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Lernen vom Reitmeister: Udo Lange

„Lange“ dressurverliebt

1966 war Udo Lange Landesmeister in Baden-Württemberg – in der Vielseitigkeit. Er war erfolgreich bis zur Klasse S unterwegs – im Springen. Aber seine Passion und Leidenschaft entdeckte er in der Dressur.

Reitmeister Udo Lange 1985 beim Hamburger Derby. Alle Fotos: Jacques Toffi

Mitten im Krieg wurde Udo Lange am 13. April 1943 in der Nähe von Dresden geboren. Seine Mutter flieht mit Teenager Udo 1956 aus der „Ostzone“ und rettet sich nach Düren bei Köln. Der erste entscheidende Schritt, denn rund um Düren gab es sehr viele Pferde. Reitlehrer Otto Nagel mag den Jun- gen aus der Nachbarschaft, lässt ihn im Stall helfen und ab und zu auch in den Sattel steigen. Nagel ist es, der Udo Lange nach seiner Schulzeit zur Lehre an die Westfälische Reit- und Fahrschule nach Münster vermittelt. Dort wird der großartige Paul Stecken sein prägender Lehrmeister. Nach seiner Lehre öffnet ihm Stecken den Weg in den Süden und besorgt Udo Lange eine Anstellung als Bereiter im Stall von Herbert Wilhelm Aust im baden-württembergischen Ludwigsburg. Mehr als fünf Jahrzehnte bleibt Lange in Baden-Württemberg und prägt die badenwürttembergische Dressurlandschaft wie kaum ein anderer.

Erfolgsgeschichten

Mit 28 Jahren, 1971, geht Udo Lange in seinem ersten Grand Prix an den Start – und reitet von Erfolg zu Erfolg. 1975 beschließt der junge Pferdemann, sich selbstständig zu machen. Insgesamt sieben Mal sichert sich Lange den Meistertitel Dressur in Baden-Württemberg, das erste Mal 1977. 1978 gewinnt er zum ersten Mal das Deutsche Berufsreiterschampionat, fünf weitere dieser Titel folgen. Das Berufsreiterschampionat und damals auch noch die Landesmeisterschaften wurden mit Pferdewechsel ausgetragen. Häufig sind die „Fremdpferde“ unter dem Sattel von Udo Lange über sich hinausgewachsen. Zu seinen Schülern gehörten beispielsweise Antonie de Ridder, später selbst internationaler Championats- trainer, Margit Otto-Crepin, die wenig später Europameisterin wird, und die kanadische siebenmalige Olympiareiterin Christilot Boylen. Christilot Boylen ist lange Jahre die Frau an seiner Seite, mit ihr betreibt Lange von 1990 bis 2014 einen eigenen Dressurstall in Röttingen.

Fashion war eines der besten Pferde in Udo Langes Karriere.

Udo Lange bei der Siegerehrung beim Hamburger Dressur-Derby 1985 neben Größen wie Dr. Rainer Klimke und Herbert Rehbein.

Anfang der 1990er Jahre bekommt Lange zudem den offiziellen Auftrag von der FN, als Honorartrainer die Reiter in Thüringen und Sachsen zu trainieren – eine Aufgabe, die er gerne annimmt. 1996 wird Udo Lange der Titel des Reitmeisters verliehen – für unzählige Pferde und Reiter, die er in Deutschland und rund um die Welt bis zur Grand Prix-Reife gefördert hat.

Pferde ein Leben lang

Inzwischen ist Lange in Medingen in der Lüneburger Heide zu Hause und nach wie vor in seiner Passion unterwegs: der Ausbildung von Pferden und Reitern.

Kim Kreling

Udo Langes Ausbildungstipp: Der fliegende Wechsel

Vorbemerkung: Ich bin ein Befürworter davon, den fliegenden Wechsel anzunehmen, wenn das junge Pferd ihn anbietet. Die heutigen blutgeprägten Pferde bieten auch mal einen fliegenden Wechsel, ohne dass es angefragt wurde. Wenn die Pferde ihn von allein springen – auf keinen Fall strafen. Man muss das als Geschenk betrachten. Was sind die Voraussetzungen, um an fliegende Wechsel zu denken? Der gute Dreitakt im Galopp, der Galopp muss außerdem gerade, in der Balance und versammlungsfähig sein. Die Kunst ist, dass das Pferd in der Rückführung in Selbsthaltung bleibt. Ich darf dem Pferd bei der Versammlung nicht mit der Hand das Gefühl geben, in einer Zwangsjacke zu sein. Wenn die Pferde es anbieten und die Voraussetzungen gegeben sind, kann man ruhig schon mit fünf Jahren spielerisch mit den Wechseln anfangen.

Zirkellinie nutzen

Dann muss ich herausfinden, wo mein junges Pferd am liebsten wechseln möchte. Nach meiner Erfahrung ist häufig die beste Situation auf dem Zirkel: die Zirkellinie im Kontergalopp reiten und dann das Pferd zur geschlossenen Seite hin umspringen lassen. Dafür werden die Schenkel so umgelegt wie bei einem normalen Angaloppieren – diese Hilfengebung kennt das Pferd. Außerdem müssen die Mittelpositur und die innere Schulter des Reiters nach vorne gehen – genau wie beim Angaloppieren aus dem Schritt. Der häufigste Fehler, der gemacht wird, ist, dass die Pferde zum Umspringen am Zügel nach innen gezogen werden. Dann laufen die Pferde nach außen weg und kommen aus der Balance. Wichtig ist: am inneren Zügel leicht sein.

Die Krux ist, wenn die Wechsel von Beginn an falsch vorbereitet werden: Wenn man falsch sitzt, die Hüfte verdreht, das Pferd am Zügel herumzieht. Das irritiert die Pferde. Dann muss ich zurück zur Basis gehen und zunächst wieder das sichere Angaloppieren aus dem Schritt festigen: Handgalopp –Schritt – Kontergalopp – Schritt – Handgalopp – und das ein paar Mal. Es gibt auch den Fall, dass die Pferde auf die Hilfe zum Umspringen nicht direkt reagieren, dann nehme ich mir die Gerte zu Hilfe und touchiere die Pferde leicht – und zwar genau im Moment der Hilfengebung. Wichtig: Dieses leichte Touchieren immer auf der äußeren Seite anwenden, also wenn man den Wechsel nach links auslösen möchte, die Gerte sanft auf der rechten Seite anlegen.

Auf Schlangenlinien üben

Eine nächste gute Übung sind die Schlangenlinien durch die Bahn. Zunächst jeweils mit Durchparieren zum Schritt kurz vor der Mittellinie und neuem Angaloppieren. So soll der Funke aufs Pferd überspringen. Dabei sollte man mit dem Angaloppieren nicht zu lange warten, maximal eine Pferdelänge, damit die positive Spannung im Pferd bleibt. Und beim nächsten Mal versucht man es dann mit dem fliegenden Wechsel. Wichtig ist, dass das Pferd nach dem Wechsel nicht eiliger wird, sondern beim Reiter bleibt. Wenn es eiliger werden sollte, bleibe ich in dem Galopp, in dem ich gerade bin, und stelle die Ruhe wieder her. Aus der Ecke kehrt ist eine weitere Möglichkeit. Wenn mein Pferd gelassen und ruhig ist, löse ich den fliegenden Wechsel direkt bei Erreichen des Hufschlags aus. Wenn ich aber das Gefühl habe, ich habe das Pferd nicht gut reell „weg von der Hand“, dann reite ich noch zwei bis drei Sprünge auf dem Hufschlag geradeaus und löse erst dann den Wechsel aus. Man braucht etwas Erfahrung, um die folgende Übung reiten zu können: Zirkel im versammelten Galopp verkleinern bis zu einer Größe von acht bis zehn Metern und dann bei Überreiten der Mittellinie den Wechsel auslösen und die Hand wechseln. Das ist eine sehr gute Methode, weil die Pferde auf der Voltenlinie vor dem Wechsel hochkonzentriert sein und die Last aufnehmen müssen.

 

Der Schritt zur Geraden

Wenn das alles klappt, geht man auf die Gerade und lässt das Pferd auf dem Hufschlag aus dem Kontergalopp in den Handgalopp umspringen – natürlich von beiden Seiten – und dann auch vom Handgalopp in den Kontergalopp. Ich würde das immer bevorzugt auf dem Hufschlag machen, nicht auf dem zweiten Hufschlag. Es ist zwar schwieriger direkt auf dem Hufschlag, aber die Pferde bleiben von vorneherein gerade im Durchsprung. Ich bin auch kein Freund der Diagonalen in der Phase des Lernens, weil die Pferde da viel leichter ins Schwanken kommen. Immer Bedenken: Man darf die Pferde im Wechsel nicht an der Hand festhalten. Auf der Seite, wo die Pferde hinwechseln sollen, muss man nachgeben. Aber nicht den Zügel wegwerfen. Es reicht, wenn der Reiter die Finger der jeweiligen Zügelhand kurz öffnet. Ein Tipp: Es ist ein guter Trick, wenn der Reiter im Stillen für sich eine Art „Countdown“ bis zum Wechsel mitzählt – „3, 2, 1 – Wechsel“ zum Beispiel. Das hilft. Und noch ein Tipp: Gerne mal die Wechsel mit übergelegten Bügeln reiten. So lernt der Reiter, mehr mit dem Sitz am Pferderücken zu bleiben und die Bewegungen der Schenkel werden präziser.

Serienwechsel erarbeiten

Die Wechsel an der langen Seite müssen in beide Richtungen sicher gelingen und die Galoppsprünge dürfen nach den Wechseln nicht schneller werden. Dann beginne ich an der langen Seite mit zwei oder drei Wechseln, noch nicht im Zählrhythmus, sondern immer erst den nächsten Wechsel auslösen, wenn ich die Kontrolle und Versammlung erreicht habe. So erarbeite ich mir auf dem Hufschlag nach und nach die Vierer-, Dreier- und Zweierwechsel.

Bietet ein junges Pferd den Galoppwechsel an, müsse man dies als Geschenk betrachten, sagt Udo Lange.

Unzählige Pferde und Reiter hat Udo Lange als Trainer bis zum Grand Prix gefördert

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