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Berufe rund ums Pferd: Der Hufschmied

Hornfeile, Hammer und heiße Eisen

Der Huf ist das Fundament des Pferdes – deshalb spielt der Schmied eine wichtige Rolle bei der langfristigen Gesunderhaltung der Vierbeiner. „In unserem Beruf ist es ganz wichtig, nicht nur den Blick auf die Hufe zu haben, sondern das Exterieur zu analysieren und das Pferd als Ganzes zu sehen“, sagt Hufbeschlagschmied Uwe Lukas über seine Arbeit. In Teil drei der Serie zu den Berufen rund ums Pferd wirft das PM-Forum einen genaueren Blick auf das Schmiedehandwerk.

Mit einem Hammer wird das heiße Hufeisen vom Schmied auf dem Amboss bearbeitet. Foto: Frank Sorge

„Wer Hufbeschlagschmied werden will, der braucht körperliche Belastbarkeit, die tagtägliche Bereitschaft sich in die Pferde einzufühlen, handwerkliches Geschick und einen ruhigen Umgang mit dem Pferd. Außerdem muss man Gespräche mit Kunden führen können“, fasst Hufbeschlaglehrschmied Christoph Schweppe die Anforderungen an den Beruf zusammen. Schweppe bildet in seiner Hufbeschlagschule in Dortmund angehende Hufschmiede aus und ist selbst sowohl in einer mobilen, als auch einer stationären Schmiede tätig. Seine Hufbeschlagschule ist ein alter Familienbetrieb, Schweppe führt die 1850 gegründete Schmiede bereits in fünfter Generation und sagt: „Ich bin mit Pferden aufgewachsen.“

Beim Aufnageln des Hufeisens ist Fingerspitzen­gefühl gefragt. Foto: Frank Sorge

Das qualmt! Ein neues Hufeisen wird aufgebrannt. Foto: Frank Sorge

Den Bezug zum Pferd als Anforderung an einen guten Hufschmied, hebt auch Uwe Lukas hervor: „Das Verständnis für das Pferd, die Liebe zum Tier – das gehört dazu.“ Außerdem müssen Schmiede die Bewegung von Pferden genau analysieren können, um mögliche Probleme zu erkennen und durch eine gute Hufstellung gesundheitlichen Schäden vorzubeugen: „Das Auge dafür muss man zum Teil mitbringen“, sagt Lukas.

Der Umgang mit Raspel, Hufmesser und Hammer sei hingegen erlernbar. Lukas arbeitet seit 1974 als Hufschmied, mittlerweile ist er schwerpunktmäßig in der Tierklinik Telgte tätig. Außerdem betreibt Lukas eine eigene Werkstatt und einen Rehabilitationsstall für Pferde, die über einen längeren Zeitraum eine Betreuung benötigen. Dem Warendorfer haben es gerade die schwierigen Fälle angetan: „Ich finde den orthopädischen Bereich besonders interessant, da der Beschlag dort immer wieder eine neue und spannende Herausforderung ist. Zum Beispiel, wenn Pferde Verletzungen haben und man sich Gedanken machen muss, wie man ihnen möglichst optimal helfen kann.“

Beruf im Wandel

Der Beruf habe sich in den vergangenen Jahren verändert, erzählt Lukas: „Man muss deutlich vielschichtiger arbeiten. Früher waren die Pferde entweder Barhuf oder mit Eisen beschlagen. Mittlerweile haben wir andere Materialien und andere Gedankenansätze aus der Haltung heraus, zum Beispiel den Bewegungsstall.“ Dort dürfen die Pferde wegen der Verletzungsgefahr in der Gruppe teilweise an den Hinterhufen keine Eisen tragen, sondern brauchen einen Kunststoffbeschlag. Hinzu kommt, dass Pferde heute nicht selten Familienmitglieder sind und sich die Anspruchshaltung vieler Pferdebesitzer geändert hat. Ein Hufschmied muss deshalb ebenfalls gut in der Beratung der zweibeinigen Kunden sein und erklären können, was er macht: „Viele Pferdehalter bringen ihre Meinung mit in die Arbeit ein und das ist ihr gutes Recht. Aber wenn sie bei den zahlreichen Informationen im Internet nicht differenzieren können, welche Aussage korrekt und seriös ist, dann muss man ihnen erklären, warum man das Pferd so beschlägt und nicht anders. Früher hat da keiner nachgefragt.“ Augenzwinkernd fügt Lukas hinzu: „Manchmal ist das Gespräch während der Arbeit wichtiger als die Arbeit selbst.“

 

Ausbildungsweg

Die Tätigkeit des Hufbeschlagschmieds ist kein anerkannter Ausbildungsberuf, sondern eine Weiterbildung. In den Beruf führen in Deutschland drei Wege, an deren Ende immer der Vorbereitungslehrgang für die staatliche Hufbeschlagprüfung in einer Hufbeschlagschule steht.

Tradition und Moderne

Der Hufbeschlagschmied ist einer der ältesten noch ausgeübten handwerklichen Berufe. Bereits aus dem 15. bis 18. Jahrhundert gibt es Schriftstücke, in denen die Grundsätze des Hufbeschlags aufgeschrieben sind. Im 19. Jahrhundert entstanden dann die ersten Hufschmiedeschulen. Damals machten die Hufschmiede neben den Eisen noch viele andere Schmiedearbeiten. Mittlerweile sind sie hochspezialisiert auf das Pferd und meist mit mobilen Schmieden unterwegs. Während Stahl bereits seit langem ein Werkstoff für den Beschlag ist, sind mit der Zeit neue Materialien hinzugekommen, wie etwa Aluminium, Kupfer und Kunststoff. Außerdem dienen teilweise Klebstoffe statt Nägeln zur Befestigung des Beschlags. Um auf dem aktuellen Stand zu bleiben und neue Entwicklungen einordnen zu können, ist für Hufschmiede eine regelmäßige Weiterbildung umso wichtiger.

Hufbeschlagschmied Uwe Lukas. Foto: Peter Prohn

Schulabgänger können direkt zu einem Metallbaumeister gehen und dort eine Ausbildung zum Metallbauer in der Fachrichtung Metallgestaltung und dem Kernbereich Hufbeschlag absolvieren: „In der Regelausbildungszeit, die dreieinhalb Jahre geht, wird im Grunde alles vermittelt. Sowohl der Beschlag des Pferdes als auch der Metallbereich“, erklärt Lukas. Nach ihrer Ausbildung machen die Metallbauer den Vorbereitungslehrgang für die Hufbeschlagprüfung.

Personen, die bereits eine abgeschlossene, fachfremde Berufsausbildung haben, müssen zunächst einen vierwöchigen Einführungslehrgang in einer Hufbeschlagschule machen. Ob sie studiert haben oder Friseur, Bankkaufmann oder Bäcker sind, spielt dabei keine Rolle: „Der Einführungslehrgang ist als Schnupperkurs gedacht und vermittelt die Grundlagen des Schmiedens und des Umgangs mit dem Pferd“, sagt Schweppe. Im Anschluss arbeiten die Auszubildenden für zwei Jahre bei einem anerkannten Hufbeschlagschmied, der seit mindestens drei Jahren selbstständig tätig ist. Danach dürfen sie ebenfalls am Vorbereitungslehrgang für die Abschlussprüfung teilnehmen. Interessierte, die bereits eine Ausbildung zum Pferdewirt abgeschlossen haben, können beantragen, bereits nach einer einjährigen Tätigkeit bei einem Hufschmied am Vorbereitungslehrgang teilzunehmen. Über die Erlaubnis zur Ausbildungsverkürzung entscheidet dann ein Prüfungsausschuss.

„Der Lehrgang dauert vier Monate und vermittelt Wissen zur Anatomie des Pferdes, zur Beurteilung der Glied-maßen und zu Krankheiten. Außerdem lernen die Teilnehmer Hufeisen von Hand zu schmieden und üben alternative Beschläge, wie Klebeschuhe und Kunststoffbeschläge“, erklärt Schweppe. Weitere Inhalte des Lehrgangs sind unter anderem die Grundlagen der Betriebsführung und die Beratung der Pferdebesitzer. In Schweppes Hufbeschlagschule finden regelmäßig Einführungs- und Vorbereitungslehrgänge statt. Er unterrichtet die Auszubildenden teilweise selbst, es kommen aber auch Tierärzte und Rechtsanwälte in die Hufbeschlagschule, um ihr Wissen an die angehenden Schmiede weiterzugeben. Die Tätigkeiten während des viermonatigen Lehrgangs teilen sich Schweppe zufolge gleichmäßig in drei Bereiche auf: „Das sind ungefähr zu gleichen Teilen Theorie, Schmiedehandwerk und Beschlag.“

Eines haben die meisten angehenden Hufschmiede dem Ausbilder zufolge gemeinsam: „Das sind eigentlich alles Leute, die vorher schon etwas mit Pferden zu tun hatten. Ob als Reiter oder Züchter oder auf anderem Weg. Sonst kommt man in der Regel nicht auf den Beruf.“ Während im Reitsport und bei vielen Tätigkeiten rund um das Pferd mittlerweile die Frauen in der Überzahl sind, sieht das bei den Schmieden anders aus: „Ich schätze den Frauenanteil hier in Deutschland auf zehn bis 15 Prozent“, berichtet Schweppe. In den skandinavischen Ländern sei der Anteil wesentlich höher, dort liege er bei fast 50 Prozent.

 

Perspektiven

Wer die Ausbildung abgeschlossen hat, muss sich in der Regel keine Sorgen darum machen, Arbeit zu finden: „Hufschmiede werden händeringend gesucht“, meint Schweppe. Dass der Nachwuchs fehlt, merken auch die Hufbeschlagschulen: „Bei uns ist die Nachfrage zwar relativ gut und mit circa zwölf Schülern im Jahr stabil, aber von anderen höre ich, dass die Zahlen rückgängig sind.“ Nach der Abschlussprüfung arbeiten viele noch eine Zeit lang bei ihrem Ausbilder, ehe die meisten Schmiede den Schritt in die Selbstständigkeit wagen.

Bereits im Fohlenalter kann ein Hufschmied dabei helfen, Fehlstellungen zu korrigieren. Foto: Christiane Slawik

Die Ausbildung im Überblick

Ausbildungsart: Weiterbildungsberuf mit einer Abschlussprüfung, die zur staatlichen Anerkennung führt

Ausbildungsdauer: Hängt von der Vorbildung ab: Eine Ausbildung zum Metallbauer Fachrichtung Metallgestaltung, Kernbereich Hufbeschlag dauert dreieinhalb Jahre. Wer eine fachfremde Ausbildung hat, darf nach zwei Jahren sozialversicherungspflichtiger Tätigkeit bei einem Hufbeschlagschmied am viermonatigen Vorbereitungslehrgang zur Abschlussprüfung teilnehmen. Ausgebildete Pferdewirte dürfen auf Antrag bereits nach einer einjährigen Tätigkeit bei einem Hufschmied am Vorbereitungslehrgang teilnehmen.

Voraussetzungen: Eine abgeschlossene Ausbildung in einem beliebigen Beruf und ein vierwöchiger Einführungslehrgang. Letzterer kann bei entsprechender Vorbildung gegebenenfalls entfallen. Alternativ ist direkt nach der Schulzeit die Ausbildung zum Metallbauer möglich.

Wichtige Eigenschaften: Verständnis für das Pferd, körperliche und mentale Belastbarkeit, handwerkliches Geschick, Ausgeglichenheit, Zuverlässigkeit und eine gute Auffassungs- und Beobachtungsgabe

Kosten: Einführungslehrgang ca. 1.000 Euro, Vorbereitungslehrgang ca. 4.000 Euro

Weiterbildung: Zweijährige Ausbildung zum Hufbeschlaglehrschmied, Voraussetzung ist eine mindestens fünfjährige Tätigkeit als Hufbeschlagschmied. Nach der Weiterbildung dürfen die Absolventen als Lehrkräfte in Hufbeschlagschulen arbeiten.

Weitere Informationen: Erster Deutscher Hufbeschlagschmiede Verband e. V., www.edhv.de

Nur schätzungsweise zehn bis 15 Prozent der Hufschmiede in Deutschland sind Frauen. Foto: Frank Sorge

Für jedes Pferd das passende Eisen: Der Hufschmied entscheidet bei jedem Vierbeiner individuell, welchen Beschlag er benötigt. Foto: Christiane Slawik

Ein Hufschmied muss Ruhe und Gelassenheit ausstrahlen, damit die Pferde ihm vertrauen und ebenfalls entspannt bleiben. Foto: Christiane Slawik

In der Selbstständigkeit ist es unter Umständen sinnvoll, sich auf einen bestimmten Bereich zu konzentrieren: „Es gibt Leute, die spezialisieren sich auf den Westernsport, andere auf Dressurpferde, Springpferde oder Vielseitigkeitspferde. Da sollte man seine Nische finden“, sagt Lukas. Hufschmiede können sich außerdem auf eine bestimmte Beschlagsart, wie zum Beispiel den Kunststoffbeschlag, spezialisieren. Lukas selbst hat vor allem Dressurpferde als Kunden und betont, dass dafür eine gewisse Kenntnis über den Sport vorhanden sein muss: „Ich bin selbst Dressur geritten, sodass ich es zum Beispiel verstehe, wenn mir jemand sagt, dass sein Pferd den Wechsel nach links nicht durchspringt. Dann habe ich schon im Hinterkopf, was da das Problem sein könnte.“ Ein Freizeitpferd zu beschlagen, sei für einen Hufschmied dabei nicht weniger anspruchsvoll, als einen Spitzensportler zu versorgen: „Die Belastung kann bei Freizeitpferden deutlich höher sein. Ein Schulpferd muss unter Umständen mehrere Stunden am Tag gehen und oft sind das vom Körperbau her nicht die besten Pferde und die Reiter weniger routiniert.“ Ein Freizeitreiter, der mehrere Stunden über unterschiedliche Böden im Gelände reiten will, ist ebenfalls länger unterwegs als viele Turnierreiter und braucht daher eine ebenso gute Basis.

Auch die Haltungsform kann den Beschlag beeinflussen. In Gruppenhaltung dürfen Pferde hinten unter Umständen keine oder nur Kunststoffeisen tragen, um das Verletzungsrisiko zu minimieren. Foto: FN-Archiv

Körperlich herausfordernd

Schweppe berichtet, dass die meisten Lehrlinge zwar die Ausbildung durchziehen, danach aber nicht unbedingt in den Beruf starten. Ein Grund dafür sind die besonderen Anforderungen der Tätigkeit: „Man muss dafür brennen, wer das nicht tut, der sollte die Ausbildung nicht machen. Die Arbeit ist zeitintensiv und anstrengend, man ist lange und viel unterwegs“, gibt Lukas zu bedenken. Ein Schmied muss sich nicht nur viele Stunden am Tag bücken und körperlich arbeiten, sondern hat als Selbstständiger auch nicht unbedingt Achtstundentage. 

Außerdem ist die körperliche Verfassung ein wichtiger Faktor: „Körperlich geeignet ist, wer selbst gut ausbalanciert ist und sich gut bewegen kann. Jemand der schon Vorschädigungen hat, sollte sich überlegen, ob der Beruf der Richtige für ihn ist“, meint Lukas. Er beschwichtigt aber: „Ich bin seit 1974 im Beruf und habe bis auf zwei Ausfälle keine Probleme gehabt.“ Auch Schweppe kennt die Tücken der Arbeit nur zu gut, weiß aber mit ihnen umzugehen: „Eine Herausforderung sind sehr unruhige, nervöse Pferde und das dadurch vorhandene Verletzungsrisiko. Und, dass man hauptsächlich draußen arbeitet, zum Beispiel bei über 30 Grad oder wenn es sehr schwül ist. Aber dafür gibt es die passende Kleidung.“ Um herauszufinden, ob der Beruf wirklich zu einem passt, rät Schweppe Interessenten, eine Zeit lang bei einem Hufschmied mitzufahren.

Hufschmiede brauchen handwerkliches Geschick und eine gute körperliche Verfassung, um die teils fordernden Arbeitstage gut zu bewältigen. Foto: Christiane Slawik

Für die Mühen der Tätigkeit entschädigen den Hufbeschlaglehrschmied die schönen Seiten der Arbeit: „Das Tolle an dem Beruf ist das Abwechslungsreiche, jedes Pferd und jeder Kunde ist anders. Außerdem ist man viel draußen und viel unterwegs. Am Schönsten ist es dann, wenn man den Pferden mit einem guten Hufbeschlag wirklich helfen kann.“ Für Lukas ist es der größte Lohn, wenn er durch seine Arbeit bereits aufgegebene Pferde doch wieder fit bekommt. Er ergänzt: „Schön ist vor allen Dingen, wenn man ein Pferd vom Fohlen bis zur Rente betreut und alles miterleben kann – und wenn möglichst viel Zeit dazwischen liegt.“ 

Melanie Köster

Literaturtipp:

Gesunde Hufe – kein Zufall!
Soweit die Hufe tragen!
von Uwe Lukas
1. Auflage 2007
ISBN: 978-3-88542-475-8
160 Seiten, zahlreiche Fotos und Zeichnungen
190 x 250 mm, gb. Hardcover
14,90 Euro

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