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Fairer Sport: Risiko unbewusstes Doping

Unwissenheit schützt vor Strafe nicht

Fälle von Doping und unerlaubter Medikation im Spitzensport sorgen immer mal wieder für Negativschlagzeilen in der Presse und werfen ein schlechtes Licht auf den Pferdesport. Dabei sind es immer wieder auch Unkenntnis und fehlende Sensibilität fürs Thema, die zum positiven Befund führen. So können bereits kleine Mengen von Substanzen in vermeintlich harmlosem Pferdefutter oder mangelnde Hygiene im Stall zum Fallstrick werden. Auch ist das Risiko unbewussten Dopings nicht nur ein Thema für den Spitzensport, sondern betrifft jeden Pferdesportler, der mit seinem Pferd an Wettkämpfen teilnimmt.

Wer auf dem Turnier startet, ist dafür verantwortlich, was in seinem Pferd gefunden wird. Foto: Antje Jandke/ FN-Archiv

Doping stellt eine Gefahr für Mensch und Tier dar und verschafft zudem einen unfairen Wettbewerbsvorteil. Zahlreiche Organisationen setzen sich seit Jahren für einen sauberen und fairen Sport ein und sagen Doping den Kampf an. Im Pferdesport gibt es die Anti-Doping- und Medikamentenkontroll- Regeln (ADMR) der Deutschen Reiterlichen Vereinigung (FN), die als Teil der Leistungs-Prüfungs-Ordnung (LPO) in Deutschland die Spielregeln zum Umgang mit Substanzen, Behandlungsmethoden, Nachweis- und Untersuchungsverfahren und mögliche Konsequenzen bei positiven Befunden vorgeben. Diese Bestimmungen beruhen auf dem Tierschutzgesetz und beziehen neben im Wettkampf verbotenen Dopingsubstanzen und im Wettkampf verbotener unerlaubter Medikation auch Dopingsubstanzen ein, die bereits im Training verboten sind, also niemals zur Anwendung kommen dürfen.

Auf internationaler Ebene werden im Pferdesport nach dem Regelwerk des Weltreiterverbands FEI auf der Equine Prohibited Substances List (EPSL) Substanzen und Methoden gelistet, die bei internationalen Wettkämpfen verboten sind oder deren Einsatz an ganz bestimmte Kriterien geknüpft ist. Auch die FEI unterscheidet zwischen Substanzen, die im Wettkampf verboten sind, jedoch außerhalb des Wettkampfes therapeutisch zum Einsatz kommen können und Substanzen, die beim Sportpferd nie angewendet werden dürfen (sog. „Banned substances“). Hinsichtlich der Einstufungen von FN und FEI ergeben sich in einigen Bereichen allerdings Unterschiede, weshalb im Nachfolgenden vor allem auf die in Deutschland geltenden Maßgaben geschaut wird.

Doping oder Medikation?

Was im Volksmund oft unter dem Begriff „Doping“ unsachlich zusammengeworfen wird, ist in den ADMR in drei Listen mit unterschiedlicher Klassifikation unterteilt: Liste 1 umfasst Dopingsubstanzen und Methoden, die im Wettkampf verboten sind, Liste 2 umfasst unerlaubte Medikation, die im Wettkampf verboten ist und Liste 3 listet die sowohl im Wettkampf als auch im Training verbotenen Dopingsubstanzen und Methoden auf. „Die Unterscheidung zwischen Doping und unerlaubter Medikation ist dahingehend wichtig, weil die Sanktionen und Konsequenzen jeweils andere sein können“, erklärt der Tierarzt Dr. Michael Mäule, der sowohl im Auftrag der FN Wettkampfproben als auch im Vorfeld von Championaten Pre-Proben der nominierten Pferde im Heimatstall durchführt und darüber hinaus für die FEI als Testing-Veterinär unterwegs ist. Beim klassischen Doping soll die Leistungsfähigkeit eines gesunden Pferdes verbessert werden, Substanzen werden missbräuchlich eingesetzt. Bei einer unerlaubten Medikation liegt als Ausgangspunkt eine vorherige Leistungsverminderung durch Krankheit vor. Hier wird im Allgemeinen unterstellt, dass die verwendeten Substanzen inerster Linie zur Behandlung der Erkrankung eingesetzt wurden, also mit guter Absicht. Auch die Liste der Dopingsubstanzen (Liste 1), die im Wettkampf verboten sind, umfasst Wirkstoffe von Medikamenten, die der Tierarzt bei bestimmten Krankheitsbildern einsetzt oder die zur Sedation des Pferdes für tierärztliche Maßnahmen benötigt werden. Diesen wird jedoch ein erhöhtes Missbrauchspotential zugeschrieben, weshalb sie in der Dopingliste und nicht in der Kategorie „unerlaubte Medikation“ geführt werden.

Unbewusstes Doping

Ziel von Doping ist es, die Leistungsfähigkeit des Pferdes zu manipulieren, entweder, um diese zu erhöhen oder herabzusetzen (negatives Doping). Neben dem bewussten Doping gibt es immer mal wieder auch Fälle von unbewusstem Doping, also die versehentliche Gabe verbotener Substanzen. „Ursachen hierfür können sowohl in der Fütterung des Pferdes liegen als auch in mangelnder Stallhygiene sowie fehlerhaftem Stallmanagement. Gerade Unkenntnis und mangelnde Sensibilität für Dopingprävention sind erhebliche Risikofaktoren. Diese entbinden den Reiter jedoch niemals von seiner Verantwortung. Man könnte auch sagen, wer sich nicht mit dem Thema beschäftigt, handelt grob fahrlässig“, sagt Dr. Henrike Lagershausen, Leiterin der FN-Abteilung Veterinärmedizin und Tierschutz.

Schattenseite des Sports – egal ob im Profi- oder Amateursport: Doping- und Medikationsfälle kommen immer mal wieder vor, oft gar nicht in böser Absicht. Foto: Antje Jandke/ FN-Archiv

Ist das Futter ADMR-konform?

Die Pferdefütterung ist ein wichtiger Grundpfeiler der Gesunderhaltung des Pferdes. Das Angebot an verschiedensten Futterkomponenten und Supplementen ist groß. So kommt es nicht selten vor, dass Pferdehalter unbedacht zu Ergänzungsfuttermitteln greifen, ohne deren einzelne Komponenten und Inhaltsstoffe im Detail zu kennen. Das kann nicht nur für die Pferdegesundheit von Nachteil sein, sondern ist auch im Hinblick auf die ADMR-Konformität problematisch. „Nervösen Pferden wird gerne Ergänzungsfutter mit Magnesium gegeben, oftmals enthalten diese aber zusätzlich auch L-Tryptophan, was in Futtermitteln nur mit einem Gehalt bis 0,5 Prozent ADMR-konform ist“, so Dr. Mäule. „Mitunter können verbotene Substanzen auch in wohlklingenden Wirkstoffkomplexen versteckt sein. Eine ganz genaue Kontrolle der Inhaltsstoffe und im Zweifelsfall auch eine Nachfrage sowohl beim Hersteller des Produktes als auch bei der FN ist deshalb anzuraten“, ergänzt der Tierarzt.

Uups! Ausversehen die falsche Schüssel ans falsche Pferd gegeben? Kann passieren, kann aber auch ein verhängnisvoller Fehler sein. Wichtig ist eine offene Kommunikation in der Stallgemeinschaft und dass auch die Nicht-Turnierreiter in das Thema ADMR miteinbezogen werden. Foto: Christiane Slawik

Ein weiteres Problem stellen Kontaminationen von Futtermitteln und Supplementen dar. Futtermittelkontaminanten können bereits bei der Ernte in die Rohstoffe gelangen über Pflanzen, die am Rand eines Futterpflanzenfeldes oder sogar darin wachsen und verbotene Substanzen enthalten (z.B. Morphin aus dem Schlafmohn). Darüber hinaus kann es auch im Herstellungsprozess versehentlich zu Kontaminationen kommen. „Bei der Auswahl der Futtermittel sollte deshalb darauf geachtet werden, renommierte Pferdefutterhersteller mit einem guten Qualitätsmanagement auszuwählen. Idealerweise werden sowohl die Rohstoffe als auch die fertigen Produkte chargenweise auf die typischen Futtermittelkontaminanten wie zum Beispiel Morphin, Coffein, Theobromin untersucht“, rät Dr. Lagershausen.

Beim Pferdefutter empfiehlt es sich, auf Produkte renommierter Hersteller zurückzugreifen. Diese unterliegen einem Qualitätsmanagement und werden idealerweise chargenweise auf Kontaminationen getestet. Foto: Stefan Lafrentz

Mangelnde Stallhygiene oder Unvorsichtigkeit gerade bei der Fütterung können Reiter schnell und ohne böse Absicht in die Positivfalle tappen lassen. Foto: Christiane Slawik

Pflanzlich, aber wirkungsvoll

Auch beim Einsatz pflanzlicher Produkte ist Vorsicht geboten. Die Beschreibung „rein pflanzlich“ sagt nichts über die ADMR-Konformität eines Produktes aus. „Es wird oft vergessen, dass viele pflanzliche bzw. natürliche Substanzen die Grundlage für Medikamente bilden. Sobald eine Substanz eine therapeutische Wirkung hat oder haben soll, ist sie ADMR-relevant und sollte überprüft werden – dazu zählen übrigens auch Homöopathika“, erklärt Dr. Mäule, der sowohl nationale als auch internationale Turniere betreut. Das im Wettkampf und im Training verbotene Capsaicin, Hauptbestandteil von Chilischoten und verantwortlich für deren Schärfe, bildet zum Beispiel die Grundlage für etliche Schmerzsalben. Beim Auftragen auf die Haut wird dieser Stoff physikalisch wirksam und erzeugt starke Hitze. „Zudem ist Capsaicin oftmals in Pasten enthalten, die zum Beispiel auf Ausrüstung, Zaunpfähle oder anderes Material aufgetragen wird, um ein Anfressen durch das Pferd zu verhindern. Durch die Berührung mit dem Maul kontaminiert sich das Pferd und kann im Rahmen einer Medikationskontrolle positiv getestet werden“, sagt Dr. Lagershausen. „Solche Pasten gehören nicht in einen Sportpferdestall“, findet auch Dr. Mäule. Hinzu kommt, dass in einigen Fällen die Inhaltsstoffe nicht oder nur indirekt deklariert sind – sie heißen dann zum Beispiel „Pfefferextrakt“ oder „Chiliextrakt“. 

Hier ist größte Vorsicht geboten. Auch Kräuter, die sich positiv auf die Verdauung oder den Atemwegsapparat auswirken, sind oftmals ADMR-relevant und unterliegen einer Karenzzeit. Dazu zählen zum Beispiel Fenchel, Spitzwegerich und Kamille. „In Futtermitteln gilt bei solchen Kräutern in vielen Fällen ein Grenzwert von 0,5 Prozent für das jeweilige Kraut und maximal drei Prozent Kräuter dürfen insgesamt enthalten sein. Es gibt aber auch zahlreiche Ausnahmen wie Teufelskralle, die grundlegend nicht ADMR-konform ist und sogar eine Karenzzeit von vier Tagen hat“, erklärt Dr. Mäule.

Aufgepasst: Auch Kräuter und pflanzliche Produkte sind nicht immer harmlos und können wirksame, ADMR-relevante Substanzen enthalten. Foto: Pixabay

ADMR-Suchmaschine

Über die ADMR-Suchmaschine auf der FN-Webseite und in der FN-App können knapp über 900 Substanzen auf ihre ADMR-Konformität überprüft werden. Dadurch ist es jedem Pferdehalter selbst möglich, Ergänzungsfutter und Supplemente anhand ihrer Inhaltsstoffe zu überprüfen. Ein ADMR-Konflikt besteht bereits dann, wenn lediglich eine einzige Substanz eines zusammengesetzten Futtermittels nicht ADMRkonform ist. Auch etliche Kräuter und pflanzliche Produkte sind ADMR-relevant. Es wird zwischen zwei Einstufungen unterschieden:
ADMR-konform: Substanz ist im Wettkampf erlaubt
ADMR-Konflikt: Substanz ist im Wettkampf verboten
Ist eine Substanz in der Suchmaschine nicht zu finden, bedeutet das NICHT automatisch, dass diese erlaubt ist!

Nachweiszeit: Gibt an, wie lange bestimmte Substanzen in bestimmten Dosierungen und nach bestimmten Gaben bei einer geringen Anzahl (i.d.R. sechs) untersuchter Pferde nachweisbar waren. Diese Untersuchungen sind mit großem Forschungsaufwand und dadurch hohen Kosten (30.000 bis 50.000 Euro je Substanz) verbunden. Daher liegen Nachweiszeiten bisher in erster Linie für Substanzen vor, die häufig in der Pferdemedizin eingesetzt werden.
Karenzzeit: Die Art und Weise, wie Nachweiszeiten ermittelt werden, bedeutet, dass sie nicht auf jedes Pferd übertragbar sind. Darüber hinaus sind Faktoren wie die Wirkung der Substanz, ihre Dosierung, die Häufigkeit der Gabe sowie insbesondere die Erkrankung des Pferdes zu berücksichtigen. Daher ergibt sich die Notwendigkeit, die Nachweiszeit mit einem zeitlichen Sicherheitszuschlag zu versehen. Diese Zeit, von der Gabe der Substanz bis zum Einsatz auf dem Turnier, nennt man Karenzzeit. Karenzzeiten lassen sich einerseits von Nachweiszeiten statistisch abgesichert ableiten oder sie beruhen auf pharmakologischen und veterinärmedizinischen Erkenntnissen. Die von der FN veröffentlichten Karenzzeiten sind als Empfehlung zu verstehen. Sie beinhalten großzügig angesetzte Sicherheitsaufschläge. Sie sind im Einzelfall jedoch keine absolute Garantie dafür, dass bei Berücksichtigung der Karenzzeit ein positives Ergebnis bei einer Medikationskontrolle verhindert wird. In der Biologie und der Medizin gibt es keine 100-prozentige Sicherheit. Daher beinhaltet auch die empfohlene Karenzzeit ein Restrisiko.
Übrigens: Die FEI gibt in ihrer Suchmaschine lediglich Hinweise zu ungefähren Nachweiszeiten (detection times) von Wirkstoffen an. Um zu einer adäquaten Karenzzeit zu gelangen, muss der Nachweiszeit noch ein Sicherheitsaufschlag hinzugefügt werden. Es ist wichtig, diesen Unterschied zwischen einer Karenzzeit und einer Nachweiszeit zu kennen!

                                                                             

Überlegt handeln

Das große Angebot auf dem Futtermittelmarkt kann bei wohlüberlegtem Einsatz zwar auf der einen Seite die Gesunderhaltung des Pferdes unterstützen, auf der anderen Seite verlieren Pferdehalter und Reiter aber schlichtweg leichter den Überblick über die Stoffe, die das Pferd tatsächlich zu sich nimmt. Hinzu kommen weitere Risikofaktoren wie mangelnde Stallhygiene während und nach einer abgeschlossenen Behandlung. „Deshalb ist es auch wichtig, dass nicht nur Turnierteilnehmer für dieses Thema sensibilisiert werden, sondern im besten Fall alle Personen, die in einem Stall agieren, um einfach mehr Bewusstsein dafür zu schaffen. Unterm Strich kann es immer passieren, dass ein Pferd versehentlich in eine falsche Box gestellt wird und nun das mit Medikamenten angereicherte Futter eines anderen Pferdes aufnimmt. Es kann auch schon genügen, wenn die Box, der Futtertrog und die Tränke nach einer Behandlung nicht gründlich gereinigt wurden. Der Pferdesportler ist selbst in der Verantwortung und muss die Risiken für eine versehentliche Aufnahme verbotener Substanzen aktiv minimieren. Aufklärung ist einfach unglaublich wichtig!“, appelliert der Tierarzt.

Karenzzeiten

Futtermittelhersteller unterliegen keiner Pflicht, eine Karenzzeit anzugeben bzw. auf ADMR-Konformität hinzuweisen. Letztlich ist nur der Reiter, Fahrer bzw. Longenführer in der Pflicht, auf die ADMR zu achten und diese einzuhalten. „Ich denke, oftmals handeln die Reiter gar nicht mutwillig. Es steht für Berufsreiter einfach zu viel auf dem Spiel und Freizeitreiter sind sich in den meisten Fällen wohl gar nicht im Klaren darüber, welche Substanzen bereits relevant sind. Verantwortlich sind sie dennoch“, sagt Dr. Mäule. Auch angegebene Karenzzeiten der FN schützen nicht zu 100 Prozent. Sie beinhalten aber bereits einen Sicherheitsaufschlag. „Ich kann nur jedem raten, zur Aufklärung rund um das Thema beizutragen und es ruhig auch mal in der Stallgemeinschaft zu besprechen. Nur gemeinsam können wir für einen sauberen, fairen Sport sorgen. Denn eines ist klar, jeder Positivfall ist einer zu viel und schadet auch dem Ansehen des Pferdesports“, appelliert Dr. Lagershausen.

Lorella Joschko

Ausgewählt: Anhand der Startliste wird per Zufall entschieden, wer in die Medikationskontrolle muss. Treffen kann es also jeden! Foto: Antje Jandke/FN-Archiv

Karenzzeiten sind immer nur ein Anhaltspunkt. Sie beinhalten großzügige Sicherheitsaufschläge, können im Einzelfall aber keine 100-prozentige Sicherheit geben, denn jedes Pferd verstoffwechselt anders. Foto: Antje Jandke/FN-Archiv

Probenentnahme

Die Probenentnahme im Rahmen eines Wettkampfs beginnt im Allgemeinen mit dem Ansprechen des Reiters/Fahrers/Longenführers. Anhand der Starterlisten wird bei Zufallsproben das Pferd ausgewählt, das beprobt werden soll. Dabei soll der Verlauf der Prüfung nicht gestört werden. Nach Ansprache des Reiters wird das Pferd zur ausgewiesenen Medikationskontrollbox begleitet. Ab diesem Moment darf es nicht mehr unbeaufsichtigt sein, natürlich aber versorgt werden. Es darf abgesattelt, eingedeckt und abgespritzt, sollte aber nicht gefüttert werden. Im Rahmen der Probenentnahme wird die Identität des Pferdes mittels Mikrochiplesegerät und/oder Abgleich der Abzeichen im Equidenpass überprüft. Das Probenentnahmeset wird vor den Augen des Reiters geöffnet. Bevorzugt wird bei allen Probenentnahmen die Urinprobe, auf die mindestens 30 Minuten gewartet werden muss. Nur wenn das Pferd auch nach diesem Zeitraum keinen Urin absetzt, wird Blut entnommen. „Die Annahme, dass im Urin mehr Substanzen gefunden werden können als im Blut, ist mittlerweile übrigens veraltet“, weiß Dr. Henrike Lagershausen. Im Anschluss werden die Probengefäße versiegelt und das Protokoll zur Entnahme ausgefüllt. Im letzten Schritt wird die Probe an ein akkreditiertes Labor versendet. Die Analyse dauert ca. vier bis sechs Wochen.

 

Die Urinprobe wird für A- und B-Probe auf zwei Behälter verteilt, diese werden fest verschlossen und versiegelt. Fotos: FN-Archiv

 

Dr. Henrike Lagershausen. Foto: FN-Archiv

Dr. Michael Mäule. Foto: privat

Interview mit Mona Serena Otte

„Es gibt in der Praxis Mängel bei der Dopingprävention“

Mona Serena Otte hat an der Hochschule Osnabrück im Masterstudiengang „Angewandte Nutztierund Pflanzenwissenschaften“ ihre Masterarbeit bei Prof. Dr. Heiner Westendarp zum Thema „Zur Problematik des unbeabsichtigten Dopings – Umfrage an Tierärzte, Reiter und Turnierfachleute“ verfasst. Mit dem PM-Forum hat sie über die Arbeit und ihre Erkenntnisse gesprochen.

Mona Serena Otte Foto: P. Wolff

PM-Forum: Warum haben Sie gerade dieses Thema für Ihre Masterarbeit ausgewählt?
Mona Serena Otte: Die Idee zur Arbeit entstand zusammen mit Herrn Prof. Dr. Westendarp von der Hochschule Osnabrück und der EQUOVIS GmbH. Es war mir wichtig an etwas zu forschen, das Praxisrelevanz für den Pferdesport hat. Im Stallalltag ist mir aufgefallen, wie wenig Reiter die Problematik des unabsichtlichen Dopings beachten. Mit der Arbeit möchte ich ein Stück weit zur Aufklärung beitragen.
PM-Forum: Was versteht man grundsätzlich unter unbeabsichtigtem Doping? Wird mit diesen Fällen anders umgegangen als mit bewussten Doping- und Medikationsfällen?
Otte: Von unabsichtlichem Doping bzw. versehentlicher unerlaubter Medikation sprechen wir, wenn es bei einer Medikationskontrolle zu einem positiven Ergebnis kommt, obwohl die unerlaubte Leistungsbeeinflussung nicht geplant und dem Reiter nicht bewusst war. Die ADMR geben vor, dass der Reiter (bzw. Fahrer usw.) die verantwortliche Person ist, somit hat auch das unabsichtliche Doping Konsequenzen.
PM-Forum: Was sind die häufigsten Substanzen, mit denen unbewusst gedopt bzw. unbewusst mit einer unerlaubten Medikation im Pferd im Wettkampf gestartet wurde?
Otte: Hier haben wir zum einen Futtermittelkontaminationen, bei denen beispielsweise Coffein häufiger auftaucht. Auf der anderen Seite stehen diverse Medikamente, nach deren Gabe ein Turnierstart zu früh erfolgte.
PM-Forum: Inwiefern spielt das Stallmanagement eine wichtige Rolle?
Otte: Das Stallmanagement ist eine entscheidende Stellschraube in der Dopingprävention. Die Stallapotheke sollte für Unbefugte und die Pferde unzugänglich sein und Medikamente sollten einzelnen Pferden genau zugeordnet werden können. Wer einem Pferd Medikamente gibt, sollte dabei Hygienemaßnahmen beachten, um Substanzen nicht beim Kontakt mit einem anderen Pferd auf dieses zu übertragen. Auch das Vertauschen von Futtereimern oder der Boxen beim Hereinholen der Pferde sind typische Fehler, die zu einer unbeabsichtigten Medikation bzw. zu unbeabsichtigtem Doping führen können.
PM-Forum: Worauf sollte ich bei Futtermitteln achten? Müssen Futtermittelhersteller auf ADMR-Konformität oder Karenzzeiten hinweisen?
Otte: Hersteller sind nicht verpflichtet, Angaben zur ADMR-Konformität zu machen. Allerdings weisen namenhafte Hersteller bei ihren Produkten für Sportpferde freiwillig darauf hin, ob diese ADMR-konform sind oder eine Karenzzeit eingehalten werden sollte. Diese Unternehmen haben zudem ein strenges Qualitätssicherungssystem, welches die Kontrolle der Rohstoffe und chargenweise der fertigen Produkte beinhalten sollte, um Kontaminationen
vorzubeugen. Bei Futtermitteln und Supplementen sollte man sich in jedem Falle – auch wenn der Hersteller angibt, dass sein Produkt ADMR-konform ist – die Deklaration ansehen und ggf. prüfen, welche Information zu diesen Inhaltsstoffen in der ADMRSuchmaschine zu finden ist. Dies können beispielsweise Kräuter sein, für die Grenzwerte gelten. Gerade bei Supplementen sollte man genau hinsehen und nur Produkte einsetzen, deren Inhaltsstoffe vollständig bekannt sind und auf Hausmittelchen verzichten. Da zusätzliche Supplemente immer ein Risiko darstellen, gilt hier: So viel wie nötig, so wenig wie möglich.
PM-Forum: Wie kann ich mich als Reiter am besten schützen?
Otte: Jeder, der an Pferdesportveranstaltungen teilnimmt, sollte sich eigenverantwortlich mit den ADMR auseinandersetzen. Um nachvollziehen zu können, was ein Pferd an Substanzen aufgenommen hat, kann ein Behandlungsbuch hilfreich sein, in dem alle Behandlungen sowie jegliche Produkte, die das Pferd verabreicht bekommt, dokumentiert werden. Da in Pensionsställen viel Publikumsverkehr herrscht, sollte jeder Turnierreiter im eigenen Stall Aufklärung betreiben und deutlich machen, weshalb man fremden Pferden zum Beispiel nicht einfach ein Leckerli zustecken sollte. In der kostenfreien Borschüre „Fairer Sport“ der FN sind die wichtigsten Eckpunkte zum Thema dargestellt. Sie kann dabei helfen, sich dem Thema Dopingprävention anzunähern und ein Grundverständnis für diese Thematik zu entwickeln.

Das Interview führte Lorella Joschko.

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