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Lernen vom Reitmeister: Achaz von Buchwaldt
„Gut reiten, heißt fühlen!“
„Mein alter Reitlehrer hat immer gesagt: ‚Gut reiten, heißt fühlen!‘ Damals habe ich nicht wirklich verstanden, was er damit meint. Heute denke ich oft an ihn – ganz besonders, wenn es um das Gefühl geht“, erinnert sich Achaz von Buchwaldt.
Achaz von Buchwaldt legt viel Wert auf eine harmonische Beziehung zu seinem Pferd. Alle Fotos: Jacques Toffi
„Es geht um das Gefühl des richtigen Zusammenspiels zwischen treibenden, annehmenden und nachgebenden Hilfen.“ Aber in diesen schlichten Satz spiele noch viel mehr hinein: die Beziehung eines Reiters zu seinem Pferd, die Achtung, das Verstehen, sehr viel Erfahrung, rundum das gesamte Horsemanship. Achaz von Buchwaldt ist Reitmeister, zweifacher Derbysieger, Nationenpreisreiter und Toptrainer, er hat beispielsweise Lars Nieberg, Pia-Luise Aufrecht und Pius Schwizer gecoacht, war sechs Jahre Nationaltrainer der dänischen Springreiter und Trainer der Schweizer. Der Reitmeister hat in einer Zeit gelernt, in der häufig noch „ein anderer Wind“ durch die Reithallen wehte. „Wir wurden von unseren Trainern oft runtergemacht, das war nicht sehr konstruktiv. Schon damals war mir klar, dass ich das mal anders machen möchte.“ Ein guter Trainer müsse immer auch ein guter Psychologe sein, betonte von Buchwaldt schon vor Jahrzehnten. Heute ist das jedem klar, damals war er damit ein Vorreiter.
Start ins Reiterleben
Am 18. September 1944 wurde Achaz von Buchwaldt in Grömitz geboren. Die Familie musste bald aus Mecklenburg zu Verwandten nach Schleswig-Holstein fliehen. Mit der Unterstützung seines Vaters konnte der junge Achaz dort in den Reitsport einsteigen – erst auf Ponys, dann auf Großpferden. Er hatte Talent und war ausgesprochen fleißig, so dauerte es nicht allzu lange, dass er Pferde zur Verfügung gestellt bekam, die er auf regionalen Turnieren vorstellte.

Zahlreiche Siege und Platzierungen gehen auf das Konto von Achaz von Buchwaldt.
Nach der Schule absolvierte von Buchwaldt eine kaufmännische Lehre in Reutlingen, blieb auch währenddessen der Reiterei treu und ging 1967 das erste Mal beim Deutschen Springderby in Hamburg an den Start: Platz acht mit Athene. Dieser Auftritt sorgte für Aufmerksamkeit – nicht zuletzt beim damaligen Equipechef Gustav Pfordte. Der holte den Springbegeisterten in das Zentrum der Reiterei, ans DOKR nach Warendorf. Drei Jahre blieb von Buchwaldt in Warendorf, trainierte bei Hans Günter Winkler und lernte dort seine Frau Elisabeth kennen. 1969 heiratete das Paar, 1973 und 1976 kamen ihre beiden Töchter zur Welt. Aus Warendorf zog es von Buchwaldt weiter Richtung Norden. Zunächst auf den Moorhof nach Hamburg, dann weiter auf die Anlage von Walter „Bubi“ Günther, die das Paar von Buchwaldt erst pachtete und dann kaufte.
Erfolgsjahre
In den 1980er und 1990er Jahren startete von Buchwaldt sportlich durch: Er gewann internationale Große Preise, nahm an etlichen Nationenpreisen teil und feierte 1982 einen gigantischen Erfolg: den Sieg im Hamburger Derby mit Wendy. Ein Jahr später wurde er Deutscher Vizemeister, gehörte zum EM-Team und kam mit Teambronze nach Hause. 1996: der zweite Derby- Sieg! Dieses Mal im Sattel von Lausbub und dieses Mal mit Stechen gegen John Whitaker und Nelsson Pessoa. 25 Jahre lang war Achaz von Buchwaldt Mitglied im deutschen Bundeskader. 2002 gewann er mit Loreana den Großen Preis von Braunschweig, danach übergab er seine Spitzenstute an Lars Nieberg, zog sich aus dem aktiven Sport zurück und widmete sich vermehrt seiner Trainertätigkeit. Bis heute sitzt der Pferdemann mit dem verschmitzten Lächeln täglich im Sattel, gibt einmal in der Woche seinen Enkeln Unterricht und trainiert auch noch immer den ein oder anderen ausgewählten Reiter. Ein Alltag ohne Pferde? Kein Gedanke für Reitmeister Achaz von Buchwaldt!
Kim Kreling
Achaz von Buchwaldts Ausbildungstipp: „Springdressur“ mit Wendungen, Kurzkehrt, Übergängen und der Acht
Jede Trainingseinheit geht mit der Lösungsphase los – ich achte sehr darauf, dass sich die Reiter genug Zeit zum Lösen der Pferde nehmen. Und dann geht es darum, die Pferde langsam mehr zu versammeln. Den Weg dahin wähle ich am liebsten über Schlangenlinien durch die ganze Bahn – erst nur drei Bögen und nach und nach mehr Bögen mit engeren Wendungen. Erst im Trab und später auch im Galopp mit jeweils einem fliegenden Wechsel auf der Mittellinie. Fehlerquellen: Sehr häufig ist die Stellung der Pferde verkehrt, die Pferde sind nach außen gestellt, und das Tempo zu frei. Man muss darauf achten, die Pferde vor jedem Wechsel wieder zu setzen.
Wert der Kurzkehrt
Sehr wichtig ist für mich auch die Kurzkehrt-Wendung beim Springpferd. Ich möchte sagen, 90 Prozent der Reiter tun sich schwer damit, eine richtige Kurzkehrt zu reiten. Häufig ist das Pferd, wie bei den Schlangenlinien, nach außen gestellt und weicht dann seitlich weg. Deswegen entwickele ich diese Übung meistens aus der Volte: die Volte verkleinern, vermehrt das innere Hinterbein aktivieren und dann fängt das Pferd ganz von allein an, in die Kurzkehrt zu fußen. Zunächst im Schritt und später in gleicher Weise auch im Galopp in Richtung einer Pirouette. Wichtig dabei ist: die Stellung nach innen halten. Nächster wichtiger Baustein der „Springdressur“: Häufige Übergänge. Nach vorne reiten, wieder aufnehmen und das gerne auch in Verbindung mit Wendungen: beispielsweise aus der Ecke kehrt, wenn das Pferd schon gelöst ist, daraus zulegen und wieder aufnehmen. Denken wir ans Parcoursreiten: Der Rahmen des Pferdes erweitert sich über dem Sprung, nach dem Sprung muss man es wieder schließen. Genau das übe ich auch ohne Sprung immer wieder durch Zulegen und Aufnehmen, damit die Pferde hinten richtig Last aufnehmen. Das darf man natürlich nicht über den Zügel versuchen, sondern in erster Linie mit Gewichts- und Schenkelhilfen, ein Zusammenspiel der treibenden und verhaltenden Hilfen.
Die Acht reiten
Eine super Übung ist auch folgende: Ich stelle einen kleinen Sprung, zunächst Cavaletti-Höhe, in die Mitte des Platzes, parallel zur kurzen Seite. Über diesen Sprung lasse ich eine Acht reiten. Richtung A und C, Mitte der kurzen Seite, hat man schön viel Platz und kann die Bögen zu Beginn großzügig reiten. Wenn das gut klappt, kann die Acht immer kleiner geritten und der Sprung erhöht werden. Ist das Pferd nach dem Sprung nicht gleich wieder an den Hilfen, muss immer ein Zirkel eingelegt und Ordnung reingebracht werden. Das Pferd wird wieder in Ruhe an die Hilfen gestellt und dann geht es weiter mit der Acht. Zu Beginn lasse ich diese Übung meist aus dem Trab reiten, damit Pferd und Reiter die Übung verstehen. Und dann aus dem Galopp – das ist natürlich dem Reiten im Parcours sehr viel näher. Die meisten Pferde landen nach dem Sprung schon bald von selbst im jeweils richtigen Galopp, andere springen vielleicht kurz danach um, aber ich bin nicht dafür, sofort anzuhalten und den Galopp zu korrigieren. Mit dieser Übung lernt das Pferd richtig zum Sprung zu kommen, bleibt im gleichmäßigen Rhythmus und der Reiter lernt passend zum Sprung zu reiten.

Wendungen im Fokus
Wichtig ist, dass die Reiter die Wendung gut ausreiten, gerne auch „birnenartig“. Das bedeutet: Sie kommen beispielsweise von rechts über den Sprung, landen und reiten nach dem Sprung erst ein Stück nach rechts, damit sie dann Platz für einen schönen runden Linksbogen haben. Ein häufiger Fehler insgesamt beim Reiten von Wendungen ist, dass die Reiter die Pferde viel zu fest am äußeren Zügel halten. Man muss mit dem äußeren Zügel Verbindung halten, aber nicht zu viel, sonst wird das Pferd eingeengt, wehrt sich und kommt automatisch in die Außenstellung – wie bei der Kurzkehrt-Wendung und den Schlangenlinien. Mit dieser Art der „Springdressur“, wie ich es nenne, hat man sein Pferd nach einiger Zeit völlig mühelos losgelassen und geschmeidig. Es geht um die systematische, mühelose Erarbeitung der Durchlässigkeit.
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