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6. Liebenberger Pferdeforum:

„Aufbruch und Umbruch – weg von alten Gewohnheiten“

Traditionen bewahren und neue Ideen verwirklichen: Das Liebenberger Pferdeforum stand unter dem Motto „Aufbruch und Umbruch –  weg von alten Gewohnheiten“. Bereits zum sechsten Mal luden die Deutsche Kreditbank (DKB), die PM und der Oldenburger Pferdezuchtverband zum Gedankenaustausch zwischen Pferdesportlern und -züchtern ein.

Fynch Hatton, Sieger der Oldenburger Sattelkörung 2019, ist nur einer von vielen Spitzenhengsten aus dem Portfolio von Andreas Helgstrand. Beim Liebenberger Pferdeforum stellte der Däne seine Unternehmensphilosophie vor. Foto: Kiki Beelitz

Wie in den Vorjahren erwartete die Teilnehmer ein ganzer Strauß an Themen und Referenten, die sich des Themas Pferdezucht und Pferdesport aus unterschiedlichen Blickwinkeln heraus annahmen. In diesem Jahr schien die Auswahl besonders gelungen, denn es gab so viele Anmeldungen wie noch nie, wie der Hausherr Stefan Unterlandstättner, Vorstandsvorsitzender der DKB, in seiner Begrüßung verkünden konnte.

Verändertes Medienverhalten

Der Vormittag stand ganz im Zeichen von Tradition und Zukunft. „Seit 15 Jahren wird darüber geredet, dass das Fernsehen tot ist, aber das stimmt nicht“, sagte Susanne Aigner-Drews, Geschäftsführerin der deutschen Tochter des US-amerikanischen Medien- und Unterhaltungsunternehmens Discovery, zu dem unter anderem der Sender Eurosport gehört. Neun Stunden pro Tag nutzt der Durchschnittsdeutsche audiovisuelle Medien, davon rund vier Stunden das klassische, lineare Fernsehprogramm. Gleichzeitig wächst jedoch der Zuspruch für Streaming-Plattformen. Speziell die Jüngeren erwarten, dass die von ihnen gewünschten Inhalte immer und überall zur Verfügung stehen. „Die Herausforderung für die Zukunft besteht darin, sich auf dieses veränderte Medienverhalten einzustellen“, sagte Aigner-Drews.

Klassik mit neuen Akzenten

Zurück in die analoge Welt führten Sprecherin Andrea Kerssenbrock und Bereiter Helmut Oberhauser von der Spanischen Hofreitschule in Wien. „Bei aller Tradition, der wir uns verpflichtet fühlen, müssen wir auch bereit sein, bis zu einem gewissen Grad Veränderungen einzugehen“, sagten die beiden Wiener. Dazu zählt nicht nur die Öffnung für Frauen als Bereiterinnen, sondern auch ein Überdenken der innerstädtischen Pferdehaltung aufgrund von Tierschutzgesichtspunkten. „Klassik durch neue Ideen bereichern“, ist auch die Philosophie von Schäferin Anne Krüger-Degener. „Um ein Tier auf meine Seite zu bekommen, muss ich es ‚lesen‘, seine versteckten Signale wahrnehmen können“, sagte die Tierwirtschaftsmeisterin aus Melle in ihrem Vortrag zum partnerschaftlichen Umgang mit dem Pferd.

Das Nachmittagsprogramm stand dann ganz im Zeichen der Pferdezucht. Speziell die Kooperation von Paul Schockemöhle und Andreas Helgstrand sorgte in jüngster Zeit für große Diskussionen. In Liebenberg stellte der dänische Dressurreiter nun seine Unternehmensphilosophie vor. Ursprünglich Bereiter im Gestüt Blue Hors, wagte er nach den Olympischen Spielen 2008 in Hongkong den Sprung in die Selbständigkeit. Seither ist es ihm dank hoher Risikobereitschaft und einem Händchen für die richtigen Pferde, Mitarbeiter und Reiter, Partner und Investoren gelungen, ein internationales Pferdesportimperium zu errichten. Seit vergangenem Jahr gehört die Hälfte seines Unternehmens der Firma Waterland, einer unabhängigen Private-Equity-Investment-Gesellschaft. Auch diese hat erkannt, dass „die Nachfrage nach guten Pferden höher ist als das Angebot“ und die „Pferde-Industrie“ ein entsprechend hohes finanzielles Potenzial besitzt – vorausgesetzt man hat „die richtigen Pferde“ im Portfolio.

Das Publikum beim Liebenberger Pferdeforum lauscht gebannt den Vorträgen. Foto: ACP Foto

Verkaufspferde und Hengste

In Helgstrands Handelsstall in Vodskov stehen regelmäßig 300 Verkaufspferde unter dem Sattel, dazu warten rund 50 Dressurhengste auf der Hengststation in Hagen in Deutschland auf das Interesse der Züchter und mittlerweile streckt der rührige Däne seine Fühler auch Richtung Springsport aus. Neuestes Projekt sei – neben einer eigenen Ausrüstungsmarke und einem Schmuck-Label – der Hof Ny Ravnstrup mit Platz für die Zucht und Aufzucht von rund 180 Jungpferden, schilderte Helgstrand. „Damit können wir dem Kunden vom Fohlen bis zum fertigen Produkt alles anbieten.“ Bei so einem Global Player im Spiel wird es für die anderen deutschen Hengsthalter nicht leichter. Gerd Sosath und Tochter Janne Sosath-Hahn präsentierten die „Marke“ Sosath, basierend auf einem seit 1697 geführten Familienbetrieb. „Die Familie kommt bei uns an erster Stelle“, betonte Gerd Sosath. Auch in Lemwerder gibt es rund 350 Pferde, davon rund 100 unter dem Sattel. Dazu rund 25 Hengste.

Stedinger, Landor S & Co.

Besonders bekannt wurde die Station durch die selbstgezogenen Hengste Stedinger und vor allem Landor S, mit dem Gerd Sosath Bundeschampion wurde und für den 1993 die Besamungsstation auf dem Hof gebaut wurde. Mit den Pferden ist es bei Sosaths übrigens wie bei den Menschen. Auch sie leben seit Generationen auf dem Hof. Besonders die Landor-Schwestern Lady Heida I und II gehören zum Tafelsilber der Marke Sosath.

Erst am Anfang steht die Hengststation von Jens Hoffrogge und Beatrice Buchwald mit nur einer Handvoll Hengsten. Dank geschickter Präsentation, wie Springen über „bewegliche“ Hindernisse, ist es dem Vielseitigkeitsreiter gelungen, für eine lange Deckliste seines Asagao xx zu sorgen, für einen Vollblüter eher ungewöhnlich. Zusammen mit seiner Lebensgefährtin Beatrice Buchwald, langjährige Bereiterin bei Isabell Werth, wagte er nun den Schritt zur eigenen Station. Ihr Ziel ist es, die Hengste sowohl im Sport als auch in der Zucht einzusetzen, so dass der Schwerpunkt auf langfristigen Partnerschaften liegt. „Nicht jeder Hengst ist für jede Stute geeignet. Für jedes Pferd gibt es einen Plan. Es ist wichtig, dass ich als Hengsthalter zu einhundert Prozent hinter meinen Hengsten stehe. Nur so kann ich meinen Kunden einen optimalen Service bieten, sodass sie auch langfristig zufrieden sind“, so Hoffrogge.

Aufbruch und Umbruch in der Hengsthaltung bedeutet in Zukunft also auch, neben guten Hengsten eine gute Marketingstrategie zu haben. Wie aber sieht es mit der Selektion der Hengste aus? Ganz aktuell wird darüber diskutiert, die Mindestnote bei den Hengstleistungsprüfungen abzuschaffen. In der anschließenden Podiumsdiskussion danach befragt, erklärte Heinz Ahlers, dass die Hengsthalter diese Vorschläge nicht unterstützten. Der Vorsitzende des Vereins Deutscher Hengsthalter ging sogar noch weiter und erklärte, dass man vor dem Hintergrund der geplanten neuen Leitlinien für Tierschutz im Pferdesport des Bundesinnenministeriums sogar darüber nachdenken müsse, das ganze Selektionssystem auf den Prüfstand zu stellen, beginnend mit Art und Zeitpunkt der Körung.

Sachstand WFFS

Bei einer so zuchtgeprägten Veranstaltung durfte natürlich das Thema Warmblood Fragile Foal Syndrom (WFFS) nicht fehlen. Dr. Melissa Cox, vom Center of Animal Genetics in Tübingen, machte noch einmal deutlich, wie gering der Anteil an tatsächlich von der Genmutation betroffenen Fohlen ist. Anlagenträger generell aus der Zucht auszuschließen, davon riet sie ab. Die Zukunft liege stattdessen in der Aufklärung. „Man züchtet immer mit dem ganzen Pferd und nicht nur mit einer einzelnen Variante“, erklärte sie.

Uta Helkenberg

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