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Young PM: Beruf Hufschmied

Young PM: Mr. Handwerk 2015

Vom Hufschmied zum Kalender-Model

Normalerweise ist für die Auswahl von deutschen Topmodels Heidi Klum zuständig. Aber warum nicht auch mal „Miss und Mister Handwerk“ küren, um attraktive Berufe in den Mittelpunkt zu rücken, dachte sich der Zentralverband des Deutschen Handwerks. Zum sechsten Mal wurde dieser Titel bereits vergeben. 2015 siegte bei den Männern Hufbeschlagsschmied Sebastian Schmidt (28) aus Drensteinfurt. Er kann nicht nur gut mit heißen Eisen und wilden Fohlen umgehen, sondern sitzt auch jeden Tag selbst im Sattel.

Eisengrößen vom Mini-Shetty bis zum Kaltblut: Sebastian ist ein Schmied für alle Fälle.

In einer schwarzen Luxus-Limousine verabschiedete sich Sebastian Schmidt auf der Handwerksmesse in München im März 2015 und winkt lässig grinsend aus der Nobel-Karosse – eine Szene aus dem Youtube-Video zur Wahl von Miss und Mister Handwerk 2015. „Ich finde es einfach total schön, dass ich jetzt mein Gewerk für ein Jahr vertreten kann“, strahlte der neue Mister Handwerk, Metallbauer und Hufschmied aus dem Münsterland, in die Kamera.

Die Konkurrenz bei den Männern war im wahrsten Sinne des Wortes stark: Muskulöse Heizungsbauer, KFZ-Mechatroniker und Maler, die optisch allesamt Mädchenherzen höher schlagen lassen – ganz nach dem vorgegebenen Motto: „Jung, sexy und voller Leidenschaft für ihren Beruf“. Und mittendrin Sebastian: schlank, durchtrainiert, frecher blonder Schopf und blitzende Augen. Genauso kommt er auch in „seinem“ Kalendermotiv rüber. Für „Germanys Power People“ wurden die jeweils besten zwölf männlichen und weiblichen Kandidaten im Fotostudio passend zu ihrem Beruf por­trätiert. Die Idee mitzumachen hatte aber nicht Sebastian, sondern sein Chef Udo Bußmann. Schließlich ist der Hufbeschlagsschmied einer der ältesten traditionellen Handwerksberufe. „Warum nicht mal dafür die Werbetrommel rühren? Denn es ist gar nicht so einfach, geeigneten Nachwuchs zu finden, der sowohl handwerklich gut ist als auch genug Pferdesachverstand mitbringt“, so Udo Bußmann.

Voting-Sieger im Internet

Über 900.000 Mal wurde für die jungen Handwerker aus den anfangs 100 Bewerbern im Internet per Mausklick gestimmt. Sechs Frauen und sechs Männer schafften es dann per Online-Voting und nach mehreren Auswahlverfahren in die Endrunde zur Handwerksmesse nach München. Unglaubliche 70.000 Stimmen erhielt Sebastian, nachdem auf Facebook in mehreren Reitergruppen sein Bewerbungsvideo geteilt wurde. Der zweitbeste Kandidat für die Endrunde kam gerade mal auf 20.000. „Das war einfach unglaublich, wie die Reiterszene für mich gevotet hat. Allein aus einer Gruppe Kaltblutfans kamen 5.000 Stimmen“, erinnert sich der Spezialist für Pferdehufe.

Dieses coole Foto im Kalender der German Power People 2015 brachte Sebastian 70.000 Online-Stimmen im Voting zum „Mr. Handwerk“.

Das nutzte ihm aber auf der Messe wenig, da hier eine Jury die Sieger kürte. „Es ging ja nicht nur darum, gut auszusehen, sondern auch die Begeisterung für seinen Beruf rüberzubringen“, stellt der Metallbauer-Geselle, der in seiner Freizeit schon gemodelt hat, klar. Und wer ihn mal live bei der Arbeit mit Pferden und Kunden beobachtet – motiviert, kompetent, offen und fröhlich – kann sich vorstellen, dass er genau diese Leidenschaft für seinen Beruf auch super am Mikrofon in Worte gefasst hat. „Die wollen ja auch jemanden haben, der junge Menschen für die Vorzüge von Handwerksberufen begeistern kann.“ Denn das gehört ab jetzt auch zu den Pflichten von Mister Handwerk 2015. Dass besonders seine weiblichen Kunden regelrecht begeistert sind, wenn die Hufe ihrer Pferde von Deutschlands schönstem Hufschmied bearbeitet werden, liegt klar auf der Hand. Aber sie betonen dabei auch, dass er sein Handwerk top versteht und sich gewissenhaft und akribisch in jedes „Hufproblem“ reindenkt. Metallbaumeister Udo Bußmann weiß, was er an Sebastian hat: „In einigen Jahren soll er die Firma mal übernehmen. Er gehört ja quasi sowieso zur Familie.“

Genau wie sein Chef, sitzt auch Sebastian gerne im Sattel. Am liebsten natürlich auf seinem Dressurpferd Flambeau, den er zweijährig gekauft hat.

Privat und beruflich haben Udo Bußmann und sein Geselle Sebastian Schmidt einen super Draht zueinander und das gewisse Gespür für Pferde.

Hufschmied statt Tierarzt

Schon als kleiner Junge war Sebastian, dessen Eltern gar nichts mit Pferden zu tun haben, ein regelmäßiger Besucher auf der Pferdeweide des Nachbarn. „Ich war schon immer total verrückt nach Tieren.“ Mit elf Jahren durfte er im Verein anfangen zu reiten. Nach dem Abitur wollte er eigentlich gerne Tierarzt werden. Aber das lange Studium schreckte ihn ab. „Und als Pferdewirt hätte er den ganzen Tag auf fremden Pferden gesessen.“ Also startete er bei Udo Bußmann die Lehre als Metallbauer mit dem Kernbereich Hufbeschlag. „Hufbeschlagsschmied ist für mich auch deswegen ein Traumberuf, weil hier das medizinische Fachwissen, das kreative Handwerk und der Umgang mit Pferden gefragt sind. Natürlich sind es jeden Tag handwerklich die gleichen Tätigkeiten, aber jedes Pferd und jeder Kunde sind individuell. Und das macht auch den Reiz aus.“ Gemeinsam mit seinem Chef war Sebastian schon bei Kunden in der Schweiz, in England sowie in ganz Deutschland, denn die beiden sind nicht nur in Nordrhein-Westfalen gefragte Experten im Bereich des orthopädischen Hufbeschlags – egal ob sie nun Traber, Galopper, Springpferde, Western- oder Islandpferde beschlagen. Sebastian kennt sich sehr gut mit Stellungsfehlern bei Fohlen aus und hat mit Klebeschuhen schon Erfolge bei längst aufgegebenen jungen Pferden erzielt. Auch privat hat der begeisterte Reiter, dessen Vorbild Ingrid Klimke ist, am liebsten Tiere um sich. Jack Russel Rüde Stitch darf immer im Dienstfahrzeug auf dem Beifahrersitz Platz nehmen und Kater Henry wird tagsüber im Büro von der Frau seines Chefs betreut, bevor er dann abends bei Sebastian und Stitch eine ausgiebige Spiel- und Schmusezeit bekommt. Apropos Zeit. Die verbringt er noch vor der Arbeit täglich mit seinem Dressurpferd Flambeau Alezan (8) und trainiert bei Ausbilderin Edith Nowak fleißig fürs Turnier. Diese Saison waren die beiden schon Zweite in der Klasse L. Mit dem 1,80 Meter großen Fuchswallach („Das war Liebe auf den ersten Blick“) fährt er im Sommer fast jedes Wochenende aufs Turnier. Ein echtes Power Programm wie es sich für den Kalenderstar von Germanys Power Handwerkern gehört.

Tina Pantel

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