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Pferdemenschen: Marie Bäumer

„Pferde sind Herzöffner!“

Winnetou und Pippi Langstrumpf spielen eine Rolle, ein Sechs-Wochen-Ritt durch den Wilden Westen und ein unermessliches Gefühl der Freiheit – Marie Bäumer ist Schauspielerin und Schauspieldozentin und hat ihre persönliche Lebensoase in Frankreich gefunden: durch Pferde und mit Pferden. Das PM-Forum im Gespräch mit Marie Bäumer.

Dem Leben auf spielerische Weise begegnen: Marie Bäumer gelingt das durch den Kontakt zu Pferden. Foto (5) Sébastien Manigaud

PM-Forum:  Frau Bäumer, Sie sagten mal: „Ich baue mein Leben um die Pferde herum“ – warum tun Sie das?

Marie Bäumer: Pferde sind für mich eine der stärksten Inspirationsquellen, phänomenale Reisebegleiter und Herzöffner, sie sind für mich zum Leitfadenn wir eine Dressurstute, die ich dann auch dressurmäßig geritten bin. Die Pferdeliebe, die ich durch meine Mutter vermittelt bekommen habe, konnte ich glücklicherweise an meine Tochter weitergeben. mit Kraft und Sensibilität geworden und mit ihnen kann man dem Leben auf spielerische Art begegnen. In meinem Leben mit und um die Pferde mache ich, was ich liebe, und halte es damit ein bisschen wie Pippi Langstrumpf: „Ich mach‘ mir die Welt, wie sie mir gefällt!“ Genau das macht mich glücklich. Und ich denke, wir sollten nicht vergessen: Das Pferd ist bis heute das Tier, über das weltweit am meisten gesprochen wird. Es inspiriert und dient uns seit Jahrhunderten auf vielerlei Weise. In der Landwirtschaft, im Militär und im Sport. Nun ist es an der Zeit, ihm zuzuhören – es hat uns viel mitzuteilen.

PM-Forum:  Was genau hat uns das Pferd Ihrer Meinung nach mitzuteilen?

Marie Bäumer: Es wird häufig gesagt, Pferde seien unser Spiegel. Aber wenn man in den Spiegel blickt, sieht man sich selbst. Das Pferd geht einen Schritt weiter. Es führt uns auf die Empfindungsebene. Das Pferd führt mich zu meinem inneren Zustand.

PM-Forum: Sie leben nicht nur mit Pferden, Sie arbeiten in Ihrem Unternehmen Escapade auch sehr viel mit Pferden. Wie helfen Ihnen die Pferde bei Ihren Seminaren der Persönlichkeitsentwicklung?

Marie Bäumer: Meine Arbeit zielt auf die innere und physische Aufrichtung des Menschen ab, die im weiteren Zuge zur Aufrichtung des Pferdes führt. Dahinter steckt die Überzeugung, dass die Kraft des Gedankens einen führt. So arbeiten auch viele Lehrer: Sie bestärken den Reiter im positivsten Sinne und sorgen dadurch für große Entspannung beim Menschen, die sich aufs Pferd überträgt. Diesen Aspekt bringe ich in meine Arbeit mit ein, um dann hineinzuleuchten, wie die Verbindung von Mensch und Pferd da ist. Also erst die Verbindung zu sich selbst und dann zum Gegenüber, zum Pferd. Das ist sehr aufschlussreich. Innerhalb eines Tages kann sich da schon ganz viel bewegen. Das macht mir große Freude. Und inzwischen kommen auch immer mehr professionelle Pferdemenschen zu uns und haben erstaunliche Erlebnisse.

PM-Forum:  Können Sie uns noch ein Beispiel geben, welche Rolle die Pferde bei Ihren Seminaren, Ihren Ateliers spielen?

Marie Bäumer: Es ist bei Menschen wie bei Pferden: Bei Stress, Anspannung und Überforderung gibt es Spannung im Körper, das ist völlig normal. Das ist ein Part, auf den ich mich spezialisiert habe und den ich geübt habe zu erkennen und zu lösen. Die Pferde helfen mir dabei, weil sie dafür sorgen, dass man viel unmittelbarer in den emotionalen Bereich der Menschen Zugang bekommt. Sobald ein Pferd auftaucht, möchten die Teilnehmer es berühren, Kontakt aufnehmen, sich verbinden und angenommen werden von diesem Pferd.

PM-Forum:  Warum ist das so?

Marie Bäumer liebt die Freiheit – auch mit ihren Pferden arbeitet sie am liebsten an der Freiheitsdressur.

Marie Bäumer (schmunzelt): Ich glaube, das ist so ähnlich wie die Frage: Warum lieben Sie Ihren Mann? Das ist Mystik und Magie, die das Pferd ausstrahlt. Kraft, eine unvergleichbare Sensibilität, Empathie und Schönheit. Hinzu kommt: Beide sind wir, die Menschen und die Pferde, Herdentiere, die sich immer Anschluss wünschen. Wichtig ist außerdem bei meiner Arbeit mit den Pferden das Stichwort Hingabe, das heißt die Ausschließlichkeit des Moments aus einer natürlichen Motivation heraus. Das ist für mich die Essenz jeder Leidenschaft und das kann jeder Pferdemensch nachvollziehen, weil das genau das Gefühl ist, was wir mit unseren Pferden haben.

PM-Forum:  Auf welchen drei Grundpfeilern begründen Sie in ihrem Atelier die Arbeit mit den Pferden?

Marie Bäumer: Das Pferd muss schon irgendwo in meiner Zelle gesessen haben, als ich auf die Welt kam, weil es nicht von meiner Familie angeregt war. Aber sobald ich sprechen konnte, habe ich „Esel“ und „Pferd“ betont. Meine Mutter hat zum Glück darauf reagiert und mich zu Erika Backs in Klövensteen in Hamburg mitgenommen – damals war ich noch nicht mal drei Jahre alt. Da wurde ich auf ein Pony gesetzt, bin aber beim Reiten eingeschlafen. Das war mir ein bisschen zu langweilig. Trotzdem: Ab dem Moment gab es für mich nur noch das Thema Pferd. Ich glaube, jeder, der mit Pferden zu tun hat und leidenschaftlich involviert ist, kann das nachvollziehen. Es ist unglaublich wie tief diese Verbindung geht.

PM-Forum: Von dem „Einschlaf-Ritt“ – wie ging Ihre pferdesportliche Laufbahn dann weiter?

Marie Bäumer: Ich habe im Alter von sechs bis zehn Jahren erst mal voltigiert und mit zehn bekam ich ein Pony, Ramino. Ich war allerdings auch damals schon der „Lebe-wild-und-gefährlich-Typ“ und bin mit meiner Freundin und den Ponys in Klövensteen rumgesaust. Von den Pferde-Heftchen meiner Freundin inspiriert, haben wir dann diese Geschichten mit unseren Ponys nachgespielt. Wir haben schon abenteuerliche Dinge dabei erlebt, frei nach dem Vorbild von Winnetou (lacht). Ich hatte auch mit meinem Pony Reitunterricht, aber das, was mir heute das Liebste ist, die Freiheitsdressur, war damals auch schon in meiner DNA. Ich habe zu meiner Mutter gesagt: „Wenn ich könnte, würde ich Ramino freilassen!“ Und als ich für ihn zu groß wurde, habe ich ihn auch nicht verkauft, ich habe ihn verschenkt. Für mich wäre das sonst so gewesen, als würde ich meine Schwester verkaufen.

PM-Forum: Trotz aller Begeisterung sind Pferde eine Zeit lang aus Ihrem Leben verschwunden?

Marie Bäumer: Ja, und zwar ziemlich lange, ich hatte höchstens mal eine kurze Begegnung bei einem Dreh oder im Urlaub. Bis ich, direkt als ich vor einigen Jahren nach Frankreich zog, ein Pferd und ein Pony im Visier hatte. Aber ich war damals noch sehr viel unterwegs und mein Sohn war nicht sehr pferdeaffin, also habe ich meine Pferdeleidenschaft noch mal „weggedrückt“. Und dann kam 2015 meine
Tour durch Amerika, eine ZDF-Arte-Produktion: ein Dokumentarfilm, der den Wilden Westen Amerikas beleuchten sollte. Wir waren sechs Wochen durch acht Bundesstaaten mit den Pferden unterwegs, von Montana nach Arizona. Das war unfassbar! Danach war klar: Mein Leben ohne Pferd ist jetzt beendet.

PM-Forum:  Was hat diese Tour ausgelöst, dass Sie Ihr Leben ohne Pferde danach definitiv beendet haben?

Marie Bäumer: Nach dieser Tour hat sich gar keine Frage mehr gestellt. Das absolute Rundum-Wohlgefühl und das Unterwegs-Sein mit Pferd – das war wundervoll. Und ich dachte: Ja, so ist das Leben genau richtig! Ich wollte dieses unermessliche Freiheitsgefühl nicht mehr aufgeben.

Mit ihren Lusitano-Pferden hilft Marie Bäumer Menschen bei ihrer Persönlichkeitsentwicklung.

„Ich mach mir die Welt, wie sie mir gefällt“: Dem Leitspruch von Pippi Langstrumpf folgt auch Marie Bäumer.

PM-Forum: Ihre Liebe gehört den Pferden im Allgemeinen, aber den Lusitanos im Speziellen – warum?

Marie Bäumer: Ja, absolut. Ich habe selbst drei Lusitanos, Bacara, Delicio und Andeo, zwei sind Hengste und der dritte denkt, er ist noch einer (lacht). Bacara, ein Lusitano-Hengst, mein Freigeist in der Riege der iberischen Pferde. Ein überaus sanftes und lustiges Wesen. Andeo, ein Lusoaraber-Wallach, ist ein hochintelligenter Feingeist. Er ist immer bereit für neue Abenteuer, liebt Reisen und probiert auch kulinarisch gerne Neues aus. Und in Delicios imposantem Körper verbirgt sich ein Herz, das unsere gesamte Region mit Liebe versorgen könnte. Ich bin natürlich sehr beeinflusst von Frédéric Pignon und Magali Delgado, die meine Freunde und Lehrmeister sind und die mich auch in Verbindung mit dem Lusitano-Pferd gebracht haben. Im Lusitano steckt so eine archaische Kraft, etwas sehr Erdverbundenes und gleichermaßen etwas Leichtes und Tänzerisches.

Diese Beweglichkeit und Wendigkeit in Verbindung mit einer gewissen Urkraft, dazu die hohe Aufrichtung und die Freude, sich in Pose zu begeben, das ist es! Plus die Verspieltheit und starke Menschenbezogenheit – es steckt einfach auch sehr viel Liebe in diesen Pferden. Das ist für mich eine kongeniale Mischung.

PM-Forum: Sie erwähnten Frédéric Pignon und Magali Delgado, Spezialisten der Freiheitsdressur – ist das Ihr ausgewiesener Lieblinsgbereich?

Marie Bäumer: Ich reite zwar auch, habe auch viel Freude am Reiten und lerne gerne, bin da aber nicht wirklich avanciert. Ich arbeite sehr gerne vom Boden aus. Die Arbeit mit dem Pferd am Boden ist für mich der erste Schritt zu einer Verbindung auf Augenhöhe.

PM-Forum: Welchen Stellenwert nehmen Pferde aktuell in Ihrem Leben ein?

Marie Bäumer: Platz eins! Mein Sohn steht natürlich ganz oben, also sagen wir, er hat Platz eins und die Pferde Platz 1,1. Pferde sind für mich mein Zentrum und die Kraftstelle, von ihnen kommt die wesentliche Energie und Motivation.

Lebensfroh und wild: Das ist Marie Bäumer

PM-Forum: Was haben Sie von den Pferden gelernt?

Marie Bäumer: Oje, die Antwort könnte sicher eine ganze Stunde füllen, aber ich versuche es mal zu komprimieren: Immer wieder Mut, Schwellen zu überschreiten. Mit der größtmöglichen Sanftheit Grenzen zu ziehen. Und dass der Schlüssel zu allem, am Ende Freude ist.

Das Interview führte Kim Kreling.

Zur Person:

Marie Bäumer – die Schauspielerin

Marie Bäumer ist Schauspielerin und glänzte beispielsweise als Romy Schneider-Darstellerin und in zahlreichen Filmen wie Männerpension, Der Schuh des Manitu oder Das Adlon, eine Familiensaga. Sie ist in Hamburg aufgewachsen, hat etliche Preise erhalten und arbeitet als Regisseurin, Festivaldirektorin und Schauspieldozentin. Seit einigen Jahren lebt Marie Bäumer in Südfrankreich, in der Nähe von Avignon, und hat dort ihren ganz eigenen Lebensmittelpunkt geschaffen: die Escapade. In dieser Oase gibt sie Kurse zur Persönlichkeitsentwicklung mit ihren Lusitano-Pferden. Ihre Philosophie: „Eine Escapade zu starten bedeutet, sich auf den Weg zu persönlichem Wachstum zu begeben. Physisch, mental, emotional.“ Die Pferde sind dabei wichtige Partner: „Mein Anliegen ist es, die Kraft der Freiheit erfahrbar zu machen. In diesem Sinne lehre ich unseren Teilnehmenden, sich mit den Pferden so frei wie möglich zu bewegen.“ Weitere Infos zu Marie Bäumer und der Escapade unter: www.atelierescapade.com

Foto: Wikimedia Commons/Harald Krichel

Hintergrund:

Pferdemenschen im PM-Forum

Sie sind bekannt aus Fernsehen, Funk und Media, von roten Teppichen, als Meinungsbildner und Meinungsmacher. Doch auch wenn wir sie vor allem aus einer anderen Sparte kennen, haben sie eines gemein: Sie sind privat Pferdemenschen. Im Interview mit dem PM-Forum sprechen Prominente aus verschiedenen gesellschaftlichen Bereichen über ihre Leidenschaft und die Liebe zu Pferden und erzählen, wie Pferde ihr Leben bereichern.

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