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Reiten von Hufschlagfiguren
Pferdemenschen: Judith Rakers
„Sanft und gleichzeitig stark“
Ohne Stadtgeräusche und Straßenlaternen, mit Gemüsebeeten, Katzen, Hühnern und Pferden und mittendrin in ihrem „Pippi-Langstrumpf-Traum“ – die TV-Moderatorin Judith Rakers genießt das Leben auf ihrer eigenen „kleinen Farm“, eng verbunden mit ihren Pferden Sazou und Charlie. Das PM-Forum im Gespräch mit der Tagesschau-Sprecherin.
Seit 10 Jahren ist Rappstute Sazou das Pferd an Judith Rakers Seite. Fotos (4): JUKERS Media and More
PM-Forum: Sie leben in der Nähe von Hamburg auf Ihrer eigenen kleinen Farm mit Pferden Ihren „Pippi-Lang- strumpf-Jugendtraum“, so haben Sie es mal genannt – würden Sie es selbst auch so beschreiben?
Judith Rakers: Ja, absolut. Ich habe schon als Kind davon geträumt, mit dem Pyjama in den Garten gehen und als erstes eine weiche Pferdenüster streicheln zu können. Noch vor dem Frühstück. Und genauso ist es gekommen. Aber es gibt hier nicht nur Pferde, sondern auch Hühner und Katzen. Und ganz viele Gemüsebeete. Ich habe lange nach einem Haus gesucht, bei dem ich das alles verwirklichen kann. Und vor fünf Jahren habe ich endlich eins gefunden, habe das Stadtleben in Hamburg hinter mir gelassen und bin rausgezogen. Wir haben hier nicht mal Stadtwasser oder eine Straßenbeleuchtung. Aber ich liebe es und bin zu einer begeisterten „Homefarmerin“ geworden.
PM-Forum: Sie mussten einige Jahre ohne Pferde „aushalten“. Warum?
Judith Rakers: Schon als Kindergartenkind habe ich von einem Pferd geträumt, wie so viele Mädchen. Ich war immer auf Ponyhöfen in meinen Schulferien und habe fleißig Reitunterricht genommen und mit zwölf Jahren durfte ich dann endlich ein eigenes Pferd haben. Mit 19 musste ich es aber wieder verkaufen, weil Studium und Stallmiete zu teuer wurden. Das war damals eine harte Entscheidung für mich und mir war klar, dass ich wie- der einen Gefährten auf vier Hufen in mein Leben hole, sobald ich es mir leisten kann. Mit Mitte 30 war es dann so weit. Und ich möchte nie wieder ohne Pferde sein.
PM-Forum: Verraten Sie uns, wie Sie mit zwölf Jahren zu Ihrem ersten eigenen Pferd kamen?
Judith Rakers: Nun ja, mein Vater hat damals das getan, was wohl viele tun: hoffen, dass der große Traum vom eigenen Pferd von ganz allein wieder verschwindet (lacht). Er wog sich also in Sicherheit, als er mir mit sechs Jahren sagte, dass ich mit zwölf ein eigenes Pferd haben darf, wenn ich es bis dahin schaffe, das Geld dafür zu verdienen. Von diesem Moment an hatte ich nur noch ein Ziel (lacht). Und ich habe es wirklich geschafft. Ich habe mir zu allen Geburtstagen, zur Erstkommunion und zu Weihnachten nur noch Geld für das Pferd gewünscht und habe gejobbt und mit zwölf Jahren hatte ich dann tatsächlich rund 2.000 DM zusammen. Da musste mein Vater sein Wort natürlich halten.
PM-Forum: Schon das Ausprobieren des Pferdes, Gina, war spannend…?
Judith Rakers: Oh ja, denn Gina war nur angeritten laut Annonce des Bauers. Ich glaube nicht, dass da überhaupt schon mal jemand drauf saß – ehrlich gesagt (lacht). Sie ist in dem Moment durchgegangen, als ich im Sattel saß und ich habe nur eins gedacht: Du darfst jetzt nicht runterfallen! Das ist deine Chance! Also habe ich jedes Mal, wenn das Pferd auf der Reitbahn an meinem Vater vorbei raste, gerufen: „Die ist total schnell. Super, Papa!“, und habe so getan, als sei das alles völlig normal. Mein Vater hatte ja Gott sei Dank überhaupt keine Ahnung. Wir haben Gina dann tatsächlich gekauft und drei Wochen später war mein Schlüsselbein gebrochen. Aber mir war das egal. Da stand ein Pferd in der Box und es war meins.
PM-Forum: Heute sind die Stute Sazou und der zweijährige, von Ihnen selbst gezogene Charlie „Ihre Pferdefamilie“ – erzählen Sie uns von den beiden?
Das Pferd als „Abenteuer-Komplize“: Im gestreckten Galopp die Stoppelfeldzeit genießen.
Judith Rakers: Sazou ist eine hübsche Rappstute, die vierjährig zu mir kam. Sie ist dressurmäßig gezogen, aber ich habe ihr trotzdem etwas Springen beibringen können und aus ihr ein Buschpferd gemacht. Ich liebe Geländesprünge, reite aber auch gerne ohne Sattel und mit Halfter in den Sonnenuntergang. Mittlerweile ist Sazou 14 und vor zwei Jahren hat sie ein gesundes braunes Holsteiner Hengstfohlen zur Welt gebracht: Charlie Chocolate. Nächstes Jahr geht’s los mit seiner Ausbildung. Ich habe ja noch ein zweites Schlüsselbein (lacht).
PM-Forum: Was geben Ihnen Pferde – Sie selbst haben mal von einer „Kuschel-Beziehung“ gesprochen?
Judith Rakers: Oh ja, meine Pferde sind meine Gefährten. Meine Abenteuer-Komplizen und Herzenstiere. Ich habe sie noch nie als Sportgerät betrachtet, sondern immer als Seelenverwandte, mit denen man die tollsten Abenteuer erleben kann. Ich verreise gerne mit Sazou, wir machen Nachtwanderungen mit Taschenlampe und jagen im Galopp über die Stoppelfelder. Ab und zu stehen auch ernsthafte Springtrainings an, aber am schönsten ist es, wenn Sazou in der Box liegt und ihren Kopf beim Schlafen auf meinen Schoß legt.
PM-Forum: Sie reiten gerne durch den Wald, aber auch konzentriert. Was macht Ihnen im Sattel am meisten Spaß?
Judith Rakers: Bevor Sazou tragend war, habe ich Dressur, Springen und Gelände trainiert – im letzten Jahr bin ich vor allem mit ihr ausgeritten. Dort mache ich auch mal den ein oder anderen Natursprung, aber so richtig ins Training werde ich wohl erst wieder kommen, wenn es mit Charlie losgeht
PM-Forum: Was haben Sie von Pferden gelernt?
Judith Rakers: Sanft zu sein und gleichzeitig stark.
PM-Forum: Erzählen Sie uns Ihr schönstes Erlebnis mit Pferden…
Judith Rakers: Das war auf jeden Fall die Geburt von Charlie. Und miterleben zu können, wie er immer mehr zum Pferd wird. Sazou war bis zu Charlies Geburt so schlank und fit, dass ich wirklich bezweifelt habe, dass da tatsächlich ein Fohlen in ihr wächst. Als der Anruf kam, dass es losgeht, bin ich sofort ins Auto gesprungen und zum Stall gefahren, aber da war der kleine Mann schon da. Weil er Schwierigkeiten hatte, das Euter rechtzeitig zu finden, habe ich ihm die Biestmilch mit der Flasche gegeben und dabei hat er mir in die Augen geschaut und ich wusste: Jetzt haben wir ein Band geknüpft, das ein Leben lang halten wird. Er ist ein zauberhafter, junger Hengst. Stark und wild – und zu mir ganz sanft und zutraulich.
Vierjährig ist Sazou bei Judith Rakers eingezogen, gemeinsam haben die beiden schon viel erlebt – Strandritte inklusive.
Das Fohlen „Charlie Chocolate“ hat Judith Rakers 2021 selbst aus ihrer Stute Sazou gezogen.
PM-Forum: Sie hatten auch beruflich schon mit Pferden zu tun, denken wir beispielsweise an die Doku-Reihe „Abenteuer Pferd“. Was hat diese Serie für Sie bedeutet? Was war Ihnen besonders wichtig daran?
Judith Rakers: Das war das schönste TV-Projekt, das ich je realisieren konnte. Drei Dokumentationen rund ums Pferd: Westernreiten mit dem Bundestrainer, Holzrücken mit Kaltblütern und Kutschefahren auf dem Gestüt Ganschow. Drei Welten, die alle mit Pferden zu tun haben und doch so unterschiedlich sind. Ich habe jede Sekunde der Dreharbeiten genossen, auch wenn diese unglaublich anstrengend waren für mich, denn ich musste in jeder Folge eine Herausforderung meistern, die ich selbst anfangs für unschaffbar gehalten habe. Mir war es bei diesem Projekt, das ich selbst entwickelt habe, wichtig, die Vielfalt der Pferdewelt zu zeigen und die wunderbaren Menschen dahinter. Leider hat der NDR nur drei Folgen produziert. Ich hätte gern noch viele weitere gemacht. Vielleicht gehe ich das Projekt irgendwann mit einem Streaming-Anbieter nochmal an. Ich habe das im Hinterkopf.
PM-Forum: Wie waren die Reaktionen in Ihrem Umfeld auf diese Serie?
Judith Rakers: Die Menschen in meinem Umfeld haben sofort verstanden, dass das eine ganz besondere Produktion für mich ist. Ich werde noch heute auf die Filme angesprochen, weil sie auf YouTube noch immer zu sehen sind. Vor einigen Monaten habe ich eine Podcast-Serie gemacht, die durch diese Doku-Reihe inspiriert wurde. In dem Podcast „Freundschaft auf Zeit“ habe ich Ariana Barborie getroffen, die meine Doku-Reihe nachts durch Zufall auf YouTube entdeckt hatte und danach versuchte, Kontakt zu mir aufzunehmen. Das war tatsächlich der Beginn einer Freundschaft. Eine lustige Geschichte.
PM-Forum: Wie gehen Freunde und Familie mit Ihrem Hobby Pferd um?
Judith Rakers: Meine Freunde und meine Familie kennen mich ja nur mit diesem Hobby. Und sie wissen, dass ich durchs Feuer gehe für meine Leidenschaften. Insofern hat sich auch keiner gewundert, als ich sagte: Ich ziehe jetzt aufs Land und hole die Pferde in den Garten. Und wenn ich rufe: „Sazou und ich gehen jetzt schwimmen“ und dann in Richtung See losreite, wundert sich auch keiner mehr.
PM-Forum: Sie hatten eine Idee, wie man „ein bisschen Pferd auch mit nach Hause nehmen kann“ – mit Ihrer Duftkerze „Eau de Gaul“. Woher kam diese Idee?
Judith Rakers: Immer schon habe ich den Scherz gemacht, dass ich nach „Eau de Gaul“ dufte, wenn mich je- mand nach meinem Parfum gefragt hat. Und immer schon habe ich gedacht, wenn es so ein Parfum geben würde, ich würde es kaufen.
Vergangenes Jahr habe ich dann Nägel mit Köpfen gemacht: Ich traf mich mit einer Kerzenmacherin in Berlin-Potsdam und fragte sie, ob sie sich zutraue, einen Duft mit mir zu entwickeln, der nach Pferd riecht. Nach Fellnase, nach Stroh, Leder und Abenteuer. Und sie hat es tatsächlich geschafft – auch weil sie selbst ein Pferdemädchen ist. Die Duftkerze „Eau de Gaul“ wird nur mit natürlichen Duftstoffen parfümiert, besteht aus nachhaltigem Bienenwachs und wird in recycelte Bierflaschen gegossen. Sie ist der Renner im Shop meines Magazins Homefarming.de. Es gibt auch noch „Chick de Cologne“ – die duftet nach Huhn (lacht).
Der Duft von Stall und Pferden gefällt Judith Rakers so gut, dass sie sogar eine Duftkerze hat erstellen lassen, die genau diesen geliebten Geruch ins Wohnzimmer bringt. Foto: Patrick Lipke
PM-Forum: Pferdesport in der Gesellschaft – wie würden Sie den Stellenwert aktuell beschreiben?
Judith Rakers: Schwierig. Es gibt viele Vorurteile. Und das liegt meiner Meinung nach daran, dass unsere Gesellschaft so wenig mit dem Sport und mit Pferden zu tun hat. Beim Thema Fußball kennt sich fast jeder ein bisschen aus, ohne dass er selbst Fußball spielt, aber in den Pferdesport haben nur wenige Einblick. Pferde haben in der Geschichte der Menschheit so viel für uns im alltäglichen Leben getan und das ist leider sehr in Vergessenheit geraten. Ich wünschte, mehr Menschen hätten Zugang zu unserem Sport und zu diesen wunderbaren Tieren. Ich jedenfalls werde nicht müde, Lobbyarbeit für unsere Fellnasen zu machen. Im Februar erscheint mein erstes Kinderbuch und Sazou und Charlie werden darin eine Rolle spielen.
PM-Forum: Bitte vervollständigen Sie diesen Satz: Ich kann jedem Menschen den Umgang und die Nähe zu Pferden nur empfehlen, weil…
Judith Rakers: …sie uns stark und sanft zugleich machen
Das Interview führte Kim Kreling.
Foto: Frank Schwichtenberg/CC
Zur Person:
Judith Rakers – die Moderatorin
Judith Rakers wurde 1976 in Paderborn geboren. Schon während ihres Studiums der Journalistik und Kommunikationswissenschaften, Geschichte und deutschen Philologie arbeitete sie als Hörfunk-Moderatorin und schrieb für Tageszeitungen und Fachpublikationen. Seit 2005 ist sie Nachrichtensprecherin und News-Moderatorin bei Tagesschau und Tagesschau24. Seit 2010 zudem Gastgeberin der Talkshow „3nach9“ von Radio Bremen. Für die dreisprachige Moderation des Eurovision Song Contest 2011 erhielt sie den Deutschen Fernsehpreis. Judith Rakers setzt sich in Reportagen und Dokumentationen sowohl mit sozialkritischen Themen als auch mit der Faszination anderer Länder und Regionen auseinander. So führte sie viele Jahre durch die „Inselgeschichten“ im NDR und ist jetzt Reporterin des Reiseformats „Wunderschön“. Seit 2021 schreibt sie Bücher zum Thema Homefarming, produziert einen eigenen Podcast und das Online-Magazin www.homefarming.de.
Hintergrund:
Pferdemenschen im PM-Forum
Sie sind bekannt aus Fernsehen, Funk und Media, von roten Teppichen, als Meinungsbildner und Meinungsmacher. Doch auch wenn wir sie vor allem aus einer anderen Sparte kennen, haben sie eines gemein: Sie sind privat Pferdemenschen. Im Interview mit dem PM-Forum sprechen Prominente aus verschiedenen gesellschaftlichen Bereichen über ihre Leidenschaft und die Liebe zu Pferden und erzählen, wie Pferde ihr Leben bereichern.
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