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Reiterfitness im Fokus

Fit im Sattel – Pferd und Sicherheit zuliebe

Auch wenn es noch längst nicht jeder gerne hört oder gar umsetzt: Das Thema Reiterfitness hat in den vergangenen Jahren zunehmend an Bedeutung gewonnen. Zurecht! Denn nur der fitte Reiter bringt auch die Voraussetzungen für gutes Reiten mit. Und so ist es auch eine Frage der Sicherheit und der Verantwortung dem Pferd gegenüber, sich als Reiter mit Ausgleichssport fit zu halten. Im Interview mit dem PM-Forum macht Trainingswissenschaftlerin Christina Fercher eine Bestandsaufnahme.

Reiter wie Olympiasiegerin Jessica von Bredow-Werndl machen es vor: Yoga und andere Workouts eignen sich hervorragend, um sich fürs Pferd und Reiten fit zu halten. Foto: Jacques Toffi

PM-Forum: Frau Fercher, erzählen Sie mal – wie steht es um die Reiterfitness?

Christina Fercher: Seit 2015 betreuen wir am Olympiastützpunkt in Warendorf die Kaderreiter, vor allem die Nachwuchsreiter zwischen U18 und U25. Im Rahmen der Leistungsdiagnostik machen wir uns ein genaues Bild, testen wie kräftig und beweglich jemand ist und erstellen individuelle Trainingsprogramme. Wir wünschen uns natürlich gesunde und leistungsfähige Athleten. Zunehmend müssen wir heute beobachten, dass auch schon bei jungen Leuten beispielsweise Haltungsschwächen auftreten. Unsere Reiter machen da leider keine Ausnahme. Das wirkt sich auch auf das Reiten aus, denn unser Körper ist das Sprachrohr, mit dem wir uns mit dem Pferd verständigen.
Wenn jemand aufgrund von körperlichen Dysbalancen falsche Hilfen gibt – wie soll ein Pferd das denn verstehen und richtig machen? Man kennt das: Viele Reiter habe eine „Schokoladenseite“, auf der es besser klappt als auf der anderen. Wir müssen also nicht nur daran arbeiten, unser Pferd geradezurichten, sondern auch uns selbst.

PM-Forum: Sie empfehlen also Ausgleichstraining?

Fercher: Ausgleichstraining ist eher präventiv und soll gezielt einer einseitigen Beanspruchung durch die Hauptsportart entgegenwirken. Reiter haben meistens eine starke Rückenmuskulatur und starke Adduktoren, also die Muskeln an der Oberschenkelinnenseite. Um gesundheitlichen Problemen vorzubeugen, sollte man daher auch Bauchmuskulatur und die Abduktoren – also immer die Muskeln auf der anderen Seite – gezielt trainieren. Wir haben daher vor kurzem FN-Fitness-Workouts zusammengestellt, die jeder nutzen kann. Diese dienen vor allem dazu, über Kraft und Beweglichkeit athletischer zu werden, um generell die eigene Leistungsfähigkeit zu steigern und gesund zu bleiben.

PM-Forum: Wer Pferde hat, weiß, wie zeitaufwändig das oft ist. Das wird oft auch als Grund genannt, warum keine Zeit für Ausgleichssport bleibt. Warum lohnt es sich dennoch?

Fercher: Wir wissen, dass alle viel zu tun haben und die Zeit knapp ist. Um fitter zu werden, reichen jedoch schon kurze, aber regelmäßige Workouts. Beispielsweise sind zwei- bis dreimal die Woche 20 Minuten Training plus zwei Ausdauereinheiten schon ein guter Start. Dafür braucht es keine Geräte und man muss auch nicht unbedingt ins Fitnessstudio, wenn man dafür keine Zeit hat. Schon kleine, gezielte Übungen wirken sich positiv aus. Dazu gehört, sich die eigene Körperhaltung immer wieder bewusst zu machen, sich zu stabilisieren und bestimmte Muskeln gezielt anzuspannen und loszulassen. Je automatisierter solche Abläufe sind, desto leichter lassen sie sich auch im Sattel abrufen. Der Preis für den kleinen Aufwand ist nicht nur mehr Sicherheit. Als fitter Reiter kann ich mein sportliches Potenzial noch besser ausschöpfen und tue vor allem auch meinem Pferd etwas Gutes.

PM-Forum: Wie verbreitet ist solches Athletiktraining denn schon im Pferdesport?

Fercher: Generell hinkt der Pferdesport etwas hinterher, wenn es um sportwissenschaftliche Methoden geht. Aber die seit einigen Jahren eingeführte Leistungsdiagnostik zeigt bereits Erfolge. Bestes Beispiel für eine fitte Reiterin ist Olympiasiegerin Julia Krajewski, die schon seit Jahren aktiv an sich arbeitet und den Nutzen auch schon vielen ihrer Nachwuchsreitern vermitteln konnte.

Das Interview führte Uta Helkenberg.

Ob mit Pferd oder ohne: Zwei sportliche Ausdauereinheiten pro Woche tun jedem Menschen gut – hier joggt Lisa Röckener mit Hund und ihrem Pferd Valoo. Foto: Stefan Lafrentz

Auch Showstar und Hobby-Turnierreiterin Lisa Röckener macht Fitness-Workouts und geht joggen und wird so der Verantwortung ihren Pferden gegenüber gerecht. Foto: Stefan Lafrentz

Christina Fercher ist Trainingswissenschaftlerin und betreut am Olympiastützpunkt Reiten in Warendorf die Kaderathleten insbesondere im Nachwuchsbereich. Foto: privat

Neue FN-Lehrfilme: Fitness-Workouts zum Mitmachen

Nur ein trainierter Reiter mit einem guten Körperbewusstsein kann optimal auf sein Pferd einwirken und es in jeder Situation angemessen unterstützen. Daher hat die FN nun ihre Lehrfilmreihe für sicheres Geländereiten erweitert und stellt dabei in den neuen Folgen weniger das Pferd als vielmehr den Reiter in den Mittelpunkt. Auf drei unterschiedlichen Levels haben die Trainingswissenschaftler Matthias Warnck und Christina Fercher vom Olympiastützpunkt in Warendorf abwechslungsreiche Workouts speziell für Reiter zusammengestellt. Die jeweils 15 Übungen laden zum Mitmachen ein. Dabei geht es nach einem Warm-up zunächst um Mobilisierung und Verbesserung der Beweglichkeit, danach folgen ausgewählte Stabilisierungs- und Kräftigungsübungen. Das FN-Fitness-Workout Level 1 eignet sich für Reiter, die bisher wenig Ausgleichstraining neben dem Reiten betrieben haben und an ihrem sicheren Sitz arbeiten möchten. Level 2 richtet sich an Reiter mit einer gewissen Grundfitness und Level 3 spricht Reiter mit guter Grundfitness an, die ihre Leistung im Sattel verbessern möchten. Die neuen Filme sind im Kontext des Projekts „Mit SICHERHEIT besser reiten“ der Stiftung Deutscher Pferdesport entstanden – zum Wohl von Reiter und Pferd. Die FN-Fitness- Workouts sind unter www.pferd-aktuell.de/reiterfitness zu finden.

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