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Giftpflanzen für Pferde

Augen auf bei grünem Gift!

Am Wegesrand, in Stallnähe oder sogar auf der Weide – Giftpflanzen stellen für Pferde eine ernste Gefahr dar. Die Aufnahme von Pflanzen wie Jakobskreuzkraut, Herbstzeitlose, Buchsbaum oder Fingerhut kann zu ernsthaften Gesundheitsschäden und im schlimmsten Fall zum Tod führen. Reiter und Pferdehalter sollten daher wissen, welche Pflanzen giftig für Pferde sind und wie sie einer Vergiftung vorbeugen.

Nicht alles was gelb blüht, ist so harmlos wie Löwenzahn. Ein genauer Blick lohnt in jedem Fall und schützt vor bösen Überraschungen. Foto: Christiane Slawik

Hierzulande gibt es unzählige heimische Giftpflanzen und weil immer mehr exotische Pflanzen in Gärten und Parks wachsen, kommen ständig weitere hinzu. Auch auf den Wiesen und rund um den Stall wachsen nicht nur Pflanzen, die unschädlich sind. Hier sind Pferdebesitzer gefragt, denn häufig wird die Giftigkeit der Pflanzen für die Pferde unterschätzt. Die Aussage „Pferde wissen selbst, was ihnen gut tut“ trifft nämlich nicht immer zu.

Von Pferden verschmäht

Viele Giftpflanzen werden von Pferden aufgrund ihres bitteren Geschmacks oder typischen Geruchs verschmäht. Dennoch kann es passieren, dass Pferde aus Langeweile oder Gier nach Grünzeug diese Warnsignale gelegentlich missachten und die giftigen Pflanzen trotzdem fressen. Ein weiterer Grund für die Aufnahme von giftigen Pflanzen bei Pferden ist, dass einige ihren bitteren Geschmack verlieren, wenn sie getrocknet sind oder die Pflanze entwickelt diesen erst, wenn sie ausgewachsen ist. Besonders dann, wenn das Futter knapp ist, werden Giftpflanzen von Pferden aufgenommen. Aber auch bei jungen, unerfahrenen Tieren kann es vorkommen, dass Giftpflanzen gefressen werden.

Bei jungen, unerfahrenen Tieren kann es vorkommen, dass sie aus Neugierde giftige Pflanzen aufnehmen. Foto: Christiane Slawik

Die Dosis macht’s

Pflanzen haben verschiedene Strategien entwickelt, um nicht von Tieren gefressen zu werden. Stacheln, Brennhaare oder die Ausbildung von Giften sind wichtige Mittel im Kampf gegen die Fressfeinde. Dabei sind dieselben Pflanzen nicht immer gleich stark toxisch. Wie viel Gift eine Pflanze enthält, hängt von verschiedenen Faktoren wie Jahreszeit, Witterung, Sonneneinstrahlung, Bodenbeschaffenheit, Düngung und Parasitenbefall ab. Pferde reagieren bereits auf kleinste Mengen bestimmter Giftstoffe empfindlich. Dennoch finden viele Giftpflanzen auch als Heilmittel besonders in der Homöopathie Verwendung. Hier ist die richtige Dosierung besonders wichtig, um eine unbedenkliche Anwendung zu gewährleisten. Reiter und Pferdebesitzer sollten auf gar keinen Fall mit Giftpflanzen herumexperimentieren, sondern stets den Rat eines Fachmannes einholen und auf fertige Präparate zurückgreifen.

Pferde schützen

Für Pferdebesitzer gibt es verschiedene Möglichkeiten, ihre Tiere vor Giftpflanzen zu schützen, um so schwerwiegende Vergiftungen und ihre Folgen zu vermeiden. Diese fünf Vorsätze gilt es zu beherzigen:

1. Giftpflanzen frühzeitig erkennen

Pferdehalter können ihre Pferde am besten vor giftigen Pflanzen schützen, indem sie die wichtigsten Giftpflanzen kennen, ihre Verbreitung aufmerksam beobachten und sie umgehend von Weiden, Auslaufflächen und Flächen, von denen Futtermittel gewonnen werden, entfernen. Am besten werden die Giftpflanzen ausgestochen oder sogar ausgegraben. Einige Pflanzen wie das Jakobskreuzkraut vermehren sich schnell und sind auch noch im trockenen Zustand giftig. Deshalb dürfen die ausgegrabenen Pflanzen nicht einfach auf oder hinter der Weide liegen gelassen oder auf dem Misthaufen entsorgt werden. Die Samen können sich auch Tage nach dem Ausreißen der Pflanze noch verbreiten. WICHTIG: Beim Entfernen von Giftpflanzen sollte man generell Handschuhe und lange Hosen tragen, da sonst Giftstoffe durch die Haut oder über offene Wunden in den eigenen Körper gelangen können.

2. Futtermittel kontrollieren

Damit ein Pferd nicht aus Langeweile oder sogar Futterknappheit Giftpflanzen aufnimmt, muss eine ausreichende Raufutterversorgung gewährleistet sein. Heu und Geschmack und werden so von den Pferden viel eher aufgenommen als im frischen Zustand. Tückisch ist außerdem, dass es oft besonders schwer ist, die Pflanzen im Heu oder in der Silage zu erkennen.

3. Richtiges Weidenmanagement

Um den Bestand an Giftpflanzen auf der Koppel so gering wie möglich zu halten, ist ein richtiges Weidemanagement die beste Methode. Dazu gehört neben einer regelmäßigen Nachsaat, die die Lücken in der Grasnarbe schließt, auch eine dem Standort angepasste Düngung. Zudem sollte die Weide zweimal im Jahr geschnitten werden, um unerwünschte Giftpflanzen zurückzudrängen. Zusätzlich müssen Wiesen und Weiden ständig auf Giftpflanzen kontrolliert werden. Vor allem nasse und staunasse Weiden bieten oftmals toxischen Gewächsen eine Heimat. Aber auch die Ränder von Wäldern oder Hecken an Gräben und Gärten werden bevorzugt von verschiedenen Giftpflanzen bewachsen.

Auch im Heu kann Gefahr lauern, einige Pflanzen sind selbst im getrockneten Zustand noch giftig. Foto: Christiane Slawik

Der Berg-Ahorn stellt durch seine herabfallenden giftigen Samen auf einer sehr stark abgeweideten Pferdeweide ein hohes Gefahrenpotenzial dar. Denn die geschmacksneutralen Samen werden von hungrigen Pferden gerne gefressen. Um ein unkontrolliertes Beknabbern zu vermeiden, sollten Reiter und Pferdebesitzer auf der Weide stehende Bäume mit giftigen Blättern und Früchten umzäunen und überragende Äste abschneiden. Generell sollten sich Pferdehalter über die richtige Nutzung und Pflege von Weiden informieren und Pferde nicht in die Nähe von giftigen Pflanzen und Bäumen lassen.

Ein schöner Ausritt vorbei an vielen Pflanzen. Hier muss der Reiter besonders aufmerksam sein und das Pferd nicht von unbekannten Zweigen und Blättern fressen lassen. Foto: Christiane Slawik

Vergiftungssymptome

Pferde können bei einer Vergiftung mit unterschiedlichen Symptomen reagieren, je nach Wirkung des aufgenommenen Giftstoffes. Auch der Zeitpunkt, an dem die Symptome nach der Aufnahme des Giftstoffes auftreten, variiert stark – von wenigen Minuten zu bis mehreren Monaten. Zu den möglichen Symptomen einer Vergiftung gehören:

  • starkes Schwitzen
  • Speichelfluss
  • Fressunlust
  • Krämpfe und Zittern
  • Kolik, Durchfall, Verstopfung
  • verfärbter Urin
  • Gleichgewichtsstörungen, Benommenheit, Torkeln, Lähmungen
  • erweiterte Pupillen, Erregung, auffallende Schreckhaftigkeit
  • erhöhte oder erniedrigte Puls- und Atemwerte
  • Atemnot
  • verfärbte Schleimhäute

Neben sofort auftretenden Anzeichen gibt es auch schleichende, längerfristige und schwer zu erkennende Vergiftungsfolgen wie zum Beispiel Leber- oder Nierenerkrankungen.

Falls der Verdacht vorliegt, dass ein Pferd trotz aller Sicherheitsvorkehrungen giftige Pflanzen gefressen hat, muss sofort der Tierarzt verständigt werden. Foto: Christiane Slawik

4. Augen auf beim Ausreiten

Auch beim Ausreiten sind Pferd und Reiter nicht vor Giftpflanzen sicher. Deswegen sollten Reiter und Pferdebesitzer beim Ausritt oder Spaziergang ihre Pferde niemals von unbekannten Zweigen, Blättern oder Pflanzen fressen lassen. Auch das Anbinden von Pferden an Büschen oder Hecken sollte vermieden werden.

5. Beratung bei der Bepflanzung

Reitanlagen sollten grundsätzlich nicht mit gefährlichen Pflanzen umgrenzt werden. Ganz gleich ob Hecke oder schmuckes Blumenbeet: Wer in Stallnähe neu bepflanzen möchte, sollte zum Schutz der Tiere eine fachliche Beratung in Anspruch nehmen. Gleiches gilt übrigens auch beim Kauf von Holz für einen Zaun oder die Stalleinrichtung – denn auch bestimmte Hölzer können für Pferde giftig sein.

Erste Hilfe

Falls der Verdacht vorliegt, dass ein Pferd trotz aller Sicherheitsvorkehrungen giftige Pflanzen gefressen hat, muss sofort der Tierarzt verständigt werden. Wie dieser vorgeht, hängt maßgeblich von der Art des Giftes ab. Je genauer der Pferdehalter Bericht erstatten kann, desto effektiver kann die Behandlung durch den Tierarzt erfolgen. Eine Probe der verdächtigen Pflanzen kann bei der Erkennung des Giftstoffs und zur Einleitung von Gegenmaßnahmen helfen. Zusätzlich ist es förderlich, wenn der Pferdehalter seinem Tierarzt bereits am Telefon mitteilen kann, wie viele Pflanzen das Pferd gefressen hat und welche Anzeichen auf eine Vergiftung hindeuten.

Das Allerwichtigste bei einer Vergiftung ist, dass das scheinbar vergiftete Pferd sowie die anderen Pferde daran gehindert werden, weitere Giftpflanzen zu fressen. Erst dann sollte die vermeintliche Giftquelle sichergestellt und für den Tierarzt aufgehoben werden. Wer die Möglichkeit hat, kann auch versuchen, die Giftpflanze zu bestimmen. Aufgepasst! Bis zum Eintreffen des Tierarztes darf das Pferd nichts mehr fressen, aber Wasser trinken so viel es will.

Ist die Giftquelle bekannt, wird der Tierarzt geeignete Behandlungsmaßnahmen einleiten. Dazu zählen zum Beispiel die Magenentleerung oder das Verabreichen von Aktivkohle. Wissen der Tierarzt und auch der Besitzer nicht, womit sich das Pferd vergiftet hat, beginnt ein oft mühsames Nachforschen, zum Beispiel durch die Untersuchung des Mageninhalts.

Jaqueline Kaldewey

Buchtipps

Notfall-Ratgeber Giftpflanzen für Pferde
Das E-Book aus dem FNverlag hilft Reitern und Pferdebesitzern, giftige Pflanzen rund um den Stall, den Reitplatz, die Weide und in der freien Natur zu erkennen und Vergiftungen zu vermeiden. Tritt der Notfall ein, finden sich im E-Book auch wichtige Maßnahmen zur Ersten Hilfe sowie Tipps, was Pferdefreunde für ihr Pferd bis zum Eintreffen des Tierarztes tun können.

Pferdegesundheitsbuch
Das umfangreiche Nachschlagewerk aus dem FNverlag ist der ultimative Ratgeber rund um die Gesundheit von Pferden. Auch dem Thema Giftpflanzen ist ein eigenes Kapitel gewidmet.

von Dr. med. vet. Beatrice Dülffer-Schneitzer
1. Auflage 2018
€ 12,99
ISBN: 978-3-88542-929-6
198 Seiten

von Dr. med. vet. Beatrice Dülffer-Schneitzer
4. Auflage 2019
€ 39,90
ISBN: 978-3-88542-718-6
520 Seiten

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