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Beziehung Pferd-Mensch-Hund

Das starke Trio

In einem Reitbetrieb sind neben Pferden meist noch andere Vierbeiner vertreten: Hunde. Damit das Zusammenspiel zwischen Pferd, Mensch und Hund funktioniert, gilt es einige Verhaltensregeln zu beachten.

Gemeinsam mit Pferd und Hund ins Gelände gehen – ein Wunsch, den viele Tierfreunde haben. Damit das reibungslos funktioniert, muss die Kommunikation zwischen allen klappen. Foto: Stefan Lafrentz

Das Ur-Verhalten von Pferd und Hund könnte unterschiedlicher nicht sein: Während das Pferd in einer Paniksituation mit Flucht und Abwehr reagiert, ist der Hund ein Beutegreifer, der vom Wolf abstammt. Dieser hatte Pferde vor Urzeiten eher auf dem Speiseplan als auf seiner Freundschaftsliste. Dennoch trifft man in unzähligen Reitställen oder auf Turnierveranstaltungen neben Pferden auch Hunde an. Dass die Kombination der beiden tierischen Wegbegleiter des Menschen beliebt ist, zeigen auch diverse Veranstaltungen. Jährlich öffnet im Herbst die Dortmunder Westfalenhalle zu einer eigenen Messe „Hund & Pferd“. Auf Reitturnieren gibt es längst gemeinsame Wettbewerbe für Hund, Pferd und Reiter. Mancher ländliche Turnierveranstalter setzt auf Stafetten im Rahmen der WBO, in denen zum Beispiel erst Pferd und Reiter einen Springparcours absolvieren und dann Hund und Herrchen Selbiges nachmachen.

Genau hinsehen

Doch bevor das harmonische Miteinander von Pferd und Hund funktioniert, ist einige Vorarbeit nötig. Dabei ist der Mensch das Bindeglied zwischen den zukünftigen Partnern. Der Mensch sollte sowohl Pferd als auch Hund gut beobachten und die Körpersprache der Beiden deuten können, um den jeweiligen Bedürfnissen gerecht zu werden. Und er muss sich bewusst sein, dass Hund und Pferd gute „Körperleser“ sind und ihre Bewegung und ihren Habitus gut verstehen. Schließlich sind da zwei „Kommunikationskanäle“, die man bedienen und berücksichtigen muss: „Es gibt so manches Kommando, das in der Hundewelt eine andere Bedeutung hat als in der Pferdewelt. Zum Beispiel das Schnalzen mit der Zunge: Der Hund wird dadurch aufmerksam, bleibt stehen und guckt zum Frauchen. Das Pferd hört Schnalzen und interpretiert das mit ‚schneller bitte‘“, nennt Conny Sporrer als Beispiel. Sie ist Gründerin einer Online-Hundeschule, selbst leidenschaftliche Reiterin, und unterstützt in ihrer täglichen Arbeit nicht selten Menschen dabei, mit Pferd und Hund ein eingespieltes Team zu werden. Oft beobachtet Conny Sporrer, dass Pferdemenschen das Hundeverhalten falsch interpretieren: Etwa, wenn Hunde hinter Pferden herrennen und sie vermeintlich jagen. „Ein Missverständnis, das tut er oft gar nicht. Eher korrigiert der Hund das Pferd“, sagt sie. Der Hund ist entweder sozial motiviert, will das Pferd stoppen, um sein Frauchen, das im Sattel sitzt, besser zu kontrollieren. Oder das Verhalten ist territorial motiviert: Der Hund hütet das Pferd und bestimmt, wo es sich bewegen darf und wo nicht. Gerade Hütehunde wollen häufig gerne wie Polizisten regeln, wo Pferde sich aufhalten.

Sicherheit geht vor

Dennoch ist es nicht in Ordnung, wenn der Hund anfängt, das Pferd zu jagen. Die wichtigste Benimmregel, die ein Hund im Umgang mit dem Pferd lernen muss, ist Abstand halten. Die Annäherung des Hundes ans Pferd ist bis zu dessen Schulterbereich in Ordnung, geht der Hund über diese Linie hinaus, sollte er konsequent zurückgeschickt werden. Auch der Bereich um die Hinterbeine des Pferdes ist tabu, ebenso, wenn der Hund versucht unter dem Pferdebauch hindurchzulaufen.

Übung macht den Meister: Bevor man gemeinsam mit Hund und Pferd zu einem Ausritt aufbricht, sollte man die Kommandos in einem geschützten Raum, wie der Reithalle, üben. Foto: Christiane Slawik

Liebe auf den ersten Blick

Um aus Pferd und Hund enge Freunde zu machen, begegnen sie sich im Idealfall bereits als Jungtiere. Dabei lernt ein Fohlen von einem artigen Hund, dass von ihm keine Gefahr zu erwarten ist. Andersrum kann ein ruhiges und erfahrenes Pferd dem Welpen beim Erstkontakt ein positives Erlebnis vermitteln. Sollte der Hund bereits älter sein, empfiehlt es sich, ihn bei der ersten Begegnung anzuleinen und eine Vertrauensperson mitzunehmen. So kann der Hund in Ruhe zusehen, wie man sich selbst dem Pferd nähert und es beispielsweise putzt.

In dieser Situation ist der Mensch als Beobachter gefragt: Zeigen Pferd oder Hund Stressreaktionen? Wirken sie angespannt? Die Zeit der ersten Begegnung sollte kurzgehalten und positiv beendet werden. Ob der Hund vor lauter Stress die Flucht ergreifen möchte oder zum Angriff übergeht, signalisiert er über den Ausdruck von Gesicht, Ohren, Körper und Rute. Die Signale bei einer Flucht sind eher rückwärtsgerichtet: Die Ohren und Mundwinkel sind nach hinten gezogen, der Körper geduckt, die Rute eingeklemmt. Anders sieht es bei einem bevorstehenden Angriff aus. Die Körpersprache ist vorwärtsgerichtet: Der Blick fixiert das Pferd, die Ohren sind aufgestellt. Der Körper versteift sich und erstarrt. Spätestens jetzt ist es an der Zeit, dass der Mensch reagiert und den Hund aus der Situation herausnimmt.

In jeder Situation abrufbar

Ist der Hund bereits vom Boden gut an das Pferd gewöhnt, kann das Training vom Sattel aus beginnen. Die Voraussetzung ist, dass der Hund sehr gut erzogen ist und Kommandos wie „Stopp“, „Bleib“ und „Bei Fuß“ beherrscht und diese in jeder Situation abrufbar sind. Denn sobald der Reiter in den Sattel steigt, reduzieren sich seine Möglichkeiten, mit dem Hund durch Körpersprache zu kommunizieren. Bevor man mit Pferd und Hund zu einem Ausritt aufbricht, empfehlen sich Trainingseinheiten in einem geschützten Raum – der Reitplatz kann ein geeigneter Ort sein. Zusammen mit einer helfenden Person laufen Hund und Pferd nebeneinander, bis das Kommando „Bei Fuß“ beim Hund sitzt, danach nimmt man Richtungs- und Geschwindigkeitswechsel hinzu. Der Hund läuft mal links, mal rechts vom Pferd, sodass das Pferd lernt, den Hund auf beiden Seiten zu akzeptieren. Wie lange es dauert, bis Pferd und Hund zu einem eingespielten Team werden,ist sehr individuell. Wichtig ist, dass der Mensch viel Geduld und Durchhaltevermögen an den Tag legt. Selbst wenn der Reiter beim Ausritt Misserfolge erlebt, absteigen und zusammen mit dem Hund an der Leine zu Fuß den Weg nach Hause antreten muss, lohnt es sich dranzubleiben. Am Ende zahlt sich die Geduld aus und eine langjährige Partnerschaft zwischen Pferd, Mensch und Hund entsteht.

Christaine Pietsch

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