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Konditionstraining fürs Pferd
So trainieren die Top-Reiter
Kondition aufbauen und erhalten, spielt auch beim Training der deutschen Top-Reiter verschiedener Disziplinen eine entscheidende Rolle. Für das PM-Forum hat Dr. Britta Schöffmann mit Dressurreiterin Jessica von Bredow-Werndl, Springreiter Holger Hetzel, Vielseitigkeitsreiterin Sandra Auffarth und Distanzreiterin Sabrina Arnold gesprochen und allen fünf Fragen gestellt.
Bergauf im Gelände: Mit Unee hat Jessica von Bredow- Werndl früher zweimal pro Jahr reine Konditionswochen eingelegt. Foto: Jacques Toffi
PM-Forum: Wie bauen Sie die Kondition eines jungen Pferdes auf?
Jessica von Bredow-Werndl: Ich richte mich da sehr nach den körperlichen Gegebenheiten des jeweiligen Pferdes und entscheide individuell, wann ich mit dem Konditionstraining starte. Ich möchte, dass mein Pferd weitestgehend fertig ist mit dem Wachsen.
Holger Hetzel: Bei uns kommen auch die jungen Pferde grundsätzlich zweimal am Tag raus. Einmal rund 45 Minuten in die Führmaschine und das je nach Pferd auch im Trab. Das gibt schon mal Ausdauer und Kraft. Darüber hinaus werden sie dem Alter entsprechend noch rund 30 Minuten unter dem Reiter dressurmäßig gearbeitet. Damit verfügen sie dann schon über eine gute Grundkondition.
Sandra Auffarth: Ich mache mit allen Pferden ein sogenanntes Basistraining – sowohl mit jungen als auch mit älteren Pferden. Dies beinhaltet das Reiten im Gelände, sprich das Schrittreiten und längere Trabintervalle auf unterschiedlichen Böden, was wichtig für die Stabilisierung der Sehnen und Bändern ist. Aber auch das Galoppieren auf gutem Boden, Dressurreiten, Springgymnastik, Parcoursspringen und Longieren integriere ich in das Training. All das wird langsam und nach Gefühl gesteigert. Junge Pferde bekommen bei mir generell nach einem Tag mit etwas höherer Belastung einen Tag Pause. Das heißt, mindestens einen Erholungstag auf der Weide.
Sabrina Arnold: Meist starten wir langsam mit langen Strecken, wir achten vor allem darauf, dass die Pferde ruhig in der Gruppe laufen. Fünf- bis sechsjährig dürfen die Pferde in Frankreich, wo ich lebe, nur unter 15 km/h laufen. Deshalb werden unsere Jungen erst etwas in der Dressur ausgebildet, in der Halle geritten, aber auch longiert.
Springen ist bei Holger Hetzels Pferden nicht nur auf dem Turnier angesagt, wie hier beim CHI Donaueschingen 2019 mit Legioner. Foto: Stefan Lafrentz
Mit Galopp- und Intervalltraining sorgt Sandra Auffarth dafür, dass Viamant du Matz & Co. konditionell fit sind für die großen Vielseitigkeitsprüfungen. Foto: Stefan Lafrentz
PM-Forum: Wie bauen Sie die Kondition eines Sportpferdes in Richtung Wettkampf hin auf?
Jessica von Bredow-Werndl: Auch das ist sehr individuell. Bei Unee beispielsweise habe ich immer zweimal pro Jahr mit genügend Abstand zu den Turnieren reine Konditionswochen eingelegt. Da gab es auch keine Technikeinheiten in dieser Zeit. Das handhabe ich aber bei jedem Pferd ein bisschen anders. Grundsätzlich, wenn ich das Konditionsniveau bei meinen Grand Prix-Pferden halten möchte, baue ich regelmäßig Intervalltrainings in meinen Trainingsplan mit ein und gebe meinen Pferden danach immer mindestens einen Tag Pause.
Holger Hetzel: Unsere Pferde müssen dann schon auch im Training komplette Parcours springen. Es ist immer ein Unterschied, ob ein Pferd im Training mal einen Einzelsprung oder eine Einzelkombination oder mal eine Distanz geht und dann wieder durchpariert wird oder ob es wie im Wettkampf den ganzen Parcours leisten muss. Denn wenn man immer nur ein paar einzelne Sprünge trainieren würde, dann würden im Parcours schnell Kraft und Konzentration nachlassen. Diese Art des Trainings machen wir auch schon mit den jüngeren Pferden in der Turniervorbereitung. Darüber hinaus lassen wir die Pferde auch einfach mal fünf Minuten am Stück in Kombination mit Einzelhindernissen galoppieren, damit sie in den Parcoursrhythmus kommen und über längere Zeit galoppieren und springen können. Am Tag vor dem Turnier lassen wir die Pferde dann meist nicht mehr springen, damit sie nicht ausgelaugt zum Turnier kommen. Es gibt aber auch Ausnahmen. Das muss man individuell auf das jeweilige Pferd abstimmen.
Sandra Auffarth: Es ist schwierig, das zu verallgemeinern. Es kommt auf das Alter, den Ausbildungsstand und die Prüfungsanforderung an. Bei unseren Vielseitigkeitspferden stehen alle fünf Tage systematisches Galopp- und Intervalltraining auf dem Programm, am liebsten am Berg bei gutem Boden. Danach bekommen meine Pferde immer einen „easy“ Tag. Mit den weiter ausgebildeten Springpferden wird auch längeres Galoppieren im Gelände bei nicht zu hoher Geschwindigkeit gemacht. Dabei reite ich auch Übergänge mit Zulegen und Einfangen, um gleichzeitig die Rittigkeit zu verbessern. Gerne nutze ich auch Springgymnastik, unter anderem In-Out-Reihen, um damit Schnelligkeit und Kraft zu verbessern.
Sabrina Arnold: Zum Wettkampf hin werden ab siebenjährig auch Galopptraining auf der Rennbahn sowie leichtes Bergtraining hinzugefügt. Das Bergtraining kann auch auf dem Laufband stattfinden.
Über die Führmaschine bauen die jungen Pferde von Holger Hetzel Kraft und Kondition auf. Foto: Christiane Slawik
Auch nach Langstrecken müssen die Pferde von Distanz-Europameisterin 2017 Sabrina Arnold schnell regenerieren. Foto: Miriam Lewin
Jessica von Bredow-Werndl: In Vorbereitung auf die olympischen Spiele in Tokio – die ja nun erst mal verschoben wurden – habe ich tatsächlich mit einem Herzfrequenzmesser gearbeitet. Mehr, um ein Gefühl dafür zu bekommen, bei welchem Galopptempo ich Dalera am besten arbeite, um sie zu fordern, aber nicht zu überfordern.
Holger Hetzel: Nein, das machen wir bei uns im Stall gar nicht. Ich lasse mich da von meiner Erfahrung und meinem Gefühl leiten.
Sandra Auffarth: Bei der Grundlagenausdauer und beim Training junger Pferde nie, da verlasse ich mich auf meine Erfahrung und mein Gefühl. Im Hochleistungsbereich ja. In Zusammenarbeit mit dem Olympiastützpunkt werden bei Prüfungen und auch mal beim Galopptraining Herzfrequenz und Laktat gemessen. Interessant wird es dann, wenn man die Werte über einen längeren Zeitraum vergleichen kann.
Sabrina Arnold: Alle Pferde werden bei uns mit Cardio, also mit Pulsmessgerät, geritten.
PM-Forum: Was steht beim Konditionstraining für Sie im Vordergrund?
Jessica von Bredow-Werndl: Das Training des Herzkreislaufsystems.
Holger Hetzel: Auch das kommt aufs Pferd an. Manche Pferde brauchen vielleicht ein wenig mehr Galopparbeit, andere eher Gymnastiksprünge. Einige müssen etwas aufgeweckt werden, die anderen etwas runterkommen. Und wenn ich ein besonderes Ziel vor Augen habe, einen Großen Preis etwa oder Deutsche Meisterschaften, dann muss ich Kraft und Ausdauer im gleichen Verhältnis auf einen bestimmten Tag hin trainieren. Einen festen Trainingsplan haben wir für unsere Pferde dabei nicht. Das geht meiner Meinung nach auch nicht, denn jedes Pferd ist unterschiedlich. Ich würde es für einen großen Fehler halten, Pferde in ein Schema drücken zu wollen.
Sandra Auffarth: Natürlich stehen immer die Gesundheit und der Spaß im Vordergrund. Nach jedem Training überprüfen wir die Beine und den Bewegungsablauf, um eventuelle Veränderungen auch sofort zu bemerken. Insgesamt sollte für jedes Pferd ein Trainingsplan vorliegen, der aber auch verändert bzw. angepasst werden kann.
Sabrina Arnold: Im Vordergrund stehen bei uns schnelle Regenerationszeiten.
PM-Forum: Trainieren Sie Ihr Sportpferd nach der Saison ab?
Jessica von Bredow-Werndl: Nach jedem Turnier fahre ich meine Pferde runter, ich möchte, dass sie immer in Monatsintervallen ab- und auftrainiert werden.
Holger Hetzel: Unsere Pferde werden durchgehend trainiert. Nach größeren Anforderungen wie Championaten oder Ähnlichem, dann werden sie nach dem Turnier zwar körperlich ein wenig runtergefahren und brauchen nicht so viel überm Sprung gearbeitet zu werden. Aber sie werden täglich geritten, wenn auch in gemäßigter Intensität.
Sandra Auffarth: Auch da kommt es sehr auf den Leistungsstand an. Meine Pferde bleiben immer in aktiver Pause. Das heißt, sie werden immer etwas weitergearbeitet, damit die Muskulatur nicht ganz verschwindet. Auf Galopptraining wird dann natürlich verzichtet und auch eine Springpause tut jedem Sportpferd gut.
Sabrina Arnold: Wir trainieren die Pferde nicht ab. Warum? Nach Wettkämpfen oder in der Winterpause sind unsere Pferde nonstop draußen. In diesen Regenerationsphasen sind die Pferde 24 Stunden auf mindestens 2 Hektar großen Weiden.
Dr. Britta Schöffmann
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