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PM-Beirat bei den FN-Tagungen
Pferdemenschen: Cornelia Poletto
„Abschalten, regenerieren und alles vergessen“
Herrliche Menüs mit einem „Schuss Shanghai“ oder einer „Prise Norddeutschland“ verfeinert – Spitzenköchin Cornelia Poletto versteht es, mit ihren Gerichten Lebensfreude zu versprühen. Freude, die sie selbst im Umgang mit ihren Pferden auftankt. Welche Rolle spielen Pferde im Leben des Hamburger Energiebündels? Und welche Rolle spielen ihre Zöpfe für Tochter Paola beim Turnierstart? Das PM-Forum im Gespräch mit Cornelia Poletto.
Hund oder Pferd? Am besten beide! Köchin Cornelia Poletto ist sehr tierlieb. Foto: G. Metz
PM-Forum: Welche Rolle spielen Pferde in Ihrem Leben?
Cornelia Poletto: Leider aktuell nicht mehr eine ganz so große Rolle wie zu dem Zeitpunkt, als ich anfangen konnte, zu denken. Ich komme aus einer großen Pferdefamilie, meine Mutter – so witzele ich manchmal aus Spaß – fand ihre Pferde gelegentlich wichtiger als die Kinder (lacht). Ich bin zwischen Bielefeld und Paderborn groß geworden. Dort ist meine Mutter in jüngeren Jahren in der Senne im Vielseitigkeitssattel unterwegs gewesen. Später hat sie sich mehr dem Dressursport zugesprochen. Ich war tatsächlich erfolgreicher im Springen, aber dann kam meine Tochter Paola. Sie hat mit Ponys angefangen, dann hatten wir eine Dressurstute, die ich dann auch dressurmäßig geritten bin. Die Pferdeliebe, die ich durch meine Mutter vermittelt bekommen habe, konnte ich glücklicherweise an meine Tochter weitergeben.
PM-Forum: Wie häufig sitzen Sieselbst noch im Sattel – neben Ihrem sehr aktiven Berufsleben?
Cornelia Poletto: Im Moment kaum noch. Zeitlich würde ich einem eigenen Pferd nicht gerecht werden und leider bin ich auch nicht mehr so mutig wie früher. Deswegen ist mein Reitengagement tatsächlich eingeschränkt worden. Die Sportpferde meiner Tochter sind einfach zu sensibel. Ich bräuchte heute ein Pferd, auf das ich mich einfach draufsetzen kann, und das im Gelände nicht gleich bei der ersten Schafherde umdreht (lacht). Dann würde ich manchmal noch reiten. Aber nichtsdestotrotz gehe ich immer noch viel mit in den Stall und bin sehr gerne als „Turniertrottel“ meiner Tochter auf Turnieren dabei. Ich hoffe einfach, dass ich irgendwann mal weniger arbeite und dann – in welcher Form und mit welchem Pferd auch immer – wieder mehr Zeit zum Reiten finde. Ich finde ja beispielsweise auch Westernreiten richtig klasse und eine Schulfreundin von mir hat mir auch die Liebe zu den Isländern eröffnet.
PM-Forum: Wie viele Pferde gehören aktuell zu Ihrer Familie?
Cornelia Poletto: Wir haben die zwölfjährige KWPN-Stute Gerdien Utopia, mit der meine Tochter auf Turnieren erfolgreich ist, und dann noch unseren absoluten Superstar, den 19-jährigen Casting, der auf der Rentnerwiese bei Böckmanns steht. Und dann habe ich noch ein ganz altes Pony auf einer Rentnerwiese in Schleswig-Holstein. Außerdem habe ich 2022 auf dem Hof Waterkant bei Janne-Friederike Meyer, die lange meine Tochter trainiert hat, auch wieder ein kleines Fohlen ersteigert: Emil.
Manchmal ist man ja in euphorischer Stimmung auf Reitturnieren. Das letzte Mal ist mir das vor sieben Jahren in Paderborn auf dem Turnier passiert, da haben wir dann auch ein Fohlen ersteigert, das später tatsächlich mit meiner Tochter auf Turnieren unterwegs war. Und bei Emil war es genau dasselbe: Ich habe mich in ihn verliebt, er ist ein unglaublich hübsches Fohlen. Jetzt steht er zum Großwerden erstmal auf der Wiese bei Böckmanns und dann gucken wir, was so passiert. Ob er eventuell ein Nachwuchspferd für meine Tochter wird oder oder…
PM-Forum: Das alte Pony, von dem Sie sprachen, ist das noch Mr. Hops?
Cornelia Poletto: Nein, Mr. Hops war ein ganz besonderes Pony. Er war mein Superpony, das ich damals von Familie Dude „geerbt“ habe. Mit ihm habe ich meine allerersten Turniererfolge gefeiert. Er war etwa 1,30 Meter groß und einfach grandios. Er ist gesprungen, was das Zeug hält, er ging bis L-Springen alles und in der Dressur war er auch noch gut. Zu Hause hatte er nie so viel Lust, aber sobald er auf einem Turnier war, war alles super.
PM-Forum: Würden Sie den Satz vervollständigen? Die Zeit im Stall bedeutet für mich…
Cornelia Poletto begleitet ihre Tochter gerne zu Turnieren und hilft auch als „TT“. Janne-Friederike Meyer-Zimmermann ist sie freundschaftlich verbunden.
Cornelia Poletto: Die Zeit im Stall bedeutet für mich komplettes Abschalten, regenerieren und alles vergessen. Das Zusammensein mit den Pferden, das Pflegen und Kuscheln und meiner Tochter beim Reiten zuzusehen, das ist einfach für mich größte Freude und Entspannung. Vielleicht ist es auch ein Stück weit unbewusst, aber ich sorge immer noch dafür, dass Pferde um mich herum sind und nutze diese wunderbare gemeinsame Zeit mit ihnen, um abzuschalten. Ich liebe Tiere im Allgemeinen und Pferde im Speziellen. Gemeinsam mit unseren Hunden am Stall zu sein und manchmal mit mei ner Tochter aufs Turnier zu gehen – das finde ich toll.
PM-Forum: Sie hatten schon angedeutet, dass sie ein guter „TT“ sind. Was ist Ihr Job auf den Turnieren?
Cornelia Poletto: Ich kann inzwischen sehr gut einflechten und beherrsche mittlerweile sogar die Rollzöpfe. Das war neulich sehr süß: Meine nun schon 21-jährige Tochter fragte mich „Mami, meinst Du, Du kannst einflechten? Deine Zöpfe sind immer Glückszöpfe!“ Dann mache ich das natürlich super gerne.
PM-Forum: Pferde waren immer Teil Ihres Lebens. Was bedeuten Pferde für Sie?
Cornelia Poletto: Pferde sind einfach unfassbar sensible, besondere Wesen. Sie nehmen sofort die Stimmung auf, die man selbst hat, und bringen mich automatisch dazu, komplett bei mir zu sein und wirklich nur noch diese Freundschaft zwischen Pferd und Mensch zu pflegen. Ich finde es so schön, wenn man merkt, dass sie im Lauf der Jahre Vertrauen aufbauen. Es ist das Schönste, wenn man auf die Stallgasse kommt, ruft und ein Wiehern zur Antwort bekommt – die Pferde wissen natürlich auch ganz genau, dass da vorne der Sack mit Möhren oder Äpfeln steht (lacht). Pferde geben so viel Freude zurück und diese Freude hat mich ein Leben lang begleitet. Deshalb habe ich mich auch riesig gefreut, als meine Tochter vor vielen Jahren immer mehr Spaß an Pferden und am Reiten gefunden hat.
PM-Forum: Wie sind die Reaktionen in Ihrem Bekanntenkreis auf Ihre enge Beziehung zu Pferden?
Cornelia Poletto: Ich glaube, ich suche mir die Menschen gezielt aus. Ich habe wirklich nur Freunde, die unfassbar tierlieb sind und auch viele, die mit dem Pferdesport oder Pferden zu tun haben. Ich könnte nicht mit Menschen befreundet sein, die keine Tierliebe in sich haben. Das sagt viel über Menschen aus. Und irgendwie ist es auch so, dass man immer wieder mit Pferdemenschen zusammenkommt, irgendwo ist da immer eine tolle Brücke.
PM-Forum: Wie empfinden Sie das aktuelle Standing des Pferdesports in der Gesellschaft?
Cornelia Poletto: Ich sehe es mit einem weinenden Auge, dass Menschen und Tierschützer, die wirklich keine Ahnung haben, wie mit Pferden umgegangen wird – in der Freizeit und im Leistungssport – einfach nur negativ eingestellt sind. Das ist genau dasselbe wie mit der „Letzten Generation“. Es hilft nicht, immer nur kontra zu sein und Gebäude mit Farbe zu besprühen, sondern man muss sich ein bisschen mit den Themen auseinandersetzen. Ich hatte immer mit Pferden zu tun, auch im Sport, und wenn ich sehe, wie da mit Pferden umgegangen wird und was alles für die Tiere getan wird – das wissen diese Menschen gar nicht. Die sehen nur schlimme Bilder, die meistens von genau denen produziert werden, die auch keine Ahnung haben – da sind wir gedanklich wieder bei den Bildern vom Fünfkampf in Tokio. Ich will das nicht abstreiten: Es gibt leider auch Menschen, die nicht gut mit Pfer-den umgehen und das führt zu dem Standing, was wir in der Gesellschaft mit dem Pferdesport haben. Aber das wird nur von einer kleinen Minderheit ausgelöst.
Tochter Paola Poletto ist mit Gerdien Utopia erfolgreich auf Turnieren unterwegs.
Casting, hier 2019 noch von Tochter Paola erfolgreich im Springen vorgestellt, genießt mittlerweile sein Rentnerleben.
PM-Forum: Was könnten wir tun, um den Pferdesport ins bessere Licht zu rücken?
Cornelia Poletto: Ich denke, da gibt es nur einen Ansatz: Man muss immer wieder über Pferde und Pferdesport reden und erklären. Man sollte auch nicht immer das Radikale in sich tragen. Ich bin zum Beispiel ein bekennender Fleischesser, aber erstens esse ich viel weniger Fleisch als noch vor zehn Jahren und ich esse nur Fleisch, wenn ich weiß, wo es herkommt und wie die Tiere gelebt haben. Man muss sich mit Themen auseinandersetzen und auch eine gewisse Toleranz mitbringen. Ich glaube, wenn jemand, der sich gegen den Pferdesport auflehnt, tatsächlich mal in einen Sportstall wie bei uns kommt, dann sieht er, wie wir mit den Pferden umgehen. Pferde sind nicht nur Freunde und Partner, sie sind auch Sportpartner für viele Reiter wie bei meiner Tochter.
PM-Forum: Sie sind Mutter – was würden Sie anderen Eltern gerne mit auf den Weg geben?
Cornelia Poletto: Ich würde allen Eltern sagen, dass es eigentlich nichts Schöneres gibt, als Kinder an Pferde heranzuführen. Nicht ohne Grund wächst auch die Nachfrage nach therapeutischem Reiten – das Pferd als Freund prägt und vermittelt Lebensfreude. Und Kinder lernen von und mit Pferden, zum Beispiel Verantwortung für ein Pony oder Pferd zu übernehmen – in guten und in schlechteren Zeiten. Wir wissen alle, wie unangenehm es manchmal sein kann, im Winter in der eiskalten Reithalle zu sein. Ich kann mich an viele Abende erinnern, wenn wir im Dunkeln und bei Kälte aus dem Stall nach Hause fuhren und dann erst mal schnell in die heiße Badewanne gestiegen sind, weil wir so durchgefroren waren. Aber das ist das ganz Besondere: Täglich diese Freundschaft zu seinem Pferd auch schon den Kindern mitzugeben. Vor vielen Jahren wurde von der FN und En Garde Marketing der Verein „Pferde für unsere Kinder“ ins Leben gerufen und man sieht an den tollen Ergebnissen, welchen Stellenwert die Freundschaft zwischen Kind und Pferd haben kann.
PM-Forum: Mit einem Blick auf ihre pferdeverbundenen Erfahrungen: Was haben Sie von Pferden gelernt?
Cornelia Poletto: Ich würde auf jeden Fall sagen, dass ich durch die Pferde vermittelt bekommen habe, wie man respektvoll mit ihnen umgeht. Und: Menschen, die gut mit Tieren und Pferden umgehen, die gehen auch mit anderen Menschen gut um. Das ist gerade in diesen Tagen sehr wichtig. Ich kriege Angst, wenn ich höre, dass wir in Thüringen sogar schon einen Landrat von der AfD haben. Den Umgang zwischen Mensch und Tier kann man tatsächlich schon als Kind mit Ponys und Pferden gemeinsam lernen. Und
das ist, glaube ich, heute mit das Wichtigste. Jemand kann ein noch so tolles „Brain“ sein und immensen Erfolg im Beruf haben, aber wenn man nicht mit Menschen umgehen kann, dann funktioniert es einfach nicht. Das ist bei mir auch so: Ich kann die beste Köchin der Welt sein, aber wenn ich nicht den Kontakt zu meinen Gästen pflegen würde und über das spreche, was ich mache, wird das nichts. Genauso ist es mit den Pferden.
Als Köchin ist Cornelia Poletto aus TV-Sendungen wie der „Küchenschlacht“ im ZDF bekannt. Foto: Wikimedia Commons/Oliver Lassen
Die Hunde Sissi und Franz begleiten Cornelia Poletto aktuell durchs Leben. Foto: Leonard Koerner
PM-Forum: Und Ihr behüteter Pferdetraum – gibt es den?
Cornelia Poletto: Man hat ja immer Träume. Als ich zehn oder zwölf Jahre alt war, sollte ich mal irgendwo schreiben, wie ich mir mein Leben in 20 Jahren vorstelle. Damals war mein Traum, irgendwo auf dem Land ein schönes altes Haus zu haben – direkt mit den Pferden am Haus. Vom Frühstückstisch aus wollte ich direkt in den Sattel springen! Das könnte ich mir auch heute noch vorstellen, vielleicht nicht morgen, aber übermorgen (lacht).
Das Interview führte Kim Kreling.
Zur Person:
Cornelia Poletto – die Köchin
Nach dem Abitur an einem Gymnasium in Paderborn besuchte Cornelia Poletto eine Hotelfachschule in Bayern und hängte direkt eine Kochlehre im Chiemgau an. Nach der Lehre ging Poletto nach Hamburg und wurde dort Souschef in einem Sternerestaurant. 2000 bis 2010 betrieb sie ihr erstes eigenes Restaurant „Poletto“ in Hamburg Eppendorf. Dann wurde die Immobilie verkauft, Poletto suchte nach einer neuen Location, wurde fündig und eröffnete im Juni 2011 das neue Restaurant „Cornelia Poletto“. Im März 2013 kam die Kochschule „Cucina Cornelia Poletto“ hinzu, 2022 das „Paolas“ – tagsüber Deli, abends Bar. Cornelia Poletto ist außerdem Autorin mehrerer Kochbücher, hat an zahlreichen Fernsehsendungen teilgenommen und ist Gastgeberin der Dinnershow „Palazzo“, die jeden Winter für einige Monate in Hamburg gastiert.
Foto: Stefan Lafrentz
Hintergrund:
Pferdemenschen im PM-Forum
Sie sind bekannt aus Fernsehen, Funk und Media, von roten Teppichen, als Meinungsbildner und Meinungsmacher. Doch auch wenn wir sie vor allem aus einer anderen Sparte kennen, haben sie eines gemein: Sie sind privat Pferdemenschen. Im Interview mit dem PM-Forum sprechen Prominente aus verschiedenen gesellschaftlichen Bereichen über ihre Leidenschaft und die Liebe zu Pferden und erzählen, wie Pferde ihr Leben bereichern.
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