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Training planvoll gestalten

Mit Leistungsdiagnostik zum Erfolg

Egal, ob das Saisonziel Olympische Spiele heißt oder ein mehrstündiger Ausritt ist – ein Pferd muss angemessen auf diese Aufgabe vorbereitet werden. Ein Mensch, der fitter werden will, macht im besten Falle Kraft- und Ausdauersport. Doch wie bereitet man ein Pferd optimal auf Wettkampfanforderungen vor und erhält dabei langfristig seine Gesundheit? Damit befasst sich schon seit Längerem das „Projekt Leistungsdiagnostik Pferd“ des Deutschen Olympiade Komitees für Reiterei (DOKR).

Anna Siemer und FRH Butts Avondale wissen dank Leistungsdiagnostik immer genau, wo sie konditionell stehen. Alle Fotos: Stefan Lafrentz

Jessica von Bredow-Werndl nutzt die Möglichkeiten der Leistungsdiagnostik, Julia Krajewski auch – und das mit Erfolg, wie ihre Goldmedaillen bei den Olympischen Spielen in Tokio beweisen. „Ziel der Leistungsdiagnostik ist neben der optimalen Vorbereitung auf die Wettkampfanforderungen auch die langfristige Gesunderhaltung der Pferde. Natürlich möchten wir, dass die Pferde optimal auf das jeweilige Saisonziel vorbereitet sind, aber Fitness bedeutet auch, dass die Pferde in der Lage sein sollen, die von ihnen verlangten Anforderungen zu erfüllen, ohne gesundheitliche Schäden davonzutragen. Dazu messen wir verschiedene Parameter, wie zum Beispiel die Herzfrequenz. Wir wollen sehen, ob das Training zum Trainingsziel passt, aber natürlich können wir auch Trainingsfortschritte dokumentieren. Je nachdem, wie die Ergebnisse sind, wird das Training individuell für das jeweilige Pferd an das spezielle Ziel angepasst“, erklärt Stephanie Horstmann, die seit elf Jahren im Projekt Leistungsdiagnostik Pferd am DOKR mitarbeitet. Die Tierärztin und ihre Kolleginnen beschäftigen sich mit Fitness und Training der Kaderpferde und überprüfen, ob die Vierbeiner fit genug sind für die anstehenden Aufgaben.

Mit Pulsgurt und GPS

Bereits seit zweieinhalb Jahren arbeitet auch Vielseitigkeitsreiterin Anna Siemer mit den DOKR-Tierärzten zusammen und bereitete ihre Hannoveraner Stute FRH Butts Avondale nicht nur auf ihre Fünf-Sterne-Premiere in Lexington/USA vor, sondern auch auf die Europameisterschaften in Avenches. „Meine einzige Sorge beim Geländereiten ist, dass ich ein müdes Pferd habe. Das ist mir aber bisher noch nie passiert“, sagte sie. Zu wissen, dass ihr Pferd die optimale Kondition für die bevorstehenden Aufgaben hat, „gibt mir als Reiter ein sicheres Gefühl“. Sowohl in Lexington als auch Avenches war FRH Butts Avondale mit einem Pulsgurt und einem GPS-Gerät ausgestattet. „Dadurch können die Zuhause direkt sehen, wie schnell ich in welcher Wendung geritten bin und wie hoch der Puls zu welcher Zeit war. In den letzten zweieinhalb Jahren haben wir auf diese Weise viele Daten gesammelt – auch Laktatwerte. Heute brauche ich nur in Warendorf anzurufen und zu sagen: Die Prüfung wird soundso lang. Dann können sie mir sagen, wieviel ich im Training galoppieren muss, um optimal vorbereitet zu sein.“ In Avenches gewann das Paar übrigens Silber mit dem deutschen Team.

Schritt für Schritt zur Trainingsplanung

  • Ziele setzen.
    Individuell gesetzte Ziele helfen, die Trainingsplanung zu verbessern. Sie können Motivation und Fokus zugleich sein. Dabei können verschiedene Zielarten unterschieden werden. Es gibt langfristige Ziele – quasi „Karriereziele“, Saisonziele und Zwischenziele. Die Ziele sollten messbar und terminiert sein.
  • Ist-Situation analysieren.
    Eine Aufstellung von Stärken und Schwächen zum einen vom Reiter, zum anderen vom Pferd kann helfen, die Dinge zu identifizieren, die verbesserungswürdig sind. Es sollte auch geschaut werden, was derzeit Trainingsinhalte sind und wann das Pferd wie und wie oft bewegt wird. Im Idealfall ist bereits eine Trainingsdokumentation vorhanden, die ausgewertet werden kann.
  • Trainingsplan festlegen.
    Hierfür gilt es auf Grundlage der Situationsanalyse zu identifizieren, woran im Hinblick auf die Ziele noch gearbeitet werden muss. Gibt es eher konditionelle Defizite, die aufgearbeitet werden müssen oder liegen die Probleme beispielsweise in der Losgelassenheit oder der Anlehnung? Der entsprechende Trainingsplan sollte abwechslungsreich sein und verschiedene Übungen enthalten, die auf eine Verbesserung der Defizite abzielen. Auch sollte überlegt werden, wie eine gute Relation von Erholung und Belastung geschaffen wird.
  • Training dokumentieren.
    Trainingstagebuch führen.
  • Auswertung.
    Nach jedem (Zwischen-)Ziel sollte ausgewertet werden, ob das Ziel erreicht wurde und das Training zielführend war. Anschließend sollte Bewährtes beibehalten werden bzw. gegebenenfalls sollten Anpassungen vorgenommen werden. Die gesamte Trainingsplanung ist ein Kreislauf, in dem die genannten Schritte in regelmäßigen Abständen immer wieder durchlaufen werden. Entscheidend ist die Bereitschaft, sich und sein Handeln stets kritisch zu hinterfragen. Gleichwohl ist wichtig, in der Trainingsgestaltung auch Pausen für das Pferd zu berücksichtigen, in denen sich Körper und Psyche erholen können.

Schlüssel zum Erfolg und manchmal gar zu olympischem Gold: Training mit Plan, Köpfchen und Technik, Jessica von Bredow-Werndl und Julia Krajewski machen es vor.

Einblicke ins Projekt

Einen Einblick darüber, was sich hinter dem „Projekt Leistungsdiagnostik Pferd“ verbirgt und wie es funktioniert, verrät auch ein Film, den das Deutsche Olympiade-Komitee für Reiterei (DOKR) mit freundlicher Unterstützung von Peiker CEE produziert hat. Darin erklären Julia Krajewski und Peter Teeuwen, Bundestrainer der Nachwuchs-Springreiter, sowie die Mitglieder der Perspektivgruppen am DOKR, Jérôme Robiné und Calvin Böckmann, weshalb die Leistungsdiagnostik so wichtig ist und was sie sich davon erhoffen.

Julia Basic/Uta Helkenberg

Film: Projekt Leistungsdiagnostik Pferd

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