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Ausgabe 04/2016
Das 8er-Team 2.0: Eine gute Idee entwickelt sich weiter
PM-Soiree: Abschiedsabend für PM-Leiter Christoph Hess
Unruhestand nach 38 Jahren
Er wollte nicht im Vordergrund stehen, sondern seinen Abschiedsabend dem Thema „Pferdesport im Wandel der Zeit“ widmen. Und doch drehte sich in Warendorfs Hotel „Im Engel“ alles um Christoph Hess. 150 Gäste, Freunde und FN-Kollegen wünschten dem 65-Jährigen auf humorvolle Weise einen spannenden „Unruhestand“.
Christoph Hess sagt tschüss – aber nur als FN-Mitarbeiter. Als Referent engagiert er sich auch weiterhin für die Ausbildung von Reiter und Pferd. Alle Fotos: Monika Kaup-Büscher
Horst Karsten, das Urgestein der deutschen Vielseitigkeit, hatte ihm auf seine typisch trockene Art geraten: „Dein Reiten ist ja ganz nett, aber im Büro bist du besser aufgehoben.“ So geschehen vor 40 Jahren, als der junge Christoph Hess seinen damaligen Reitlehrer um Rat bat, ob er das Jobangebot der Deutschen Reiterlichen Vereinigung in Warendorf annehmen sollte. Das hatte ihm der einstige Sportchef Dr. Dietmar Specht unterbreitet. Christoph Hess zögerte lange und willigte schließlich ein. Es war der Beginn einer langen Ära im Dienst des Reitsports und inbesondere der Ausbildung von Reiter und Pferd, die nun zumindest für den FN-Mitarbeiter Christoph Hess nach 38 Dienstjahren ihr Ende erreicht. In diesem April räumt der 65-Jährige seinen Schreibtisch in der FN-Zentrale. Wer ihn kennt, weiß, dass dieser umtriebige Mann nicht die Hände in den Schoß legen wird. Seiner Leidenschaft für Ausbildung will er weiter frönen – als FN-Ausbildungsbotschaf-ter, als Referent bei Seminaren und Praxisveranstaltungen, bei Richterschulungen im Ausland… Ganz nach seinem Lebensmotto: „Jetzt legen wir richtig los.“
Alles Gute und viel Erfolg wünscht Christoph Hess seiner Nachfolgerin Stephanie Pigisch, ab 1. Mai neue Leiterin der PM.
Auch die PM-Vorstandsmitglieder sagten ade, auf diesem Foto Nicola Danner und Georg-Christoph Bödicker.
Gemeinsam viel er- und gearbeitet: (v.l.) Christoph Hess, FN-Ausbildungsleiter Thies Kaspareit und Martin Plewa.
Herzliche Worte zum Abschied: PM-Vorsitzender Dieter Medow bedankt sich bei Christoph Hess für die hervorragende Zusammenarbeit.
Weggefährten des scheidenden FN-Mitarbeiters: die beiden ehemaligen FN-Generalsekretäre Dr. Ernst Burandt (bis 1991) und Dr. Hanfried Haring (bis 2008)
Sie teilt Christoph Hess‘ Leidenschaft für Ausbildung: Richterin und Buchautorin Angelika Frömming.
Christoph Hess war bis jetzt das „Gesicht“ der FN. Kein Mitarbeiter im ganzen Land so bekannt wie er. Ob „Besser Reiten“ im ländlichen Reiterverein oder vor Hunderten von Zuschauern, ob Kommentierung von Dressurprüfungen auf einer Vielzahl von Turnieren, auch bei den DKB-Bundeschampionaten, ob am Richtertisch internationaler Dressurprüfungen oder als Autor etlicher Ausbildungsbücher – Christoph Hess kann Menschen begeistern und ihnen das manchmal so schwierige Zusammenspiel von Mensch und Pferd mit klaren Worten verständlicher machen.
Der Respekt vor dieser Leistung zog sich wie der sprichwörtliche rote Faden durch die PM-Soiree „Pferdesport im Wandel der Zeit“. Teils humorvoll, teils ernsthaft ließen die Referenten und langjährigen Weggefährten, manchmal im Dialog mit Christoph Hess, die Veränderungen Revue passieren. Beispiel Ausrüstung: Martin Plewa plauderte über seine erste Vielseitigkeitsprüfung 1964, die er mit Schlägermütze auf dem Kopf meisterte: „Heute kommen schon die Ponykinder mit Sturzwesten in die Reithalle.“ Beispiel Turniersport: Reinhard Wendt, langjähriger DOKR-Chef, erzählte, wie sich der Spitzensport entwickelt hat, wie immer mehr Championate in allen Altersklassen und quer durch alle Disziplinen entstanden, welche Veränderungen der Parcoursbau von klotzigen Einzelsprüngen hin zu technisch-anspruchsvollen Ausgaben sowohl im Springen als auch in der Vielseitigkeit durchlaufen habe. Oder wie die Vielseitigkeit ihr schwieriges Format mit Rennbahn und endlosen Wegestrecken revolutioniert habe. Oder die Dressur durch die Kür populärer wurde.
Die Ehrenvorsitzender der PM, Ruth Klimke, erzählte vom Leben einer „olympischen Familie“. „Mein Mann Reiner dachte immer in Vierjahresrhythmen.“
Spitzensport gestern und heute: Es diskutierten DOKR-Chef Dr. Dennis Peiler und sein Vorgänger Reinhard Wendt, rechts Moderator Kai Vorberg, der durch den Abend führte.
Den Dank an Ilse Hess überbrachte Ruth Klimke. Ohne die Unterstützung seiner Ehefrau, im Hauptberuf Lehrerin und Mutter der drei gemeinsamen Kinder, hätte Christoph Hess wohl nicht so viel „auf Achse“ sein können.
Aber bei allen Veränderungen zum Guten, hat es der Pferdesport heute keineswegs leichter, eher im Gegenteil. Die Reitlehrer von einst, die meist noch durch ihre militärische Ausbildung geprägt waren, sprachen dieselbe Sprache. „Heute hören Reitschüler von zehn Experten zehn unterschiedliche Meinungen“, sagte Plewa. FN-Ausbildungsleiter Thies Kaspareit führte aus, dass das Wissen um die Reitlehre in den „Richtlinien für Reiten und Fahren“ zwar dokumentiert sei, aber: „Es wird immer schwieriger, unsere Reitlehre an den Mann zu bringen. Ich bin sicher, sie ist die beste der Welt und wir müssen uns noch stärker auf sie besinnen, in der Ausbildung wie in der Richterschulung.“
Der Blick von außen auf den Pferdesport ist heute kritischer denn je. DOKR-Chef Dr. Dennis Peiler erläuterte: „Die Gesellschaft ist sensibler geworden. Wir müssen fachlich gute Argumente liefern für das, was wir mit Pferden tun. Aber unser Job als Verband ist es auch, die sportlichen Infrastrukturen dafür zu schaffen, dass wir dem internationalen Leistungsvergleich standhalten können und den Spitzensport nachhaltig fördern.“ PM-Vorsitzender Dieter Medow forderte, dass die Schere zwischen Spitzensport und Breitensport nicht weiter auseinanderklaffen dürfe. „Wir müssen uns klar positionieren, nicht nur bei aktuellen Problemen wie der Pferdesteuer, sondern auch beim Tierschutz und der Pferdehaltung. Es geht um unser Wertesystem.“ Oder wie es Martin Plewa formulierte: „Wir alle tragen Verantwortung, dass die Zukunft des Pferdes und des Pferdesports gesichert bleibt.“
Susanne Hennig
Einen Geschenkkorb mit allerhand Schönem für die Freizeitgestaltung überreichte FN-Generalsekretär Soenke Lauterbach im Namen der FN-Abteilungsleiter.
FN-Personal- und Finanzchef Rainer Reisloh, hier mit Ehefrau Susanne, verabschiedete sich auch von seinem langjährigen Kollegen.
Große Sportsleute: Olympionike Horst Karsten (stehend) und der international renommierte Parcoursbauer Wolfgang Feld nahmen mit ihren Ehefrauen am Warendorfer Abend teil.
Nun sind sie beide Ruheständler im Unruhestand: rechts Martin Plewa, bis 2014 Leiter der Westfälischen Reit- und Fahrschule und wie Hess gefragter Referent bei Ausbildungsseminaren.
Rudolph Herzog von Croy (li.), stellvertretender PM-Vorsitzender, und der ehemalige Bielefelder Reitsportfunktionär Hilarius Simons tauschten Erinnerungen aus.
Kekse für alle: Passend zum neuen Markenauftritt der PM mit grün-weißem Logo verziert.
Christoph Hess: „Ich war am richtigen Platz“
Ein „Verbandsmeier“ wollte er nie werden, und bis heute verabscheut er die vielen Sitzungen und Besprechungen, wie sie bei Verbänden mit haupt- und ehrenamtlichen Strukturen nun mal gewissermaßen systemimmanent sind. Christoph Hess bat damals sogar um Bedenkzeit, ob er wirklich in Warendorf einen Job in der Abteilung Ausbildung der FN annehmen sollte. Heute sagt er mit tiefster Überzeugung: „Ja, das war die richtige Entscheidung, ich war am richtigen Platz und konnte das machen, was mir am meisten bedeutete, nämlich die Ausbildung von Reiter und Pferd vorantreiben.“
Viele Ortswechsel
Vorgezeichnet war diese Entwicklung nicht wirklich. Am Heiligen Abend 1950 als Sohn eines Rechtsreferendars geboren, war seine Kindheit von vielen Ortswechseln geprägt. Grundschule in Cuxhaven, die ersten Reitstunden im Alten Land, weiter nach Göttingen, als Gymnasiast an der dortigen, damals berühmten Universitätsreitschule auf Schulpferden geritten, und wieder weiter nach Hannover, wo der junge Christoph Hess sein Abitur machte. Anschließend leistete er seinen Wehrdienst bei der Bundeswehrsportschule in Warendorf ab und lernte den Olympiaparcoursbauer und Springausbilder Hans-Heinrich Brinckmann kennen. „Micky Brinckmann hat mich unheimlich gefördert, ich bin Springen und Vielseitigkeit bis M geritten, Dressur bis S. Damals war man noch nicht so spezialisiert wie heute“, erzählt Hess. Weiter zog es ihn zum Lehramtsstudium nach Hannover und Göttingen. Während der Göttinger Zeit wurde der Student 1976 Deutscher Hochschulmeister im Springreiten.
Privat wurden zu dieser Zeit die Weichen gestellt, als er seine spätere Ehefrau Ilse kennenlernte. „Doch Lehrer an einer Schule wollte ich nie werden, also sattelte ich um auf Erwachsenenbildung und machte mein Diplom in Oldenburg.“ Ein paar Kilometer weiter in Delmenhorst lebte Horst Karsten, das Vielseitigkeits-Ass. „Von Horst habe ich unheimlich viel gelernt, er hat mich mindestens so geprägt wie Micky Brinckmann“, erzählt Hess. Bei einem Prüfungslehrgang zum Amateurreitlehrer in Warendorf lernte Hess den damaligen FN-Sportchef Dr. Dietmar Specht kennen. Der lehnte an der Bande und beobachtete Hess beim Reiten. Und fand, dass der junge Mann ganz gut zur FN und speziell in die Abteilung Ausbildung passen könnte. Nach Studienende und reiflicher Überlegung packte Hess seine Koffer und siedelte gemeinsam mit seiner Ehefrau nach Warendorf um. Lange bleiben wollte er nicht, sondern zum Zweck der Promotion in eine Universitätsstadt zurückkehren. Daraus wurde nichts. Der erste Sohn Philipp wurde geboren, bald darauf der zweite, Christian, und etliche Jahre später Nesthäkchen Friederike. „Ich glaube, es war Ilses Einfluss, dass wir geblieben sind, und auch das war die richtige Entscheidung.“
Neben der Leitung der Abteilung Ausbildung übernahm Christoph Hess 1991 auch noch den damals recht kleine Bereich PM und wurde schließlich obendrein für 18 Jahre Leiter des Bundesleistungszentrums Reiten (BLZ). „Das war einfach zu viel, ich konnte ja nichts gründlich machen“, erzählt er. Das BLZ ging dann über zu Frank Ostholt. 2012 gab Hess auch die Leitung der Ausbildung ab, an seine Stelle trat Thies Kaspareit. „Ich musste mich entscheiden und habe die PM gewählt. Es ist ein tolles Team, Haupt- wie Ehrenamt, und die PM haben gute Zukunftsperspektiven.“
Alle Kinder pferdebegeistert
Privat sind die Perspektiven des frischen Ruheständlers mindestens ebenso gut. Der Terminkalender ist voll, viele Seminare sind geplant. Mitte April geht es für vier Wochen nach Australien. Die Kinder stehen zwar längst auf eigenen Beinen, schätzen aber Vaters Unterstützung. Philipp betreibt seine eigene Reitanlage in Bettenrode (Niedersachsen), Christian war lange Zeit beim Holsteiner Verband tätig, hat sich aber inzwischen in Schleswig-Holstein selbständig gemacht, und Friederike fängt am 1. April beim westfälischen Zuchtverband an. Ilse Hess hält die Familie zusammen und engagiert sich für Flüchtlinge, denen sie Deutschunterricht gibt. Eine Familienaufstellung, die passt.
Christoph Hess in seinem Element, hier bei einem Lehrgang in Essen. Foto: G. Zock
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