Young PM

Das Doppel-Talent

Er ist nicht nur mega erfolgreich im Busch unterwegs, sondern räumt auch im Springparcours eine Schleife nach der anderen ab. Calvin Böckmanns bisherige Karriere im Sattel kann man ebenfalls nur als rasant bezeichnen. Wir wollten wissen, wie das Erfolgsrezept des 13-jährigen Nachwuchssportlers aus Lastrup lautet, und warum er in zwei Disziplinen auf Sieg setzt.

Doppelt hält besser: Calvin mit Springstute Carvella und Vielseitigkeitspony Askaban im heimischen Stall.

Action ist das richtige Stichwort für Calvin Böckmann. Denn er steht nicht nur – wie so viele Jungs in seinem Alter – auf TV-Serien wie Alarm für Cobra 11 und Navy CIS, wo es tempomäßig richtig zur Sache geht. Der Achtklässler, der Ende April 2015 seinen 14. Geburtstag feiert, liebt auch ganz besonders die Herausforderung in der Vielseitigkeit: „Am meisten Spaß macht mir das Geländereiten, da es einfach ein tolles Gefühl ist, wenn einem der Wind um die Nase weht. Jeder Geländesprung ist anders, man muss ganz genau wissen, wie man seinen Ritt einteilt. In der Prüfung geht dann alles ganz schnell, und das erfordert die richtige Entscheidung im richtigen Moment.“ Calvin, der mit seinen beiden ebenfalls erfolgreich reitenden Brüdern Jason (13) und Liam (15) in Niedersachsen lebt, überlässt im Sport aber nichts dem Zufall. So kann es sein, dass er gemeinsam mit seiner Mutter und Trainerin Simone die Geländestrecke fünf oder sechsmal abgeht.

Ihm kann es nie schnell genug gehen: Calvin mit Kaderpony Camissa Nera auf der Rennbahn.

Drei Eisen im Feuer

Das Nachwuchstalent ist momentan nicht nur mit seinen beiden Vielseitigkeitsponys Askaban (12) und Camissa Nera (14) im Bundeskader, sondern auch mit Springpferd Carvella (8) bei den Children. An einem Talent wie Calvin kommen die Bundestrainer Fritz Lutter (Pony Vielseitigkeit), Eberhard Seemann (Chil­dren) und Peter Teeuwen (Ponyspringen) einfach nicht vorbei. Denn seine Erfolgsbilanz 2014 kann sich mehr als sehen lassen: Bei der Pony-EM Vielseitigkeit in Irland holte er die Einzel-Bronzemedaille mit Askaban, wurde bei der DM Pony-Vielseitigkeit jeweils Zweiter und Vierter mit Askaban und Camissa Nera, beim Preis der Besten Zweiter und Siebenter sowie Zweiter beim Nationenpreis Children in der Schweiz, Sieger beim Großen Preis des Salut Festivals Children und Vierter beim Preis der Besten Children. Dazu kamen natürlich etliche weitere Erfolge. Und auch 2015 ging es gleich gut los im Parcours: Calvin qualifizierte sich mit seinem Springpony Soprano (14), den er seit vier Jahren reitet, für das Finale des Bundesnachwuchschampionates Pony­springen in Verden. Beim Pferdewechsel der besten vier Reiter bewies das Allroundtalent ein super Gespür für sein Fremdpony und toppte sogar die Stilnote, die er bereits mit Soprano erzielt hatte. Das reichte zum Sieg. „Calvin ist ein sehr routinierter Reiter mit einer soliden Grundausbildung und einer großen Portion Ehrgeiz. Da er gleichzeitig sehr erfolgreich Vielseitigkeit reitet, stehen ihm nun die Wege in beiden Disziplinen offen“, so Bundestrainer Peter Teeuwen nach dem spektakulären Sieg des jungen Buschreiters.

Große Vorbilder – große Ziele

Wer jetzt denkt, spätestens nach diesem Sieg würde Calvin abheben, hat sich getäuscht. „Die anderen hatten ärgerliche Fehler, das war auch ein bisschen Glück für mich“, so der Lastruper ganz bescheiden. Auffällig war, wie oft er seinen Vierbeiner Soprano nach dem Ritt lobte. „Unsere Ponys und Pferde sind wie Familienmitglieder. Meine Eltern haben uns von Anfang an beigebracht, die Pferde fair und freundlich zu behandeln“, erzählt er.

Calvin und Camissa Nera beim Preis der Besten 2014: Für stilvolles Reiten mit viel Gefühl hat das Nachwuchs­talent schon viel Lob bekommen.

Alle Pferde der Böckmanns kommen täglich ganzjährig einige Stunden auf die Weide, auch wenn es ein großer Aufwand ist. Aber alle packen mit an, weil die vierbeinigen Sportpartner viel ausgeglichener und leistungsbereiter sind. Dass der Apfel bei den Zwillingsbrüdern Calvin und Jason sowie Liam nicht weit vom Stamm fällt, liegt natürlich auch an den erfolgreich reitenden Eltern. Unter dem Namen Simone Richter war ihre Mutter die erste Frau, die Deutsche Meisterin in der Vielseitigkeit wurde und in den 90er Jahren bei der WM an den Start ging. Vater Roger Böckmann war ebenfalls erfolgreicher Vielseitigkeitsreiter, engagiert sich heute im DOKR-Ausschuss Vielseitigkeit und begleitet seit Jahren das deutsche Team als Equipechef zu den EM der Ländlichen Vielseitigkeitsreiter. Innerhalb der Familie ist er für die Ausbildung der jungen Pferde zuständig. „Die Jungs waren von klein auf mit beim Turnier und sind in den Sport hineingewachsen. Es wäre für uns kein Problem gewesen, wenn sie sich für eine andere Sportart entschieden hätten. Zum Reiten wird keiner gezwungen“, lacht Simone Böckmann, die ihren talentierten Sohn sogar manchmal davon abhalten muss, allzu ehrgeizig an die Sache heran zu gehen.

Ohne Pferde geht es nicht (v.l.): Calvin, Liam, Jason, Simone und Roger Böckmann.

„Meine Mutter ist schon mein großes Vorbild, gemeinsam mit Ingrid Klimke und Michael Jung. Im Springen finde ich Marion Stevens klasse“, erzählt Calvin, der jetzt schon einen Traum hat: „Ich würde mir wünschen, irgendwann mal bei Olympischen Spielen zu reiten“.

 

Erst Hausaufgaben, dann Stall

Als „nicht ganz einfach“, bezeichnet Calvin seine schwarze Beauty-Queen, die Ponystute Camissa Nera, die ihm vor einem guten Jahr zur Verfügung gestellt wurde. „Da liegen Genie und Wahnsinn dicht beieinander“, pflichtet ihm auch Mama Simone bei. Calvin sitzt total cool auf dem Temperamentsbündel, als es zur Rennbahnstrecke geht, die nicht weit vom Stall liegt. Camissa Nera trippelt ein bisschen, schnaubt wie ein Vollblüter, der gleich von Null auf Hundert schaltet. Ihr Reiter grinst nur, bleibt ruhig, lässt das schwarze Pony antraben und absolviert einige Runden im Rennsitz. Dieses gewisse „Händchen“ für schwierige Pferde hatte Calvin, der bereits mit zehn Jahren auf Deutschen Meisterschaften startete, von Anfang an. Dazu kommt, dass er nach eigenen Worten nie nervös ist beim Reiten. „Höchstens nach dem Ritt, wenn ich ein Interview geben muss“. Aber wie schafft der 13-Jährige es neben der Schule (Gymnasium), seine Ponys und Carvella zu trainieren, und an so vielen Wochenenden auf Turnieren unterwegs zu sein? „Das klappt nur, weil auch meine beiden Brüder Vielseitigkeit reiten, und wir uns alle gegenseitig unterstützen.“ Nach der Schule, die oft bis 15 Uhr geht, werden erst die Hausaufgaben erledigt und dann geht es in den Stall. Mehr als zwei Vierbeiner – neben Soprano reitet Calvin noch zwei weitere Springponys – schafft er nicht. Deswegen trainiert auch Mutter Simone die Pferde öfter mit.

Die Gitarre hat Calvin nur fürs Foto ausgepackt. Im Hintergrund seine Schärpen- und Schleifensammlung.

Mit Soprano wurde Calvin im Januar 2015 Sieger im Bundesnachwuchschampionat Ponyspringen.

Seine Hobbys Gitarre spielen und Tennis hat Calvin zugunsten des Reitens an den Nagel gehängt. Dafür läuft und schwimmt er gern, kickt mal Fußball oder springt Trampolin mit seinen Brüdern. Am Turnierreiten findet er natürlich auch cool, dass er hier viele Freunde hat. In der Schule, wo Calvin Sport und Politik am meisten mag, findet seine Sportart leider nicht so viel Anklang bei den gleichaltrigen männlichen Klassenkameraden. Auch in den Ferien zieht es Calvin auf den Pferde­rücken – so hat er bereits beim ehemaligen Bundestrainer der Springreiter, Kurt Gravemeier, in das Training hineingeschnuppert. „Kurt ist schon lange mit meinen Eltern befreundet, so kam das zustande“, erklärt Calvin. Für die Zukunft möchte er sich noch nicht zwischen Springen und Vielseitigkeits­reiten entscheiden. „Obwohl Mario Stevens mich immer überzeugen möchte, ganz in den Parcours zu wechseln.“

Tina Pantel

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