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Pferde fotografieren
„Mein Rat ist: üben, üben, üben!“
Christiane Slawik ist eine der deutschlandweit bekanntesten Pferdefotografinnen. Ihre Bilder zieren sowohl Wandkalender als auch Titel von internationalen Magazinen und Büchern. Im Interview mit dem PM-Forum spricht sie über ihre Erfahrungen als Fotografin und gibt Tipps.
Auch bei der Pferdefotografie gilt: Übung ist (fast) alles! Fotos: Christiane Slawik
Christiane Slawik: Es gibt für jede Rasse bestimmte Vorstellungen, wie sie auf einem Foto auszusehen hat. Vielleicht hat das Pferd aber ganz andere Vorstellungen davon. Es weiß nicht, wie es aussieht oder was es wert ist. Beim Fotografieren möchte ich seine Persönlichkeit herauskitzeln. Es macht mir wahnsinnig Spaß, irgendein altes Schulpferd, bei dem normal keiner zweimal hinschaut, das aber einen tollen Job macht, so zu fotografieren, dass es auf einem Cover landet und von jedem bewundert wird. Denn für mich hat es dieses Pferd genauso verdient wie ein Olympiasieger. Wenn wir sagen, wir mögen Pferde, dann sollte das nicht nur auf Wert und Aussehen begrenzt werden, sondern das gesamte Wesen Pferd umfassen. Für mich kann deshalb jedes Pferd ein Eyecatcher sein, weil es einfach ein Pferd ist. Und ich bemühe mich darum, das jedem mit Hilfe meiner Bilder deutlich zu machen.
PM-Forum: Was muss man beim Fotografieren von Pferden beachten?
Slawik: Ähnlich wie ein Pferd auf vier Beinen steht, gibt es für mich vier Säulen bei der Pferdefotografie. Da ist zum einen die Technik: Es ist wichtig, sich mit der eigenen Ausrüstung auszukennen und die verschiedenen Einstellungen und Funktionen bedienen zu können. Ich muss mein Werkzeug beherrschen, um eine Bildidee kontrolliert umsetzen zu können. Die Kamera bietet zwar einige Automatikfunktionen, aber ich muss genau wissen, wie Fotografie funktioniert, um gute Fotos zu machen.
Die zweite Säule steht für die Kenntnisse rund ums Pferd, die der Fotograf unbedingt mitbringen sollte: „Know your subject“ ist eine der wichtigsten Regeln für gute Bilder. Je mehr man über Verhalten, Ausrüstung, Rassen, korrekt und positiv festgehaltene Bewegungsabläufe, Reitstile etc. weiß, desto besser kann man das auch fotografieren. Wann und wie kann ich zum Beispiel ein Pferd motivieren, die Ohren zu spitzen? Aufmerksamkeit und Konzentration des Pferdes gehen immer dahin, wo die Ohren hinzeigen. Damit der Betrachter des Fotos direkt angesprochen wird, müssen Pferdekopf und Ohren in dieselbe Richtung zeigen. Das Pferd könnte zum einen in die Kamera oder aber auch in eine bestimmte Richtung aus dem Bild heraus schauen, um die Fantasie des Betrachters, um das unsichtbare „Drumherum“ des Bildes anzuregen. Zusätzlich werden Kenntnisse im Umgang mit Pferden benötigt, um die Sicherheit aller beteiligter Personen und Tiere während eines Shootings zu gewährleisten.
Profitipp: Porträtfotos mit gezäumten Pferden eignen sich besonders zum Üben.
PM-Forum: Welches sind die Säulen drei und vier?
Slawik: Als Drittes sollte man sein „fotografisches Auge“ schulen. Das Gefühl für die richtige Perspektive, das richtige Licht und das Gesamtkonzept des Bildes. Die wenigsten sehen die Mohnblumen neben dem Misthaufen. Ich nutze sie für ein Bild. Ein Fotograf nimmt solche Details, Linienführungen und Proportionen ganz anders wahr und sieht die Welt mit anderen Augen. Er komponiert ein Bild und knipst nicht einfach darauf los. Und: Zäune, die man nicht fotografiert, muss man auch nicht mehr retuschieren! Wer also mit dem Fotografieren beginnen möchte, sollte nie vergessen, seine Augen für einen schönen Hintergrund und Accessoires zu schulen. Alle diese drei Punkte lassen sich „live“ in Kursen sowie mit verschiedenen Medien sehr gut trainieren. Als letztes gehört zum perfekten Foto dann nur noch ein Quäntchen Glück – das ist die vierte Säule.
PM-Forum: Was gibt es beim Fotografieren von Pferden mit hellem und dunklem Fell zu beachten?
Slawik: Das hängt davon ab, wie hoch der Bildanteil des hellen oder dunklen Pferdes im Verhältnis zur Umgebung ist. Eine korrekte Belichtung kann man bei formatfüllenden Friesen oder Lipizzanern von keiner Automatik erwarten. Aber es gibt einen Trick, wie man die extremen Fellfarben immer ganz gut zur Geltung bringt: Einfach versuchen, etwas mehr Umgebung mit zu fotografieren! Durch einen größeren Bildradius nimmt die Kamera die extremen Kontraste des hellen oder dunklen Fells im Verhältnis zur Umgebung nicht mehr so stark wahr und es entsteht ein ausgeglicheneres Bild. Dies funktioniert auch mit dem Automatikmodus recht gut. Im Nachhinein wird dann ein passender Bildausschnitt ausgewählt. Ansonsten können Rappen durchaus etwas unter-, Schimmel etwas überbelichtet werden. Dafür muss man sich aber bereits mit der Kamera auskennen.
PM-Forum: Haben Sie Tipps für Anfänger?
Slawik: Als Anfänger sollte man sich so weit wie möglich von der Technik seiner Kamera helfen lassen und ruhig eine Halbautomatik nutzen, um den Kopf frei für sein Motiv zu haben. Das Wichtigste ist, dass das Bild scharf ist. Das erreiche ich mit der Zeitautomatik (TV oder S). So kann ich genau vorgeben, dass die Kamera kein Bild unter einer 1/500 Sekunde belichtet.
Christiane Slawik sitzt in der Jury des PM-Fotowettbewerbs im Oktober. Foto: privat
Das reicht in den meisten Fällen für ein frei laufendes Pferd, denn mit dieser Einstellung bekomme ich sogar die Rotorblätter eines Hubschraubers scharf. Falls das Bild zu dunkel ist, erhöhe ich mit der ISO-Zahl die Empfindlichkeit meines Sensors, ist das Bild zu hell, verkürze ich die Belichtungszeit.
Zum Üben eigenen sich Porträts mit getrensten oder gehalfterten Pferden am besten, denn solange jemand das Pferd hält, hat man die größtmögliche Kontrolle über Haltung und Position des Modells. Ich empfehle einen Untergrund aus Asphalt oder Sand, damit das Tier von alleine mit erhobenem Kopf stehen bleibt. Um die Proportionen möglichst gut darzustellen, benötigt man mindestens eine 100 mm Brennweite, die ein Handy leider nicht hat. Dennoch können auch schöne Fotos mit dem Handy entstehen, solange man weit genug weg ist und/oder Porträts immer genau im rechten Winkel zum Pferd fotografiert. Sobald das Pferd den Kopf in Richtung Handykamera wendet, verpasst die Weitwinkellinse dem Portrait leider eine unansehnliche Rübennase. Mein letzter Rat an alle Hobbyfotografen ist: üben, üben, üben!
PM-Forum: Hand aufs Herz: Wie viel erledigen im Profibereich Technik und Nachbearbeitung?
Slawik: Trotz extrem weit entwickelter Technik verbindet man mit der Pferdefotografie zwei der schwierigsten Bereiche im Metier Fotografie: Natur und Sport. Beide stellen höchste Ansprüche an den Fotografen und die Technik. Man darf nicht glauben, dass diese einem alles abnimmt und man dann den Rest am Computer erledigt. Gefragte Pferdefotografen haben gar keine Zeit für eine aufwändige Bearbeitung. Sie erstellen die Bilder vor Ort und sorgen bei der Entwicklung höchstens noch für das Finetuning. Dazu gehören eine Menge Erfahrung, Können und Übung mit monatlich mehreren tausend Bildern.
Das Interview führte Jaqueline Kaldewey.
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