du Matz
• Michal Jung (Horb) mit fischerChipmunk FRH
• Christoph Wahler (Bad Bevensen) mit Carjatan S
Block 2 (rangiert):
• Malin Hansen-Hotopp (Gransebieth) mit Carlitos
Quidditch K
• Jérôme Robiné (Warendorf) mit Black Ice
Block 3 (alphabetische Reihenfolge):
• Nicolai Aldinger (Salzhausen) mit Timmo
• Calvin Böckmann (Warendorf) mit The Phantom of
the Opera
• Michael Jung mit Kilcandra Ocean Power
• Julia Krajewski (Warendorf) mit Nickel
• Dirk Schrade (Heidmühlen) mit Casino
• Anna Siemer (Salzhausen) mit Butts Avondale FRH
• Christoph Wahler mit D’Accord FRH
Die endgültige Nominierung für Paris erfolgt im Anschluss
an den CHIO Aachen (5. und 6. Juli).
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