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Gesundheit kompakt: Kolostrum

Biosicherheit im Pferdestall

Prävention statt Panik

Infektionsschutz beginnt im Alltag: Ein Blick auf Strategien und sinnvolle Routinen, die Pferde und Bestände effektiv schützen. Welche Maßnahmen wirklich wirken – und warum Hygiene mehr ist als „nur“ Sauberkeit. 

Krankheitserreger machen vor keiner Stalltür halt. Hygiene-Strategien und sinnvolle Routinen helfen, sie einzudämmen und den Pferdebestand zu schützen. Foto: Thoms Lehmann/ FN-Archiv

„Milo“ frisst heute nicht gut, „Donna“ hat dicke Beine, „Freddy“ hustet. Sind das harmlose Auffälligkeiten – oder doch der Anfang eines größeren Problems? Fakt ist: Krankheitserreger machen vor keiner Stalltür halt. In einer vernetzten Pferdewelt mit Turnieren, Lehrgängen und wechselnden Einstellern haben sie leichtes Spiel. Doch wo liegen die größten Gefahren? „In der Praxis sehen wir immer wieder vermeidbare Fehler“, erklärt Dr. Susanne Müller vom Pferdegesundheitsdienst der Tierseuchenkasse Baden- Württemberg. Neuzugänge werden ohne Quarantäne oder Gesundheitsüberwachung in den Bestand aufgenommen, Rückkehrer von Veranstaltungen oder Klinikaufenthalten nicht beobachtet, Putzzeug wird geteilt und die Boxenhygiene vernachlässigt. Das Problem: Viele Erreger sind hochansteckend, können sich schnell im gesamten Bestand ausbreiten und zum Teil schwere Krankheitsverläufe verursachen. „Infektionen werden oft zu spät erkannt. Das ist eine der häufigsten Schwachstellen im Stallmanagement“, betont die Expertin und rät: „Regelmäßiges Fiebermessen ist eine einfache, aber wirksame Routine.“

Wie lange überleben Krankheitserreger in der Umgebung?

  • Herpesviren – Wenige Stunden bis Tage auf Oberflächen, hoch ansteckend. 
  • Druse-Bakterien – Wochen bis Monate in feuchten Trögen, Putzzeug, Boxen. 
  • Influenza-Viren – Mehrere Stunden in der Luft, besonders in schlecht belüfteten Ställen. 
  • Pilzsporen – Monatelang auf Ausrüstung und in Boxen, widerstehen vielen Desinfektionsmitteln. 
  • Parasitenlarven (z.B. Strongyliden, Bandwürmer) – Monate im Mist, besonders bei feuchtem Klima. 

Reisen und Klima

Neben bekannten Infektionskrankheiten wie Herpes, Druse und Influenza bringt der rege Reiseverkehr im Pferdesport zusätzliche Risiken mit sich. Über Turniere, Lehrgänge und Zucht- oder sonstige Importe können neue Erreger nach Deutschland gelangen, die hier noch nicht verbreitet sind. Ein zunehmendes Risiko sind auch Klimaveränderungen, die das Vorkommen von Vektoren wie Mücken und Zecken begünstigen.

Fluktation am Stall: Neuankömmlinge sollten zunächst separat der Bestandspferde untergebracht werden, um in der Beobachtungszeit einen direkten Kontakt zu verhindern. Foto: Jana Gerstenkorn/FN-Archiv

Diese Insekten übertragen Krankheiten wie beispielsweise das West-Nil-Virus (WNV), das sich seit 2018 in Deutschland etabliert hat. Zu nennen wäre, laut Dr. Müller, auch die Piroplasmose, welche durch Zecken übertragen wird. Es lohnt sich also immer, das eigene Hygienemanagement unter die Lupe zu nehmen – auch in kleineren Ställen. Oft reichen schon einfache, kostenneutrale Maßnahmen, um das Infektionsrisiko deutlich zu senken. Das Zauberwort lautet Biosicherheit. Doch sie funktioniert nur, wenn alle an einem Strang ziehen: Stallbesitzer, Reiter, Trainer, Tierärzte, Therapeuten und Hufschmiede.

„Würde häufiger Fieber gemessen, ließe sich viel früher erkennen, wenn im Stall etwas nicht stimmt.“

Dr. Susanne Müller

Der Weg von Krankheitserregern

Infektionen verbreiten sich durch direkten Kontakt (Tröpfchen, Körperkontakt, Schmierinfektionen) oder indirekt über kontaminierte Ausrüstung, Futter, Wasser sowie Menschen und auch Tiere als sogenannte lebende „Vektoren“. Doch nicht nur Viren und Bakterien, auch Parasiten bedrohen die Pferdegesundheit. Würmer und andere Endoparasiten verbreiten sich über den Kot infizierter Pferde. Bleiben Äppel auf der Weide oder im Paddock liegen, entwickeln sich daraus infektiöse Larven, die Pferde über das Gras oder durch Ablecken aufnehmen. Noch problematischer wird es, wenn Pferdemist als Dünger genutzt wird, ohne vorher ausreichend zu kompostieren – denn so gelangen Wurmeier zurück auf die Weide und setzen den gesamten Bestand einem erhöhten Infektionsrisiko aus.

„Problematisch sind insbesondere Erreger, die eine deutliche Ausbreitungstendenz haben – also mehrere oder schlimmstenfalls alle Pferde eines Bestandes gefährden.“

Dr. Susanne Müller

Bei Barrierespringen kommt es auf die Hindernishöhe an, dafür gibt es weniger Sprünge als in einem Normalparcours. Eine spezielle Variante einer Springprüfung sind Derby-Parcours, in die Naturhindernisse wie etwa Wall, Aufsprung oder Birkenoxer integriert werden. Die LPO gibt die Abmessungen für die Parcours jeder Klasse vor. Richtwerte gibt es auch für die Länge eines Parcours: Der Parcours darf niemals länger sein als die Anzahl der Hindernisse multipliziert mit 60. Das vorgeschriebene Tempo beträgt in der Reithalle 300 bis 350 Meter/Minute, im Freien 350 bis 400 Meter/Minute. Es kann in der Ausschreibung auch eine andere Regelung festgeschrieben werden.

Regelmäßiges Fiebermessen ist eine einfache, aber wirksame Routine zur Früherkennung und Eindämmung von Infektionskrankheiten. Foto: Sabine Heüveldop

 Status Quo: Bestandsanalyse

Gute Hygiene beginnt mit einer Bestandsanalyse: Wo gibt es Schwachstellen? Wie kann man sie beheben? Dr. Susanne Müller rät Stallbetreibern, sich einige zentrale Fragen zu stellen:

Wie hoch ist die Fluktation im Stall? Je stabiler der Bestand, desto geringer das Infektionsrisiko. 

Gibt es Quarantäne für Neuzugänge und Rückkehrer? Neuzugänge und Heimkehrer bringen ein unbekanntes Infektionsrisiko mit. Eine Vermeidung des direkten Kontakts zwischen dem neuen Pferd und den Bestandspferden über einen bestimmten Beobachtungszeitraum hinweg hilft, mögliche Infektionen des Neuankömmlings frühzeitig zu erkennen und eine mögliche Verbreitung rechtzeitig zu verhindern.

Gibt es Quarantäne für Neuzugänge und Rückkehrer?  Bestandsimpfungen gegen Influenza, Herpes und andere Infektionen senken das Krankheitsrisiko.

Wie konsequent wird die Stallhygiene umgesetzt? Die regelmäßige Reinigung von Putzzeug, Tränken und Ausrüstung minimiert das Risiko der Verbreitung von Krankheitserregern.

Gibt es getrennte Bereiche für kranke Pferde? Ein separater Kranken- oder Quarantänestall kann verhindern, dass sich Erreger im gesamten Bestand ausbreiten. Ein zusätzlicher Tipp: Dokumentation schafft Sicherheit. „Ein Hygieneprotokoll oder eine Checkliste macht Schwachstellen sichtbar. Sind diese erkannt, lässt sich gezielt gegensteuern“, erklärt Dr. Müller.

Checkliste für die Stallhygiene

Die fünf wichtigsten Regeln

  • Tägliche Reinigung – Boxen und Tränken sauber halten, alte Futterreste entfernen, Versorgung mit frischem Wasser sicherstellen. 
  • Regelmäßige Desinfektion – Putzzeug, Halfter und Trensen gründlich reinigen. 
  • Individuelle Utensilien – Tröge, Eimer und Putzzeug für jedes Pferd separat verwenden. 
  • Parasitenkontrolle – Weiden und Paddocks regelmäßig abäppeln, Überweidung vermeiden. 
  • Luftqualität optimieren – Gute Stallbelüftung zur Reduzierung von Staub und Krankheitserregern sicherstellen. 

Was bedeutet Biosicherheit im Stall? 

Die größte Gefahr im Stall ist nicht die Infektion eines einzelnen Pferdes, sondern die unkontrollierte Ausbreitung im gesamten Bestand, die nicht nur die Gesundheit der Tiere, sondern Betriebe oft auch wirtschaftlich gefährdet. Ein klares Biosicherheitskonzept verringert die Gefahr, dass Krankheitserreger eingeschleppt werden und sich ausbreiten. Dabei unterscheidet man zwei zentrale Säulen: 1. Die Prävention im Alltag und 2. Das Krisenmanagement im Ernstfall.

„Biosicherheit ist keine einmalige Maßnahme, sondern eine fortlaufende Verantwortung für Stallbetreiber, Pferdehalter und Reiter.“

Dr. Susanne Müller

Prävention im Alltag

Prävention ist der Schlüssel zur Gesunderhaltung. Ein durchdachtes Biosicherheitskonzept schützt nicht nur das einzelne Pferd, sondern den gesamten Bestand. Dazu gehören konsequente Hygienestandards, ein strukturiertes Impfmanagement und Quarantänemaßnahmen. Besonders in Ställen mit hoher Pferdefluktuation – etwa durch Turniere, Lehrgänge, Verkauf oder Beritt – sind systematische Vorsorgemaßnahmen unverzichtbar. Entscheidend sind klare Routinen.

1. Quarantäne für Neuzugänge und Heimkehrer

Neuzugänge stammen aus unterschiedlichen Betrieben, in denen möglicherweise Infektionskrankheiten zirkulieren. Daher sollten sie für ca. zehn bis14 Tage in einer separaten Quarantänebox untergebracht werden. Falls dies nicht möglich ist, können auch eine provisorische, abgetrennte Box oder ein abgesperrter Paddock helfen, den Erstkontakt zu begrenzen. Ziel ist, im Beobachtungszeitraum den direkten Kontakt mit Pferden des Bestands zu verhindern. Tägliches Fiebermessen ermöglicht, Infektionen frühzeitig zu erkennen, und hilft, eine mögliche Verbreitung rechtzeitig zu verhindern.

Die Tränken sollten regelmäßig gereinigt werden, um die Keimbelastung zu minimieren. Foto: Pixabay

Weg mit dem Mist statt „nobody kehrs“: Regelmäßiges Misten und Abäppeln ist das A und O, um die Infektionsgefahr durch Endoparasiten im Betrieb zu senken. Foto: Sabine Heüveldop

Heimkehrer waren bereits Teil des Bestands, sodass ihr Gesundheitsstatus bekannt ist und das Risiko besser eingeschätzt werden kann. Da die Inkubationszeit vieler Infektionskrankheiten, wie beispielsweise Influenza, oft unter einer Woche liegt, wird ein siebentägiger Beobachtungszeitraum mit täglichem Fiebermessen für diese Pferde als ausreichend angesehen.

In Regionen mit hoher Fluginsektenbelastung können Repellentien helfen, die Pferde vor Insekten und somit Krankheitserregern zu schützen. Foto: Stefan Lafrentz/FN-Archiv

2. Impfmanagement und Gesundheitsüberwachung

Ein guter Impfschutz ist essenziell. Während die Influenza-Impfung für Turnierpferde verpflichtend ist, empfehlen die STIKo Vet und die FN zusätzlich die Impfung gegen Herpes. Darüber hinaus wird der Impfschutz gegen Tetanus aus Tierschutzgründen als selbstverständlich angesehen. Zudem wird eine Impfung gegen das West-Nil- Virus für Regionen empfohlen, in denen das Virus bereits nachgewiesen wurde – also für betroffene Gebiete und deren Nachbarregionen. 

Dies betrifft die bislang betroffenen Bundesländer sowie seit dem vergangenen Jahr die gesamte norddeutsche Tiefebene. Bei Import- und internationalen Turnierpferden werden vor der Integration in den Bestand Untersuchungen auf Piroplasmose, Infektiöse Anämie (EIA) und Equine Virusarteritis (EVA) als sinnvoll angesehen.

3. Stallhygiene und Infektionsschutz

Eine konsequente Reinigung und Desinfektion senkt das Infektionsrisiko deutlich. Besonders sensible Bereiche wie Krankenställe und Quarantäneboxen sollten mit Desinfektionsmitteln behandelt werden, die in der Liste der Deutschen Veterinärmedizinischen Gesellschaft e. V. (DVG) aufgeführt sind und nachweislich gegen Bakterien, Viren und Pilze wirken. Dabei sind einige Punkte entscheidend:

  • Erst reinigen, dann desinfizieren: Eine gründliche Reinigung mit einem Detergenz (Reinigungsmittel,das Fett und Proteine entfernt) erhöht die Wirksamkeit der Desinfektion.
  • Desinfektionsmittel korrekt anwenden: Temperatur und Einwirkzeit spielen eine große Rolle. Bei niedrigen Temperaturen (5°C) verlieren viele Mittel an Wirkung!
  • Putzzeug nur für ein Pferd nutzen oder regelmäßig desinfizieren.
  • Tränken und Futtertröge sollten regelmäßig gereinigt werden, um Keimübertragungen zu vermeiden. Vor Neubezug einer Box sollte eine Reinigung der Box inklusive Trog und Tränke selbstverständlich sein.
  • Pferdetransporter regelmäßig gründlich reinigen und desinfizieren, insbesondere wenn sie von mehreren Pferden genutzt werden.
  • Hochdruckreiniger nur gezielt einsetzen: Eine Hochdruckreinigung kann effektiv sein, sollte aber nur dann erfolgen, wenn sich keine Pferde in der Umgebung befinden. Beim Reinigen entstehen große Mengen Aerosole, die potenzielle Krankheitserreger verteilen können.

Die Luftqualität ist ein oft unterschätzter Faktor. Eine gute Belüftung verdünnt potenziell keim- und schadgasbelastete Luft und trägt wesentlich zur Lungengesundheit der Pferde bei. Besonders in geschlossenen Ställen muss ganzjährig für eine geregelte Luftzufuhr gesorgt werden, um die Belastung durch Staub und Schadstoffe gering zu halten.

 

Weiterführende Informationen

Die FN bietet praxisnahe Leitfäden und Checklisten für effektive Hygienemaßnahmen zum kostenlosen Download:

  • Hygieneleitfaden Pferd – Biosecurity im Stall und unterwegs 
  • Hinweise zum Umgang mit nicht gesetzlich geregelten Infektionskrankheiten 
  • Empfehlungen zum Impf- und Entwurmungsmanagement

Alle Dokumente sind hier abrufbar und unter den Broschüren des Bereichs Veterinärmedizin im FN-Shop. Diese finden Sie hier.

 

Hochdruckreiniger können effektiv sein – sie sollten allerdings nur zum Einsatz kommen, wenn keine Pferde in der Nähe stehen. Denn beim Reinigen entstehen viele Aerosole, die potenzielle Krankheitserreger verteilen können. Foto: Christiane Slawik

4. Hygiene für Personal, Einsteller und Besucher

Menschen können Erreger unbemerkt von Stall zu Stall tragen, deshalb gelten folgende Grundregeln:

  • Regelmäßiges Händewaschen und die Reinigung (und ggf. Desinfektion) der Schuhe vor und nach dem Kontakt mit Pferden.
  • Besucher sollten Pferde nicht ohne Erlaubnis berühren oder füttern.
  • Für den Umgang mit kranken Pferden sollten separate Stallkleidung und eigenes Schuhwerk verwendet werden.
  • Besitzer mehrerer Pferde, die in unterschiedlichen Betrieben stehen, oder andere Personen mit engem Kontakt zu den Pferden sollten möglichst für jeden Betrieb saubere Kleidung und Schuhe bereithalten.

5. Weide- und Ausrüstungshygiene

Parasitäre Infektionen sind ein Dauerbrenner – doch gezielte Maßnahmen können das Risiko erheblich reduzieren:

  • Regelmäßiges Abäppeln (alle zwei bis drei Tage) senkt die Parasitenlast auf der Weide um bis zu 80 Prozent.
  • Rotationsweidenutzung verhindert Überweidung und verringert das Infektionsrisiko.
  • Wechselbeweidung mit Rindern oder Schafen reduziert den Strongyliden- Befall um bis zu 50 Prozent.
  • Pferdemist enthält Wurmeier – daher sollte er mindestens ein Jahr kompostiert werden, bevor er als Dünger verwendet wird.
  • Pferde in Regionen mit hoher Fluginsektenbelastung (z.B. Gnitzen, Kriebelmücken, Bremsen, Stallfliegen) sollten gezielt vor der Übertragung von Krankheitserregern geschützt werden – durch Repellentien, wenn nötig den Einsatz von Fliegendecken, eine angepasste Weidenbewirtschaftung sowie ein durchdachtes Koppelmanagement, etwa durch die gezielte Auswahl der Weidezeiten.

6. Maßnahmen für Einsteller bei Stallbesuchen

Wer mit seinem Pferd andere Ställe besucht, sollte einige Vorsichtsmaßnahmen treffen:

  • Bei mehrtägigen Aufenthalten sollte das Pferd nach Möglichkeit in einer Gastbox abseits der Bestandspferde untergebracht sein.
  • Direkter Kontakt zu fremden Pferden sollte vermieden werden – auch das Beschnuppern fremder Äppel.
  • Zentrale Schnittstellen wie Putzplätze werden am besten gemieden.

Der Hygieneleitfaden der FN (siehe Kasten auf Seite 10) bietet zahlreiche weitere praxisnahe Beispiele für Biosicherheitsmaßnahmen im Stallalltag.

„Biosicherheit muss nicht teuer sein, Zeit oder Aufwand wird sie aber schon kosten.“

Dr. Susanne Müller

Krisenmanagement im Ernstfall

Trotz aller Vorsorgemaßnahmen kann es zu Krankheitsfällen kommen. Dann ist schnelles und entschlossenes Handeln erforderlich, um eine unkontrollierte Ausbreitung zu verhindern. Dr. Müller bringt es auf den Punkt: „Sehr schnelles Erkennen, sehr schnelles Separieren und sehr schnelles Identifizieren des Infektionserregers – das sind die drei wichtigsten Maßnahmen, um eine Ausbreitung zu stoppen.“ Die enge Zusammenarbeit mit einem federführenden Tierarzt für die Koordination der Behandlung betroffener Tiere sowie als fachlicher Ansprechpartner ist im Ausbruchsfall unerlässlich. Das Ampelsystem zur Pferdetrennung wird als eine effektive Methode zur Kontrolle und Eindämmung von Infektionskrankheiten in Pferdebetrieben genutzt. Die Methode basiert auf einer farblichen Kategorisierung der Pferde in drei Gruppen:

Grüne Gruppe:  Gesunde Pferde, die keinen Kontakt zu erkrankten Pferden hatten.

Orange Gruppe: Pferde, die Kontakt zu infizierten Pferden hatten, aber selbst noch keine Symptome zeigen.

Rote Gruppe: Pferde, die bereits erkrankt sind und Isolationsmaßnahmen benötigen.

Gastboxen abseits der Bestandspferde sind sinnvoll, wenn auf dem Betrieb beispielsweise mehrtägige Lehrgänge mit vierbeinigen Übernachtungsgästen abgehalten werden. Foto: Sabine Heüveldop

Auch wenn Biosicherheit im Stall Teamsache ist – der Stallbetreiber ist dafür verantwortlich, ein Konzept zu haben und die große Linie vorzugeben. Foto: Thoms Lehmann/FN-Archiv

Laut Dr. Müller gibt es oft Herausforderungen in betroffenen Ställen, wenn dort keine separaten Quarantäneboxen oder mehrere Stalltrakte zur Verfügung stehen. Trotzdem könnten einige Maßnahmen umgesetzt werden:

In Boxenhaltung:

Gruppe grün: Pferde in den regulären Boxen lassen. 

Gruppe orange: Pferde mit Infektionsrisiko mindestens eine leere Box Abstand zu gesunden Pferden halten.

Gruppe rot: Infizierte Pferde sollten so weit wie möglich vom Rest des Bestands getrennt werden. Falls keine separaten Boxen verfügbar sind, empfiehlt sich eine provisorische Barriere (z.B. Plane oder Holzwand).

In Gruppenhaltungen (z.B. Offenlaufstall, Weidehaltung)

Gruppe grün: Auf einem separaten Weideabschnitt unterbringen. 

Gruppe orange: In einem abgetrennten Bereich, um Kontakt zu gesunden Pferden zu vermeiden. 

Gruppe rot: Falls kein separater Quarantänebereich vorhanden ist, können temporäre Zäune genutzt werden, um eine Isolation zu ermöglichen. Doppelte Abzäunungen werden häufig eingesetzt, um den Abstand zwischen benachbarten Pferdegruppen zu vergrößern oder um eine Distanz zu öffentlich genutzten Wegen zu schaffen. Dies hilft, Streicheltourismus und Kontakte zu fremden Pferden zu verhindern.

Weitere wichtige Verhaltenregeln im Krisenfall sind: 

Arbeitsrichtung im Stall: Immer erst die gesunden Pferde (grün), dann die Kontaktpferde (orange) und zuletzt die Erkrankten (rot) versorgen, um eine Verschleppung der Keime zu vermeiden.

Eigene Stallutensilien pro Gruppe: Besen, Mistgabeln, Wassereimer etc. müssen für jede Gruppe zur Verfügung stehen.

Besucher und Personal informieren: Zutrittsbeschränkungen und klare Regeln aufstellen. 

Luftqualität beachten: Ställe regelmäßig lüften, um Aerosole mit Krankheitserregern zu verdünnen. 

Checkliste für Lehrgänge und Turniere

Die 5 wichtigsten Vorsichtsmaßnahmen 

1. Gesundheitscheck vor der Abreise – Pferd auf Fieber, Nasenausfluss und andere Krankheitsanzeichen kontrollieren. 

2. Eigene Ausrüstung verwenden – Putzzeug, Tränkeimer, Futtertröge selbst mitbringen. 

3. Kontakt vermeiden – Kein Nasenkontakt mit fremden Pferden. 

4. Gesundheitsüberwachung nach der Rückkehr – Sieben Tage lang täglich Fieber messen und auf Symptome achten. 

5. Transporter reinigen und desinfizieren – Nach jeder Reise gründlich säubern. 

Lieber so gut es geht auf Abstand und keine Köpfe zusammenstecken: Direkten Kontakt zwischen fremden Pferden sollten Reiter beim Turnier besser vermeiden. Foto: Antje Jandke/FN-Archiv

Eine Gemeinschaftsaufgabe

Egal ob Privatstall oder Großbetrieb – Biosicherheit ist Teamarbeit. Nur wer gut informiert ist und ein wachsames Auge auf Anzeichen von Infektionskrankheiten hat, kann rechtzeitig reagieren und eine Ausbreitung der Erkrankung eindämmen. Fieber messen, Veränderungen dokumentieren, bei Verdacht den Stallbetreiber informieren und den Tierarzt konsultieren – all diese Maßnahmen sollten zur Routine gehören. Ein zu spätes Reagieren kann dazu führen, dass sich eine Infektion schnell unter den Pferden ausbreitet und den gesamten Bestand gefährdet. 

Deshalb ist es unerlässlich, dass alle Beteiligten – Stallpersonal, Pferdebesitzer, Reitbeteiligungen – regelmäßig geschult werden. Wissen schützt! Nur wer die Dringlichkeit versteht, kann im entscheidenden Moment richtig handeln. Denn wie wir wissen, beginnt es oft mit kleinen Auffälligkeiten: „Milo“ frisst nicht gut, „Donna“ hat dicke Beine, „Freddy“ hustet, „Prinz“ hat Nasenausfluss …

„Biosicherheitsmaßnahmen sind nur so gut wie ihre konsequente Umsetzung“

Dr. Susanne Müller

 Sabine Heüveldop

Niemals auf die leichte Schulter nehmen! Druse ist hochansteckend und kann eitrige Abzesse an den Lymphknoten verursachen, die geöffnet werden müssen. Foto: Christiane Slawik

Interview mit Dr. Susanne Müller

Was tun bei Verdacht auf Druse?

Druse ist eine hochansteckende bakterielle Infektion, verursacht durch Streptococcus equi subsp. equi. Ohne sofortige Maßnahmen kann sich die Krankheit rasant im Stall ausbreiten. Dr. Susanne Müller vom Pferdegesundheitsdienst Baden-Württemberg erklärt, worauf Pferdebesitzer und Stallbetreiber achten sollten.

PM-Forum: Frau Dr. Müller, woran erkennen Pferdebesitzer eine Druse-Infektion?

Dr. Susanne Müller:  Das ist leider sehr schwierig, da wir gar nicht immer die Bilderbuchsymptome beobachten können. Wichtig wäre es jedoch, bei Fieber, geschwollenen Lymphknoten und/ oder auffälligem eitrigem Nasenausfluss unbedingt an Druse zu denken.

PM-Forum: Welche Sofortmaßnahmen sollte ein Stallbetreiber ergreifen?

Dr. Susanne Müller: Zunächst sollte man das verdächtige Pferd so schnell wie möglich separieren. Dann ist es wichtig, den Tierarzt hinzuziehen und über eine Beprobung abklären zu lassen, welche Ursache den Auffälligkeiten zugrunde liegt.

PM-Forum: Welche häufigen Fehler begünstigen eine weitere Ausbreitung der Krankheit?

Dr. Susanne Müller: Ein großes Problem ist, dass Druse-Infekte nicht immer mit den klassischen Symptomen verlaufen. Es wird dann häufig davon ausgegangen, dass die ungeliebte Infektion auch nicht vorliegt. Die Realität zeigt jedoch immer wieder, dass ein Pferd durchaus an Druse erkrankt sein kann, ohne unbedingt hohes Fieber zu haben. Das führt dazu, dass infizierte Pferde nicht isoliert werden und sich die Krankheit unbemerkt im Bestand ausbreitet.

PM-Forum: Wann kann ein Stall wieder als „Druse-frei“ gelten?

Dr. Susanne Müller: Wie bei so ziemlich allem, was die Druse anbelangt, ist auch die Drusefreiheit nicht einfach herbeizuführen. Im eigentlichen Sinne müssten alle Pferde eines von Druse betroffenen Betriebes nach einer „Sicherheitsphase“ von mindestens sechs Wochen, die ohne das Vorkommen von Fieber und neuen Erkrankungsfällen überstanden sein muss, mittels Luftsack-Endoskopie oder mehrfacher Nasen-Rachen-Spülung bzw. tiefem Rachentupfer untersucht werden. Das häufig praktizierte Abwarten, bis Ruhe einkehrt, „funktioniert“ zwar in der Hinsicht, dass irgendwann tatsächlich die Infektion überstanden scheint. Allerdings wird damit außer Acht gelassen, dass der Erreger auf irgendeinem Wege in den Bestand gelangt ist (neues Pferd oder auch Bestandspferd, welches ein „Carrier“ ist) und dass Pferde, die während der Dauer des Infektes erkrankt sind, ihrerseits zu Carrier-Pferden werden können. Carrier sind Pferde, die in der Vergangenheit eine Druse-Infektion durchgemacht haben und danach den Erreger beherbergen und immer wieder ausscheiden, ohne selbst Anzeichen einer Erkrankung zu haben. Diese Pferde sind für andere allerdings ansteckend. Lässt man den Druse-Ausbruch einfach durch Aussitzen auf sich beruhen, hat man danach möglicherweise mehrere Carrier im Bestand. Das kann unter Umständen für den nächsten Neuzugang im Betrieb bedeuten, dass er sich an einem der Bestandspferde ansteckt – woraus ein erneuter Druse-Ausbruch entstehen kann.

PM-Forum: Welche Maßnahmen empfehlen Sie, um Druse langfristig zu verhindern?

Dr. Susanne Müller: Die beste Strategie gegen Druse ist eine konsequente Prävention. Dazu gehören folgende Maßnahmen:

  • Quarantäne für Neuzugänge (mindestens zehn bis 14 Tage) mit täglichem Fiebermessen.
  • Keine gemeinsamen Wassereimer oder Futtertröge für Pferde aus unterschiedlichen Gruppen.
  • Regelmäßige Kontrolle auf geschwollene Lymphknoten, Fieber und Nasenausfluss.
  • Strikte Desinfektion von Boxen, Putzzeug und Tränken nach einem Krankheitsfall.
  • Erkrankte Pferde systematisch auf Carrier-Status testen, um Spätfolgen für den Bestand zu vermeiden.

Diese Maßnahmen tragen dazu bei, das Risiko eines erneuten Ausbruchs zu minimieren und die Gesundheit der Pferde langfristig zu sichern.

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