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LPO 2024: Das wird neu

Was Turnierteilnehmer jetzt wissen müssen

Zum 1. Januar 2024 tritt die neue Leistungsprüfungsordnung (LPO) in Kraft. In über zweijähriger Arbeit hat die Abteilung Turniersport der Deutschen Reiterlichen Vereinigung (FN) zusammen mit Vertretern der Landespferdesportverbände, der Deutschen Richtervereinigung, den Disziplin-Ausschüssen des Deutschen Olympiade-Komitees für Reiterei (DOKR) sowie weiteren Experten das Regelwerk auf Herz und Nieren überprüft, korrigiert und angepasst. Im Interview mit dem PM-Forum spricht Viktoria Laufkötter, Leiterin der FN-Abteilung Turniersport, über die wichtigsten Neuerungen.

Die LPO 2024 hält für Turnierteilnehmer einige Änderungen bereit. Foto: Andrea Zachrau

Kostenloses FN-Online-Seminar

Die Änderungen in der LPO 2024 sind Thema bei einem FN-Online-Seminar am Montag, 22. Januar 2024 ab 20 Uhr. Hier können auch Fragen gestellt werden, eine Anmeldung ist erforderlich, die Plätze sind begrenzt. Mehr Infos unter www.pferd-aktuell.de/seminare.

PM-Forum: Es ist vollbracht. Mit Beginn des neuen Jahres tritt die LPO 2024 in Kraft. Worauf müssen sich Turnierreiter einstellen? Welche Änderungen gibt es?

Viktoria Laufkötter: Es gibt nicht die eine große Änderung, es sind eher viele kleine Stellschrauben und Details, an denen gedreht wurde. Einiges wurde präzisiert, anderes dem internationalen Regelwerk angepasst, es gibt ein paar neue Prüfungsformate und mehr Möglichkeiten, Pferde außerhalb der Wertung unter Turnierbedingungen vorzustellen, damit sie ohne Druck wertvolle Erfahrungen sammeln können. Generell wurde der Aspekt Tierwohl, der ja bereits seit Jahren in den FN-Regelwerken verankert ist, an vielen Stellen noch weiter präzisiert. Eine größere, eher formelle Änderung ist, dass es eine noch klarere Trennung zwischen LPO und der Wettbewerbsordnung WBO geben wird. Der Einsteigerbereich Klasse E ist dann – mit Ausnahme des Fahrens – komplett in der LPO geregelt. Im Übrigen müssen ab 2024 wieder zwei „Kopfnummern“ am Pferd angebracht werden.

PM-Forum: Dann lassen Sie uns direkt einmal genauer hinsehen – Tierwohl ist elementarer Bestandteil des Pferdesports. Was genau präzisiert die LPO 2024 hier?

Viktoria Laufkötter: Da geht es zum einen um eine nähere Definition der Pferdekontrollen, zum anderen um unsportliches Verhalten. Dies ist nun noch eindeutiger formuliert. Als unsportliches Verhalten ist insbesondere die unangemessene, grobe und/oder aggressive Einwirkung eines Reiters auf ein Pferd zu sehen, zum Beispiel beim Einsatz von Ausrüstungsgegenständen oder Hilfsmitteln wie Gerte, Sporen oder Zügel, insbesondere auch bei Abwehrverhalten des Pferdes. Explizit verboten wird der Einsatz von sogenanntem „Fakeschaum“, der eine gute Kautätigkeit des Pferdemaules vorspiegeln soll, ebenso von Sporen mit Zacken im Springen. Generell dürfen Sporen im Springen künftig nicht mehr als vier Zentimeter lang sein. Doch es sind auch viele andere kleine Maßnahmen und Puzzleteile, die in der LPO 2024 auf noch mehr Tierwohl abzielen.

Viktoria Laufkötter ist Leiterin der FN-Abteilung Turniersport, die bei der Überarbeitung der LPO federführend war. Foto: FN-Archiv

Ab 1. Januar 2024 tritt die neue LPO in Kraft. Das Regelwerk ist digital unter www.fn-regelwerke.de erhältlich und in gedruckter Form über den FNverlag zu beziehen.

PM-Forum: Welche sind das? Können Sie hierfür Beispiele nennen?

Viktoria Laufkötter: Einiges habe ich eingangs schon benannt: Es gibt mehr Möglichkeiten für „Starts außer Konkurrenz“, um insbesondere junge Pferde an die Turnieratmosphäre zu gewöhnen. Diese sind grundsätzlich für alle Teilnehmer mit aktueller Jahresturnierlizenz möglich. Ob und in welchem Umfang sie durchgeführt werden können und wieviel sie kosten, entscheidet die Meldestelle im Auftrag des Veranstalters – eine Vorabnennung ist nicht mehr erforderlich. Sollte in der Prüfung etwas mal nicht so gut geklappt haben, gibt es zukünftig die Option, Korrekturrunden zu reiten bzw. einzelne Passagen aus dem Parcours oder der Dressuraufgabe zu wiederholen. Diese Möglichkeit ist insbesondere für die Basis gedacht, also für junge Pferde und noch unerfahrene Teilnehmer, um Sicherheit und Vertrauen wiederherzustellen und das Turnier mit positiven Erfahrungen und einem guten Gefühl abzuschließen. Korrekturrunden sind jedoch nur in Abstimmung mit Richter und Veranstalter möglich. Mit Blick auf Jungpferde wird der Einsatz dreijähriger Pferde auf Turnieren eingeschränkt. Sie dürfen weiterhin frühestens ab 1. Mai auf Turnieren vorgestellt werden, jedoch während des gesamten Jahres an maximal fünf Turnieren teilnehmen. In Dressurpferdeprüfungen der Klasse L müssen die Pferde nun mindestens fünfjährig sein. Die Teilnahme am Turnier ist tragenden Stuten nach dem vierten Trächtigkeitsmonat oder mit Fohlen bei Fuß gänzlich untersagt.

PM-Forum: Immer wieder Diskussionen gab es bei Turnierreitern rund um „offene“ und „geschlossene“ Prüfungen. Was ändert sich hier?

Viktoria Laufkötter: „Offene“ und „geschlossene“ Prüfungen gehören der Vergangenheit an. Prüfungen, die sich ausschließlich an Amateurreiter wenden, heißen ab 2024 auch Amateur-Prüfungen. Amateure dürfen sich zukünftig auch in Drei-Sterne-S-Prüfungen probieren: Nicht der Start, sondern erst Platzierungen in dieser Klasse führen zur Aberkennung des Amateurstatus im Folgejahr.

PM-Forum: Lassen Sie uns nochmal genauer auf einzelne Disziplinen schauen. Insbesondere im Springen gab es einiges an kleinen Anpassungen. Was müssen Reiter hierzu wissen?

Viktoria Laufkötter: Im Springen führt ab 2024 bereits die zweite Unterbrechung im Verlauf eines Parcours – sprich Stehenbleiben oder Vorbeilaufen – zum Ausschluss. Um weniger erfahrenen Reitern und Pferden den Einstieg in den Sport bzw. die Akklimatisierung auf dem Prüfungsplatz zu erleichtern, ist die geführte Parcoursbegehung durch den Parcourschef, Richter oder einen erfahrenen Reiter neu hinzugekommen. Sie kann auch für Geländeprüfungen angeboten werden.

Eine weitere Hilfestellung für den Turniereinstieg junger Pferde bietet die Gewöhnungsspringprüfung für vier- bis sechsjährige Pferde. Sie bietet Reitern aller Leistungsklassen die Chance, ihre Nachwuchspferde über Hindernisse geringer Abmessung an die Turnieratmosphäre zu gewöhnen. Die Bewertung nach dem „Clear-Round-Modus“ trägt dazu bei, den Druck gering zu halten. Ebenfalls neu ist eine Springprüfung für ältere Pferde ab sieben Jahren, die jedoch wie eine Springpferdeprüfung gewertet wird. Doch die LPO 2024 wurde auch entschlackt. So sind selten ausgeschriebene Spezialspringprüfungen wie die „Jagd um Punkte“ oder das „Mächtigkeitsspringen“ in der überarbeiteten Fassung nicht mehr zu finden. Und noch etwas dürfte viele Reiter freuen: In der Bezeichnung der Springen wird – wie im internationalen Sport üblich – die Höhe in Zentimetern angegeben. Damit wird den Teilnehmern noch deutlicher, was sie erwartet: ein A*-Springen mit einer Hindernishöhe von 90 oder 95 Zentimetern oder ein M*-Springen mit 120 oder 125 Zentimetern. Die Höhenstufen werden dabei in Fünferschritten angegeben.

Hindernishöhen im Springen werden künftig in Zentimetern angegeben – so wissen Teilnehmer noch genauer, was sie erwartet. Foto: RuF Kloster Heiligenrode

PM-Forum: Und was ist neu in der Dressur?

Viktoria Laufkötter: Neu ist eine Dressurreiterprüfung Klasse S, die immer auf Kandare geritten wird, da hierbei unter anderem auch die Kandarenreife eines Reiters überprüft werden soll. Ferner vorgesehen ist ein Dressurpferdeprüfung der Klasse S. Ob diese auf Kandare oder auf Trense geritten wird, ist der jeweiligen Ausschreibung zu entnehmen. Dies gilt ab 2024 übrigens für alle Dressuren von Klasse L bis einschließlich Klasse S*. Außerdem ist das erfolgreich bei den Children-Dressuraufgaben der FEI angewandte, gemischte Richtverfahren ab 2024 auch für Dressurreiterprüfungen Klasse L, M und S zugelassen.

Zwei Prüfungen, nur einmal vorbereiten und dann direkt nacheinander eine Dressur und ein Kegelfahren absolvieren – möglich machen es die neuen „Two-in-One“-Prüfungen im Fahren. Foto: Wulf Rohwedder/FN-Archiv

Ab 2024 sind wieder zwei Kopfnummern am Pferd Pflicht. Foto: FN-Archiv

PM-Forum: Gibt es auch in der Vielseitigkeit, im Fahren und Voltigieren Neuerungen?

Viktoria Laufkötter: Ja, auch in diesen Disziplinen gibt es Anpassungen. Sie nun alle im Einzelnen durchzugehen, würde hier etwas zu weit führen, aber gerne nenne ich ein paar Beispiele. In der Vielseitigkeit unterscheidet die LPO 2024 nun in der Klasse L in L*- und L**-Prüfungen. Neu ist die Geländepferdeprüfung Klasse E, die Reitern aller Leistungsklassen analog zum Springen die Gelegenheit geben soll, ihre vier- bis sechsjährigen Youngster an die Aufgaben im Gelände heranzuführen. Außerdem wurden im Bereich Vielseitigkeit auch einige Anpassungen an das internationale Reglement vorgenommen, diese betreffen vor allem die Anforderungen und die Ergebnisberechnung.

Im Fahren gibt es ab 2024 mit der „Two-in-One“-Prüfung eine neue Prüfungsform – hier können eine Dressur- und Kegelfahrprüfung unmittelbar nacheinander auf demselben Viereck in getrennten Wertungen erfolgen. Ebenfalls neu ist, dass die Peitsche nicht mehr verpflichtend mitgeführt wird, bei Kegelfahrprüfungen jedoch immer ein Helm getragen werden muss. Auch im Fahren wurde Vieles an das internationale Regelwerk angepasst.

Für Voltigierer hat die LPO 2024 ebenfalls einige Neuerungen zu bieten. So wird unter anderem die Altersklasse der Jungen Voltigierer (U21) offiziell eingeführt und es steht allen offen, ihr Pferd nicht nur traditionell linksherum, sondern auch auf der rechten Hand zu longieren. Ebenso ist ein „Friendly Horse“ erlaubt, also ein Artgenosse, der sich während der Prüfung in Sichtkontakt am Zirkel aufhalten darf – ein Konzept, das es bereits im Para-Reitsport gibt.

Die Teilnahme an der Siegerehrung bleibt Pflicht und ist für die meisten Reiter auch eine Ehre. Dennoch hat der Veranstalter mit der LPO 2024 mehr Spielraum bei der Ausgestaltung. Foto: RuF Kloster Heiligenrode

Auch für Voltigierer gibt es Neuerungen: Pferde dürfen künftig auch auf der rechten Hand longiert werden und ein „Friendly Horse“ ist erlaubt. Foto: Stefan Lafrentz

PM-Forum: Angenommen, der Turnierstart lief erfolgreich, dann steht die Siegerehrung an. Wie aus einer Umfrage Ende 2021 in Zusammenarbeit mit dem HorseFuturePanel hervorging, ist die Teilnahme daran eine Ehre und den Turnierreitern sehr wichtig. Dennoch können Veranstalter den Ablauf der Siegerehrung mit der neuen LPO noch flexibler gestalten. Ist das richtig?

Viktoria Laufkötter: Ja, genau. Zunächst einmal bleibt die Teilnahme an der Siegerehrung für die ersten sechs Platzierten weiterhin Pflicht und ein Dispens ist nur aus sicherheitsrelevanten Gründen möglich und muss im Vorfeld vom Teilnehmer bei der zuständigen Richtergruppe eingeholt werden. Der Veranstalter kann jedoch künftig den Ablauf der Siegerehrung frei gestalten und diesen in der Zeiteinteilung bekanntgeben. Auch während des laufenden Turniers kann hier noch flexibel reagiert und entschieden werden, ob zum Beispiel die Siegerehrung bei extremer Wetterlage mit oder ohne Pferd stattfinden soll.

PM-Forum: Das waren nun ganz schön viele Informationen. Wo lassen sich alle Änderungen im Detail nochmal nachlesen und was ist, wenn Fragen aufkommen?

Viktoria Laufkötter: Die LPO 2024 ist ab sofort in digitaler Form unter www.fn-regelwerke.de oder in gedruckter Form im FNverlag erhältlich. Als FN-Abteilung Turniersport bieten wir außerdem für alle Turnierteilnehmer ein kostenloses Online-Seminar zur neuen LPO an, in dessen Rahmen auch die Möglichkeit besteht, Fragen zu stellen. Ein solches gab es bereits Ende Oktober und aufgrund der großen Nachfrage
werden wir ein weiteres am 22. Januar 2024 anbieten.

Das Interview führten Uta Helkenberg und Maike Hoheisel-Popp.

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