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Fütterung: Versorgungsengpass kompensieren
Heu – es gibt Alternativen
Der trockene Sommer hat in weiten Teilen Deutschlands die Wiesen und Weiden in staubtrockene
Flächen ohne nennenswertes Wachstum verwandelt. So muss in den kommenden Monaten vielfach
mit Versorgungsengpässen bei Heu und Heulage gerechnet werden. Wie und mit welchen Alternativen
eine gute Fütterung aufrechterhalten werden kann, erläutert Privatdozentin Dr. med. vet. Ingrid
Vervuert von der Pferdeklinik der Universität Leipzig.
Wo sonst satte Weiden Pferde satt machten, bot sich in diesem Jahr in den meisten Teilen Deutschlands eine Steppe. Vielfach mussten die Pferdehalter Heuraufen aufstellen, wodurch ihre Vorräte stark dezimiert wurden. Foto: Frank Sorge
Welchen Raufutterbedarf hat ein Pferd bzw. ein Pony?
Im Allgemeinen gilt, dass Pferde bzw. Ponys täglich mit einer Mindestmenge an Raufutter von rund 1,5 kg Trockensubstanz pro 100 kg Körpermasse versorgt werden sollten, wobei für Heu 1,7 kg Heu pro 100 kg Körpermasse und für die feuchteren Heulagen rund 2 kg Heulage pro 100 kg Körpermasse zu veranschlagen sind. Diese Empfehlungen berücksichtigen dabei sowohl die Beschäftigung mit der Futteraufnahme als auch optimale Bedingungen für die Verdauung (z. B. hohe Speichelbildung, Nährstoffe wie Zellulose für die Darmbakterien) und leisten zudem einen erheblichen Beitrag für die Energie- und Nährstoffversorgung der Pferde und Ponys. Die empfohlenen täglichen Mindestmengen für Heu oder Heulage stehen in zahlreichen Ställen in diesem Jahr aufgrund der extremen Witterungsbedingungen nicht zur Verfügung, so dass ein Teil des Heus durch weitere rohfaserreiche Futtermittel ergänzt werden muss. Die empfohlenen täglichen Mindestmengen für Heu oder Heulage stehen in zahlreichen Ställen in diesem Jahr aufgrund der extremen Witterungsbedingungen nicht zur Verfügung, so dass ein Teil des Heus durch weitere rohfaserreiche Futtermittel ergänzt werden muss.
Privatdozentin Dr. med. vet. Ingrid Vervuert, Fachtierärztin für Tierernährung und Diätetik am Institut
für Tierernährung, Ernährungsschäden und Diätetik der Veterinärmedizinischen Fakultät Leipzig, erklärt, welche Futtermittel als Heuersatz eingesetzt werden können. Foto: privat
Kann Stroh Heu ersetzen?
Bei übergewichtigen Pferden und Ponys sollte ein Teil des Heus oder der Heulage durch Getreidestroh ersetzt werden. Um das vorhandene Stroh als Futtermittel besser bevorraten zu können, sollten alternative Einstreumaterialien wie z. B. Rapsstroh, Hobelspäne oder Miscanthus gegen Stroh ausgetauscht werden. Getreidestroh bietet ebenso wie Heu oder Heulagen ausreichend Beschäftigung mit der Futteraufnahme, und sehr viele Pferde und Ponys fressen gerne Stroh.
Der tägliche Anteil an Stroh kann bis zu 30 bis 40 Prozent des Raufutters abdecken, so dass z. B. eine Kombination aus 1 kg Heu (oder 1,2 kg Heulage) pro 100 kg Körpermasse und 0,5 kg Stroh pro 100 kg Körpermasse, insbesondere bei leichtfuttrigen Pferden und Ponys zu empfehlen ist. Durch den höheren Verholzungsgrad werden den Darmbakterien durch das Stroh aber weniger nutzbare, d. h. fermentierbare Substrate wie Zellulose zur Verfügung gestellt, so dass es zu Verstopfungskoliken kommen kann. Deshalb sollten Pferde und Ponys langsam an Stroh gewöhnt werden, um das Risiko für Verstopfungskoliken zu reduzieren. Auch sollte das Stroh möglichst mit Heu oder Heulage vermischt gefüttert werden, um weiterhin für die Darmbakterien über das Heu bzw. Heulage genügend fermentierbare Substrate zur Verfügung zu stellen. Beim Einsatz von Stroh sollte des Weiteren auf eine ausreichende Bewegung sowie auf eine uneingeschränkte Wasseraufnahme geachtet werden. Zu beachten ist auch, dass Stroh im Vergleich zu Heu und Heulagen deutlich energie- und proteinärmer ist, so dass vielfach weitere Ergänzungen wie z. B. Aminosäuren notwendig sind.
Welchen Stellenwert nimmt Silage als Heuersatz ein?
Bei kombinierter Rinder- und Pferdehaltung stehen eventuell Maissilagen zur Verfügung, die ebenfalls bei Pferden, insbesondere bei schwerfuttrigen Pferden einen Teil des Heus bzw. der Heulage ersetzen können. Maissilagen werden von Pferden sehr gerne gefressen, diese sollten aber grundsätzlich nur frisch vom Silo gefüttert werden, eine längere Lagerung bei mehr als 2 bis 24 Stunden außerhalb des Silos kann zu einer erheblichen Vermehrung von Hefen führen, so dass es bei Fütterung zu Gaskoliken kommen kann. Einige Reiter berichten darüber hinaus von einem vermehrten Schwitzen der Pferde nach der Fütterung von Maissilage, dies steht im Zusammenhang mit der Fermentationswärme der Bakterien im Dickdarm während des Abbaus der Nährstoffe. Bei kühleren Temperaturen im Herbst und Winter stellt das Schwitzen aber kein gravierendes Problem für die Pferde dar. Frische Maissilage kann täglich bis zu rund 1 kg pro 100 kg Körpermasse gefüttert werden, höhere Mengen sind aufgrund der Stärkegehalte in der Maissilage nicht sinnvoll. Zu beachten ist, dass Maissilagen zwar energiereich, aber proteinarm sind, so dass vielfach eine Proteinergänzung z. B. Sojaextraktionsschrot oder Erbsenflocken sinnvoll ist. Eine Kombination aus 1 kg Heu oder Heulage pro 100 kg Körpermasse und 1 kg frischer Maissilage pro 100 kg Körpermasse stellt somit eine gute Alternative bei schwerfuttrigen Pferden dar.
Möhren sollten im Ganzen verfüttert werden, sonst drohen Schlundverstopfungen. Foto: Frank Sorge
Bringen Möhren oder Rote Bete eine gewisse Entlastung?
Auch Möhren, Rote Bete und Rüben sowie Rübenschnitzel (nach Entzug des Zuckers) können zumindest teilweise die knappen Heu- bzw. Heulagereserven kompensieren. Bei gesunden, normalgewichtigen Pferden (z. B. 600 kg Körpermasse) können täglich Möhren, Rote Bete oder Futterrüben bis zu 10 kg und Zuckerrüben bis zu 5 kg gefüttert werden, in Einzelfällen (z. B. bei Abmagerung) auch höhere Mengen. Bei Möhren, Rote Bete und Rüben ist darauf zu achten, dass diese vor der Fütterung gründlich gereinigt werden müssen. Möhren sollten ganz gefüttert und Rote Bete sowie Rüben sollten zur Fütterung halbiert werden, damit Pferde und Ponys abbeißen können, klein geschnittene Futterwürfel erhöhen das Risiko für Schlundverstopfungen. Getrocknete Rübenschnitzel, die aus der Zuckerrübenverarbeitung st mmen, und hohe Pektingehalte enthalten, stehen sowohl melassiert als auch unmelassiert zur Verfügung.
Der Markt bietet in Bezug auf das Quellvermögen der Rübenschnitzel unterschiedliche Produkte an, die Empfehlungen zum notwendigen Einweichen sind entsprechend zu beachten. Die Fütterung von melassierten Rübenschnitzel ist bei schwerfuttrigen Pferden sowie bei Pferden mit einem hohen Energiebedarf sinnvoll, wohingegen unmelassierte Rübenschnitzel eher bei leichtfuttrigen Pferden und Ponys zum Einsatz kommen können. Tägliche Mengen von 0,2 bis 1 kg (trocken eingewogen) sind insbesondere bei Heu-Stroh-Kombinationen sehr gut möglich.
Staubtrockene Weiden, die aussehen wie Paddocks, waren in diesem Sommer vielerorts zu sehen. Foto: Frank Sorge
Wie sinnvoll ist die Fütterung von Pellets?
Der Markt bietet unterschiedliche Trockengrünprodukte wie Graswürfel, Heu- oder Luzernecobs oder Grünmehlpellets sowie Esparsetteoder Maiscobs an. Cobs können bei Pferden durchaus einen Teil des Heus bzw. der Heulage ersetzen, obwohl die Partikellängen und somit die Kauvorgänge der Cobs nicht vergleichbar mit Heu oder Heulage sind, trotzdem aber Beschäftigung mit der Futteraufnahme und für die Darmbakterien ein adäquates Futtermittel bieten.
Bei sehr knappen Heu- oder Heulagevorräten ist ein 40 bis 50 Prozent Ersatz täglich denkbar, durchaus in Kombination mit zusätzlichem Stroh. Bei alten Pferden mit erheblichen Gebiss- bzw. Futteraufnahmeproblemen ist häufig der vollständige Ersatz von Heu durch eingeweichte Trockengrünprodukte sinnvoll und notwendig.
Auch Grünhafer, der vielfach in gehäckselter Form vorliegt, kann bei schwerfuttrigen Pferden teilweise im Austausch zum Heu bzw. Heulage gefüttert werden. Hier sind ebenfalls Kombinationen aus Heu (z. B. 1 bis 1,2 kg Heu bzw. Heulage pro 100 kg Körpermasse), Stroh (z. B. 0,3 kg pro 100 kg Körpermasse) und Grünhafer (z. B. 0,2 kg pro 100 kg Körpermasse) möglich.
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