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Reiserückblick: Lipizzaner in und um Wien

„Die Hengste kehren dorthin zurück, wo sie geboren wurden“

Der Lipizzaner ist die älteste Kulturrasse Europas und hat seinen Ursprung in der imperialen Zeit um 1580. Grund genug, einmal den Spuren der weißen Perlen zu folgen. Getan hat dies im Mai 2022 eine PM-Reise von FNticket&travel. Unter dem klangvollen Titel „Vom Fohlen zum Star der Hofreitschule“ ging es in Wien und Umgebung an zahlreiche Orte mit Verbindung zum Lipizzaner. Im Interview mit dem PM-Forum berichtet Stephanie Pigisch, Reiseleitung und Leiterin des FN-Bereichs Persönliche Mitglieder, von ihren Eindrücken dieser in jeder Hinsicht besonderen Reise.

Tolle Kulisse: In der Reithalle der historischen Hofburg finden die Galavorführungen statt. Foto: René van Bakel/Spanische Hofreitschule

PM-Forum: Wien, die Spanische Hofreitschule – beides bekannte und beliebte touristische Ziele. Warum war diese Reise dennoch anders und besonders?

Stephanie Pigisch: Weil wir alles andere als ein touristisches Standardprogramm hatten und natürlich weil das Pferd, weil die Lipizzaner nicht nur ein Teil der Reise waren, sondern deren Mittelpunkt. Das zeichnet die Reisen von FNticket&travel ja aus, immer steht das Pferd irgendwie im Zentrum der Reise. Die klassischen touristischen Highlights werden zwar auch mitgenommen, wenn es passt, aber der Fokus liegt klar auf dem Pferd. Wirklich besonders war, dass für unsere Reisegruppe Türen geöffnet wurden, die normalerweise verschlossen bleiben. So haben wir Eindrücke, Fachleute, Persönlichkeiten erleben dürfen, die nicht jeder zu Gesicht bekommt. Dazu hat sicherlich beigetragen, dass FN-Ausbildungsbotschafter Christoph Hess diese Reise als Experte begleitet hat. Er hat nicht nur für eine fachliche Einordnung der Eindrücke gesorgt – das allein ist ja auch wieder so eine Besonderheit – sondern er hat auch die entsprechenden guten Kontakte nach Wien und zur Hofreitschule, die solche Erlebnisse möglich machen.

Die Handarbeit am langen Zügel vom Boden aus wird gepflegt. Mit Oberbereiter Andreas Hausberger steht der wohl gefragteste Experte auf dem Gebiet weltweit in Diensten der Hofreitschule. Foto: René van Bakel/Spanische Hofreitschule

PM-Forum: Es hat ja immer so einen kleinen Beigeschmack, wenn die Reiseleiterin von ihrer Reise schwärmt. Da müssen Sie uns schon noch ein bisschen tiefer mitnehmen in die Besonderheiten dieser Reise.

Stephanie Pigisch: Unabhängig von meiner Rolle war diese Reise wirklich besonders und hat mich persönlich beeindruckt. Das hat auch die Reisegruppe gespürt. Ein Beispiel: Andreas Hausberger, er ist Oberbereiter an der Spanischen Hofreitschule und nebenbei ein weltweit gefragter Ausbildungsexperte, wenn es um die Handarbeit von Pferden geht; er hat sich mehrere Stunden Zeit für uns genommen, hat uns das Trainingszentrum am Heldenberg und Pferde unterschiedlichen Alters und Ausbildungsstands im Training gezeigt, hat alles umfassend erläutert, ist persönlich mit uns über die Anlage gelaufen und hat Fragen beantwortet. Das war nicht zu erwarten, ist nicht alltäglich und nicht selbstverständlich.

PM-Forum: Nun hieß die Reise „Vom Fohlen zum Star der Hofreitschule“. Wie wurde dieser Weg eines Pferdes im Verlauf der Reise sichtbar?

Stephanie Pigisch: Das war vor allem über die verschiedenen Stationen. Wir waren außerhalb von Wien im Westen der Steiermark auf dem Lipizzanergestüt Piber. Hier werden die Lipizzaner gezüchtet. Alle Hengste der Hofreitschule sind hier geboren. Auf dem Gestüt sind entsprechend vor allem Mutterstuten mit ihren Fohlen, während der Decksaison auch Hengste. Dabei gibt es fünf Hengstlinien, die auch die Namensgebung der Pferde maßgeblich beeinflussen. Man kann also am Namen schon sehen, aus welcher Hengstlinie ein Tier stammt. Jedes Jahr kommen etwa 40 Fohlen in Piber zur Welt. Wir als Reisegruppe konnten sehen, wie die Mutterstuten und Fohlen leben, haben viel darüber erfahren, wie sie aufwachsen. Wir haben eine Gruppe von 50 Junghengsten gemischten Alters, ein- bis dreijährig, auf der Weide gesehen. Diese Herde ist jetzt im Sommer auf einer Alm in 1.500 Meter Höhe. Was die Junghengste dort an Trittsicherheit lernen und wie sich ihr Bewegungsapparat ausbildet, legt einen super Grundstein für die spätere Ausbildung. Eine sehr gesunde Weise des Aufwachsens. Erst im Alter von 3,5 Jahren werden sie angeritten und ganz langsam und schonend ausgebildet.

Auf der Stubalm verbringen die Junghengste den Sommer fast wie Wildpferde in einer großen Gruppe – eine robuste und zugleich gesunde Form des Aufwachsens. Foto: Gabriele Boiselle/Spanische Hofreitschule

Halb Spiel, halb Ernst: Bei Rangeleien testen die Jungpferde ihre Stärke und bilden eine Rangordnung heraus. Foto: Gabriele Boiselle/Spanische Hofreitschule

PM-Forum: Wie sieht denn so eine schonende Ausbildung aus?

Stephanie Pigisch: Zunächst einmal umfasst die Ausbildung immer das Reiten und das Fahren. Wenn wir uns auf die Reitausbildung konzentrieren, kommen die Pferde also 3,5-jährig unter den Sattel und werden dann bis fünfjährig erstmal nur Schritt, Trab und Galopp geradeaus und auf großen gebogenen Linien geritten. Erst später wird dann behutsam mit der versammelnden Arbeit begonnen. Das Tempo der Ausbildung bestimmt dabei immer das Pferd selbst. Ziel ist natürlich die Hohe Schule mit Grand Prix-Reife, aber vor allem langfristig gesunde Pferde. Nach Wien zum Star der Hofreitschule schaffen es nur die besten. Die anderen werden zum Teil als top ausgebildete Freizeitpferde in gute Hände verkauft. Kleiner interessanter Fakt am Rande: Alle Pferde werden in der Grundausbildung übrigens mit Hannoverschem Reithalfter und Schenkeltrense geritten. Es gibt keine Ausnahme.

PM-Forum: Sie haben es bereits gesagt: Nur die besten schaffen es in die Spanische Hofreitschule und sind dort Teil der Galavorführungen. Wie haben Sie die Hengste dort erlebt? Es gibt ja immer auch mal Kritik, vor allem an den Haltungsbedingungen der Tiere mitten in der Stadt.

Stephanie Pigisch: Mein Eindruck war durchaus positiv. Natürlich sind die Haltungsbedingungen in so einer historischen Stallung wie der Wiener Stallburg andere als auf einer topmodernen Reitanlage wie es das Trainingszentrum am Heldenberg ist. Es herrscht ein großes Bewusstsein dafür, einerseits das Kulturerbe dieser Institution fortzuführen und andererseits alles für das Wohlergehen der Pferde zu tun und die Bedingungen für die Pferde bestmöglich zu gestalten. So hat man beispielsweise in den Innenhof der Hofburg eine Führanlage integriert und im benachbarten Burggarten Paddocks angelegt.

Außerdem verbringen die Hengste regelmäßig Zeit auf dem Heldenberg, wo sie Zugang zu großzügigen Paddocks und umfassenden Weidegang genießen. Es wird grundsätzlich viel Wert gelegt auf eine langfristige Gesunderhaltung der Pferde. Bestes Beispiel: Es gibt Hengste, die mit über 20 Jahren noch topfit sind und in der Schulquadrille mitlaufen. Schön ist übrigens auch, dass die Hengste, wenn sie in Rente gehen, wieder nach Piber zurückkehren. Dorthin wo sie geboren wurden.

PM-Forum: Ein Highlight der Reise war doch sicher auch die Galavorführung in der Hofreitschule?

Stephanie Pigisch: Das stimmt. Die Galavorführung in der historischen Reithalle war beeindruckend. Sie fand gegen Ende der Reise statt und wir hatten bis dahin schon so viel über den Ausbildungsweg der Hengste erfahren, da war es natürlich toll, als krönenden Abschluss auch das Ziel dieses langen Ausbildungswegs erleben zu dürfen. Noch beeindruckender fand ich allerdings die nicht-öffentliche Morgenarbeit, die nur wir als Reisegruppe verfolgen durften. Moderiert und fachlich eingeordnet von Christoph Hess und dem Oberbereiter Rudolf Rostek. Im Anschluss gab es zudem die Möglichkeit, sich mit den Bereitern noch fachlich auszutauschen, Fragen zum Pferd und dem Gesehenen zu stellen.

Auf den Weiden rund um das Lipizzanergestüt Piber leben die Mutterstuten mit ihren Fohlen. Wer von ihnen wohl der nächste Star wird? Foto: Spanische Hofreitschule/Lipizzanergestüt Piber

Im Trainingszentrum am Heldenberg werden Pferd und Mensch behutsam ausgebildet. Foto: Petra Kerschenbaum/Spanische Hofreitschule

PM-Forum: Spannend ist ja auch die Ausbildung der Bereiter. Was haben Sie darüber erfahren?

Stephanie Pigisch: Wie bei den Pferden verläuft auch die Ausbildung der Bereiter ganz langsam. Man startet als Eleve, also als Schüler und es geht für alle erstmal an die Basics: viel Sitzschulung an der Longe und Stallarbeit. Später wird man dann zunächst Bereiteranwärter, bekommt einen Junghengst zur Ausbildung in seine Obhut und erst wenn man den bis zur Grand-Prix-Reife selbst ausgebildet hat, wird man zum Bereiter ernannt. Insgesamt nimmt dieser Ausbildungsweg acht bis zwölf Jahre in Anspruch. Das ist natürlich ein gewaltiger Zeitraum und langer Weg, der viel Geduld erfordert, bei dem aber auch die Unterstützung durch die erfahreneren Kollegen und das von ihnen Lernen eine große Rolle spielen. Bemerkenswert ist übrigens auch: Frauen als Elevinnen gibt es erst seit 2008, die erste Bereiterin seit 2016. Sie spüren hoffentlich: Ich habe viel gelernt und die Reise hat mich total begeistert.

PM-Forum: Vielen Dank für das Interview

Das Interview führte Maike Hoheisel-Popp.

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