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Pferdemenschen: Franca Lehfeldt

„Ich bin bei mir selbst“

Voller Einsatz im Berufsleben, dazu ein halböffentliches Leben an der Seite von Bundesfinanzminister Christian Lindner. Der Alltag von Reporterin Franca Lehfeldt, mittlerweile Inhaberin einer Agentur für Kommunikation und Marketing, war ein Sprint – bis Wallach Fritzantino für Ausgleich und Rückbesinnung sorgte. Das PM-Forum im Gespräch mit Franca Lehfeldt.

Wallach „Fritzi“ sorgt bei Franca Lehfeldt für Ausgleich und Rückbesinnung. Fotos (4): Luca Geselle

PM-Forum: Welche Rolle spielen Pferde aktuell in Ihrem Leben?

Franca Lehfeldt: Ausgleich und Rückbesinnung. Im Zentrum steht dabei mein Wallach Fritzantino. Vor 16 Jahren verkaufte ich mein letztes Pferd. Nach Abitur und Studium folgten die ersten Berufsjahre. Der Anspruch an mich selbst, sprich meine Karriereziele, ließen wenig Raum für Freizeit. Das hätte ich wohl noch länger so fortgesetzt. Umso glücklicher bin ich, dass der Zufall es anders wollte.

PM-Forum: Wie ist Fritzantino in Ihr Leben getreten?

Franca Lehfeldt: Ohne spirituell klingen zu wollen, aber in diesem Fall würde ich doch sagen: Er hat sich mich ausgesucht. Für ein Reportertraining reiste ich im Herbst 2022 nach Bielefeld. Eine Woche lang sollten wir für Einsätze in Kriegs- und Krisengebiete geschult werden. Da es von Kidnapping-Szenarien bis zum Umgang mit einer Kalaschnikow ging, fand der Kurs auf zugelassenem Privatgrund statt. Zwischen Wald und Wiese lag ein Wohnhaus mit einem Stall. Aus der ersten Box blicke ein bildschöner Fuchs. In den Pausen ging ich fortan immer zu ihm und er wartete förmlich, verschwand nicht einmal hinter seinem Boxenfenster. Heute muss ich über diese Begegnungen sehr schmunzeln, denn wenn einer stets Distanz zu Frem- den hält und lieber seine Box umbaut als rauszuschauen, dann ist es genau dieses Pferd. Für die fünf Tage, die ich in Bielefeld war, galten offenbar andere Regeln, er startete regelrecht eine Charmeoffensive.

PM-Forum: Eigentlich waren Sie aber so gar nicht auf der Suche nach einem Pferd…

Franca Lehfeldt: Nein, alles andere als das (lacht) und ich habe mir nach der Begegnung mit ihm auch kein weiteres Pferd angesehen. Das wäre früher für mich undenkbar gewesen. Als meine Eltern mir mein erstes Pferd kauften, fuhren mein Vater und ich viele Wochenenden durch die Gegend und suchten. Dass ich eines Tages mein Hobby, meine Leidenschaft wieder aufnehmen würde, hatte ich mir oft versprochen, aber im Grunde nichts dafür getan. Fritzi war wohl der Meinung, es sei nun wieder an der Zeit. Als seine damalige Besitzerin in den Stall kam, erzählte sie mir, dass sie ihn verkaufen möchte. Man muss dazu sagen, es handelte sich nicht um einen Verkaufsstall. Da steht dieses eine Pferd, wir haben eine Verbindung und dann fragt die Eigentümerin: „Möchten Sie ihn nicht kaufen?“ In diesem Moment dachte ich, dann soll es so sein, ich kaufe ihn. Wenige Wochen später zog Fritzi nach Brandenburg.

PM-Forum: Wie verbringen Fritzi und Sie Zeit – eher entspannt im Gelände oder sportlich ehrgeizig?

Franca Lehfeldt: Als unsere Reise im Dezember 2022 begann, gründeten wir sozusagen ein Start-up. Initiatoren waren der laut Pferdepass achtjährige Hannoveraner, der von seiner Figur und seinem Ausbildungsstand großzügig gerechnet ein Fünfjähriger war. Und die Anfang Dreißigjährige, die nach 16 Jahren Pause die Hufschlagfiguren sicherheitshalber nochmal recherchierte, um niemanden in der Halle umzureiten. Der Muskelkater mit dreißig ist auch ein anderer als mit zwölf – und Aussitzen machte mir zu schaffen (lacht). Aber ich glaube, das Gefühl für Pferde und das Auge, etwas zu sehen, auch wenn es noch nicht da ist, das verlernt man nicht. Vom ersten Tag an war ich der Überzeugung, dass dieses Pferd bis dato weit unter seinen Fähigkeiten geblieben war. Er ist extrem schlau, kommuniziert ununterbrochen und am wichtigsten, er hat Charakter. Sein Vater ist Franziskus und dieser gewisse Charm lässt sich nicht leugnen. Allein hätte ich ihn aber nicht ausbilden und mich wieder in Form bringen können. Also fragte ich Catherine Mayer, die Chefbereiterin der Anlage, um Rat. Sie erkannte unsere Baustellen, aber auch die Chancen, und brachte mich mit ihrer Bereiterin
Kaija Schramm zusammen. Kaija hat den Schlüssel für Fritzi gefunden. Die ersten acht Monate haben die beiden viel Basisarbeit gemacht, an Kraft und Kondition gewonnen. Inzwischen haben wir einen gemeinsamen Wochenplan aus Beritt, Unterricht und Gelände. Er sieht aus wie ein Neunjähriger, ich kann auch wieder anständig sitzen und mit Kaija springt Fritzi seine ersten fliegenden Wechsel. Mal sehen, was alles noch kommt.

PM-Forum:  Wie sind Sie ursprünglich zum Pferd gekommen – über Ihre Familie?

Erstes Turnier im Alter von zehn Jahren. Foto: privat

Franca Lehfeldt: Ja und nein. Meine Eltern sind bis heute Nicht-Reiter, aber die verständnisvollsten „Kompagnons“, die man sich für dieses zeitintensive und umfangreiche Hobby wünschen kann. Meine Familie kommt aus Hamburg, die Nordsee ist so etwas wie die Badewanne der Hamburger. Die Ferien verbrachten wir meist auf der Insel Föhr und dort gibt es viele Reit- und Ponyhöfe. Neulich habe ich alte Bilder gefunden, ich war vielleicht zwei oder drei Jahre alt? Mein Vater hält mit einer Hand mich und mit der anderen ein schwarzes Shetlandpony. Unsere Ausflüge wurden schnell zum Hauptbestandteil des Urlaubs für mich und so führte mein Vater das Shetlandpony auch bei Schnee und Wind durch die Marsch, Hauptsache der Eiszapfen obendrauf gab Ruhe. Irgendwann hatten wir Susi, Blacky und Goldie alle kennengelernt und ich durfte zum Voltigieren gehen und später Reitunterricht auf Isländern nehmen. Als ich elf Jahre alt war, schenkten meine Eltern mir Flicka, ein Deutsches Reitpony.

PM-Forum: Die Geschichte, wie Sie an Flicka gekommen sind, ist auch wieder eine besondere…

Franca Lehfeldt: Eine besonders verrückte! Bei uns im Nachbarort gab es einen Gasthof und der Wirt wusste, dass ich pferdeverrückt war. Seine Töchter hatten ein eigenes Pony, waren aber inzwischen zu groß. Er erzählte meinen Eltern regelmäßig, dass da dieses Pony hinter dem Haus auf der Weide stehe, und wir könnten es uns doch mal ansehen. Es hat viele Abende gedauert, bis mein Vater sich erweichen ließ, zumindest mal vorbeizuschauen. Als wir eines Nachmittags zu der Herde auf die Weide gingen, hatte ein Pony gar kein Interesse an Menschen und nahm Reißaus. Futter half nichts, mindestens zwei Leute und eine Longe waren nötig, um Flicka in den Stall zu bringen. Kaum saß ich drauf, dauerte es keine drei Minuten und ich saß im Sand. Mein Vater witterte seine Chance, dass der Kelch an ihm hinüber gehen könnte, und fragte: „Und? Möchtest Du sie haben?“ Ich sagte: „Ja, unbedingt.“ Flicka wurde Teil unserer Familie und fuhr mit nach Föhr in den Urlaub, wir hatten viele tolle gemeinsame Wattritte. Aus heutiger Sicht: ein großes Danke und großen Respekt an meine Eltern. Sie haben es nicht nur mitgemacht, sie haben es ausgemacht.

PM-Forum: Was macht den Umgang mit Pferden für Sie besonders wertvoll?

Franca Lehfeldt: Die Beziehung zu diesen warmen, großen Wesen. Sie können nicht sprechen und sprechen doch permanent. Es ist wie mit Menschen, manche nimmst du wahr und grüßt nett und plötzlich steht jemand vor dir, der in dir etwas auslöst. Nicht jedes Pferd passt zu jedem Menschen, aber wenn es passt, dann ist es eine besondere und tiefe Verbindung. Diese zu erarbeiten und das Vertrauen zu gewinnen, ist ein sehr besonderes Gefühl. Es relativiert so vieles aus dem beruflichen Alltag. Oft lasse ich mein Handy im Putzkasten, weil ich den Moment mit meinem Tier genießen möchte. Anfangs ist mir das schwergefallen, weil ich gewöhnt bin, immer erreichbar zu sein und sofort zu reagieren. Inzwischen fällt es mir leichter und ich arbeite weiter daran.

PM-Forum: Wie reagiert Ihr Umfeld auf Ihr Hobby Pferd – Freunde, Bekannte, Arbeitskollegen?

Franca Lehfeldt: Sehr positiv. Meine Eltern waren begeistert und haben Fritzi inzwischen mehrmals besucht. Einige meiner Freunde können mit Pferden nicht so viel anfangen, finden mich aber deutlich ausgeglichener, seitdem es Fritzi gibt. Und Christian spricht nur noch von dem Zweitmann, der zwar viel Zeit beansprucht, aber trotzdem wohlgelitten ist. Fritzi ist zum Maskottchen geworden, oft sprechen mich Leute auf ihn an, die ich gar nicht kenne.

PM-Forum: Ohne Pferde – was würde in Ihrem Leben am meisten fehlen?

Franca Lehfeldt: Der Ausgleich zu der oft hektischen Arbeitswelt und meinem persönlichen Ehrgeiz. Es hat mir viele Jahre gefehlt, ohne dass es mir bewusst war. Oft habe ich mich zermartert, ob ich noch härter für meine beruflichen Ziele arbeiten muss, Fehler habe ich mir übelgenommen und mit anderen Themen beschäftigt, habe ich mich kaum. Heute sehe ich das ganz anders, eine Karriere ist ein Marathon und kein Sprint. Mein Bedürfnis einen guten Job zu machen, ist genauso groß, wie Zeit mit meinem Pferd zu verbringen. Im Stall und in der Natur zu sein, hat mich ein Stück weit wieder geerdet, ich bin bei mir selbst.

Innige Momente, abseits vom Alltagsstress.

Als Franca Lehfeldt nach 16 Jahren Pause vor etwas über einem Jahr wieder in den Sattel zurückkehrte, fiel ihr das Aussitzen anfangs schwer – mittlerweile sind sie und „Fritzi“ ein Team geworden.

PM-Forum: Was ist Ihre Meinung: Wie ist das Standing des Pferdesports im Moment in der Gesellschaft?

Franca Lehfeldt: Die Sympathie für den Reitsport ist unverändert, aber er steht vor einem Wendepunkt. Leider ist aus dem Sport meiner Kindheit an vielen Stellen ein unerreichbarer Elitensport geworden, zumindest scheint es so. Es braucht mehr Pony- und Reiterhöfe für Kinder und Jugendliche, um in den Kontakt mit dem Sport zu kommen. Gleichzeitig sollte es talentierten Jungreitern möglich sein, ohne die Infrastruktur von Sponsoren im Dressurviereck oder auf dem Springplatz erste Erfolge zu erzielen.

PM-Forum:  Sie als Medienfachfrau – können die Medien dabei helfen, den Stellenwert des Pferdesports in der Gesellschaft zu verbessern?

Franca Lehfeldt: Rudolf Augstein definierte die Aufgabe von Journalisten wie folgt: „Sagen, was ist.“ Bedeutet im konkreten Fall meiner Meinung nach, die Medien dürfen nicht wegsehen, wenn es darum geht, Verletzungen des Tierschutzes in der Haltung oder dem Sport aufzudecken und zu benennen. Es ist die einzige Möglichkeit für den Journalisten, die Wirklichkeit zu verändern. Aber diese Aufgabe darf nicht dahingehend fehlinterpretiert werden, dass Journalisten, die wenig bis keine Fachkenntnis haben, ihre Aufgabe im Missionieren sehen und den Reitsport gänzlich in Frage stellen.

PM-Forum:  Das bedeutet, die Medien hätten die Macht, etwas zu verändern?

Franca Lehfeldt: Die haben sie, definitiv. Leider beobachte ich in meiner eigenen Zunft, dass Journalisten vermehrt ihre Berufsbeschreibung ver- wechseln mit der der Aktivisten. Ein Journalist macht sich meines Erachtens mit nichts gemein, auch nicht mit einer guten Sache. Vor einigen Monaten habe ich einen Beitrag in Neustadt/Dosse gedreht, an der Prinz-von-Homburg-Schule. Reiten ist dort Teil des Lehrplans. In der Reportage habe ich eine Schülerin begleitet und ihren Alltag abgebildet.

Da ihre Familie ihr kein Pferd für die Schule kaufen konnte, hat ihr das Landesgestüt ein Pferd zur Verfügung gestellt. Die beiden zu begleiten, vom Putzen bis zum Reiten, sprach für sich. Der Beitrag musste nicht die Frage stellen, ob das Pferd einverstanden ist, dass eine Reiterin auf seinem Rücken sitzt. Wer den Film der beiden gesehen hat, konnte objektiv erkennen, dass hier eine Partnerschaft besteht, ein Geben und Nehmen. Sie sagte mir anschließend, dass sie keine Profisportlerin werden möchte, sondern das Fach als Ausgleich zum restlichen Lernen genießt. Ich glaube, das sind die Geschichten, die der Reitsport braucht.

Kaija Schramm (links) unterstützt Franca Lehfeldt bei der Arbeit mit Fritzantino und bildet beide weiter aus.

PM-Forum: Haben Sie ein Schlüsselerlebnis mit Pferden erlebt?

Franca Lehfeldt: Alles begann mit diesem kleinen, schwarzen Shetlandpony, das mein Vater im Schneesturm durch die Marsch auf Föhr führte. An das Gefühl erinnere ich mich bis heute und ich weiß, dass ich obendrauf einen roten Schneeanzug anhatte. Und dann spinnt sich der rote Faden immer weiter bis zu Fritzantino. Er ist mein Herzenspferd. Die Verbindung, die wir haben, hatte ich in dieser Form noch zu keinem anderen Pferd. Mein Mann dachte anfangs, ich sei ein bisschen speziell, wenn ich ihm von Fritzis Eigenheiten erzählte. Dabei ist es wie mit den Menschen: Die große Liebe, den besten Freund, einen Verbündeten trifft man schließlich nicht jeden Tag.

PM-Forum:  Bleibt die Frage nach dem offenen Wunsch auf Pferde bezogen?

Franca Lehfeldt: Wenn ich eines Tages die laute und hektische Welt meines Berufs in der Öffentlichkeit hinter mir lassen kann und wieder so lebe, wie ich aufgewachsen bin – auf dem Land, neben der Koppel und im Stall – dann würde ich sagen, dass sich mein Lebenstraum erfüllt hat. Alles hat seine Zeit. Wäre ich nicht ausgeschwärmt und hätte nach etwas gesucht, hätte ich vieles nicht gefunden. Auch nicht die Erkenntnis, dass ich am Ende gerne den Anfang wieder hätte.

Das Interview führte Kim Kreling.

Zur Person:

Franca Lehfeldt – die Reporterin

Am 12. September 1989 wurde Franca Lehfeldt in Hamburg geboren. Nach dem Abitur studierte sie Hotel-Management und BWL in der Schweiz und schloss einen Master in Strategic Marketing in München an. 2017 und 2018 lernte sie auf der RTL-Journalistenschule und startete danach bei RTL ihre Laufbahn als Reporterin. 2021 wurde sie Chefreporterin für Politik. 2022 wechselte Franca Lehfeldt als Politik-Chefreporterin und Moderatorin zu Welt TV, ehe sie sich Ende 2023 mit einer Agentur für Kommunikation und Marketing selbstständig machte. Franca Lehfeldt ist seit 2022 mit Bundesfinanzminister Christian Lindner verheiratet.

Hintergrund:

Pferdemenschen im PM-Forum

Sie sind bekannt aus Fernsehen, Funk und Media, von roten Teppichen, als Meinungsbildner und Meinungsmacher. Doch auch wenn wir sie vor allem aus einer anderen Sparte kennen, haben sie eines gemein: Sie sind privat Pferdemenschen. Im Interview mit dem PM-Forum sprechen Prominente aus verschiedenen gesellschaftlichen Bereichen über ihre Leidenschaft und die Liebe zu Pferden und erzählen, wie Pferde ihr Leben bereichern.

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