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Olympische Spiele – Gut gemacht!
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PM-Reise nach Rio de Janeiro
Rückblick auf die Spiele in Rio de Janeiro
Olympisches Ziel erreicht
Mit sechs Medaillen in Rio – je zweimal Gold, Silber und Bronze – hat der deutsche Reitsport sein Ziel nicht nur erreicht, sondern sogar noch übertroffen. Über die sportliche Bilanz und die Bedingungen vor Ort spricht Dr. Dennis Peiler im Interview. Der Geschäftsführer des Deutschen Olympiade-Komitees für Reiterei (DOKR) begleitete die Aktiven als Chef de Mission Reiten zu den 31. Olympischen Sommerspielen.
Die deutschen Springreiter in den olympischen Ringen. Alle Fotos Stefan Lafrentz
PM-Forum: Die mit dem Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB) vereinbarte Zielvorgabe für diese Spiele lautete: drei bis fünf Medaillen. Nun kehren die Aktiven sogar mit sechs Mal Edelmetall heim. Hätten Sie damit gerechnet?
Dr. Dennis Peiler: Es zeichnete sich im Vorfeld der Spiele ab, dass wir in allen drei Disziplinen gut aufgestellt sind und in der Lage sein müssten, um Siege und Edelmetall mitzureiten. Bei aller guter Vorbereitung und Fitness der Reiter und Pferde ist auch immer die Tagesform und das nötige Quäntchen Glück von Bedeutung. Wir sind mit dem Gesamtergebnis sehr glücklich. Von den maximal zu gewinnenden zwölf Medaillen, eine Mannschafts- und drei Einzelmedaillen je Disziplin, haben wir sechs erreicht. Damit war der Reitsport erneut eine der erfolgreichsten Sportarten unter dem Dach des DOSB bei diesen Spielen. Zudem waren wir endlich mal wieder die erfolgreichste Pferdesportnation.
PM-Forum: Bei aller Freude über Michael Jungs Einzel-Gold und Silber für die Mannschaft wurde die Geländeprüfung der Vielseitigkeitsreiter stark kritisiert. Wie stehen Sie zu dem Vorwurf, er sei zu schwer gewesen.
Peiler: Der Parcourschef Pierre Michelet ist ein weltweit anerkannter Fachmann mit viel Erfahrung, allerdings hat er bei diesen Spielen Reitern und Pferden erhebliche Anforderungen gestellt. Er ist bekannt für technisch schwierige Kurse mit Ecken und schmalen Hindernissen, die vom Reiter viel Köpfchen und vom Pferd hohe Konzentration fordern. Leider haben wir viele unschöne Bilder gesehen, die keine Werbung für diesen Sport waren. Von 65 Paaren sind rund 20 im Gelände ausgeschieden bzw. mussten aufgeben. Das ist zu viel.
PM-Forum: Nur zwei Teams, Frankreich und Großbritannien, waren zum Schluss noch mit allen vier Teammitgliedern in der Wertung, alle übrigen hatten einen oder gar zwei Ausfälle. Gibt dieses Ergebnis der Diskussion um die Abschaffung des vierten Mannschaftsreiters bei künftigen Olympischen Spielen nun neue Impulse?
Peiler: Das muss man jetzt abwarten, eine Entscheidung wird im November bei der FEI-Generalversammlung fallen. Aber es ist in der Tat so, dass die olympische Vielseitigkeit in ihrem Ansehen enorm geschwächt würde, wenn zu viele Teams platzen würden. Wir haben es ja auch bei den Springwettkämpfen gesehen. So dramatisch der Nationenpreis für die Reiter und Trainer verlief, mit ständig wechselnden Rangierungen, die reinste Achterbahnfahrt, bis letztlich noch um Bronze gestochen werden musste, so spannend war er auch fürs Publikum. Wir hoffen sehr, dass jetzt die FEI-Mitgliedsverbände noch mal nachdenken und die „Drei Reiter-Regel“ nicht verabschieden.
Michael Jung mit Sam FBW
Ingrid Klimke mit Hale Bob OLD
Julia Krajewski mit Samourai du Thot
Sandra Auffarth mit Opgun Louvo
PM-Forum: Unmittelbar nach dem Nationenpreis hat Ludger Beerbaum bekannt gegeben, dass er die deutsche Nationalmannschaft verlässt und nur noch einmal, beim Nationenpreis-Finale im September, für Deutschland starten wird. Hat Sie das überrascht?
Peiler: Es war abzusehen, dass sich Ludger Beerbaums Championatskarriere ihrem Ende nähert. Er hat jetzt mit dem Gewinn der Bronzemedaille den richtigen Zeitpunkt gewählt. Natürlich bedauere ich seine Entscheidung, aber wir respektieren sie. Ludger Beerbaum hat unheimlich viel für den deutschen Springsport getan und war 30 Jahre lang Stützpfeiler der deutschen Mannschaften. Für diesen Einsatz und seine zahlreichen Erfolge gebührt ihm höchste Anerkennung.
Isabell Werth mit Weihegold OLD
Dorothee Schneider mit Showtime FRH
Kristina Bröring-Sprehe mit Desperados FRH
Sönke Rothenberger mit Cosmo
PM-Forum: Das Dressurteam reiste als Gold-Favorit an. Wie ging die Mannschaft mit dem Erfolgsdruck um?
Peiler: Die Reiter wie auch die gesamte Teamführung haben einen super Job gemacht. Hochkonzentriert und fokussiert in den Prüfungen, als Mannschaft eine super Truppe. Der souveräne Gewinn der Goldmedaille hat noch einmal beflügelt, auch in der Einzelentscheidung unglaublich zu kämpfen. Der Teamgeist, auch bei den Vielseitigkeits- und Springreitern und den Reservisten, kennzeichnete diese Olympischen Spiele. Die Stimmung in den Mannschaften war einfach großartig, jeder war für jeden da. Das galt auch für das Team im Hintergrund, alle haben gemeinsam gekämpft.
PM-Forum: Man hörte kurz vor den Spielen viel Negatives aus dem Olympischen Dorf, verstopfte Toiletten, nicht funktionierende Duschen, halbfertige Appartements, Baulärm… Wie haben Sie, die Reiter und Trainer bzw. Equipechefs die Situation dort erlebt?
Peiler: Unsere Sorgen waren berechtigt. Aber der DOSB hat mit Hochdruck daran gearbeitet, mit eigenen Handwerkern und Personal des Veranstalters die Quartiere im Olympischen Dorf in einen bewohnbaren Zustand zu versetzen. Das heißt fließendes und warmes Wasser, funktionierende Toiletten. Ein Riesenthema war aber die Sauberkeit und Hygiene. Das Housekeeping-Personal wurde mehrfach gewechselt. Leider hatten wir immer wieder damit zu kämpfen, dass die Quartiere nicht gesäubert wurden. Aber man lernte, mit dieser Situation umzugehen.
PM-Forum: Hatten die Pfleger ordentliche Arbeitsbedingungen, waren sie gut untergebracht?
Peiler: Die Pfleger-Quartiere waren besser als das Olympische Dorf, ja sie hatten gute Bedingungen.
Ludger Beerbaum mit Casello
Meredith Michaels-Beerbaum mit Fibonacci
Christian Ahlmann und Taloubet Z
Daniel Deußer mit First Class
PM-Forum: Meldungen von Schüssen auf die olympische Reitanlage verunsicherten natürlich auch die Daheimgebliebenen. Wie dramatisch war die Situation? Gab es Krisensitzungen? Hatten Sie Sorge um die Sicherheit der Reiter, Pferde und aller Begleiter?
Peiler: Es zeichnete sich schon im Vorfeld der Spiele ab, dass das Thema Sicherheit von Bedeutung sein wird. Zwei Projektile wurden auf dem Gelände der Reiter gefunden bzw. sind eingeschlagen. Ein Bus wurde auf dem Weg nach Deodoro mit Steinen beworfen. Das deutsche Team wurde von zwei BKA-Beamten begleitet, die rund um die Uhr zu tun hatten und ständig Sicherheits-Updates und Verhaltensmaßnahmen an das Team herausgaben. Es gab auch Diebstähle. Die Sicherheit war also ein zentrales Thema.
PM-Forum: Wie funktionierte denn der tägliche Transfer vom Olympischen Dorf zur Reitanlage in Deodoro und zurück?
Peiler: Die Athleten und Teile des Unterstützungspersonals konnten vom Dorf mit Bussen fahren. Für alle anderen war es, insbesondere für unseren Logistik-Chef André Schoppmann, eine Daueraufgabe, den Transport mit Shuttles zu organisieren. Er hat einen großartigen Job gemacht. Er musste rund um die Uhr die Fahrzeuge koordinieren, um das gesamte Team von A nach B zu transportieren. Wir reden in den dreieinhalb Wochen über 10.000 gefahrene Kilometer. Mit zunehmender Zeit konnten auch Taxis nur noch eingeschränkt genutzt werden. Sie wurden teurer und es wurde immer komplizierter, sie zu organisieren. Wir haben das Beste aus der Situation gemacht.
PM-Forum: Das Deutsche Haus, so konnte man ja im TV sehen, war eine reizvolle Location direkt am Meer. Wie haben Sie und die deutschen Medaillengewinner die Abende dort erlebt?
Peiler: Glücklicherweise waren wir oft im Deutschen Haus zu Gast, weil dort alle Medaillengewinner gefeiert wurden. Das war sehr schön. Kompliment an den DOSB und die Deutsche Sport Marketing GmbH, das Deutsche Haus war ein voller Erfolg.
PM-Forum: Gab es auch ein kleines Freizeitprogramm, oder war – nicht zuletzt aus Sicherheitsgründen – alles auf den Sport in Deodoro konzentriert?
Peiler: Trotz des Themas Sicherheit ist es wichtig, bei einer so langen Zeit für ein Rahmenprogramm zu sorgen. Die Christo-Statue, die Copacabana, der Zuckerhut und der Besuch anderer Sportarten gehörten dazu.
Das Gespräch führten Susanne Hennig und Julia Basic.
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