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Persönlichkeiten der Pferdeszene: Wolfgang Brinkmann

Pferdezähne im Fokus

Auf den Zahn gefühlt

Der alljährliche Kontrolltermin beim Zahnarzt gehört für den Menschen zur Gesundheitsroutine dazu, dagegen hat die Zahnmedizin beim Pferd erst in den letzten Jahren so richtig an Fahrt aufgenommen. Die große Schwierigkeit: Pferde zeigen bei Zahnschmerzen keine eindeutigen Symptome – sie leiden still, wodurch ernsthafte Probleme oftmals erst spät erkannt werden. Das PM-Forum wagt den Blick ins Pferdemaul und fühlt den  Vierbeinern auf den Zahn.

Der Zahngesundheit von Pferden wird in den letzten Jahren zum Glück immer mehr Beachtung geschenkt – wenngleich noch immer nicht genug. Foto: Christiane Slawik

Aufbau und Entwicklung

Bei Pferden treten wie beim Menschen auch zwei Zahngenerationen auf: die Milchzähne und Dauerzähne. Der Wechsel findet im Alter zwischen zweieinhalb und viereinhalb Jahren statt. Der Zeitpunkt des Durchtritts der Milchzähne durch das Zahnfleisch sowie der Wechsel von Milchzahn zu Dauerzahn weist rassebedingt extreme Unterschiede auf. „Die Bestandteile Schmelz, Dentin und Zement sind unseren Zähnen identisch, nur der Aufbau ist aufgrund der hyposodonten Zahnentwicklung – also Zähne mit hoher Krone – und durch die Ausbildung eines Schmelzbechers ein anderer. Alle bleibenden Zähne sind an den Seitenflächen von Zement überzogen, wodurch die gelbe Färbung entsteht. Darunter befindet sich der Schmelzmantel als härteste Körpersubstanz. Dentin ist der Hauptbestandteil des Zahns. Durch die unterschiedlichen Härtegrade entsteht eine extrem raue Oberfläche, durch die die Pferde in der Lage sind, Raufutter und Gräser zu zermalmen“, erklärt Dr. Tim Steinberg, auf Zahnmedizin spezialisierter Tierarzt und Teilhaber der Tierklinik Lüsche. Der Aufbau der Zähne begründet die Schmelzfaltenbildung, Falten im Zahnzement, die aus Zahnschmelz bestehen. Durch sie vergrößert sich einerseits die Kaufläche und andererseits verringert sich die Abnutzungsrate, da harte und weiche Zahnsubstanzen nebeneinander liegen. Bis zum Alter von sieben bis neun Jahren findet beim Pferd das Längenwachstum der Zähne statt. 

Sie schieben sich allmählich heraus. Bis zum etwa 15. Lebensjahr werden die Backenzähne aus dem Zahnfach nachgeschoben, um die Abnutzung auszugleichen, die circa zwei bis vier Millimeter pro Jahr beträgt. „Zähne sind der limitierende Faktor des Pferdes“, hält der Spezialist für Zahnmedizin fest. Der Abrieb der Schneidezähne ist aufgrund ihrer gebogenen Form und der geringeren Belastung niedriger als bei den Backenzähnen. Im Laufe der Jahre erscheinen sie gestreckter, wodurch sich auch der Abrieb der Kaufläche verändert.

Die unterschiedliche Färbung und die Schmelzfaltenbildung  entstehen durch die besondere Anordnung von Schmelz, Dentin und Zement – durch die so entstehende raue Oberfläche können Pferde Raufutter zermalmen. Foto: Christiane Slawik

Zahnarten und ihre Funktion

Die Schneidezähne erfüllen den Zweck der Nahrungsaufnahme und des Abrupfens, wobei Zahnextraktionen der Schneidezähne, also wenn Zähne gezogen werden, dennoch keine enormen Einschränkungen bedeuten. Längeres Gras kann problemlos über die Lippen gerupft werden. Den Hakenzähnen, das sind die Eckzähne zwischen Schneide- und Backenzahn, kommt hinsichtlich der Nahrungsaufnahme keine besondere Bedeutung zu, sie sind bei männlichen Pferden allerdings stärker ausgeprägt als bei Stuten. Die Backenzähne, in der Fachsprache Molaren, dienen der Zerkleinerung von Nahrung, dabei entsteht ein extremer Pressdruck. Sie stehen besonders dicht geschlossen nebeneinander und erlauben damit die kreisförmige Kaubewegung von außen nach innen. „Gerade die Linie der Backenzähne darf nie völlig plan geschliffen werden, sonst
kann das Raufutter nicht entsprechend zerkleinert werden“, klärt Dr. Steinberg auf.

Zur Untersuchung gehört zunächst auch die Begutachtung von außen: Beulen und Schwellungen am Pferdekopf oder einseitiger Nasenausfluss können auf Zahnprobleme
hindeuten. Foto: Christiane Slawik

Nicht jedes Pferd öffnet freiwillig das Maul. Dennoch sollte auf das weite Herausziehen der Zunge – wie hier bei einer Wurmkur – verzichtet werden. Denn dabei können das empfindliche Zungenbändchen und die fragilen Zungenbeinknochen verletzt werden. Foto: Christiane Slawik

Im Fokus: Wolfszahn

Die besagten Wolfszähne zählen zu den Prämolaren (=vordere Backenzähne) und werden aufgrund ihres häufigen Verbleibens im Zahnfleisch auch als „blinder Prämolar“
bezeichnet. Wolfszähne treten lediglich bei 10 bis 15 Prozent aller Pferde auf, wobei die Häufigkeit bei männlichen Tieren erhöht ist. Wenn sie in die Maulhöhle eintreten, dann bereits um den sechsten Lebensmonat herum. Der Wolfszahn ist rudimentär, ein evolutionsbedingtes Überbleibsel (aus der Steinzeit) ähnlich wie die Kastanien an den Beinen des Pferdes, und deutet auf eine langfristige Reduktion des Backenzahngebisses hin. Die Wolfszähne sind kleine, relativ spitze Zähne. Sie führen auf Grund ihrer Lage vor dem ersten Backenzahn in der Regel zu Problemen, wenn das Pferd mit Gebiss geritten werden soll, und sollten daher schon vor dem Anreiten extrahiert, das bedeutet entfernt  werden.

Ursachen falscher Abnutzung

Häufige Ursachen von Fehlabnutzungen der Zähne können sowohl durch die Fütterung als auch die Nutzung des Pferdes als Reittier bedingt sein. „Damit sich die Zähne vernünftig und gleichmäßig abnutzen, kommt der Raufutterfütterung eine besondere Bedeutung zu. Das wird vor allem im Hinblick auf den ernährungsphysiologischen Hintergrund des Pferdes als Steppentier deutlich. Heutzutage ernähren sich Pferde deutlich mehr als früher von weicherem Futter wie Müsli, Pellets oder gequetschtem Getreide. Das Pferd und sein Gebiss sind jedoch evolutionsbedingt auf eine Aufnahme von Futter mit deutlich mehr ‚Schmirgeleffekt‘ ausgelegt. Eine ausreichende Versorgung mit Raufutter ist deshalb auch in dieser Hinsicht sehr wichtig“, erläutert Dr. Steinberg. Weidegras zählt zwar auch als Saft- und damit als Weichfutter, beim Fressen werden aber auch immer Sandkörnchen mitaufgenommen, die ebenfalls eine abnutzende Wirkung haben. Als Folge von zu wenig Rau- und zu viel Weichfutter können die Schneidezähne sogar so lang werden, dass die Kauflächen der Backenzähne nicht mehr aufeinander treffen. Vor allem Pferde, die nicht pferdegerecht gehalten werden, neigen zu Verhaltensauffälligkeiten bzw. -störungen wie dem Wetzen der Zähne an den Gitterstäben oder dem Koppen. „Dieses Verhalten führt auch zu einer unnatürlichen Abnutzung des Gebisses“, weiß Dr. Steinberg. Häufige Probleme bei der Nahrungsaufnahme und eine Verringerung der Leistungsbereitschaft zeigen sich auch während des Hauptzahnwechsels im Alter von circa zweieinhalb bis dreieinhalb Jahren. In dieser Zeit wechseln zwölf Zähne gleichzeitig – was besonders in Anbetracht eines möglicherweise bereits in diese Zeit fallenden Anreitens berücksichtigt werden muss. Bevor dem Pferd ein Gebiss ins Maul gelegt wird, sollte in jedem Fall eine Zahnkontrolle stattfinden.

Fehlt ein Zahn, kann die Lücke dazu führen, dass auch andere Zähne ihre Stellung verändern und es dadurch vor allem im Bereich der Backenzähne zu Folgeproblemen kommt. Foto: Christiane Slawik

Routinebehandlungen

Zu einer vollständigen Routine-Zahnbehandlung gehören zunächst die Fragen zur Bestandsaufnahme an den Reiter, das sind zum Beispiel Fragen zum Kau- und Fressverhalten, zu Rittigkeitsproblemen oder andere Auffälligkeiten. Danach erfolgen eine Untersuchung des Kopfes von außen und der Zähne. Eine spezielle Untersuchung aller Backenzähne und die eigentliche Behandlung finden unter Sedation und mit Hilfe eines Maulgatters statt.

Zur besseren Sicht sollte immer eine Kopflampe verwendet werden. Grundsätzlich versteht man unter einer Routine-Zahnbehandlung eine Korrektur mittels Schleifinstrumenten zur Optimierung der Kaufläche und Beseitigung von scharfen Kanten an allen Backenzähnen. Dabei spielen einerseits der Blick des Tierarztes, andererseits aber auch das Fühlen mit den Händen eine entscheidende Rolle bei der Untersuchung. Das Bearbeiten der Kauflächen sollte dabei immer auf das Minimalste reduziert werden.

So sieht der Unterkieferknochen mit den Backenzähnen eines Pferdes aus. Foto: Frank Sorge

Raufutter übernimmt eine Zahnputzfunktion. Idealerweise wird es bodennah gefüttert, dies entspricht der natürlichen Fresshaltung des Pferdes. Foto: Christiane Slawik

Pferde zeigen Zahnschmerzen nur sehr unspezifisch. Nur weil das Pferd scheinbar normal frisst, ist das daher noch lange kein Indiz für gesunde Zähne. Foto: Christiane Slawik

Moderne Zahnmedizin

„Die Zahnmedizin am Pferd wurde von den Veterinären in den letzten Jahrzehnten leider vernachlässigt, seit einigen Jahren rückt sie aber immer mehr ins Interesse, dadurch wird jetzt intensiv geforscht“, sagt Dr. Steinberg. Neben dem Ausgleichen der Kauflächen und Beseitigen von Haken können mittlerweile auch kompliziertere Verfahren zur Zahntechnik am Pferd angewandt werden. „Wir können bereits eine Computertomographie am stehenden Pferd durchführen oder die Nasengänge und Kieferhöhlen durch eine Sinuskopie untersuchen“, erklärt er. Er führt fort: „Eine genaue Untersuchung und das Abklären von Auffälligkeiten sind entscheidend für die weitere Behandlung. Pferde zeigen Zahnschmerzen nur sehr unspezifisch, da liegt es am Tierarzt, die Ursache für etwaige Probleme und Schwachstellen am Gebiss zu finden. Dadurch können zum Beispiel auch EOTRH-Erkrankungen (Equine Odontoclasic Tooth Resorption and Hypercementosis) zuverlässiger erkannt werden.“ Bei EOTRH handelt es sich um eine sehr schmerzhafte Zahnerkrankung, bei der es zu einer ausgeprägten Entzündung des den Zahn umgebenden Gewebes kommt. Es sind nur die Schneide- und Hengstzähne betroffen, die sich im Verlauf der Erkrankung auflösen und übermäßig Zement ausbilden. „Die Extraktion der Schneidezähne stellt im Normalfall kein Problem dar und verschafft den betroffenen Pferden schnell Abhilfe. Die Backenzähne sind nun aber stärker belastet und sollten häufiger kontrolliert werden – zumal bei EOTRH meist mehrere Zähne betroffen sind. 

Für alle anderen Zahnextraktionen haben wir in der Tierklinik Lüsche ein Verfahren entwickelt, wodurch mittels 3D-Druck ein Implantat hergestellt werden kann“, so Dr. Steinberg. Plomben werden bereits in die durch das Ziehen der Zähne entstandenen Zahnlücken eingesetzt, allerdings halten diese nicht besonders gut. Problematisch ist die Tatsache, dass die angrenzenden Zähne allmählich in die Lücken kippen, dadurch verändern sich wiederum das Kaumuster und die Abnutzung. Ebenfalls muss der gegenüberliegende Gegenspieler (Antagonist) des fehlenden Zahns häufiger angeglichen werden, da die natürliche Abnutzung durch die Reibung auf den Gegenspieler entfällt. „Die Zahngesundheit des Pferdes muss allen Pferdebesitzern präsent sein – Zahnschmerzen sind stille Leiden. Die jährliche Zahnkontrolle sollte ein fester Bestandteil im Gesundheitsmanagement des Pferdes sein“, appelliert Dr. Steinberg.

Lorella Joschko

Die Experten

Dr. Tim Steinberg hat sein Studium der Veterinärmedizin in Budapest und Berlin absolviert. Er ist Teilhaber der Tierklinik Lüsche. Zu seinen Fachgebieten zählen neben der Zahnmedizin auch die Orthopädie und die Chirurgie.

Sigrun Klose hat vor ihrem veterinärmedizinischen Studium bereits die Ausbildung zur Tierarzthelferin in der Tierklinik Lüsche absolviert, wo sie später auch als Tierärztin tätig war. 2021 gründete sie die Pferdepraxis Sigrun Klose und spezialisierte sich auf Zahnheilkunde, Huforthopädie und Chiropraktik.

Jedes Pferd sollte einmal jährlich zur Zahnkontrolle dem Fachmann vorgestellt werden – Jung- und Altpferde sogar zweimal jährlich. Foto: Sabine Brose/galoppfoto.de

„Die Kontrolle ist das A und O“

Die auf Zahnheilkunde spezialisierte Tierärztin Sigrun Klose spricht im Interview mit dem PM-Forum über Problemstellen im Pferdemaul und darüber, was man als Pferdebesitzer für die Zahngesundheit seines Vierbeiners tun kann.

PM-Forum: Wir Menschen gehen mindestens einmal pro Jahr zum Zahnarzt und das ist ganz selbstverständlich. Wird bei Pferden immer noch zu wenig auf die Zahngesundheit geachtet? Wie häufig sollten die Zähne kontrolliert werden?

Sigrun Klose: Ganz klar, ja. Dem Thema wird bei Pferden noch immer deutlich zu wenig Beachtung geschenkt. Die Zähne sollten aber auch bei ihnen einmal pro Jahr  kontrolliert werden. Bei Jungpferden bis sechsjährig und alten Pferden ab ca. 18 Jahren sogar zweimal pro Jahr.

PM-Forum: Was sind die häufigsten Problemstellen im Pferdemaul und wie erfolgt die Maulhöhlen-Untersuchung?

Klose: Zuerst wird sich der Tierarzt nach der Vorgeschichte und eventuell bestehenden Problemen erkundigen. Dann wird das Pferd zunächst äußerlich auf vergrößerte Lymphknoten oder Schwellungen im Gesicht untersucht, das kann schon einen ersten Anhaltspunkt auf mögliche Probleme liefern. Anschließend sollte bei geöffnetem Maul jeder Zahn kontrolliert werden. Auch Fühlen ist hierbei wichtig, manche Kanten sehen unproblematisch aus, sind aber trotzdem sehr scharf. Zahnbefunde bei Pferden sind leider ganz häufig, auch schwerwiegende. Und das trotz rittiger und gut fressender Pferde.

PM-Forum: Schon die Befunderhebung gestaltet sich oft schwierig. Die wenigsten Pferde lassen sich freiwillig ins Maul schauen. Wie sollte vorgegangen werden, um den Pferden beim Zahnarzt Stress zu ersparen und Verletzungen zu vermeiden? Stichpunkt Zungenbeinknochen.

Klose: Die Zunge sollte auf keinen Fall weit aus dem Maul  ausgezogen werden, das ist auch überhaupt nicht nötig. Das Zungenbein ist äußerst fragil und das Zungenbändchen als Weichteil ist ebenfalls sehr empfindlich. Die Zunge sollte daher im Maul aufgestellt werden, das genügt für einen ersten Blick in das Maul. Für eine umfassende und gründliche Befunderhebung ist es dennoch so gut wie immer nötig, das Pferd zu sedieren – allein schon aus Sicherheitsgründen aller beteiligter Personen und letztlich auch für das Pferd. Zum Offenhalten des Mauls wird dann in der Regel ein Maulgatter verwendet. So kann eine Begutachtung aller Zähne und des umliegenden Gewebes erfolgen.

PM-Forum: Zahnarzt, Tierarzt, Zahnpfleger – Zahndienstleistungen am Pferd werden von Menschen mit unterschiedlichsten Berufsbezeichnungen angeboten. Wie behalte ich als Pferdebesitzer da den Überblick? Wie unterscheiden sich die Expertise und die Ausbildung? Wie geschützt sind die Berufsbezeichnungen?

Klose: Bis auf den Tierarzt sind alle anderen Berufsbezeichnungen nicht geschützt. Teilweise genügt ein Wochenendkurs als Weiterbildung und danach darf man sich Zahnpfleger nennen. Das gleiche gilt für Hufpfleger, Pferdetherapeuten und Co. Das sehe ich kritisch, weil es vor allem für den Pferdebesitzer schwierig ist, die Arbeit qualitativ zu beurteilen. Die Zertifizierung durch die IGFP, das ist die Internationale Gesellschaft zur Funktionsverbesserung der Pferdezähne, ist ein Qualitätsmerkmal. Dabei handelt es sich derzeit um die einzige Organisation, die eine Prüfung auf hohem Niveau verlangt. Dentisten ohne tierärztliche Approbation dürfen im Übrigen nicht sedieren oder chirurgische Eingriffe durchführen. Dennoch kommt das manchmal vor, was ich als sehr erschreckend empfinde: Falls das Pferd auf die Sedierung reagiert und einen Schock erleidet, kann der Dentist oder Zahnpfleger nicht eingreifen. Allerdings wird auch im Studium der Veterinärmedizin die Zahnheilkunde nur kurz angeschnitten, daher sollte sich auch ein Tierarzt spezialisiert oder weitergebildet haben.

Foto mit einer intraoralen Kamera von einem beschädigten Backenzahn im Oberkiefer. Foto: Tierklinik Lüsche

PM-Forum: Wie kann ich als Pferdebesitzer erkennen, dass mein Pferd Zahnleiden hat?

Klose: Das ist schwierig. Die Anzeichen sind ganz subtil. Wickelkauen, Abmagerung, schlechte Futteraufnahme oder starker Speichelfluss sowie Abwehrverhalten beim Reiten  können Anzeichen sein – dann handelt es sich aber meistens schon um gravierende Probleme. Deshalb ist die regelmäßige Kontrolle das A und O!

PM-Forum: Zahnstein, Karies und Co. – gibt es das auch bei Pferden? Wie kann sowas behandelt werden?

Klose: Karies gibt es, abhängig von der Genetik und der Fütterung. Deshalb sollten Pferdebesitzer darauf achten, dass das Futter nicht viel Melasse oder andere süße Bestandteile enthält. Raufutter übernimmt übrigens eine Zahnputzfunktion! Deshalb ist übermäßige Zahnsteinbildung auch häufig ein Zeichen dafür, dass mit diesen Zähnen deutlich weniger gekaut wird. Bei nur einseitiger Zahnsteinbildung liegt das schmerzende Zahnproblem dann höchstwahrscheinlich auch auf dieser Seite, da das Pferd die Kauseite nicht mehr wechselt.

PM-Forum: Was kann ich als Pferdehalter vorbeugend für die Zahngesundheit tun?

Klose: Dazu gehört zum einen die Routinekontrolle vom jungen Alter an. Und die Prophylaxe natürlich. Vom Futter her sollte so natürlich wie möglich gefüttert werden:  bodennah, viel Raufutter, auf Stärke und Melasse verzichten bzw. so viel wie möglich vermeiden – gerade auch bei Leckerlies. Heunetze sollten so aufgehängt werden, dass
das Pferd weder hineinsteigen kann, noch sich beim Fressen verdrehen muss – das kann sich nämlich auch auf den Kaumechanismus auswirken.

PM-Forum: Gibt es noch etwas, das Sie Pferdebesitzern mit auf den Weg geben können?

Klose: Das Ziel jeder Zahnbehandlung ist ein Gleichgewicht der Abnutzung, so lassen sich Lebensqualität und Zähne auch bis ins hohe Alter erhalten. Nur weil das Pferd gut frisst, gut aussieht und sich gut reiten lässt, gibt das keinerlei Aufschluss auf die Zahngesundheit. Diese liegt im Verborgenen und man sieht nicht was los ist.

Das Interview führte Lorella Joschko.

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