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Reflektoren helfen Reitern, Pferden und Autofahrern
Sicher im Dunklen unterwegs
Im Herbst bricht die Dunkelheit oftmals rasant schnell ein. Wer jetzt ohne Licht und Reflektoren mit dem Pferd noch unterwegs ist, geht ein hohes Risiko ein. Wie man den Autofahrer und sonstige Verkehrsteilnehmer auf sich und sein Pferd aufmerksam machen kann, zeigt folgender Beitrag.
Foto: Waldhausen
Der Schock sitzt tief. Grell leuchten die Scheinwerfer des Lkw auf, der unerwartet auf der abendlichen Ausreitrunde von Hanna Schäfer und ihrer Fuchsstute Herz Dame auf dem Feldweg auftaucht. „Hier fährt doch nie ein Lkw“, denkt Hanna noch. „Hoffentlich sieht er uns!“ Doch das tut der gefühlte 20-Tonner in der fortgeschrittenen Dämmerung nicht. Ohne zu bremsen, fährt er an Pferd und Reiterin vorbei. Herz Dame und Hanna haben nur wenige Meter Platz, um auf den Grünstreifen vor dem Elektrozaun der Weide zu springen. Und Hannas Herz bleibt einen Moment stehen. In dem Moment schwört sie sich: Nie wieder ohne Beleuchtung in der Dämmerung ausreiten!
Von der Komplettausstattung für Reiter und Pferd bis hin zu kleineren Lösungen, wie reflektierende Nierendecke, Weste oder Leuchtstreifen für die Pferdebeine (oben) bietet der Handel eine breite Ausrüstungsvielfalt mit Reflektoren. Foto: Waldhausen
Dunkelheit unterschätzt
Und das ist auch von offizieller Seite vorgeschrieben. Denn die Straßenverkehrsordnung schreibt in Paragraph 17 vor: „Reiter müssen während der Dämmerung, bei Dunkelheit oder wenn die Sichtverhältnisse es sonst einfordern – z. B. Nebel, Schnee, Regen – ausreichend beleuchtet sein.“ Eine Tatsache, die den meisten Reitern und Fahrern bekannt ist, die aber dennoch oft nicht ausreichend beachtet wird, obwohl der Markt an reflektierendem und beleuchtendem Zubehör in den vergangenen Jahren stetig gewachsen ist. Der Fall Herz Dame ist glimpflich mit einem gehörigen Schreck ausgegangen. Doch er zeigt deutlich: Besonders im Herbst unterschätzen viele Reiter die immer früher und schneller einsetzende Dunkelheit. Endete die Ausreitrunde kürzlich noch im Hellen, setzt die Dämmerung zwei Wochen später schon auf der Mitte der Strecke ein. Und das kann nicht nur im Straßenverkehr, sondern auch im Wald gefährlich werden.
Denn auch ansonsten ruhige, gelassene Pferde werden in der Dämmerung und Dunkelheit aufmerksamer, erschrecken sich schneller, reagieren auf ansonsten unauffällige Gegebenheiten heftiger. Das kann Pferd und Reiter in Gefahr bringen. Das musste auch Natalie Geyer aus Hannover erleben. „Da bei uns das Gelände nicht sehr schön ist, fahren wir einmal die Woche mit dem Anhänger in den Wald, um dort Konditionstraining mit den Pferden zu machen. Ende August waren wir etwas später dran als sonst, ritten unsere übliche Runde. Und dann kommt der Moment, in den man realisiert, dass es dunkel wird und wir noch einige Kilometer vor uns haben. Zum Schluss war es so dunkel, dass wir abgesessen sind, um die Pferde zu führen, denn zum einen waren sie so nervös bei jedem Knacken im Unterholz, zum anderen sah man auch Wurzeln und Löcher nicht mehr gut und ich hatte Sorge, dass sich die Pferde verletzen.“ Natalie berichtet im Nachhinein, dass sie ihr Pferd kaum mehr erkannt habe, so aufgeregt war es.
Viel Auswahl im Handel
Der Reitsportfachhandel bietet eine große Auswahl an Produkten, die sowohl reflektieren, als auch Licht bringen. Früher waren es oft nur die Reflektor-Klettstreifen, die um die Pferdebeine geschnallt wurden. Da sie sich bewegen, erkennen andere Verkehrsteilnehmer, dass es sich bei dem Objekt um ein Tier in Bewegung handelt. Heute gibt es jedoch weit mehr Produkte, denn alles was reflektiert, erhöht die Sicherheit: Angefangen vom kompletten Set für die Trense, das Reflektoren-Bänder für Stirn und Nasenriemen sowie die Zügel enthält, über reflektierende Gerten, Vorderzeuge, Ausreitdecken – oft als Regendecke ausgestattet –, Schweifschoner und Hufglocken reicht die Palette. „Ideal sind Nieren- oder Ausreitdecken mit Reflektoren, da sie eine große Fläche bieten und damit die Chance, rechtzeitig wahrgenommen zu werden, erhöhen. Zudem können Autofahrer so die Umrisse des Pferdes besser einschätzen“, empfiehlt Wanderreiterin Alexa Baum aus München.
Jeder Reiter sollte sich selbst fragen, wie er von Autofahrern am besten wahrgenommen wird – und das von allen Seiten, von vorne und hinten ebenso wie von beiden Seiten. Unbedingt müssen Pferd und Reiter mit reflektierenden Produkten ausgestattet sein. Dass das Pferd alleine nicht ausreicht, macht folgende Vorstellung deutlich: Das Pferd scheut, der Reiter fällt herunter und bleibt verletzt auf der Straße liegen. Ohne reflektierende Kleidung wird ihn ein herannahender Autofahrer viel zu spät erkennen. Ebenso gibt es Schabracken mit Reflektoren, Gamaschen, die bereits Reflektoren enthalten und reflektierende Halfter. Doch Vorsicht: Wer mit seinem Pferd auf befestigten Wegen reitet, nimmt am Straßenverkehr teil und ist verpflichtet, sein Pferd entsprechend auszurüsten. Mit Stallhalfter und Stricken zu reiten, bietet laut Straßenverkehrsordnung keine ausreichende Sicherheit. Und das kann auch versicherungstechnisch bei Unfällen zu Problemen führen.
Lampen an Stiefel und Helm
Zurück zu den Reflektoren. Produkte gibt es natürlich nicht nur für das Pferd, sondern auch für den Reiter in immer größerer Auswahl. Vorgeschrieben ist laut Straßenverkehrsordnung eine nicht blendende Leuchte mit weißem Licht, die auf der linken Seite nach vorn und hinten gut sichtbar mitzuführen ist. Diese ist in der Regel am Stiefel befestigt. „Zusätzliche Leuchtgamaschen am Pferd und reflektierende Kleidung beim Reiter sind sehr zu empfehlen, ebenso die Stiefelleuchte“, heißt es dort weiter. Reflektierende Westen, im Auto obligatorische Warnwesten, die einfach über die normale Kleidung gezogen werden, oder spezielle Reflektorbänder sind ebenso sinnvoll, wie generell beim Kauf von Jacken und Pullovern für den Reitsport darauf zu achten, dass sie reflektierende Elemente enthalten. Doch auf Qualität sollte unbedingt geachtet werden.
Reflexartikel basieren auf einer Aluschicht, auf die Glasperlen aufgebracht werden. Hochwertige Produkte verwenden eine stärkere Aluschicht und verarbeiten mehr Glasperlen. Minderwertige Artikel reflektieren knappe 30 Meter. Eine Distanz, die bei einer Geschwindigkeit von 100 Stundenkilometer genau dafür ausreicht, dass der Fahrer seinen Fuß auf das Bremspedal drückt. Mehr jedoch nicht – ein Zusammenprall von Auto und Pferd wäre so nicht zu verhindern. Hochwertigere Reflekt-Produkte sind viermal weiter sichtbar – bis auf eine Distanz von 120 Meter. Auch die Größe des reflektierenden Streifens hat großen Einfluss auf die Sichtbarkeit. So reflektiert ein 50 Millimeter breiter Streifen 30 bis 50 Prozent weiter als ein halb so breiter Streifen. Umgekehrt genauso, ein Streifen, der 100 Millimeter breit ist, reflektiert noch einmal 30 Prozent weiter. Aufgepasst: Je nach Qualität hält die reflektierende Wirkung unterschiedlich lange ihre Leistung. Gute Produkte reflektieren auch nach 50 Wäschen noch genauso gut wie am ersten Tag.
Was für Jogger, die nach Feierabend laufen gehen, schon längst normal ist, hält auch im Reitsport Einzug: Die Stirnlampe. Am Helm befestigt, gibt sie Licht. Praktische Clip-Lampen mit LED-Kraft werden ganz einfach am Schild des Helms angebracht. Sie können zuvor auch in der Jackentasche mitgeführt und dann bei Bedarf schnell am Helm angeklickt werden. Die Leuchtstärke variiert bei den im Handel erhältlichen Lampen stark, es gibt inzwischen Stirnlampen, die 300 Meter weit reichen. Doch dabei muss der Reiter darauf achten, dass andere Verkehrsteilnehmer nicht geblendet werden und dass er sein Pferd an den sich bewegenden Lichtkegel schrittweise gewöhnt.
Das Pferd sieht besser
Doch wer wirklich im Dunkeln oder in der Dämmerung reiten muss oder möchte, sollte das üben. Denn Lichteffekte, auf- und abblendende Autoscheinwerfer, all das ist für Pferde ungewohnt und irritierend. Pferde sind Fluchttiere und können darauf schreckhaft reagieren. Seit ihrem Erlebnis mit ihrem Pferd Hunter hat Natalie Geyer das Reiten in der Dämmerung geübt.
„Ich habe mir erstmal ein Sicherheits-Ausstattungspaket besorgt. Ganz einfach ist es nicht, mit der Stirnlampe zu reiten, denn der Lichtkegel bewegt sich natürlich und hat meinen Hunter erst einmal sehr skeptisch gemacht. Doch bevor ich wieder mit ihm abends ins Gelände gehe, üben wir das ein paar Mal auf dem Reitplatz“, so die Bankkauffrau. Pferde können in der Dunkelheit deutlich besser sehen als Menschen. Dadurch erhöht sich die Gefahr, dass der Reiter von den Reaktionen des Pferdes überrascht wird – denn ein Pferd sieht beispielsweise Wildtiere, die sich im Unterholz bewegen, viel besser und vor allem viel schneller als sein Reiter. Das liegt an der Tapetum lucidum, eine reflektierende Schicht im hinteren Bereich des Pferdeauges. Durch diese Schicht passiert das einfallende Licht die Netzhaut zweimal und verstärkt dadurch die Reaktion der dort befindlichen Fotorezeptoren. Da Pferde darüber hinaus dreimal so viele Fotorezeptoren besitzen, können sie auch schwache Lichtreize besser wahrnehmen und Kontraste zwischen Hell und Dunkel deutlicher erkennen.
Führpferd ist sinnvoll
Generell empfiehlt es sich, bei den ersten Ausritten in der Dämmerung ein erfahrenes Führpferd dabei zu haben, das dem Neuling Sicherheit und Ruhe vermittelt und auch in brenzligen Situationen ruhig bleibt. „Pferde müssen immer sorgfältig an das Reiten im Straßenverkehr gewöhnt werden. Erst wenn sie darin sicher sind, sollte das Reiten in der Dämmerung oder Dunkelheit geübt werden“, sagt Lina Otto aus der FN-Abteilung Ausbildung. Auch für das Reiten in Gruppen gibt es besondere Regeln und Empfehlungen (siehe Kasten). „Helle Pferde wie Schimmel, Füchse, Falben oder Isabellen sollten an den Anfang und das Ende der Gruppe gesetzt werden. Auch die Reiter sollten helle Kleidung tragen“, empfiehlt Otto. Unfälle mit Pferden im Straßenverkehr sind leider nicht selten. Sich im Vorfeld Gedanken über gute Beleuchtung zu machen, kann das Risiko minimieren.
Julia Kathmann
Sehen und gesehen werden
Das sagt die Straßenverkehrsordnung zum Reiten auf öffentlichen Straßen: Reiter/innen müssen während der Dämmerung, bei Dunkelheit oder wenn die Sichtverhältnisse es sonst einfordern (z.B. Nebel, Schnee, Regen) ausreichend beleuchtet sein (§ 17 StVO).
Zur Beleuchtung müssen mindestens verwendet werden § 28 StVO (2):
1. vorn eine nicht blendende Leuchte mit weißem Licht und am Ende eine Leuchte mit rotem Licht,
2. beim Führen eine nicht blendende Leuchte mit weißem Licht, die auf der linken Seite nach vorn und hinten gut sichtbar mitzuführen ist (Quelle: www.pferd-aktuell.de/breitensport/ausreiten-und–fahren)
Das heißt in der Praxis
- Ein einzelner Reiter muss eine nach vorn und hinten gut sichtbare weiße Leuchte mitführen.
- Eine Gruppe von Reitern muss vorne mit einem weißen Licht und hinten mit einem roten gekennzeichnet werden.
- Bewährt haben sich in beiden Fällen die Stiefelleuchten, die nach vorne weiß und nach hinten rot leuchten.
- Darüber hinaus sollten Reiter und Pferde unbedingt reflektierende Kleidung und Ausstattung
tragen.
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