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UNESCO Immaterielles Kulturerbe

Ein Titel für Trakehner

Vom „besten Soldatenpferd der Welt“, über das „heimatlose Flüchtlingspferd“ zum international bekannten Sportpferd und geliebten Familienpferd – das Trakehner Pferd hat eine lange  echselvolle
Geschichte. Jetzt sind die Pferde mit der doppelten Elchschaufel Immaterielles Kulturerbe der deutschen UNESCO-Kommission. Für die Pferdewelt ein großer Gewinn, in vielerlei Hinsicht.

Die Trakehnerzucht ist seit diesem Jahr immaterielles Kulturerbe der UNESCO. Foto: Christiane Slawik

„Der Trakehner ist die älteste und edelste Reitpferdezucht der Welt, die einzige in Reinzucht“, manifestiert Lars Gehrmann, Zuchtleiter des Trakehner Verbandes. Mit dem „lebendigen Kulturgut aus Ostpreußen“, so sagt Lars Gehrmann, setze heute der international tätige Trakehner Verband mitsamt seinen Töchterverbänden „ein Zeichen der Völkerverständigung“.

Das Landstallmeisterhaus in Trakehnen mit der Statur des Tempelhüters davor. Foto: Trakehnenverein

Mehr als nur Pferdezucht

Das Loblied des Trakehner Zuchtleiters auf „seine“ Pferde hat einen aktuellen Anlass – die Trakehner sind im Frühjahr 2022 als UNESCO Immaterielles Kulturerbe von der deutschen UNESCOKommission anerkannt worden. Die Begründung der UNESCO: „Das Expertenkomitee würdigt das große Engagement, mit dem die Trakehnerzucht betrieben wird. Das spezifische Wissen und Können der Pferdezucht wird schon seit dem 17. Jahrhundert systematisch dokumentiert und weitergegeben. Die Praxis ist offen und zeichnet sich auch durch einen grenzüberschreitenden Austausch von Wissen und Fertigkeiten aus. Das Expertenkomitee lobt auch die Bildungs- und Informationsangebote, welche eine breite Öffentlichkeit für die Zucht gewinnen sollen.“

Die UNESCO-Listen

Was versteht man unter einem immateriellen Kulturerbe? Das können Bräuche sein, Beziehungen, Tänze, Feste und Ähnliches, was von Generation zu Generation mit allem Wissen und Können weitergegeben und gepflegt wird. Die UNESCO fördert dies, indem sie seit 2003 Kulturerbe-Projekte in ein bundesweites Verzeichnis des Immateriellen Kulturerbes in Deutschland oder wahlweise in die internationalen UNESCO-Listen aufnimmt. Im bundesweiten Verzeichnis gibt es bereits mehr als 130 Einträge, wie den Orgelbau, die Helgoländer Dampferbörte oder die Oberammergauer Passionsspiele und jetzt auch die Trakehner Zucht. Die internationale UNESCO-Liste zählt über 600 Einträge. Zu pferdebezogenem Kulturerbe zählen etwa die Reitkunst des französischen Cadre Noir, die Spanische Hofreitschule und die Lipizzanerzucht, die traditionellen Frühlingsriten der kasachischen Pferdezüchter, die traditionelle belgische Methode des Krabbenfischens mit Pferden oder das Ringreiten.

Der Trakehner war auch als Jagdpferd beliebt. Foto: Trakehnenverein

Trakehnens Stutenherden waren nach Farben zusammengestellt. Foto: Trakehner Verband

Geschichte im Galopp

Ein kulturelles Erbe hat eine lange Geschichte: Trakehnen selbst war bis 1945 das bedeutendste Hauptgestüt Deutschlands. Damals in Ostpreußen gelegen, gehört der ehemalige Ort Trakehnen („Jasnaja Poljana“) heute zur russischen Verwaltungseinheit Kaliningrad, im ehemaligen Landstallmeisterhaus befindet sich inzwischen eine Schule. Begonnen hat die Geschichte viel früher: Im Jahr 1732, als König Friedrich Wilhelm I. von Preußen (der Soldatenkönig) das „Königliche Stutamt Trakehnen“ gründete. „Damit gab es erstmals in der Geschichte der Pferdezucht eine reguläre Stutbuchführung, eine Selektion und Dokumentation“, erklärt Erhard Schulte, Trakehner-Fachmann, der regelmäßig die PM-Reisen von FNticket&travel zu Gestüten und zuchtgeschichtlich interessanten Orten führt. 

Der Hengst Tempelhüter galt als Idealbild des Trakehner Pferdes in den frühen 1930er Jahren, hier zu sehen als Abguss vor dem Pferdemuseum in Verden. Die Originalstatue befindet sich in Moskau. Foto: Jürgen Howaldt

Das berühmte Brandzeichen der Elchschaufel wurde 1787 eingeführt: Die Pferde aus dem Hauptgestüt Trakehnen trugen auf dem rechten Hinterschenkel eine einfache Elchschaufel. Hauptgestüte haben bzw. hatten immer ihre eigenen Brandzeichen, die immer rechts gebrannt wurden. Die ostpreußischen Pferde der Landeszucht, die Ostpreußen, trugen die doppelte Elchschaufel auf dem linken Hinterschenkel. Diese doppelte Elchschaufel übernahm der Trakehner Verband nach dem Krieg, das Brandzeichen wird heute nicht mehr gebrannt, ist aber natürlich noch das Logo der Trakehner, ein Markenzeichen.

Siegfried Graf von Lehndorff war Landstallmeister in den preußischen Hauptgestüten Neustadt/Dosse, Graditz und Trakehnen und zählte zu den erfolgreichsten Amateurrennreitern in der Geschichte des deutschen  Galopprennsports. Foto: Trakehnenverein

Ausritt mit Trakehner Junghengsten. Foto: Foto: Trakehnenverein

Erste systematische Pferdezucht

Seit der Gründung des Stutbuchs veredelte man die ostpreußischen Pferde mit englischen und arabischen Vollblutpferden – wie heute noch, und das gilt auch als Reinzucht. So entstand das Trakehner Pferd, Zuchtziel war ein Militär- und Wirtschaftspferd. Für die Trakehner Fachleute ist das „die Geburtsstunde des Sportpferdes“: „Seit Jahrhunderten hatte sich wiederum der Trakehner als Veredler für die anderen Warmblutrassen im Umzüchtungsprozess zum Reitpferd bewährt. Er war weltweit bekannt als das beste Soldatenpferd der Welt“, beschreibt Zuchtleiter Lars Gehrmann und fügt hinzu: „Der Trakehner wurde schon auf Reiteigenschaften selektiert, als die anderen noch Wagen und Ackergeräte gezogen haben. 1922 wurde die allererste Hengstleistungsprüfung in der Geschichte überhaupt abgehalten, im ostpreußischen Zwion.“

„Das edle ostpreußische Pferd“, ein illustriertes Fachblatt für Pferdezucht gab es bereits seit 1924 und auf diesem Titel aus dem 18. Jahrgang sogar einen Hengst Namens Totilas. Foto: Trakehnenverein 

Hengstrennen als Auslese

Erhard Schulte erzählt: „Schon Ende des 19. Jahrhunderts gab es Hengstrennen, ein Vorreiter des Leistungsprüfungswesens.“ Um 1900 wurden die Trakehner Jagdrennen bekannt – bis heute hat sich in internationalen Vielseitigkeitsprüfungen das Hindernis „Trakehner Graben“ gehalten. „Die dreijährigen Pferde mussten sich schon auf bis zu zwei Kilometer über die weitläufige Landschaft rund um Trakehnen beweisen. Das war eine Auslese nach Härte und Leistung“, sagt Erhard Schulte. Da gab es das „von-der-Goltz- Querfeldeinrennen“, nach dem Pardubice- Steeplechase (heute noch existent) war dies laut Erhard Schulte das zweitschwerste Hindernisrennen des Kontinents. Zu den Siegern zählen Trakehner Hengste wie Konditor von Cadix xx, Heimathorst und Heimatsang von Nana Sahib x. Ebenfalls Heimathorst und Heimatsang von Nana Sahib x. Herero von Shilfa xx, Herold von Cornelius oder Ben Hur von Benjamin xx waren Pardubice-Sieger.

Im ostpreußischen Zwion wurde 1922 die allererste Hengstleistungsprüfung der Geschichte abgehalten. Das Bild zeigt dreijährige Zwioner Hengste mit ihren Reitern, im Vordergrund Ilion von Dampfroß. Foto: Trakehnenverein

Früher auch als Postkartenmotiv beliebt: Pferde auf einer Weide des Hauptgestüts Trakehnen. Foto: Trakehnenverein

Idealbild in Bronze, Erfolg in Gold

1932 feierte man in Trakehnen das 200-jährige Bestehen. Als Idealbild des Trakehner Pferdes dieser Zeit wurde dem Hauptbeschäler Tempelhüter eine lebensgroße Bronze-Statue gewidmet. Das Original steht heute in Moskau. Der Hippologe Hans-Joachim Köhler (1917–1997) initiierte, dass ein Abguss der Originalbronze heute vor dem Pferdemuseum Verden aufgestellt ist. Bei den Olympischen Spielen 1936 in Berlin vergoldeten sich die Trakehner Pferde: In der Dressur gewannen Kronos von Carol und Heinz Pollay die Mannschafts- und Einzelgoldmedaille in der Dressur. In der Vielseitigkeit ging zweimal Gold an Ludwig Stubbendorf und Nurmi von Merkur.

Ende und neuer Anfang

In den späten 1930er Jahre gab es 25.000 eingetragene Stuten. Das Ende des Zweiten Weltkriegs bedeutete den Untergang Trakehnens und der Ostpreußischen Warmblutzucht Trakehner Abstammung: Lediglich etwa 1.000 Zuchtpferde – Hengste und meist tragende Stuten – schafften die Flucht in den Westen. „Die Pferde waren vor die Treckwagen gespannt, wochen- und monatelang unterwegs und retteten so das Leben ihrer Züchter und der Familien“, beschreibt Erhard Schulte. 1947 gründete sich der Trakehner Verband in Hamburg. Ein Verband für die Pferde ohne Zuchtgebiet. Er machte die in ganz Westdeutschland verstreuten Trakehner ausfindig und begründete den neuen züchterischen Aufbau. Bei den Trakehnern stehen die Stutenfamilien im Vordergrund. Von daher beginnen die Namen ihrer Nachkommen grundsätzlich mit dem Anfangsbuchstaben der Mutterstute. Ein reger Austausch der Linien fand mit dem Osten statt, besonders nach dem Fall des Eisernen Vorhangs. Der Zuchtverband kontaktierte Trakehnerzüchter in Estland, Littauen, Polen, Belarus, Russland, der Ukraine oder Tschechien. „Ohne die Genetik aus Russland hätten wir nicht den Erfolg gehabt“, betont Erhard Schulte. Denn so wie die Verpflichtung zur Reinzucht einzigartig ist, „ist sie auch für eine andauernde Existenz mit Risiken verbunden“, sagt Erhard Schulte.

Veredler für moderne Sportpferde

In den 1950er und 1960er Jahren hielten die Landgestüte einige Trakehner Hengste mehr als heute. Große Sportvererber führen Trakehnerblut: Der wichtige Hannoveraner Vererber Argentinus (Hengst des Jahres 2005) geht auf den Trakehner Abglanz zurück. Nur ein Beispiel von vielen. Andere aus der jüngeren Vergangenheit sind His Highness von Hohenstein oder Hotline von Hofrat und ganz aktuell Morricone von Millennium. Die Trakehner Fachleute sind sich einig: Auch heute sei der Trakehner als Filter für die Zufuhr von wertvollem Vollblut in die Reitpferdezucht unverzichtbar.

Olympische Sternstunde und im Mittelpunkt eine Trakehner Stute: TSF Dalera BB, mit Jessica von Bredow-Werndl Doppel-Olympiasiegerin von Tokio 2021. Foto: Stefan Lafrentz

Erfolg mit doppelter Elchschaufel

Zu den erfolgreichen Trakehner Sportpferden in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts zählt der Trakehner Habicht von Burnus AA, mit Reitmeister Martin Plewa 1977 Sieger der internationalen Vielseitigkeit in Achselschwang. Auch wenn Lars Gehrmann erklärt, dass sich die Zucht heute auf Dressur und Vielseitigkeit konzentriere, ist da immer noch die Geschichte des Abdullah: Der Trakehner Schimmelhengst gilt nach wie vor als das bedeutendste Springpferd mit der doppelten Elchschaufel. Abdullah von Donauwind ist im Bauch seiner Mutter Abiza nach Kanada eingereist. In den 1980er war er mit Conrad Homfeld für die USA erfolgreich und holte Einzelsilber und Mannschaftsgold bei den Olympischen Spielen 1984 in Los Angeles.

Das Brandzeichen „Doppelte Elchschaufel“ ist heute auch Markenzeichen des Trakehner Verbands – gebrannt wird es allerdings mittlerweile nicht mehr. Foto: Stefan Lafrentz

Trakehner Blut als „Veredler“ führen auch Warmblüter anderer Rassen wie der Oldenburger Hengst Morricone vom Gestüt Bonhomme, der von Millennium abstammt. Foto: Christiane Slawik

Internationale Verknüpfungen

Ebenfalls über den Atlantik reiste Windfall von Habicht. Er war mit Ingrid Klimke 1998 Bundeschampion der Vielseitigkeitspferde und gewann 2004 in Athen mit seinem US-amerikanischen Reiter Darren Chiacchia olympisches Bronze. Die Geschichte geht weiter: In Tokio 2021 waren im Team der US-Vielseitigkeitsmannschaft zwei Söhne des Windfall dabei: Vandiver unter Doug Payne sowie Tsetserleg TSF unter Boyd Martin. Das ist beispielhaft für die internationalen Verflechtungen des Trakehner Pferdes – und keineswegs eine vollständige Aufzählung der Sport- und Zuchterfolge von Trakehnern (siehe auch Infokasten unten).

Im Viereck

Zu den bekannten Trakehner Dressurpferden der letzten Jahre gehören etwa Insterburg von Hohenstein unter Carola Koppelmann, Heuberger von Imperio TSF unter Annabel Balkenhol – und natürlich Imperio TSF selbst, erfolgreich mit Hubertus Schmidt und heute Landbeschäler im bayerischen Haupt- und Landgestüt Schwaiganger. Nicht zu vergessen Gribaldi, als Dressurpferd erfolgreich mit dem Niederländer Edward Gal und als Vererber unter anderen berühmt durch den Sohn Totilas, aber auch Painted Black oder aktuell durch den Enkel Hermès, die Zukunftshoffnung der niederländischen Dressurfans, bei den Weltmeisterschaften in Herning erst kürzlich mit zweimal Bronze in der Einzelwertung dekoriert. „Und das alles bei einer eher kleinen Population mit etwa 800 Fohlen jährlich“, betont Lars Gehrmann. Jessica von Bredow-Werndls Doppel-Olympiasiegerin TSF Dalera BB von Easy Game ist der aktuell hellste Stern. „Daleras Stutenfamilie stammt aus der ehemaligen DDR – auch hier ging die Zucht nach der politischen Wende in Kombination mit westdeutschen Genen einen erfolgreichen Weg“, erklärt Erhard Schulte.

Einer der bedeutendsten Dressurpferdevererber der Gegenwart war Gribaldi – Trakehnerhengst und Vater unter anderem von Totilas und Painted Black. Foto: Arnd Bronkhorst

Früher wie heute: Trakehner sind vor allem auch in der Vielseitigkeit beliebt, hier Tsetserleg TSF mit dem US-Amerikaner Boyd Martin bei den Olympischen Spielen 2021 in Tokio. Foto: Stefan Lafrentz 

Wenig Große, viele Kleine

Inzwischen gibt es einige wenige größere private Trakehner-Gestüte in Deutschland, auf denen inzwischen über mehrere Zweibeiner- und Vierbeiner- Generationen hinweg Pferde gezüchtet werden. Um nur einige und ohne Einordnung zu nennen: Gestüt Hämelschenburg in Emmerthal, Gestüt Hörem in Gilten, Gestüt Staffelde in Kremmen oder das Gestüt Hörstein in Alzenau. In den Stutenherden der Landgestüte Marbach oder Neustadt/ Dosse gibt es auch Trakehnerstuten. Der Großteil der 3.500 Trakehner Züchter in Deutschland hält jedoch nur ein bis zwei Stuten.

Langer Weg zur Anerkennung

Ähnlich wie Beate Träm aus Ratingen. Groß geworden mit den Trakehnern ihres Vaters, züchtet und reitet sie und hat heute noch vier eigene Trakehner. Sie war Projektleiterin für den Bewerbungsprozess zum Immateriellen Kulturerbe. „Der erste Schritt war eine Machbarkeitsstudie, um zu klären, welche Anforderungen für den Titel erfüllt werden müssen“, erzählt sie. 2018 begann sie mit dem Vorhaben, unterstützt von Lars Gehrmann, Erhard Schulte, Ulrike Sahm-Lütteken sowie Imke Eppers. „Der Eintrag als Immaterielles Kulturerbe macht Sinn. Wir qualifizieren uns dafür über unsere Historie und über die Bewahrung und lebendige Erhaltung der in der heutigen Warmblutzucht einzigartigen Zuchtmethode der Reinzucht. Wir fühlen uns der Historie verpflichtet und engagieren uns für die Zukunft, sagt Beate Träm. Dabei gab es während der Bewerbungsphase auch kritische Nachfragen der UNESCO-Kommission. Etwa wurde unterstellt, dass Pferdezucht per se ein kommerzielles Unternehmen sei und „Pferde auf Auktionen horrende Preise einbrächten“, erzählt Beate Träm. Und das würde dem immateriellen Gedanken widersprechen. „Das Argument konnten wir entkräften, weil der Verband und die Zucht an sich nicht kommerziell arbeiten.“

Erfolgreich überzeugt

Am Ende war dann die Expertenkommission der deutschen UNESCO beeindruckt, welche Gemeinschaft hinter den Pferden stünde: eine Vielzahl an öffentlichen Veranstaltungen wie die Galaschau, Zuchtveranstaltungen, die aktiven Jungzüchter, Reitschulen mit Trakehnern etwa wie das Forsthaus Tiergarten aus Lüneburg, die Bernsteinreiter aus Ribnitz-Damgarten in Mecklenburg-Vorpommern oder das Trakehner Gestüt Tannhof in der Eifel und die generationsübergreifenden Züchterfamilien. „Wir machen viel für unsere Reiter, bieten etwa mit ‚ATIGS‘ Vielseitigkeitsschnupperkurse besonders für junge Reiter an oder andere Talentförderungs- und Sichtungslehrgänge bei Spitzentrainern“, zählt Beate Träm auf. „Mit der Pachtstutenbörse ist es zudem jedem möglich, ein Trakehner Fohlen zu ziehen, ohne eine eigene Stute zu haben.“

Mit Hubertus Schmidt war Imperio TSF in der Dressur bis zur höchsten Klasse erfolgreich, von seinem züchterischen Einsatz zeugen erfolgreiche Nachkommen wie Heuberger. Foto: Stefan Lafrentz

Von Herzen für die Pferde

„Für ganz viele war der Titel eine Herzensangelegenheit“, weiß Beate Träm. Der Titel der Deutschen UNESCO-Kommission tut den Trakehner Freunden so gut, weil die Erhaltung der Zucht eine bemerkenswerte Leistung vieler Menschen ist, die sich mit großem Engagement und vor allem in Zeiten des Wiederaufbaus unter zum Teil persönlichen Entbehrungen für ihre Pferde eingesetzt haben. Auch hatten die Trakehner in der Neuzeit im Westen lange Zeit mit Vorurteilen zu kämpfen: Von wegen „Siebter Gewährsmangel“, spinnig, schwierig. „Es ist uns hervorragend gelungen, das Interieur mit Intelligenz und Leistungsbereitschaft zu erhalten und mit einem ausgeglichenen Temperament zu verbessern“, spricht Beate Träm für sich und die „extrem menschenbezogenen, sensiblen, intelligenten und leistungsbereiten Charaktere unserer Trakehner.“

Ehrung ausstehend

So richtig gefeiert haben die Trakehner Freunde ihre Auszeichnung noch nicht. Am Gala-Abend beim alljährlichen Hengstmarkt vom 1. bis zum 4. Dezember in der Holstenhalle in Neumünster soll es eine offizielle Verleihung und Ehrung geben. Bis dahin haben die Trakehner noch einige Chancen, sich auf den HKM Bundeschampionaten, Weltmeisterschaften und vielen ländlichen Reitturnieren zu beweisen. Genau wie auf Feierabend-Ausritten, Jagden, in Züchterställen, als Familienpferd und in der Therapie.

Cornelia Höchstetter

Auch Reitschulen wie die Bernsteinreiter aus Ribnitz-Damgarten setzen auf Trakehner Pferde. Foto: Stefan Lafrentz

In Deutschland haben sich einige größere Privatgestüte wie das Gestüt Hörstein in Alzenau der Trakehnerzucht verschrieben. Foto: Christiane Slawik

Zahlen und Fakten von heute

Vergleicht man die Population der Trakehner mit der gesamten Reitpferdeanzahl, merkt man: ein eher kleiner Anteil ist es – von insgesamt 2.781 Reitpferdehengsten (eingetragene Zuchttiere) zählen 130 zum Trakehnerverband. Von 53.306 eingetragenen Reitpferdestuten sind es 2.374 Trakehner Stuten. Und von 27.120 Reitpferdefohlen sind es 858 Trakehnerfohlen gewesen. Die Zahlen stammen aus dem FN-Jahresbericht für das Jahr 2021. In der World Breeding Federation of Sporthorses (WBFSH) aus dem Jahr 2021 steht auf der Top 100 Liste des „Sire Ranking“ der Dressurvererber als bester Trakehner auf Rang 15 der Hengst Gribaldi, Vater von Totilas und Painted Black. Selber ist Gribaldi 2010 an einem Aortenabriss 17-jährig eingegangen. Easy Game, der Vater von Olympiasiegerin TSF Dalera BB unter Jessica von Bredow-Werndl, steht auf Rang 29. Auf der Liste der weltbesten Vielseitigkeitsvererber belegt Grafenstolz Rang 3. Natürlich haben diese Vererber ihre Platzierung nicht nur den Trakehnernachkommen zu verdanken, sondern auch aus den anderen Zuchtverbänden, in denen die Trakehner als Veredler eingesetzt werden. Im Ranking der Zuchtverbände stehen die Trakehner in der Dressur weltweit an 15. Stelle, in der Vielseitigkeit an 13. Stelle. Der Zuchtverband hat etwa 3.500 Mitglieder, die meisten Züchter haben nur ein oder zwei Stuten und es gibt wenige große Gestüte. Infos: trakehner-verband.de

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